Der Mensch wird [mit dem Hang] zu Boesem jeder Art geboren, und wofern er es nicht zum Teil durch die Buße entfernt, bleibt er darin, und wer darin bleibt, kann nicht selig werden

520. Daß jeder Mensch [mit dem Hang] zum Bösen geboren wird, so daß er von Mutterleib an nichts als Böses ist, ist in der Kirche bekannt, und es ist bekannt geworden infolgedessen, daß von den Kirchenversammlungen und von den Vorstehern der Kirchen gelehrt wurde, daß die Sünde Adams sich auf seine ganze Nachkommenschaft fortgepflanzt habe, und diese die einzige sei, wegen welcher jeder Mensch nach ihm und zugleich mit ihm verdammt sei, und sie diejenige sei, die jedem Menschen von Geburt her anhänge. Überdies ist auf diese Behauptung mehreres gegründet worden, was die Kirchen lehren, wie z.B. daß das Bad der Wiedergeburt, das die Taufe heißt, vom Herrn dazu eingesetzt worden sei, diese Sünde zu entfernen; und daß sie der Grund der Ankunft des Herrn war, und der Glaube an Sein Verdienst das Mittel sei, durch das sie entfernt wird, außer mehrerem anderen, das die Kirchen auf diese Behauptung gegründet haben. Allein daß aus dieser Quelle keinerlei Erbübel herstamme, kann aus dem erhellen, was oben Nr. 466f gezeigt worden ist, wonach Adam nicht der erste der Menschen war, sondern durch Adam und sein Weib vorbildlich beschrieben wird die erste Kirche auf diesem Erdkreis, und durch den Garten Eden ihre Weisheit, und durch den Baum des Lebens ihr Hinblick auf den Herrn, Der kommen sollte, und durch den Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen ihr Blick auf sich und nicht auf den Herrn. Daß diese Kirche durch die ersten Kapitel der Schöpfungsgeschichte vorbildlich beschrieben wurde, ist in den zu London herausgegebenen »Himmlischen Geheimnissen« durch viele Parallelstellen aus dem Wort dargetan worden. Hat man dies eingesehen und angenommen, so fällt die bisher gehegte Meinung, daß das dem Menschen von den Eltern her angeborene Böse von daher stamme, während es doch nicht von da, sondern anderswoher seinen Ursprung nimmt. Daß der Baum des Lebens und der Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen bei jeglichem Menschen sind, und daß, wenn es von ihnen heißt, sie seien in einen Garten gesetzt worden, dies bedeutete den freien Willen sich zum Herrn zu wenden und sich von Ihm abzukehren, ist im Kapitel vom ‚freiem Willen‘ vollständig nachgewiesen worden.

521. Allein, mein Freund, das Erbböse stammt nirgend anderswoher, als von den Eltern; nicht zwar das Böse selbst, das der Mensch wirklich begeht, wohl aber die Neigung zu demselben. Daß dem so ist, wird jeder anerkennen, sobald er nur die Vernunft den Erfahrungsbelegen hinzufügt: Wer weiß nicht, daß die Söhne in eine gemeinsame Ähnlichkeit mit ihren Eltern hinsichtlich der Gesichter und der Sitten und Gesinnungen geboren werden, und selbst die Enkel und Urenkel in die der Großväter und Urgroßväter, und daran von vielen die Familien, und selbst die Nationen, wie die afrikanischen von den europäischen, die neapolitanischen von den deutschen, die Engländer von den Franzosen, und so weiter, unterschieden werden; und wer erkennt nicht den Juden am Gesicht, an den Augen, Reden und Gebärden? Und wenn man die aus eines jeden angestammter Gemütsanlage ausströmende Lebenssphäre empfinden könnte, so würde man in gleicher Weise von der Ähnlichkeit der Sinnes- und Gemütsarten überzeugt werden. Hieraus folgt, daß der Mensch nicht in das Böse selbst hineingeboren wird, sondern nur in den Hang zu Bösem, der aber mehr oder weniger zu besonderem Bösen sich hinneigt, weshalb auch nach dem Tode keiner nach irgendwelchem Erbbösen, sondern nur nach dem wirklichen gerichtet wird, das er selbst begangen hat.

Dies geht auch augenscheinlich hervor aus folgender Satzung des Herrn: „Nicht soll der Vater sterben um des Sohnes, noch soll der Sohn um des Vaters willen sterben, sondern jeder soll durch seine Sünde sterben“: 5Mo.24/16. Dies ist mir zur Gewißheit geworden in der geistigen Welt an den Kindern, welche sterben, daß sie nur sich hinneigen zum Bösen, somit es wollen, dennoch aber es nicht tun; denn sie werden unter der Leitung des Herrn erzogen, und werden selig. Oben bemerkte Neigung und dieser Hang zu dem von den Eltern auf die Kinder und Nachkommen fortgepflanzten Bösen wird einzig gebrochen durch die neue Geburt vom Herrn, welche die Wiedergeburt heißt; ohne diese dauert jene Hinneigung nicht nur ununterbrochen fort, sondern nimmt auch mit den aufeinanderfolgenden Eltern zu, und wird zu stärkerem Hang zum Bösen, und zuletzt zu jeder Art desselben. Daher kommt, daß die Juden noch jetzt Ebenbilder ihres Vaters Juda sind, der die Kanaaniterin zum Weibe nahm, und im Ehebruch mit Thamar, seiner Schwiegertochter, ihren drei Stämmen die Entstehung gab; weshalb dieses Anererbte mit dem Fortgang der Zeit sich so sehr bei ihnen steigerte, daß sie die christliche Religion nicht mit dem Glauben des Herzens annehmen können; wir sagen, sie können nicht, weil der inwendigere Wille ihres Gemüts dagegen ist, und dieser Wille das Nichtkönnen bewirkt.

522. Daß alles Böse, wenn es nicht entfernt wird, beim Menschen bleibt, und daß der Mensch, wenn er in seinem Bösen bleibt, nicht beseligt werden kann, folgt von selbst; daß keinerlei Böses anders entfernt werden kann, als vom Herrn bei denen, die an Ihn glauben und den Nächsten lieben, kann aus dem bisher Abgehandelten deutlich erhellen, besonders aus folgendem im Kapitel vom Glauben, daß der Herr, die Liebtätigkeit und der Glaube eins ausmachen, wie das Leben, der Wille und der Verstand, und daß, wenn sie getrennt werden, jegliches zugrunde geht, wie eine in Staub zerfallene Perle, und aus der weiteren daselbst, daß der Herr die Liebtätigkeit und der Glaube im Menschen, und daß der Mensch die Liebtätigkeit und der Glaube im Herrn ist. Allein es fragt sich, wie der Mensch in diese Vereinigung eintreten kann; und die Antwort ist, daß er es nicht kann, wofern nicht sein Böses zum Teil durch die Buße entfernt wird. Wir sagen, der Mensch müsse es entfernen, weil der Herr nicht unmittelbar ohne die Mitwirkung des Menschen es tut; was auch in demselben Kapitel und im folgenden vom freien Willen vollständig gezeigt worden ist.

523. Man behauptet, niemand könne das Gesetz erfüllen, und zwar umso weniger, weil, wer gegen eine Vorschrift der Zehn Gebote sich verfehlt, gegen alle sich verfehlt; allein diese Redensart ist nicht so zu verstehen wie sie klingt; denn sie muß so verstanden werden, daß, wer aus Vorsatz oder Bestärkung gegen ein Gebot handelt, gegen alle handelt, weil aus Vorsatz und Begründung handeln, soviel ist, als gänzlich leugnen, daß es Sünde ist, so daß man, wenn gesagt wird, es sei Sünde, dies als Nichtiges verwirft; und wer in dieser Weise die Sünde leugnet und verwirft, der macht sich auch nichts aus allem, was man Sünde heißt. In jenen Vorsatz kommen diejenigen, die nichts von der Buße hören wollen; umgekehrt aber kommen in den Vorsatz an den Herrn zu glauben und den Nächsten zu lieben, diejenigen, die durch die Buße einiges Böse, das Sünde ist, entfernt haben; diese werden vom Herrn im Vorsatz, noch von weiterem abzustehen, gehalten; daher denn, wenn solche aus Unwissenheit oder sehr mächtiger Begierde sündigen, ihnen dies nicht zugerechnet wird, weil sie sich dasselbe nicht vorgesetzt hatten, noch sich darin bestärken.

Dies läßt sich durch folgendes bestätigen: In der geistigen Welt stieß ich auf manche, die in der natürlichen Welt wie andere gelebt hatten, indem sie sich prächtig gekleidet, guten Tisch geführt, mit Wucher wie andere Handel getrieben, das Schauspiel besucht, über Liebesangelegenheiten wie mit Lust gescherzt, und dergleichen mehr getan hatten, und dennoch rechneten die Engel dies einigen nicht als Böses der Sünde, und einigen rechneten sie es nicht einmal als Böses an, und erklärten diese für unschuldig, jene aber für schuldig. Auf die Frage: warum so, da sie doch das gleiche getan hatten, antworteten sie: sie betrachten alle nach dem Vorsatz, der Absicht und dem Endzweck, und unterscheiden sie dem gemäß, und darum entschuldigen oder verdammen sie die, welche der Endzweck entweder entschuldigt oder verdammt, weil den Endzweck des Guten alle im Himmel, und den Endzweck des Bösen alle in der Hölle haben.

524. Allein dies soll durch Vergleiche beleuchtet werden. Mit den beim unbußfertigen Menschen zurückbehaltenen Sünden verhält es sich, wie mit den mannigfaltigen Krankheiten bei ihm, an denen, wenn nicht Heilmittel gegen sie angewandt, und durch diese die bösartigen Stoffe entfernt werden, der Mensch stirbt; besonders mit der Krankheit, die man den Krebs nennt, der, wenn er nicht bei Zeiten geheilt wird, um sich greift, und unvermeidlichen Tod bringt; ebenso mit den Geschwüren und Beulen, wenn sie nicht aufgelöst und geöffnet werden; denn daraus entstehen Empyeme oder Eiteransammlungen, die sich in die benachbarten Teile, und von da in die damit zusammenhängenden inneren Teile, und zuletzt in das Herz ergießen, woraus der Tod entsteht. Es kann auch verglichen werden mit Tigern, Pardeln, Löwen, Wölfen und Füchsen, die, wenn sie nicht in Tierbehältern gehalten, oder mit Ketten oder Stricken gebunden würden, die Herden kleineren und größeren Viehs, wie der Fuchs die Hühner, anfallen und sie umbringen würden; ferner auch mit giftigen Schlangen, die, wenn sie nicht hinter Pfählen eingespannt gehalten oder ihnen die Zähne ausgebrochen würden, dem Menschen tödliche Stiche beibrächten. Eine ganze Herde, wenn man sie auf Feldern zurückließe, in denen Giftkräuter sind, würde zugrunde gehen, wofern sie nicht vom Hirten auf unschädliche Weideplätze weggeführt würde; auch die Seidenraupe und somit aller Seidenstoff ginge zugrunde, wofern nicht andere Würmer von den Blättern ihres Baumes abgeschüttelt würden. Es kann auch verglichen werden mit den Früchten in den Scheunen oder Häusern, die schimmelig und ranzig und somit unnütz würden, wenn nicht der Luft freier Durchzug gestattet, und so die Möglichkeit gegeben würde, den Schaden abzuwenden. Das Feuer, würde es nicht im ersten Beginn gelöscht werden, würde die ganze Stadt oder den Wald zerstören. Der Garten würde ganz von Dornen, Disteln und Stachelgestrüpp überwachsen werden, wofern diese nicht ausgerottet würden. Die Gärtner wissen, daß ein Baum von dem schlechten Samen und der schlechten Wurzel seine schlimmen Säfte in den Stamm des eingepfropften oder eingeimpften guten Baumes bringt, und daß die schlimmen Säfte, die sich hinaufziehen, in gute Säfte verwandelt werden und nützliche Früchte hervorbringen. Ähnliches geschieht dem Menschen durch die Entfernung des Bösen mittelst der Buße; denn durch diese wird der Mensch dem Herrn einverleibt wie die Rebe dem Weinstock, und bringt gute Früchte: Joh.15/4-6.