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In Christus wohnt die
ganze Fülle der Gottheit leibhaftig, und ihr seid erfüllt durch
ihn, der das Haupt aller Mächte und Gewalten ist.
Weshalb findet obiger
Satz keinen Ausdruck in dem Glaubensbekenntnis?
Weshalb sitzt Jesus nur
neben Gott?
Evangelische
Zentralstelle für Weltanschauungsfragen
- Lexikon ...
Neuoffenbarer
Im Unterschied zu
spiritistischen
Jenseitsbotschaften, als deren
Quelle geschöpfliche Geistwesen
gelten, tragen
Neuoffenbarungen einen
höheren Anspruch in sich. Mit
diesem Sammelbegriff werden
Botschaften bezeichnet, die
auserwählte Menschen –
Mittlerpersonen, „Werkzeuge“ –
direkt von Gottvater, Jesus
Christus oder Engeln in Vision,
Hördiktat oder über eine innere
Stimme empfangen und
niedergeschrieben haben.
Der Anspruch von
Neuoffenbarungen wendet sich
gegen die
kirchlich-traditionelle
Auffassung, dass der biblische
Kanon abgeschlossen ist. Die
neuen Kundgaben, „das Licht aus
den Himmeln“, soll die biblische
Botschaft ergänzen, korrigieren
oder überbieten. Den Auftakt für
den neuzeitlichen Empfang neuer
Offenbarungen bilden die
Niederschriften des schwedischen
Visionärs Emanuel Swedenborg
(1688-1772). Seine Jenseitsschau
hat weitere Kundgaben „aus den
höchsten Himmeln“ angeregt und
beeinflusst. Große Wirkung hat
auch das Schrifttum bzw. die
„Neuoffenbarung“ Jakob Lorbers
(1800-1864) entfaltet, der sich
auf das sog. „innere Wort“
berief. Nach seinen Aussagen
würde es sich dabei um eine
innere göttliche Stimme in der
Nähe des Herzens handeln. In der
Tradition des „inneren Wortes“
stehen weitere Neuoffenbarer des
ausgehenden 19. und beginnenden
20. Jahrhunderts.
Um das zum Teil sehr
umfangreiche Schrifttum von
Neuoffenbarern des 19. und 20.
Jahrhunderts haben sich bis in
unsere Zeit Kreise und
Gemeinschaften gesammelt. Sie
sind weitgehend lose organisiert
und werden deshalb als
Neuoffenbarungsbewegungen
bezeichnet. Ihre Anhänger messen
den jeweiligen Niederschriften
eine besondere
Offenbarungsqualität zu oder
erheben sie in den Rang von
„Nebenbibeln“. Darüber hinaus
erblicken sie in den neuen
Mitteilungen Ausdrucksformen des
fortschreitenden
Offenbarungshandelns Gottes. Zur
Begründung wird auf die
biblische Verheißung in Joh
14,26 verwiesen. Die
Neuoffenbarungen gelten deshalb
als unmittelbar geistgewirkt.
Die Anhänger von
Neuoffenbarungen, die sich
untereinander auch
„Geistgeschwister“ nennen,
folgern daraus, dass von Zeit zu
Zeit für die Menschen neue
Offenbarungen erfolgen müssen,
um die Menschheit in der
Wahrheit zu leiten: „Wie ein
Lehrer seinen Schülern in der
ersten Klasse nur wenige
grundlegende Dinge sagen und
ihnen erst mit ihrem Älter- und
Reiferwerden von Klasse zu
Klasse mehr beibringen kann, so
kann es auch Gott mit uns
Menschen nicht anders machen.“ (www.lebensstufen.de)
Mitunter haben Neuoffenbarungen
auch zum Entstehen von relativ
fest organisierten Gruppen
(Lichtkreis Christi) oder –
wie im Fall der
Glaubensgemeinschaft
Universelles Leben (zuvor
Heimholungswerk Jesu Christi) –
von Neureligionen mit
religionsvermischenden Elementen
(Karma- und
Reinkarnationsvorstellungen)
geführt.
Wesentliche Kennzeichen von
Neuoffenbarungen sind:
•
Die Kundgaben sind in der 1.
Person Singular abgefasst. Gott
bzw. Christus als Sprecher der
Worte werden im Text durch
Großbuchstaben wie z.B. „ICH
sage euch...“ oder „MEIN Wort“
hervorgehoben.
•
Die meist umfangreichen
Mitteilungen gehen über die
Bibel hinaus und beanspruchen
universale Geltung und
Exklusivität. Von ihren
Anhängern werden sie zu einer
überzeitlichen und damit nicht
hinterfragbaren Wahrheit
hochstilisiert.
•
In epischer Breite entfalten die
Neuoffenbarungstexte Sinn und
Zweck einer geistigen
„Urschöpfung“ und geben
detailliert Auskunft über das
Leben in den jenseitigen
Bereichen.
•
Neuoffenbarungen beziehen sich
auf die Bibel, doch sie wollen
sie prinzipiell überbieten.
Vereinzelt werden verlorene
Briefe oder Evangelien aus dem
frühen Christentum „neu
offenbart“.
•
In den Schriften wird im
gnostisierenden Sinne zwischen
einer geistigen und einer
materiellen Schöpfung
unterschieden, wobei letztere
das Ergebnis des Sündenfalls
darstellt.
•
Die Rolle Jesu bleibt in
Neuoffenbarungen meist auf die
eines Lehrers bzw. Übermittlers
weiterführender Erkenntnisse
beschränkt.
•
Neuoffenbarungen üben meist
Kritik am Erscheinungsbild der
zeitgenössischen Kirchen.
Bitte weiterlesen unter
Evangelische Zentralstelle für
Weltanschauungsfragen
- Lexikon ...
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Zum Glaubenbekenntnis der Kirchen:
In der roten Phase
sagt Jesus als Mensch: Mein Vater ist größer als ich. Er
betet in dieser Phase zum Vater.
Denken wir an die
Himmelsgaben. Dort gibt es einen Artikel über den sehr
Schwachen. Dies wird auf die rote Phase bezogen.
Für das Vorleben des
Vaters musste Er sich von Seiner Liebe trennen und kam
als Weisheit zur Erde, inkarnierte nur Seinen
Weisheitsanteil.
Er bestand alle
Lebensprüfungen und konnte mit Seinem irdischen Tod
Liebe und Weisheit wieder versöhnen, vereinen.
Dies hat Er für uns
vorgelebt.
In der „Geistigen
Sonne“ sagt Er uns, was der Name Jesus bedeutet, den Er
schon ewig getragen hat. Diese Stelle habe ich mehrfach
zitiert.
Unser himmlischer
Vater ist nicht personenlos!
Für den ersten
Menschen war Er unsichtbar, aber nicht personenlos. Er
hieß auch für Adam bereits Jesus.
Wer nicht Christ
ist, nennt den Vater Jesus anders, weil ihm die
Neuoffenbarung fehlt.
Ja als
Wiedergeborene handelt Jesus durch den Wiedergeborenen.
Aber Er kann hierzu auch Personen auswählen, die es noch
nicht sind, wie Jakob Lorber u.a
Aus der Geistigen
Sonne, 2. Band:
13. Kapitel: Jesus, der
Name aller Namen und Wirkung dieses Namens. Geheimnis
der Menschwerdung Gottes in Jesus. 01]
Ihr fragt: Wie werden wir Feuer unserem Herzen
entlocken, damit wir mit demselben dieses Holz entzünden
möchten? - O Brüder und Freunde! Welch eine Frage von
euch! Ist denn nicht ein einziger Gedanke an Jesum
hinreichend, um das Herz für ihn überhell aufflammen zu
machen? - O Brüder und Freunde! Könntet ihr es fassen,
was dieser Name aller Namen besagt, was er ist, und
welch eine Wirkung in ihm, ihr müßtet ja augenblicklich
in eine so mächtige Liebe zu Jesu übergehen, deren Feuer
hinreichend wäre, ein ganzes Heer von Sonnen zu
entzünden, daß sie darob noch ums Tausendfache heller
flammen möchten in ihren endlos weiten Raumgebieten, als
solches bis jetzt der Fall ist.
02]
Ich sage euch: Jesus ist etwas so ungeheuer Großes, daß,
so dieser Name ausgesprochen wird, die ganze
Unendlichkeit von zu großer Ehrfurcht erbebt. Sagt ihr:
Gott, so nennt ihr zwar auch das allerhöchste Wesen;
aber ihr nenn Es in seiner Unendlichkeit, da Es ist
erfüllend das unendliche All und wirkt mit Seiner
unendlichen Kraft von Ewigkeit zu Ewigkeit. Aber in dem
Namen jesus bezeichnet ihr das vollkommene, mächtige,
wesenhafte Zentrum Gottes, oder noch deutlicher
gesprochen:
03]
Jesus ist der wahrhaftige, allereigentlichste,
wesenhafte Gott als Mensch, aus dem erst alle Gottheit,
welche die Unendlichkeit erfüllt, als der Geist Seiner
unendlichen Macht, Kraft und Gestalt gleich den Strahlen
aus der Sonne hervorgeht. - Jesus ist demnach der
Inbegriff der gänzlichen Fülle der Gottheit oder: In
Jesu wohnt die Gottheit in ihrer allerunendlichsten
Fülle wahrhaft körperlich wesenhaft; darum denn auch
allezeit die ganze göttliche Unendlichkeit angeregt
wird, so dieser unendlich heiligst erhabene Name
ausgesprochen wird!
04]
Und dieses ist zugleich auch die unendliche Gnade des
Herrn, daß Er sich hatte gefallen lassen, anzunehmen das
körnerlich Menschliche. Warum aber tat Er dieses? Höret,
ich will euch nun ein kleines Geheimis enthüllen!
05]
Vor der Darniederkunft des Herrn konnte nimmerdar ein
Mensch mit dem eigentlichen Wesen Gottes sprechen.
Niemand konnte dasselbe je erschauen, ohne dabei das
Leben gänzlich zu verlieren, wie es denn auch bei Moses
heißt: »Gott kann niemand sehen und leben zugleich!« Es
hat sich zwar der Herr in der Urkirche, wie auch in der
Kirche des Melchisedek, zu der sich Abraham bekannte,
wohl öfter persönlich gezeigt und hat gesprochen mit
Seinen Heiligen und Selbst gelehrt Seine Kinder. Aber
dieser persönliche Herr war eigentlich doch nicht
unmittelbar der Herr Selbst, sondern allzeit nur ein zu
diesem Zwecke mit dem Geiste Gottes erfüllter
Engelsgeist.
06]
Aus solch einem Engelsgeiste redete dann der Geist des
Herrn also, als wenn unmittelbar der Herr Selbst redete.
Aber in einem solchen Engelsgeiste war dennoch nie die
vollkommenste Fülle des Geistes Gottes gegenwärtig,
sondern nur insoweit, als es für den bevorstehenden
Zweck nötig war.
07]
Ihr könnt es glauben: in dieser Zeit konnten auch nicht
einmal die allerreinsten Engelsgeister die Gottheit je
anders sehen als ihr da seht die Sonne am Firmamente.
Und keiner von den Engelsgeistern hätte es je gewagt,
sich die Gottheit unter irgendeinem Bilde vorzustellen,
wie solches auch noch unter Mosis Zeiten dem
israelitischen Volke auf das strengste geboten wurde,
daß es sich nämlich von Gott kein geschnitztes Bild,
also durchaus keine bildliche Vorstellung machen sollte.
08]
Aber nun hört: Diesem unendlichen Wesen Gottes hat es
einmal wohlgefallen, und zwar zu einer Zeit, in welcher
die Menschen am wenigsten daran dachten, sich in Seiner
ganzen unendlichen Fülle zu vereinen und in dieser
Vereinigung anzunehmen die vollkommene menschliche
Natur!
09]
Nun denkt euch: Gott, den nie in geschaffenes Auge
schaute, kommt als der von der allerunendlichsten Liebe
und Weisheit erfüllte Jesus auf die Welt!
10]
Er, der Unendliche, der Ewige, vor dessen Hauche
Ewigkeiten zerstäuben wie lockere Spreu, wandelte und
lehrte Seine Geschöpfe, Seine Kinder, nicht wie ein
Vater, sondern wie ein Bruder!
11]
Aber das alles wäre noch zu wenig. Er, der Allmächtige,
läßt sich sogar verfolgen, gefangennehmen und dem Leibe
nach töten von Seinen nichtigen Geschöpfen! Sagt mir:
Könntet ihr euch eine unendlich größere Liebe, eine
größere Herablassung denken, als diese, die ihr an Jesu
kennt?!
12]
Durch diese unbegreifliche Tat hat Er alle Dinge des
Himmels anders gestaltet. Wohnt Er auch in Seiner
Gnadensonne, aus welcher das Licht allen Himmeln
unversiegbar zuströmt, so ist Er aber dennoch ganz
derselbe leibhaftige Jesus, wie Er auf der Erde in all
Seiner göttlichen Fülle gewandelt ist als ein wahrer
Vater und Bruder, als vollkommener Mensch unter Seinen
Kindern gegenwärtig. Er gibt all Seinen Kindern alle
Seine Gnade, Liebe und Macht und leitet sie Selbst
persönlich wesenhaft, endlos mächtig zu wirken in Seiner
Ordnung!
13]
Ehedem war zwischen Gott und den geschaffenen Menschen
eine unendliche Kluft, aber in Jesu ist diese Kluft
beinahe völlig aufgehoben worden; denn Er Selbst, wie
ihr wißt, hat uns dieses ja doch sichtbar angezeigt,
fürs erste durch Seine menschliche Darniederkunft, fürs
zweite, daß Er uns nicht einmal, sondern zu öfteren
Malen Brüder nannte, fürs dritte, daß Er mit uns aß und
trank und alle unsere Beschwerden mit uns trug, zum
vierten, daß Er als der Herr der Unendlichkeit sogar der
weltlichen Macht Gehorsam leistete, zum fünften, daß Er
sich hat von weltlicher Macht sogar gefangennehmen
lassen, zum sechsten, daß Er sich sogar durch die
weltlich mächtige Intrige hat ans Kreuz heften und töten
lassen, und endlich zum siebenten, daß Er Selbst durch
Seine Allmacht den Vorhang im Tempel, welcher das
Allerheiligste vom Volke trennte, zerrissen hat!
14]
Daher ist Er auch der alleinige Weg, das Leben, das
Licht und die Wahrheit. Er ist die Türe, durch welche
wir zu Gott gelangen können, d.h. durch diese Türe
überschreiten wir die unendliche Kluft zwischen Gott und
uns, und finden da Jesum, den ewigen, unendlichen
heiligen Bruder!
15]
Ihn, der es also gewollt hat, daß diese Kluft aufgehoben
würde, können wir denn nun doch sicher über alles
lieben!
16]
Daher, wie ich gleich anfangs gesagt habe; genügt zur
Erweckung unserer Liebe zu Jesu ja doch sicher schon ein
einziger Gedanke - nur Sein Name in unseren Herzen
ausgesprochen sollte ewig genug sein, um in aller Liebe
für Ihn zu erbrennen! Daher sprechet auch ihr in euren
Herzen diesen Namen würdig aus, und ihr werdet es selbst
erschauen, in welcher Fülle das Feuer der Liebe aus
euren Herzen hervorbrechen wird, zu entzünden das Holz
des Lebens, durch welches die Heiden genesen sollten an
diesem neuen Opferaltare.
17]
Solche Heiden, wie sie einst mein Bruder Paulus
bekehrte, gibt es in unserer Zeit noch gar viele; ja es
gibt Heiden, die sichS »Christen« nennen, aber dabei
ärger sind in ihren Herzen als diejenigen, die einst
Moloch und Baal anbeteten.
17] Wenn das
Holz auf diesem Altare wird zum Brennen kommen, da erst
werdet ihr in dieser aus euch selbst gerufenen Welt so
manches erschauen, das ihr als jetzt noch nicht erschaut
habet. Denn ich sage euch: In der Welt der Geister gibt
es unergründliche Tiefen. Kein geschaffener Geist könnte
dieselben je ermessen; aber wir sind im Geiste des
Herrn. Sein Geist lebt, waltet und wirket in uns, und in
diesem Geiste ist uns keine Tiefe unergründlich; denn
niemand kann wissen, was im Geiste ist, denn allein der
Geist. So kann auch niemand wissen, was in Gott ist,
denn allein der Geist Gottes. - Jesus, der vereinigte
Gott in aller Seiner Fülle, aber hat uns erfüllt mit
Seinem Geiste. Und mit diesem Seinem Geiste in uns
können wir auch dringen in Seine göttlichen Tiefen. -
Also denkt auch nun den Namen aller Namen, den
Heiligsten aller Heiligkeit, die Liebe aller Liebe, das
Feuer des Feuers - und das Holz am Altar wird brennen!
|
Aus Himmelsgaben: "Der
sehr Schwache"
Der "Sehr Schwache" (Der
siebente Jünger) 234
19.
Der "Sehr Schwache"
« am:
Februar 15, 2012, 03:10:07 Nachmittag »
6.
Dezember 1840, Vormittag von 1/2 10 bis 3/4 12 Uhr.
[HiG.03_40.12.06] Schreibende: C. L., S., And. u. Ans.
H.
[HiG.03_40.12.06] Heute offenbarte der Herr
Nachstehendes durch den Mund Seines Knechtes, nachdem
früher das Nebenwort „An den sehr Schwachen“ gelesen
wurde:
[HiG.03_40.12.06,01] Ihr werdet alle doch wohl
verstehen, daß nicht Ich als das allerhöchste Wesen, als
Gott von Ewigkeit und als Vater aller Menschen, Geister
und Engel solche Dinge, wie die eben erwähnten es sind,
in der Wirklichkeit selber begehe, um Mir hernach in
eurem Angesichte gleich einem Doppelgänger solche
Vorwürfe zu machen und Mich gewisserart Selbst zu
ermahnen, Mich in allem diesem zu bessern, das Ich doch
niemals begangen habe. So ihr über dieses wenig Gesagte
nachdenket, – wird euch nicht von selbst die fast
undenkliche Frage sich aufwerfen: Ja, kann denn Gott
auch sündigen, da Er doch Gott ist, wie in Seinem
Heiligtume so auch in Seiner Weisheit und ebenso in
Seiner Liebe? Woher demnach eine solche Beschuldigung
gegen Sich Selbst? Allein, saget ihr nicht selbst, daß
Meine Wege unergründlich und Mein Rat unerforschlich
ist? Ja, seht, so ist es auch! Es hat von der ganzen
Ewigkeit her noch nie jemand Meinem Rate beigewohnt, und
keines Engels Auge wird je schauen die geheimen Wege
Meiner Weisheit und Meiner Liebe.
[HiG.03_40.12.06,02] Damit ihr aber diesen siebenten
Jünger wohl begreifen möget, so will Ich auf einen
kurzen Augenblick eure Gefühle zurückführen in die große
Zeit der Menschwerdung Meiner Liebe. Und wie von dort
aus alles Licht und alle Hilfe in die Welt gekommen ist,
so soll auch eben dieses Licht euch wohl erleuchten das
Inwendige einer kleinen Haselnuß, die Ich, euer Vater,
in diesem siebenten Jünger oder in dem Sehr Schwachen
euren Zähnen zum Aufknacken unterschoben habe.
[HiG.03_40.12.06,03] So fraget auch da Meine Liebe: Du
reinstes Wesen Gottes, das nie auch nur des
allergeringsten fehlerhaften Gedankens fähig ist, wie
ist es und wie war es möglich, Dich vom Vater zu
trennen, um Dich mit allen Sünden und mit aller ihrer
Scheußlichkeit auf der Welt zu beladen, um Deinem Vater
oder der Heiligkeit Gottes zu erscheinen in einem
ärgeren Lichte als derjenige selbst, durch den alle
Bosheit in die Welt gekommen ist? – Wie konntest Du zum
Mörder aller Mörder werden? Wie konntest Du zum
Ehebrecher aller Ehebrecher werden? Wie konntest Du zum
Lügner aller Lügner werden? Ja, wie konntest Du zum
größten Verächter der Heiligkeit Gottes werden? Ja, wie
konntest Du alle großen und kleinen Sünden auf Dich
nehmen vom Anfange der Welt und bis ans Ende derselben,
da Du doch die Liebe Gottes Selbst warst, und der Vater
in Dir, wie Du im Vater, und der Gott in Dir, wie Du in
Gott? Und wie konnte die Gottheit vor aller Welt aus den
Himmeln bei Deiner Taufe im
Jordan zu Dir sagen: Das ist Mein
geliebter Sohn, an dem Ich Wohlgefallen habe, den sollt
ihr hören!? –
[HiG.03_40.12.06,04] Sehet, ihr könnt da denken, wie ihr
wollt, so werdet ihr nichts Verständliches
herausbringen. Und wird euch nicht, je tiefer ihr die
Sache verfolgt, auch um desto rätselhafter werden, so
ihr das recht ans Licht ziehet und so recht tief in euch
denket, wie es möglich ist, daß gerade das allerreinste
Wesen Gottes, ja das Leben in Gott Selbst, welches ist
das Leben alles Lebens und das Licht alles Lichtes, sich
wohl so arg beladen mochte mit dem Tode alles Todes und
mit der Finsternis aller Finsternis? –
[HiG.03_40.12.06,05] Sehet, wenn ihr das begreifen
könnet, so wird euch diese kleine gebotene Haselnuß so
leicht verständlich vorkommen, als wäre sie ganz
enthüllt vor euer Herz gelegt worden. Allein, das ist
der große Schritt, den ein jeder in seinem Herzen zu
machen hat und helfe, der ewigen Liebe das Kreuz tragen,
damit er dereinst Teil haben möchte an dem großen Werke
der bis jetzt noch immer unbegriffenen Erlösung, der
Überwindung des Todes und der Auferstehung. Darum habet
acht und begreifet zuerst dieses große Geheimnis, und
ihr werdet darinnen jede einzelne Pore des Sehr
Schwachen hell erleuchtet erblicken. –
[HiG.03_40.12.06,06] Daß die Welt von Anbeginn in
allerlei Argem war, wißt ihr; –
und durch wen und wie sie
in solches gekommen ist, wißt ihr auch. Aber wie die
Welt in ihrem Argen hätte bestehen können vor Gott, das
ist eine andere Frage. Sehet, die Welt war also tot in
ihrer Bosheit und konnte sich somit unmöglich mehr
selbst richten nach der unantastbaren Heiligkeit Gottes.
Sie mußte daher beständig aus der Barmliebe Gottes
gerichtet werden, damit sie bestehen mochte als das
wenigstens, was sie war; aber saget ihr selbst, wie ist
ein gerichtetes Ding, ist es tot oder lebendig? –
[HiG.03_40.12.06,07] Da kann Ich euch nichts anderes
sagen, als euch mit einer Frage behilflich
entgegenkommen: Ist ein Automat tot oder lebendig? Eure
Antwort kann unmöglich anders ausfallen, als daß ihr
saget: Ein Automat ist tot, und seine Bewegung ist
nichts als eine künstliche Richtung des Mechanikers. Und
sehet, gerade so verhielt es sich auch mit der argen
Welt vor der Erlösung. Sie war bloß ein durch Meine
Barmliebe immer gerichteter Automat. Aber so ihr einen
sonst recht possierlich schönen Automaten vor euch
hättet, dem die Kunst des Bildners sowohl, als die des
Mechanikers alles gegeben hätte, daß ihm nichts abginge
als nur das selbständige Leben, um ein Mensch in aller
Vollkommenheit zu sein, – ja würdet ihr da nicht
sehnlichst wünschen nicht nur das künstliche Leben
diesem Automaten, sondern ein wirkliches selbständiges
Leben? Und wäret ihr fähig, wie Ich es bin, so würdet
ihr euch mit eurem Leben im Geiste selbst hineinziehen
in den Automaten und würdet somit alle seine Mängel und
innerlichen Gebrechen notwendig an euch ziehen und euch
gewisserart mit denselben bekleiden.
[HiG.03_40.12.06,08] Sehet, wie war es denn nun da zu
tun, da Ich nur allein das Leben bin und das Leben habe
in und aus Mir, um der beständig zu richtenden Welt ein
wahres freies und nicht bloß mechanisches Leben zu
geben?
[HiG.03_40.12.06,09]
Sehet,
da mußte die Liebe sich trennen von Gott oder der
urewigen heiligen Kraft, aus der sie ewig geboren ward
und die Kraft Gottes ewig aus ihr. Also dieses ewige
Leben aus sich selbst oder aus der urewigen Kraft Gottes
mußte einen Bruch machen mit Gott und mußte sich
niedersenken zur toten Welt und anziehen das Sterbliche
derselben, damit das Sterbliche dadurch die
Sterblichkeit verliere und wieder frei lebendig werde in
und aus dem Leben aus Gott, welches ist das Leben alles
Lebens, da Gott Selbst ist in diesem Leben und das Leben
selbst in Gott. Und so ist aber das Leben von Gott
ausgegangen, hat sich mit der Sterblichkeit des
Fleisches bekleidet, damit dadurch alles Fleisch möchte
frei lebendig werden in sich durch das Leben aus Gott,
wie Gott Selbst lebendig ist von Ewigkeit durch dasselbe
ewige Leben der Liebe in Sich. –
[HiG.03_40.12.06,10] Sehet, das ist nun das große
Geheimnis, warum die Liebe Gottes im Menschen sich
selbst gemacht hat zur allerartigen Verbrecherin und
Sünderin, damit da nicht nur ein Fleisch, sondern alles
Fleisch mit dem Leben aus Gott durchwirket werden
mochte. Und diese nun so mit aller Schuld überladene
Liebe mußte sich dann im Gegensatze vor der Heiligkeit
Gottes vermöge der an sich genommenen allgemeinen Schuld
oder Sterblichkeit eben auch bis auf den alleräußersten
Punkt aller Punkte demütigen und mußte ertragen jeden
erdenklichen Vorwurf, um dadurch sich mit Gott wieder
vereinigen zu können, wie auch alles das dem Vater oder
der Heiligkeit Gottes lebendig wieder anheimzustellen,
was zwar lebendig dereinst aus Gott gegangen ist, aber
sich tot gemacht hat durch die eigenwillige und
hochmütige Losreißung von Gott – oder von Seiner ewigen
Ordnung.
[HiG.03_40.12.06,11] Sehet,
nachdem ihr dieses doch so ziemlich mochtet begriffen
haben, so will Ich euch nun auch ein wenig mit den
Vorwürfen bekannt machen, die Mir da notwendigerweise
von der Heiligkeit Gottes gemacht wurden, damit ihr da
etwas erfahret, was die Welt bis zur gegenwärtigen
Minute noch nicht erfahren hat. –
[HiG.03_40.12.06,12] Ihr wißt, daß alles, was da
erschaffen wurde in der ganzen Unendlichkeit, laut des
Zeugnisses Meines lieben Johannes durch Mich gemacht und
erschaffen wurde. Nun nehmet aber die böse gewordene
Welt, die dadurch von der Heiligkeit Gottes immer
verdammt ward, daß Ich als der Hervorbringer solcher
Verdammlichkeit somit auch von der Heiligkeit Gottes
diesen Vorwurf notwendig teilen mußte, da die Welt und
alles, was in ihr ist, nicht durch sich, sondern durch
Mich einzig und allein ins Dasein gerufen wurde. Da also
die Welt schnurgerade entgegen war der Heiligkeit
Gottes, wie war hernach das Bestehen der Liebe, die
solches hervorgerufen hatte, das die Heiligkeit Gottes
verdammen mußte, anders als ein selbstverdammliches? –
Nun denket euch all die namenlosen Taten der Menschen.
Sehet, aller dieser Taten wegen mußte Ich verdammt sein
von der Heiligkeit Gottes, weil die Taten selbst
verdammt waren als Erscheinungen in der Welt, die aus
Mir hervorgegangen ist. Was war da zu tun?
[HiG.03_40.12.06,13] Sehet, nur zwei Wege standen Mir
offen, nämlich der Weg nach oben, und der Weg nach
unten, das heißt: Ich kehre zu Gott zurück, werde Eins
mit Ihm und vernichte durch die Kraft Seiner Heiligkeit
alles das, was aus Mir hervorgegangen ist – oder aber
Ich trenne Mich mit allem Vorwurf beladen, mit der
höchsten Verdammlichkeit, von Gott, belebe und heilige
da Meine Werke und tue in Meiner unendlichen Demütigung
Genüge der ebenso unendlichen Heiligkeit Gottes. –
Sehet, wenn Ich nicht die ebenso unendliche Liebe selbst
wäre, wie Gott die unendliche Heiligkeit selbst ist, so
hätte Ich freilich das erste getan. Allein Meine Liebe
vermochte das Unaussprechliche aussprechlich zu machen,
verleugnete ihre Heiligkeit und machte sich unheilig, da
sie sich belastete mit aller Schuld, und somit auch mit
des Todes schwerster Bürde.
[HiG.03_40.12.06,14] Allein, ihr wißt die Begebenheit,
als Ich in dem Garten Gethsemani an dem sogenannten
Ölberge zu Gott, von dem Ich Mich der Welt wegen
getrennt habe, betete. Sehet, da erst erwachte vollends
die große Blindheit Meiner Liebe und sah mit dem
entsetzlichsten Grauen zwischen Sich und Gott die
unendliche Kluft; allda bereute Ich im Ernste, daß Ich
Gott verließ und zum toten Werke Meiner eitlen Lust Mich
gewendet habe, – und damals stand die ganze Schöpfung in
der großen Schwebe zwischen Sein und dem ewigen
Nichtmehrsein. Denn entweder trinke Ich den Kelch, so
besteht die Welt und alles, was auf ihr ist – oder Ich
setze den Kelch zur Seite und die Welt und alles unter
ihr wird zunichte in dem Augenblick, da Ich den Kelch
zur Seite setze.
[HiG.03_40.12.06,15] Aber sehet, eben da, wo die Liebe
und das Leben in der unendlichen Entfernung von Gott
schwach geworden ist, da erbarmte sich Gott Seiner Liebe
selbst, stärkte Sie und gebot Ihr, den vorgesetzten
Kelch zu leeren, und sprach insgeheim zu Ihr: „Noch sind
zwischen Mir und Dir die Extreme der Unendlichkeit nicht
berührt; daher senke Dich hinab in die äußerste Tiefe
des Todes, welcher ist die äußerste Grenze im Gegensatze
zu Meiner Heiligkeit, damit Ich Dich da wieder erfassen
kann, da der ewige Kreis Meiner Heiligkeit sich
schließt.“ – Sehet, so ging Ich dann geduldig diesem
Ziele entgegen, allwo Ich in dieser unendlichen
Entfernung von Gott am Kreuze ausrief: „Mein Gott, Mein
Gott, warum hast Du Mich verlassen?“ – und ferner: „Es
ist vollbracht!“ und „In Deine Hände empfehle Ich Meine
Seele“ – oder die Seele alles Lebens, oder die Seele,
aus der alles, was da ist, hervorgegangen ist. –
[HiG.03_40.12.06,16] Sehet, nun werdet ihr, so ihr
dieses ein wenig bedenket, wohl einsehen, wie Ich bei
euch Sündern der Sehr Schwache bin, und wie Ich Mir noch
immer muß von der Heiligkeit Gottes an eurer Statt in
irgend einer vorgestellten menschlichen schwachen
Beschaffenheit Vorwürfe machen lassen, um euch jeden
sonderheitlich neuerdings wieder zu erlösen und
einzuführen lebendig in die Heiligkeit des Vaters.
Sehet, ein solcher Mensch, dessen Ich Mich bediene und
gewisserart seine Wesenheit anziehe, um dadurch eure
Mängel verhüllt zu tragen, gleicht dem Simon von Cyrene
und könnte ebenfalls großen Lohn erreichen, so er Mir
willig auf eine kurze Zeit nur hätte das Kreuz ein wenig
tragen helfen. Allein der Mensch ist schwach und
fürchtet jede Last, am allermeisten aber die Last des
Kreuzes; und daher bleibt Mir denn wieder nichts anderes
übrig zu tun, als was Ich dereinst tat, nämlich für alle
das Kreuz Selbst zu schleppen.
[HiG.03_40.12.06,17] Es muß euch demnach in dem
Nebenworte an den ‚Sehr Schwachen‘ ebensowenig beirren
das persönlich anpassend Scheinende, als es euch beirren
möchte, so ihr zum Beispiel die ganze Lebensgeschichte
des Hohenpriesters Kaiphas oder die des Pilatus, oder
die des Iskariot, oder sogar die eines römischen
heidnischen Kaisers Nero, und anderer ähnlicher größerer
und kleinerer Sünder nicht zu gedenken, vernehmen
möchtet; denn sehet, mit allen diesen Vorwürfen mußte
Ich Mich von jeher beladen lassen. Und ebenso bin Ich
nun für euch wieder beladen mit allen euren Schwächen
und Mängeln und trage sie für euch in dieser euch etwas
fremdartigen Umhüllung, damit, wie ihr schon wißt, euch
nicht Schaden geschehe an eurer Seele, so ihr
wissentlich, das heißt, eurem Fleische nach gleich einem
Judas Iskariot mit Mir in die geheimnisvolle Schüssel
des zu bewirkenden Lebens greifen möchtet.
[HiG.03_40.12.06,18] So ihr aber wollt, so nehmet dieses
Nebenwort unter dem Namen des ‚Sehr Schwachen‘ zu euch;
gehet es – wohlgemerkt! – in eurem Herzen von Punkt zu
Punkt durch und erkläret es euch nach dem, was ihr jetzt
vernommen habt. Ich habe euch nun gegeben den Schlüssel
gleich einem Petrus zu Meinem Reiche. Dieser ‚Sehr
Schwache‘ ist Mein verhülltes Reich in euch. Eröffnet es
mit diesem Schlüssel, und ihr werdet Wunder schauen, und
wahre geistige Wunder in und an euch entdecken.
[HiG.03_40.12.06,19] Sollte jemandem darinnen trotz
alles seines Prüfens noch immer etwas verhüllt
erscheinen und hart, wie einst den Aposteln die euch
bekannte harte Lehre, so wendet euch in aller Liebe zu
Mir, und seid versichert, daß Ich euch nicht im Stiche
lassen werde. Denn nun sage Ich nicht mehr: Gehet zu
Meinem Knechte und vernehmet in diesem Punkte durch
seinen Mund Meine Gnade, sondern nun sage Ich: Kommet
treuen Herzens zu Mir, damit Ich Selbst euch die Gnade
gebe und euer Mund ebenfalls ausspreche das geheiligte
Verständnis eures Mir zubereiteten Herzens. Obschon es
euch freisteht, sich zu erkundigen beim Knechte, so
werdet ihr aber doch aus seinem Munde nichts erfahren
als das, was Ich in euch durch eure Liebe zu Mir Selbst
aussprechen werde Amen. Das sage Ich der Wahre Siebente
Amen. – – –
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Jenseitsführungen
Link |
Text |
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Dr.
Martin Luther |
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Emmanuel Swedenborg |
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Der
Prophet Mohamed im Jenseits |
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Die Führungen von Martin Luther
im Jenseits
durch Vater Jesus 1546 und 1772
mit Anhang:
Die Rechtfertigung vor Gott
Teil I
Die Führung Dr. Martin Luthers im Jenseits
empfangen von Franz Schumi
(vom 19.8.-1.9.1900 in Graz)
INHALT
VORWORT
1.
Dr.
MARTIN LUTHER IM JENSEITS Irrtümliche Glaubensansichten
2.
Täuschungen durch die tote
Buchstabenlehre
3.
Zu seichte Bibelauffassung -
Blut Jesu Christi
4. Werktätige Liebe als Grund des echten Glaubens
5.
Der Glaube ohne Werke - Blut
Jesu Christi ist die Liebe
6.
Vater Jesus erhört das Gebet
Luthers
7.
Die Lehre über die Heilige
Dreieinigkeit
8.
Rechtfertigung vor Gott -
Sündenreinheit
9.
Gefangennahme einer
Räuberbande
10.
Die Retter als
Glaubensgenossen erkannt
11.
Ungerechtigkeiten im Dies-
und Jenseits
12.
Räuberbehandlung -
Engelsgebet vor der Mahlzeit
13. Dankgebet des Engels nach der Mahlzeit
14.
Geistige Schätzung des Wertes
von über 2000 Bekehrten
15.
Weissagung über das neue
Reich der Liebe
16.
Anbruch des tausendjährigen
Reiches
17.
Die Glaubensrede an die
Räuber
18.
Die große Lehre Christi von
der Liebe und Vergebung
19.
Versöhnung, Verzeihung und
Verbrüderung unserer Parteien
20.
Vater Jesus kommt zu Seinen
Kindern
21.
Martin Luther als Jesu
Liebling und auserwählter Apostel
22.
Die Reise: Auf zum Vater
Jesus im Himmel
23.
Das Auftreten der Satana
24.
Eine Auseinandersetzung des
Vaters mit der Satana
25. Des Vaters Gefallen an der Mildtätigkeit der Kinder
26. Einnahme der Bergschluchtfestung
27. Jesu Aufklärung über die Zustände im Geisterreich
28.
Voranstalten zur Bekehrung
der Räuber
29.
Wie sich aus Teufeln Engel
bilden
30.
Ein Ort der Bruderliebe
31. Erscheinlichkeiten in der Landschaft, die das Innere ihrer
Bewohner anzeigen
32. Die alleinseligmachende Kirche
33.
Wie die römischen Traditionen
entstanden sind
34.
Warum Rom das Lesen der
Heiligen Schrift verbot
35.
Die täglich wiederholte
Gottesfabrikation in der Messe
36.
Gezahlte Gebete erhört Gott
nicht
37.
Niemand ist heilig als Gott
allein
38. Das Niedersteigen des Apostels Petrus
39.
Je näher Rom, desto näher der
Räuber- und Mörderhöhle
40.
Jesus, dem Leibe nach ein
Jude
41.
Die dreifache Hölle und wo
sie eigentlich ist
42.
Die Messias-Weissagung als
die allergrößte in der Heiligen Schrif
43.
Die Göttlichkeit bekundenden
Namen des jungfräulich geborenen Kindes Jesus
44.
Gott ließ sich nicht von
einem sündigen Menschen Seinen Leib erzeugen
46.
Beweise aus den Propheten
über den Messias
47.
Ein Jude, der auch im Himmel
Geschäfte und Handel betreiben will
49. Im Jahre 1854 Maria als reine Jungfrau bei den Katholiken
anerkannt
50.
Krieg der Geister in der
Wolkenwelt
51.
Die Lehre über die
Höllenqualen und die ewige Verdammnis
52.
Die Reformation als
Gottesstrafe gegen die päpstlichen Dogmen
53.
Geistige Unwissenheit im
Jenseits
54.
Das Beichten am Totenbett
nach römischer Art ist wertlos
55.
Aufklärung über Hölle, Satan,
Materie, Seele und Gott
56.
Die Lehre der Liebe, Demut
und Glaubensduldsamkeit
57.
Über den jüngsten Tag, das
Gericht und die Auferstehung des Fleisches
58.
Die schöne Glaubensrede Dr.
Martin Luthers
59.
Die Erfüllung der Hauptlehren
Christi
60.
Die Wanderung durch
himmlische Schönheiten
61.
Schönheiten und Wonnegefühle
im Himmel
62.
Die Ankunft vor Neu–Jerusalem
63.
Der Empfang Dr. Martin
Luthers vor dem Neuen Jerusalem
64.
Dr. Martin Luther als ein
Großer und Fürst im Neuen Jerusalem
Die vorliegende Ausgabe ist eine
weitere Überarbeitung der bereits schon überarbeiteten Fassung, die im Verlag
Rudolf R. Hoff erschienen war.
Neben der Fehlerkorrektur wird
versucht, eine in Zeichensetzung, Rechtschreibung und Grammatik modernere Form
darzustellen, die die Lesbarkeit für den Leser des 21. Jahrhunderts erleichtert,
jedoch eng am Vorlagetext orientiert bleibt.
Ein Vergleich mit der 1903 in
Bitterfeld im Selbstverlag erschienenen Originalausgabe wurde vorgenommen.
Ulrich Ummen.
VORWORT
Liebe Kinder!
Das vorliegende Werk ist eine Kundgabe Meiner Liebe zu euch, damit ihr die
Wahrheit der Geschichte des Apostels Dr. Martin Luther*) erfahret.
Nehmet diese Kundgabe in Liebe auf und danket Mir dafür, damit ihr nicht bloß
eure Neugierde daran gesättigt habt, sondern auch Dem euren Dank saget, Der euch
so herrliche Perlen echter Lehre aus dem Himmel zukommen ließ, da Ich
entschieden nicht deshalb Bücher schreiben lasse, damit ihr etwas zu lesen
bekommt, sondern dass ihr euch nach der geoffenbarten Wahrheit kehret und lebet
und handelt danach, denn nicht das Lesen und Wissen bringt euch im Geistigen
weiter, sondern allein das Erfüllen des Gebotes oder das Leben nach den
dargebotenen Lehren.
Es
wäre sehr viel zu sagen in Bezug des Lebens nach der Lehre, aber es ist schwer
zu predigen, wenn die Menschen nicht Liebe zur Wahrheit haben. Der Widerwille
gegen die Wahrheit ist aber das Zeichen des Satanischen im Menschen, und daher
wollen sie nur Weltliches, was Ich mit Satan im Fleische bezeichne.
Die
Führung Dr. Martin Luthers im Jenseits soll euch ein Wegweiser auf der Wanderung
zu Mir sein, denn ihr bekommet die wichtigsten Lehren darin, welche zu Mir
führen, und das soll euch bekräftigen im Glauben und im guten Willen, ein Leben
zu führen, das euch dorthin tragen soll, wo der Held der vorliegenden Geschichte
aus dem Geisterreich in glücklichsten Zuständen auf euch wartet, dass ihr ihm
nachfolget.
Auch die Geschichte des Emanuel Swedenborg lehrt euch viel Schönes aus den
Zuständen des geistigen Lebens im Jenseits, denn auch sie ist reich an
Beispielen, was der Mensch tun und unterlassen soll, um das Ziel des Lebens oder
das ewige Leben zu erreichen, welches die Erlangung des Himmels ist; denn wenn
der Mensch den Himmel erklommen hat, dann hat er sein wahres Ziel erreicht, das
ihn überglücklich macht, wie es die Himmelsreisenden mit dem Martin Luther und
Swedenborg erreicht haben.
___________________________________________________________________________
*)
“Lu“ bedeutet ursprachlich Wasser, „turu“ Haus, zusammen „Wasserhaus“, das heißt
ein am Wasserufer stehendes Haus.
Die
Familie Luturu begann ihren Ursprung 2150 Jahre vor Meiner Geburt und wohnte am
Ufer des Flusses Kabul (in Kabulistan). Sie kam 570 Jahre vor Meiner Geburt nach
Europa und um die Zeit Meiner Geburt nach Deutschland.)
1. DOKTOR MARTIN LUTHER IM
JENSEITS
Irrtümliche Glaubensansichten
(Dr. Martin Luthers Ankunft im Jenseits, seine Enttäuschung dort infolge der
Auffassung der Bibel nach dem toten Buchstabensinne, da der Glaube an Jesus nur
dann selig macht, wenn alles erfüllt wurde, was Jesus in der Glaubenslehre zu
tun gesagt hat. Das Blut Jesu Christi machte rein von der im Geiste Adams
mitbegangenen Erbsünde (da wir Geister aus dem Geiste Adams sind), nicht aber
von den von uns selbst begangenen Sünden und Verbrechen. Hebräer 9,1-15; Römer
3,21 ff; 1. Timotheus 2,14.)
Jesus: Eine Geschichte Meines Werkzeuges gegen die römische Dogmenlehre würde
gewiss jetzt, da alles Alte zu Ende geht und bald ein neuer Frühling echter
Lehre aus Meinen Himmeln anbrechen wird, von besonderer Bedeutung für jeden
echten Christen sein. Darum lasse Ich euch auf Bitten Meines Kindes den Übergang
und die weitere Entwicklung im Geisterreich eures Apostels und Reformators hier
folgen:
Der
euch so teure Mann, Dr. Martin Luther, ging freudigen Herzens in seine neue
Heimat ein, zwar nicht wissend, - aber doch alles Gute hoffend.
Sein Hinübertritt war ein Triumph der guten Sache, um die er sich im Leben mit
aller Kraft seines Herzens bemüht hatte, aber doch nicht so rosig, wie er sich
denselben vorgestellt hatte; denn er hat manche Stelle des Neuen Testaments
falsch aufgefasst, irrig gedeutet, und Menschensatzungen der römischen Kirche
übertragen, die in Meinen Lehren nicht vorkommen, und diese waren ihm ein
Haupthindernis, um als ein echter Apostel in Mein Reich des Geistes einzuziehen.
Es
werden viele darüber den Kopf schütteln, wie es möglich sei, dass Dr. Luther als
Mein Apostel und Reformator zugleich auch ein Irrlehrer war. Diese Frage will
Ich, als euer Vater und Heiland euch klar machen, damit ihr euch von der
falschen Auffassung des Neuen Testaments freimachet und den Weg Meiner echten
Lehre betretet, die Ich während Meiner dreijährigen Lehrzeit predigte.
Die
Menschen sind denkfaul und hoffen auf die leichteste Art und Weise den Himmel
dadurch verdienen zu können, dass sie, am toten Buchstaben haftend, nur das
ihrem Vorteile Zusagende herausziehen, alles übrige aber, wonach sie auch Buße
tun, Entbehrungen, Verleugnung vor der Welt, Entsagung der Weltfreuden und
desgleichen üben sollten, wohlweislich meiden.
Ihr
Grundsatz lautet: „Glaube an den Herrn Jesus Christus und du wirst selig“; „das
Blut Jesu Christi reinigt uns von allen Sünden.“
Diese zwar im Neuen Testament vorkommenden Lehrsätze sind, wenn man sie nur nach
dem toten Buchstaben ergreift und daran haftet, wahre Irrlehren, die niemanden
in Mein Reich bringen, und daher höchst gefährliche Lehren für den, der fest
daran hält und, von diesem Glauben ausgehend meint, er sei sündenfrei und
brauche nichts anderes als fest zu glauben, alles Übrige habe schon Ich am
Kreuze für ihn getan und gesühnt. O, ihr armen, irregeführten Schafe Meines
Stalles! Wie könnt ihr so denk- und werkfaul in den Tag leben und meinen, dass
ihr durch den alleinigen Glauben vor Mir und durch Meine Gnade gerechtfertigt
seid?!
Der
Glaube an Mich ist euch erst dann von Vorteil für euer geistiges Leben, wenn ihr
dadurch, dass ihr an Mich glaubet, auch alles das, was Ich gelehrt habe, ins
Werk setzet. Dieses ist es, was selig macht, nicht aber der Glaube allein.
Es
ist hier nicht der Ort, wo Ich euch eine gründliche Aufklärung über euren Irrtum
und eure Pflicht geben will, was richtig oder unrichtig ist, sondern es ist noch
eine kurze Zeit bis zur Vollreife und dann werdet ihr eine gründliche Aufklärung
bekommen, wie ihr alle zu leben und zu handeln habet. Nun kehren wir zum Martin
Luther zurück.
2. Täuschungen durch die tote Buchstabenlehre
(Martin Luthers irdische Bibelanschauung stellt sich als unrichtig heraus.
Sein Empfang durch die auf ihn wartenden Verstorbenen und ihre geistigen
Zustände. Klage, dass der bloße Glaube an Jesus nicht selig gemacht und das Blut
Jesu Christi nicht von Sünden gereinigt habe, trotz ausgestandener Leiden und
Verfolgungen.)
Luthers Ankunft im Geisterreich war eine fröhliche und zugleich betrübte. Er sah
ein, dass seine Anschauung nicht begründet war. Seine Freunde, die vor ihm ins
Geisterreich gekommen waren, erwarteten und empfingen ihn mit großer Freude.
Alles, was protestantisch und in jener Sphäre war, in welche Luther gehörte,
erwartete und empfing ihn wie im Triumphzuge. Es war ein Jubeln und Freuen, das
weit und breit Widerhall fand, aber man bemerkte an den Gesichtern der Menge,
dass sie nicht ganz zufrieden waren. Sie erwarteten eine andere Zukunft, ein
anderes paradiesisches Leben, denn sie glaubten, sie wären durch den festen
Glauben Bewohner des Paradieses, während sie nur um so viel besser waren, dass
der Druck der Kirchenzeremonie sie nicht zur Materie zog, welcher die
Römisch-Katholischen im Jenseits höchst unglücklich macht.
„Freund und Bruder!“ sagten sie: „Wie kommt es nun, dass wir, die wir uns fest
an das Neue Testament hielten und den Glauben an Jesus, der unser Erlöser am
Kreuze ist und der durch Sein Blut alle unsere Sünden getilgt hat, befolgten, so
schlecht angekommen sind? Siehe, weder Christus noch ein Engel ist uns
erschienen, um uns aufzunehmen und ins Paradies, oder wohin wir es verdient
haben, zu führen. Was sagst du dazu? Denke dir diese Täuschung! Wir, die wir
schon dachten, mit dem Tode würden wir Bewohner des Himmels werden, sitzen da
und wissen nicht, wie es um uns ist, und niemand weiß uns eine entscheidende
Antwort zu geben. Vielleicht gelingt dir etwas, der du das Glück hattest, die
Römisch-Katholischen ordentlich aufzuregen und eine Religion herzustellen, die
der urchristlichen einigermaßen ähnelte, denn wenn sie auch nicht die
urchristliche war, besser war sie doch als die römisch- katholische. Freund! Wir
sind nicht zufrieden mit unserem Zustande, wir erhofften eine viel bessere Lage
für unsere Leiden, Verfolgungen und Entbehrungen. Siehe, du bist gescheit, wir
wollen hören, welchen Bescheid du uns auf unsere Klagen geben wirst.“
Dr.
Luther kratzte sich hinter den Ohren und wusste keine Silbe hervorzubringen,
denn auch er befand sich in derselben Enttäuschung wie seine Freunde und
Gläubigen nach seinem Worte. Eine Zeit lang schwieg er und dachte nach, aber er
fand keine Auskunft in sich, daher meinte er: „Wir wollen sehen, ob da nicht ein
Licht zu erhalten ist, denn ich habe redlich nach bestem Wissen und Kennen die
Bibel gelehrt und verbreitet.“
3. Zu
seichte Bibelauffassung - Blut Jesu Christi
(Martin Luthers Aufklärung, dass sie durch Suchen, Anklopfen und Bitten den
Weg, die Wahrheit und das Leben finden werden. Seine Bemerkung über die zu
seichte Bibelauffassung. Verschiedene Auffassung zweier Redner, besonders eines
Priesters, dass wenn das Blut Jesu Christi den Menschen von allen begangenen und
künftigen Sünden befreit hätte, so wären Diebe, Räuber, Mörder, Ehebrecher usw.
keine Sünder.)
Eines Tages sagte er: „Liebe Freunde und Brüder, der Herr gab uns so viele und
schöne Lehren, sollten die nicht echt sein? Wenn sie es sind, dann müssen wir
auch das erlangen, was darin dem fleißigen Befolger derselben verheißen wurde.
Ich meine, für unsere Zustände passen am besten die Worte des Heilands: ,Wer
suchet, der findet, wer anklopfet, dem wird geöffnet, wer bittet, dem wird
gegeben!’ Diese Worte, liebe Brüder, glaube ich, enthalten den einzigen Trost
für uns. Wir wollen suchen, anklopfen und bitten, und ich bin überzeugt, wir
werden den Weg, die Wahrheit und das Leben finden, indem der Herr Sich Selber
als den Weg, die Wahrheit und das Leben bezeichnete.“ Alle gaben ihm recht und
sagten: „Ja, auch wir denken und meinen so und wir wollen unser Glück probieren
nach diesem Anraten.“
Unser Martin war überglücklich, als er hörte, dass seine Glaubensbrüder und
Freunde seine Ansichten teilten. Nun sagte er zu ihnen: „Brüder und Freunde! Wir
wollen unseren Erlöser und Heiland bitten, Er möge uns Licht geben. Er möge uns
bekannt machen, wo es uns fehlt, dass wir nicht das angetroffen haben, was wir
so fest geglaubt und erhofft haben, nämlich in den Himmel zu kommen und Jesus zu
sehen. Weder die eine noch die andere Hoffnung ist uns in Erfüllung gegangen.
Mir scheint es, Brüder, wir haben die Worte der Bibel zu seicht und zu leicht
genommen, daher unsere Enttäuschung.
Die
Freunde und Brüder sahen ihn ängstlich an und meinten: „Irgendwo muss der Fehler
sein, denn sonst müsste das vorhanden sein, was wir glaubten und erhofften zu
finden. Du bist der Gescheiteste unter uns, und wir werden gern deine
Anweisungen befolgen, denn weißt du, es ist uns schon entsetzlich langweilig
diese abwechslungslose Einförmigkeit. Wir müssen daher vor allem nach der
Ursache forschen, was das Hindernis ist, welches uns den Himmel versperrt und
Jesum verhüllt!“
Darauf trat ein junger Mann auf und sagte: „Männer, Brüder, Freunde! Ich habe
euer Gespräch gehört und ersehen, dass ihr am rechten Wege seid. Mit dem Leben
geht es hier nicht wie auf der Erde. Wir sind Geister und als solche müssen wir
zusammenhalten und eines Gedankens und Sinnes sein. Wir sind viele, im Neuen
Testament heißt es aber: ,Wo zwei oder drei in Meinem Namen versammelt sind, da
bin Ich mitten unter ihnen.’ Ist dies der Fall, was ich nicht bezweifle, wohlan,
wir sind sehr viele, also werden wir auch sicher das erlangen, um was wir
unseren Heiland Jesus bitten werden.“
Alle stimmten dem jungen Redner zu und sagten: „Ja, du hast recht, wir wollen
unseren Erlöser mit vereinten Kräften bitten. Er wolle uns huldvoll bekannt
geben, was wir tun sollen, damit uns die Verheißung zuteil wird, die uns durch
den Glauben an Ihn werden soll.“ Der junge Mann war damit zufrieden und trat ab.
Gleich nach ihm trat ein Geistlicher auf und sagte: „Männer, Brüder! Die Rede
des jungen Mannes gefällt mir und ich schließe mich seiner Ausführung an. Ja,
wir wollen bitten und da wir viele sind, so ist nach den Worten Jesu uns Seine
Verheißung gesichert. Trotzdem kann ich nicht umhin, schon jetzt meine Bedenken
gegen unseren Glauben zu äußern. Ich denke nämlich, wir haben viel zu viel
geglaubt und gehofft und viel zu wenig getan, um dem Glauben gerecht zu werden.“
Diese unerwartete Einwendung des Priesters überraschte alle und sie schauten den
Redner wie fragend an, was er damit sagen wollte. Nach einer kurzen Pause hob
der Redner wieder an: „Brüder, der Herr Jesus gab uns eine Menge Lehren, die wir
zu halten haben, aber ich muss gestehen, dass ich keine der Lehren so fest
eingewurzelt fand, als bloß den Glauben. Wie steht es aber mit den Sünden, die
zu begehen verboten sind? Seht, ich glaube hier ist die Ursache, dass wir uns in
dieser traurigen Lage befinden! Oder glaubt ihr wirklich, dass das vergossene
Blut Jesu Christi uns immer und zu jeder Zeit von allen Sünden befreit? Ich
glaube es nicht, denn sonst wären Diebe, Räuber, Mörder, Ehebrecher usw. keine
Sünder.“
4.
Werktätige Liebe als Grund des echten Glaubens
(Martin Luther klagt bitterlich über seine falsche Auffassung der Bibellehre
und die Un-möglichkeit, diese wieder gutzumachen. Mitleid der Zuhörer mit ihm.
Seine neue Erkenntnis, dass im Glauben, und mag er noch so groß sein, dennoch
die werktätige Liebe das Hauptgebot ist und dass deshalb ihre Zustände so
traurig sind, weil sie die Werke der Nächstenliebe nicht gewirkt haben.)
Nach diesem Redner trat Martin Luther vor und hob vollernster Miene
folgenderweise an: „Brüder, Freunde! Mir ist nun ein Licht aufgegangen. Der
Vorredner hat mich auf einen Irrtum aufmerksam gemacht. Es ist wahr, ich habe
irrtümlich zu viel auf den bloßen Glauben gehalten, jetzt sehe ich leider zu
meiner größten Bestürzung ein, welch großes Unheil ich damit gestiftet habe. Die
Menschen bauen fest auf meine Lehre und glauben, ich sei unfehlbar in meinen
Aussprüchen. O wehe mir! Ich ein Ketzer, ein Verführer des Volkes. Ich, der ich
mit voller Liebe für meinen Heiland eingestanden, sehe ein, welch großen Fehler
ich begangen habe an Millionen von Menschen, die gleich mir in vollem Glauben
aber in mangelhafter Erfüllung der Werke der Nächstenliebe dahin lebten, leben
und noch leben werden. O wehe mir! Wie werde ich dies meinem lieben Jesus,
meinem lieben Heiland gegenüber verantworten?! Was wird Er sagen, wenn ich vor
Ihn treten und Rechenschaft über mein Leben und Wirken für das Seelenheil der
Menschen geben werde? Nun spüre ich die ganze Schwere meines Verschuldens an der
unschuldigen Menschheit. Was soll ich tun? Wie kann ich jetzt meine Fehler und
Irrtümer wieder gut machen? Wer kann da eine Abhilfe schaffen?“ Nach diesen
Worten voller Reue und Gewissensbisse zog er sich zurück und dachte nach.
Die
Zuhörer waren wie versteinert, denn sie sahen jetzt gleichfalls ein, dass nicht
alles in der Ordnung in der Lehre und dem Befolgen der protestantischen Religion
ist; aber keiner getraute sich ein Wort zu reden und so schwieg die ganze
Gemeinde und schaute traurig auf ihren Lehrer und Führer, der sein Gesicht mit
den Händen bedeckte und schluchzte.
Lange dauerte die Totenstille unter den Zuhörern, denn keiner getraute sich, den
Trauernden zu stören, viel weniger ihm Vorwürfe zu machen. Denn sie sahen ein,
dass er wohl redlich gewollt, aber menschlich geirrt hatte und dass hier keine
Hilfe möglich war. Wozu dann noch Vorwürfe?
Dieser Gedanke im Herzen seiner Brüder war eine edle Tat der Nächstenliebe, wie
sie nicht edler gedacht werden kann. Sie sahen ein, dass er nicht aus Faulheit,
nicht aus persönlichen Absichten einen gewaltigen Religionsirrtum in sich
getragen, an dem er selbst samt ihnen und allen, die noch im Fleische leben,
leiden muss. Ein Gefühl der Wehmut und des Mitleids ergriff alle, als sie den
ehrlichen Kämpfer und Helden für die wahre Religion sahen, wie er bitterlich
über seinen Irrtum und dessen unberechenbare Folgen weinte.
Lange währte die Ruhe und Trauer unter den Zuhörern, bis sich der alte Mann nach
vielem Weinen wieder erhob, traurig zu seiner Gemeinde aufsah und folgende Worte
voll bitteren Vorwurfs gegen sich selbst sprach: „Brüder und Freunde! Die Macht
des Elends meiner Schuld an dem Leiden so vieler Millionen meiner
Glaubensgemeinde, die ich hoffte, in die glücklichen Tage des echten
Christentums zurückzuführen, schwebt vor meinen Augen. Wohl habe ich ihnen den
Weg zu unserem Heiland Jesus wieder geebnet, aber leider übersehen, dass Jesus
wohl lehrte, dass der Glaube an Ihn selig macht, aber die werktätige Liebe als
das Hauptgebot im Glauben hervorhob. Was nützet daher der Glaube, wenn er nicht
durch die Werke der Gottes- und Nächstenliebe so voll ist wie in guten Jahren
die Rebe von Trauben in der Herbstzeit, wenn die Zeit der Lese ist?
Ja,
Brüder, die Reben haben wir wohl, aber Trauben sind sehr wenige daran, denn wir
haben viel zuwenig die Heilige Schrift geistig aufgefasst. Unser lieber Heiland
hat doch hauptsächlich von der Liebe gesprochen, während wir nur auf den Glauben
unsere Zuversicht aufgebaut haben, also auf den Sand unser Haus gestellt, und
nun befinden wir uns da wie die Abgehausten, da wir vergessen haben, unser
Glaubenshaus durch die werktätige Liebe auf den Felsen zu bauen und nur durch
diese Liebe zu pflegen, die uns so oft in der Heiligen Schrift anempfohlen wird,
und vergessen, dass wenn wir einen Glauben hätten, der die Berge versetzte, und
hätten die Werke der Liebe nicht gegen den Nächsten, dass alles umsonst wäre.
Seht, liebe Brüder, hier hapert es, hier ist der wunde Fleck in unserem
Glauben!“
Die
Brüder und Zuhörer schwiegen, denn sie sahen ein, dass sie selbst auch schuld
daran waren, dass sie einem falschen Glaubenswahn zu viel huldigten, weil er
ihnen ein sorgenloses Leben versprach. Daher schwiegen sie wohl wissend, dass
auch sie derselbe Fehler strafte, der ihrem Lehrer die Tränen hervorlockte. Sie
hatten ja dieselbe Bibel wie ihr Lehrer, daher begingen sie denselben Fehler wie
er.
5.
Der Glaube ohne Werke - Blut Jesu Christi ist die Liebe
(Im
Geisterreich kommen Gleich und Gleich zusammen und dadurch mangelt es an
Mitteln, das Versäumte leicht gutzumachen. Die Folgen des Glaubens ohne Werke
der Nächstenliebe. Aufklärung, dass das Blut Jesu Christi die Liebe Jesu
bedeutet. Aufklärung, wie es den Römisch-Katholischen im Geisterreich mit dem
Beten zu Maria und den Heiligen geht. Die fortwährende starke Abenddämmerung
unter ihnen.)
Nach einer kleinen Pause begann er wieder zu reden und sagte: „Brüder, das Leben
ist eine fortwährende Täuschung. Getäuscht zu sein von der Wiege bis zum Grabe
und getäuscht noch über das Grab hinaus, das ist bitter, das ist kaum zu
ertragen. Wir gingen im vollen Glauben einer glücklichen Zukunft in die
Ewigkeit, und was trafen wir an? Nichts! Es ist nur eine Fortsetzung desselben
Lebens in geistiger Gestalt, das wir auf der Welt fleischlich durchlebten. Es
ist alles so, wie es auf der Erde war, aber leider auch wieder nicht so, denn es
fehlen uns die Behelfe, das Versäumte und Verfehlte gutzumachen. Hier sind wir
alle gleich und keiner hat ein Bedürfnis, dass der Nächste ihm beispringe und
helfe, um so ein Werk der Nächstenliebe zu tun. Darin ist hier ein anderes
Verhältnis, das wir nicht ändern können. Es herrscht also eine Gerechtigkeit, wo
Gleich und Gleich zusammenkommen, dass einer vom anderen nichts braucht. Ja,
dort waren wir ungewöhnlich glücklicher als hier. Dort auf der Erde hatten wir
eine große Zahl von Armen, Elenden, Bedürftigen am Leibe und Geiste, bei denen
man sich durch Werke der Nächstenliebe den Himmel verdienen konnte. Hier fehlt
alles das und wir sind rat- und tatlos und nicht wissend, was wir anfangen
sollen.
Ja,
das ist ein Elend, eine Not sondergleichen. Die Augen sind uns nun geöffnet,
aber wir sind wie die Gefangenen, die sich nicht helfen können. Zwar bedrückt
uns nichts Irdisches, aber wir haben auch nichts besonderes, was uns erfreuen
könnte. Wo ist unser erträumtes Paradies oder Himmel, wo unser vielgeliebter
Heiland und Jesus? Von allem dem sehe ich nichts.
Habt ihr nicht gebetet, dass euch Licht werde? Habt ihr nicht unseren
vielgeliebten Jesus angerufen, damit wir uns helfen können zu Ihm zu kommen,
oder dass Er uns die Gnade der Rechtfertigung vor Ihm gebe? Aber o wehe, was
spreche ich von der Rechtfertigung? Was soll die Rechtfertigung sein? Dass wir
ein verfehltes Leben führten? Dass wir das Hauptgebot im Gesetze viel zu wenig
beachteten, noch weniger erfüllten? Ja, ja, ich sehe die Folgen des Glaubens
ohne Werke der Nächstenliebe: wir haben nichts zu zeigen, was wir Gutes auf der
Erde gewirkt haben, daher lässt uns unser lieber Jesus in unserem Elend und in
qualvoller Unbeholfenheit.
Halt Brüder! Ich sehe noch was anderes. Ich sehe, dass unser Hochzeitskleid
nicht rein, sondern voller Flecke ist. Wahrscheinlich ein Lohn unserer
Weltlichkeit, unserer Verstandesweisheit?! Wir glaubten, dass wir sündenrein
seien, weil Jesus für uns Sein Blut am Kreuze vergossen hat! Nun sehe ich aber,
dass unser Kleid nicht im Blute des Lammes hellrein gewaschen, sondern sogar
schmutzig ist! Ja, Brüder, was sollen denn diese Worte unseres geliebten
Heilandes bedeuten, weil sie nicht erfüllt sind? Hört Brüder! Jetzt fällt mir
etwas ein: Im Blute hat noch niemand seine Kleider hellrein und weiß gewaschen,
daher muss das Blut Christi ganz etwas anderes bedeuten, als wir darunter zu
verstehen vermeinten.“
Auf
diese Einwendung schaute die ganze Gemeinde mit fragenden Blicken auf den
Redner, der ihnen wie aus den Wolken diese überraschenden Worte zur Erörterung
vorlegte. Und es getraute sich niemand ein Wort zu sagen, denn der beliebte
Glaubenssatz ,Das Blut Jesu Christi macht uns rein von allen Sünden’ war in
ihnen zu fest eingewurzelt, als dass sie sich getraut hätten, daran zu rütteln
und zu zweifeln.
Nach langer und banger Erwartung trat ein anderer Redner auf und sprach folgende
Worte: „Brüder, Glaubensgenossen! Unser Lehrer hat mich auf eine, wie ich
glaube, sehr glückliche Idee gebracht. Ich glaube nämlich, dass im Worte Blut
eine geistige Entsprechung für Liebe sei. Was sagt ihr dazu?“
Alle schwiegen, und da der Frager keine Antwort bekam, fing er von neuem an:
„Liebe Brüder, es ist eine Tatsache, dass noch niemand im Blute seine Kleider
rein und weiß gewaschen hat. Somit muss hier eine andere Bedeutung im Worte
liegen, aber welche? Das ist die Aufgabe, auszuforschen; denn davon hängt
sicherlich unser Heil, unsere Zukunft, unser Glück ab.“
Nach einer kleinen Gedankensammlung hielt er folgende Ansprache: „Brüder und
Freunde! Es hat geheißen, dass unser Gottvater dem Adam einen Retter verheißen
hatte, der die Sünde Adams, somit die Erbsünde, nicht aber die Sünden, die wir
begehen, auf seine Schultern nehmen und sie tilgen wird. Hier mag das Blut der
göttlichen Liebe materiell und geistig gemeint sein. Tatsächlich war es die
unbegrenzte Liebe Gottes, welche ihr materielles Blut in Christo für diese
Erbsünde, welche auf der ganzen von Adam abstammenden Menschheit lastete, am
Kreuze vergoss. Dass aber Jesus auch für unsere jetzigen Sünden sein Blut
vergossen hätte, das lesen wir nirgends im Neuen Testament, im Gegenteil, es
wird von den Aposteln sogar stark vor dem Sündenmachen gewarnt. Daher ist dieser
Satz, dass das Blut Jesu Christi uns von allen Sünden reinwäscht, ein
missverstandener. Ich denke daher, dass unser Lehrer Recht hat, wenn er unter
Blut Jesu die Liebe Gottes zu erblicken vermeint.“
Nun
fragte er wieder die Menge, ob sie derselben Meinung sei. Aber keiner rührte
sich, denn sie wurden zwischen zwei Fragen gestellt: Ist ihr jetziger Glaube
falsch, so ist ihre Anschauung falsch, und sie sind aller Hoffnung beraubt; ist
er aber echt, wo bleibt da die Verheißung des Glaubens? Diese zwei Ansichten
machten bei der Frage des Redners alle verstummen, so dass keiner sich getraute,
einen Laut von sich zu geben.
Nach einer Weile tiefen Schweigens fing der Redner von neuem an: „Brüder, ich
sehe ein, dass euch die Antwort schwer fällt, denn sie bringt uns eine
Niederlage entweder unseres Glaubens oder unserer Hoffnung. Daher will ich mich
bemühen, diese Antwort selbst zu bringen. Wer von uns kann behaupten, dass er
auf dem rechten Wege ist, da er sieht, dass seine Hoffnungen und Jesu
Verheißungen nicht eingetroffen sind? Wir alle haben die gleiche Erfahrung der
Enttäuschung. Wir alle befinden uns in einem Suchen nach Wahrheit und nach einem
Ausweg aus dieser Finsternis. Uns allen sind unbekannt die Ausgangswege aus
diesem Labyrinth unserer geistigen Finsternis. Wie muss es erst den
Römisch-Katholischen gehen, die nicht nur dieses Licht nicht haben wie wir,
sondern sie haben auch viele menschliche Satzungen ihrer Päpste, die nirgends in
der christlichen Lehre begründet sind!“
Auf
diese Einwendung trat ein stämmiger Mann auf und sagte: „Ich war einmal zu
Besuch bei meinem irdischen Freund, der ein römischer Christ ist und sich nun
auch hier in der Geisterwelt befindet. Nach üblicher Begrüßung kamen wir
sogleich auf das Glaubensthema, und da erzählte mir der Freund, dass er weder
aus noch ein wisse. Seine Gebete zu Heiligen und zu Maria hülfen im Geisterreich
nichts, folglich hätten sie wahrscheinlich auch auf der Welt den Bezahlenden
oder Betenden nicht geholfen, wohl aber den Priestern, die von dem Gelde der
Dummen gut zu leben gewusst hätten. Er sagte ferner: ,Es ist so wenig Licht, ich
sehe zu wenig hier, es ist fortwährend Abenddämmerung, aber kein Tag, keine
Sonne, es ist eine verteufelt langweilige Zeit ohne Hoffnung, ohne Hilfe. Zwar
kommen unsere Priester mit ihren geschwollenen Reden und Versprechungen, aber wo
Tatsachen sprechen, dort hört das Predigen der schwarzen Brut, die ich nie recht
leiden konnte, auf.’ Also sprach mein irdischer Freund und Nachbar, und ich sah
ein, dass er noch bedeutend schlechter daran ist als ich und meine Brüder hier,
die noch etwas Licht haben.“ Nach diesen Worten trat der Redner ab.
Nun
erhob sich wieder der frühere Redner und sagte: „Ich dachte mir, dass die
Römisch-Katholischen gewiss noch schlechter daran sind als wir, und nun habe ich
es bestätigt gefunden. Aber lassen wir die Römischen, sie haben ihre Aufgabe und
wir die unsere. Jeder wird nach seinem Glauben selig. Daher kümmern wir uns
zuerst um das, dass wir einen Ausweg finden, der uns zu unserem Jesus bringen
wird, alles Übrige wird sich dann schon finden lassen. Aber, Brüder, welcher ist
der Weg, der uns zu unserem Heiland führt?“ Auf diese Frage entstand wieder eine
Pause.
6.
Vater Jesus erhört das Gebet Luthers
(Martin Luther schlägt das Bitten zum Heiland um einen Engel vor, der den
Willen Jesu kundgäbe, um das Versäumte und Verfehlte wieder gutzumachen. Das
herrliche Gebet Luthers mit seiner Glaubensgemeinschaft zum himmlischen Vater.
Die Stimme des unsichtbaren Vaters Jesus verkündet die Erhörung des Gebetes.
Ankunft eines hell leuchtenden Engels von Osten, der sie im Namen des Vaters
Jesus, als den einzigen Gott, Vater, Sohn und Heiligen Geist in einer Person
begrüßt)
Als sich niemand zu Worte melden wollte, stand wieder Dr. Martin Luther auf und
sagte: „Brüder in Christo, unserem Herrn! Die Reden und Erörterungen, die wir
bisher geführt und gewechselt haben, sprechen klar, dass wir nicht auf dem
rechten Wege sind. Leider lässt sich nicht sogleich ein entscheidender Weg
einschlagen, weil wir selber nicht einig sind. Ihr habt mir die Stelle eures
Lehrers hier eingeräumt, somit wollt ihr meine Schüler sein. Als solche müsst
ihr mich aber geduldig anhören, und was wir für gut finden werden, auch in die
Tat verwandeln. Ich habe euch die Gründe klargelegt, welche ich als das
Grundübel unseres unangenehmen Hierseins betrachte. Diese Gründe sind bisher
teils angenommen, teils noch weiter entwickelt und besprochen worden. Zwar
mundete nicht alles, aber vor der Wahrheit der Tatsachen schweigen alle
Sondergedanken und -ansichten. Wir wollen aus den Beratungen zur Tat übergehen,
daher höret mir aufmerksam zu, was ich euch raten werde und was uns helfen
kann.“
Auf
diese Ansprache war alles still und wartete sehnsuchtsvoll der weiteren
Entwicklung der Dinge, welche da kommen sollten. Denn das glaubten alle fest,
dass ihr Lehrer und Bruder als ein grundgescheiter Biblist einen Ausweg finden
werde, welcher sie aus ihrem Wirrwarr der Anschauungen brächte.
Nun
sprach Dr. Luther: „Liebe Brüder! Die Fehler unserer Glaubensanschauung sind uns
nun bekannt. Wir haben die Werke nicht; und wenn schon irgendwelche Werke der
Nächstenliebe bestehen, so verdunkeln sie die Sünden, die wir so leichtfertig im
Leben begangen haben. Was ist da zu machen, um das Rechte zu treffen? Brüder,
Freunde! Ich denke, dass das einzige Mittel, welches uns aus unserer
Verlegenheit bringt, das inbrünstige Gebet zu unserem Erlöser und Heiland Jesus
ist. Daher mache ich euch allen einen Vorschlag: Wir wollen mit vereinten
Kräften zu Jesus beten und Ihn inbrünstig bitten, Er wolle in Seiner großen
Liebe und Barmherzigkeit uns anhören und aus Seiner huldvollen Gnade einen Engel
zu uns schicken, der uns Seinen heiligen Willen kundgäbe, was wir zu tun haben,
um das Versäumte und Verfehlte gutzumachen, uns weiter zu helfen und Seinen
heiligen Willen zu erfüllen, wodurch Seine Verheißung uns wird zuteil werden.“
Nach diesen Worten hielt er ein wenig inne und musterte seine Zuhörer, welchen
Eindruck sein Vorschlag auf sie gemacht hätte. Zu seiner Freude bemerkte er nur
freudig erregte Gesichter, was als Zustimmung seines Vorschlages galt.
Daher redete er weiter: „Liebe Brüder und teure Glaubensgenossen in Christo:
Unsere Sache steht auf dem Felsen Petri. Wir glauben nämlich, wie Petrus einst,
dass Jesus Gottessohn ist, der verheißene Messias. Und wie einst Petrus, so wird
auch uns dieser felsenfeste Glaube die Schlüssel zum Himmelreich einhändigen.
Ja, fest wollen wir diesen Glauben halten und in diesem Namen werden wir um
Licht und Wahrheit zum himmlischen Vater bitten. Denn Jesus lehrte ja Selbst:
,Was ihr in Meinem Namen bitten werdet, das wird euch gewährt werden.’ Also
wollen auch wir tun und beten und bitten, bis wir erhört werden.“
Ein
brausendes Gutheißen dieser Rede war die Antwort der Zuhörer. Nach dieser
allseitig bejahenden Gutheißung seiner Rede sagte er weiter: „Liebe Brüder!
Nicht mit lautem Lippengeplärr wie die Heiden wollen wir beten und bitten,
sondern aus der Tiefe unseres Herzens. Denn nur dann können wir das gewünschte
Ziel erreichen, wenn unsere Gebete aus der Tiefe unseres Geistes kommen und in
die Tiefe der Gottheit Jesu eingehen.
Daher, liebe Brüder, lasset uns beten und bitten mit dieser Inbrunst und diesem
tiefen Gefühl, dass die Steine erweichen müssten. Wohlan Brüder! Knien wir
nieder und beten wir wie folgt: Hochheiliger und liebevollster Vater! Siehe auf
uns, Deine armen Kinder, welche im Staube ihrer Nichtigkeit ihre
sehnsuchtsvollen Augen zu Dir erheben und Dich, den barmherzigen Erhörer unserer
Bitten, demütigst bitten: Lieber guter Vater! Wir armen unwissenden Kinder
Deiner göttlichen Liebe bitten Dich durch die Verdienste Deines lieben Sohnes
Jesus Christus für uns sündige Menschen, erbarme Dich unserer Unwissenheit und
unseres Elends hier im Reiche der Geister! Oh lieber guter Vater, wir bitten
Dich allerdemütigst, sende uns einen Engel oder wen Deine Liebe für gut findet,
der uns Deinen heiligen Willen kundgebe und uns leite, damit wir, die wir doch
so viel aus Liebe zu Dir und Deinem lieben Sohne Jesus gelitten und geduldet
haben, auch den Weg finden und betreten, der uns zu Dir und Deinem lieben Sohn
Jesus bringt.“
Nach diesem inbrünstigen Gebet fing der Himmel an, lichter und immer lichter zu
werden und eine Stimme verkündigte ihnen, dass ihr Gebet erhört wurde. Im
nächsten Augenblicke stieg ein hell glänzender Engel von Osten auf und schwebte
auf die Harrenden zu, zu denen er in wenigen Sekunden gelangte, worauf die ganze
Gegend von seinem Lichtglanze erhellt wurde, so dass ihn die Brüder kaum
anschauen konnten. Doch bald zog er sein übergroßes Licht ein und schwebte herab
zu ihnen mit freundlichem Antlitze, sie im Namen des Vaters Jesus grüßend:
„Willkommen, liebe Brüder und Schwestern! Der Vater Jesus, den ihr so schön und
demütig und voller Liebe gebeten habt, schickt mich zu euch, um eurem Wunsche
nachzukommen, um euch zu belehren und zu leiten zu Ihm, der unser einziger
Vater, Sohn und Heiliger Geist von Ewigkeit war, ist und ewig sein wird.“
7.
Die Lehre über die Heilige Dreieinigkeit
(Das große Erstaunen über die neue Lehre der heiligen Dreieinigkeit. Der Engel
verheißt sie zu führen den rechten Weg des Glaubens und Heils. Frage Luthers
über die heilige Dreieinigkeit und die Aufklärung des Engels darüber, dass Vater
die Liebe, Sohn die Weisheit und Heiliger Geist die Allmacht in Gott bedeutet
und dass in Christus alle Eigenschaften der Gottheit den Propheten Jesaja und
Micha gemäß vereint sind.)
Nach diesen Worten, die ihnen den großen Glaubenssatz von einer dreipersönlichen
Einheit Gottes wie mit einem Schlage vernichtete, standen die Brüder wie
versteinert da und richteten ihre Augen auf ihren Doktor Martin Luther,
gespannt, was er dazu sagen würde. Aber dieser schwieg, denn er wusste nicht,
was er ihnen sagen sollte. Auch der Engel schwieg und überließ sie ruhig ihren
Betrachtungen. Alle waren jedoch überzeugt, dass der Engel die Wahrheit
gesprochen, nur die Art, nach welcher dieses möglich sei, war ihnen nicht klar.
Nachdem sie der Engel eine Zeit lang in ihren Betrachtungen ruhig gelassen,
sprach er: „Liebe Brüder und Schwestern in unserem guten und vielgeliebten Vater
Jesus, ich begrüße euch als euer Bruder und von nun an euer Lehrer und Leiter,
damit ihr den rechten Weg des Glaubens und Heils wandeln werdet, der euch
unfehlbar zum Vater Jesus bringen wird!“
Auch auf diese Begrüßung und Aufklärung schwiegen die Versammelten, denn sie
waren noch zu stark von der überwältigenden Herrlichkeit und Schönheit des
Engels befangen, als er ihnen schwebend sein strahlendes Licht herabsendete.
Nicht so der Engel, der voller Freundlichkeit zu ihnen kam und dem Martin Luther
die Hand reichte, welche dieser voller Liebe an sich drückte und Freudentränen
dabei vergoss.
Nach einer Weile sagte Martin Luther: „Lieber Bruder im Herrn! Mein Herz ist
voller Liebe, voller Freude, so dass ich kaum sprechen kann. Zwar haben wir noch
nicht den lieben Vater Jesus gesehen, aber doch schon Seine viel versprechende
Stimme gehört. Andererseits bist du uns der lebendige Zeuge, dass wir das
erreicht haben, um was wir gebeten haben, und es versteht sich von selbst, dass
das Weitere noch folgen wird, wenn wir die Bedingungen erfüllt haben, von
welchen die Verheißung abhängig ist. Aber, lieber Bruder in unserem
vielgeliebten Vater Jesus, sage mir und uns allen: wie kommt es, dass Jesus
nicht Sohn Gottes ist, da Er öfters im Neuen Testament als solcher bezeichnet
wird?“
Hierauf erwiderte der Engel: „Liebe Brüder, ich frage euch, wo steht es im Neuen
Testament, dass Gott drei Leiber habe und dreipersönlicher Gott genannt wird?“
Auf
diese Frage waren sie nicht gefasst, daher schaute einer den anderen teils
fragend, teils schmunzelnd an, denn das hatte wahrlich noch keiner in der
Heiligen Schrift gelesen.
Nach einer Pause des Nachdenkens sagte Martin Luther: „Das habe ich zwar nicht
gelesen, aber es ist darin so oft die Rede von Gott Vater, von Gottessohn und
vom Heiligen Geist, dass man unwillkürlich auf die Annahme einer
dreipersönlichen Gottheit kommt, daher habe ich die Annahme der Konzilien von
Nicäa (325) und Konstantinopel (381) beibehalten. Da ich nun bemerke, dass diese
Annahme falsch ist, so bitte ich dich, lieber Bruder, im Namen unser aller, da
wir alle eine Aufklärung gleicherweise benötigen, wie sich dieser Glaubenssatz
verhält zur Wahrheit, die du uns verkündest?“
Der
Engel erwiderte voller Freundlichkeit: „Liebe Brüder, hätte es je mehr als einen
Gott gegeben, dann hätten schon die alten Völker zwischen Adams- und Jesuszeit
dies gewusst. Hätten die Apostel die Namen Vater, Sohn und Heiliger Geist als
drei Personen verstanden, dann hätten sie diese dreipersönliche Gotteinigkeit
gelehrt und im Neuen Testament als einen Glaubenssatz aufgezeichnet, allein
weder das eine noch das andere fand statt, somit wird es wahrscheinlich nie
einen dreipersönlichen Gott gegeben haben, oder nicht?“
Auf
diese zutreffende Aufklärung wusste keiner eine Einwendung gegen diesen wahren
Sachverhalt zu stellen, daher fing der Engel von neuem an zu reden und
aufzuklären, indem er sagte: „Vater, Sohn und Heiliger Geist sind nicht etwa
drei Personen in Gott, sondern drei Eigenschaften: Liebe, Weisheit und die
betätigende Gnade und Allmacht, welche aus Liebe und Weisheit oder aus Vater und
Sohn hervorgehen. Steht nicht alles das im Neuen Testamente? Sehet, ich will es
euch noch genauer sagen: Vater ist ein geistiger Ausdruck, ein
Entsprechungswort, welches die Liebe in Gott bedeutet, der Sohn bedeutet in der
geistigen Entsprechung die Weisheit in Gott, und der heilige Geist ist die
Willensbetätigung, was Liebe und Weisheit in Gott beschlossen, auszuführen. Das
ist also die Dreieinigkeit Gottes und sonst nichts! Dass Jesus der urewige Vater
und Gott ist, liest man bereits im Jesaja 9,5: ,Ein Kind ist uns geboren, ein
Sohn ist uns geschenkt, auf dessen Schulter die (ewige geistige) Herrscherwürde
ruht und den man nennt: Wundervoller, Rat, Gotteskraft, Gottesheld, Vater der
Ewigkeit, Friedensfürst.’ Spricht nicht Micha (5,1), dass in Bethlehem der
Herrscher Israels geboren wird, dessen Abkunft aus den Tagen der Ewigkeit her
ist? Diese zwei Stellen aus den Propheten besagen euch ganz deutlich, dass Jesus
der urewige Gottvater selber ist, außerdem hat sich unser lieber Vater Jesus
dreimal direkt als Vater bezeichnet, so bei Johannes 10,30; 12,45 und 14,9 und
sonst öfters indirekt.
Ich
glaube nun, liebe Brüder, dass dieser Glaubenssatz genug beleuchtet und allen
klar und evident ist.“ Darauf erschallte einstimmig die Bejahung, dass sie alle
verstanden und es für richtig erkannt hätten.
8.
Rechtfertigung vor Gott - Sündenreinheit
(Frage Luthers über die Rechtfertigung durch den Glauben und über die
Sündenreinheit durch das Blut Jesu Christi. Aufklärung des Engels und der
Schrecken der Zuhörer über die erwiesene Wahrheit gegen ihre bisherige
Glaubensanschauung. Angebotene Gelegenheit, das im Leben Versäumte und Verfehlte
wieder gutzumachen.)
Hierauf wendete sich wieder Martin Luther zum Engel und fragte ihn, was es für
eine Bewandtnis habe, dass die Stellen der Bibel nicht in Erfüllung gingen, nach
denen es feststehe, dass man durch den Glauben gerechtfertigt und selig werde,
und dass das Blut Jesu Christi uns rein mache von allen Sünden.
Der
Engel machte eine freundliche Miene und sagte: „Höre Bruder! Du hast bereits
selber eingesehen, dass der Mensch nur dann durch den Glauben gerechtfertigt
wird, wenn er alles tut, was die Lehre des Glaubens von ihm verlangt. Das ist
eine feststehende Tatsache, und ich habe dabei nichts zu erklären als höchstens
zu sagen: Gott ist die Liebe. Erfüllt daher das Gesetz der Liebe zu Gott und
eurem Nächsten, dann wird das Blut, welches die geistige Entsprechung für die
Liebe eures Vaters Jesus Christus ist, euch rein machen von allen Sünden, wenn
ihr die Gesetze der Lehre der Göttlichkeit und Heiligung eures Ichs erfüllt
habt.“
Diese Aufklärung des Engels wirkte wie eine kalte Dusche auf die Zuhörer. Sie
dachten im Stillen: Also das Gegenteil dessen, was wir bisher glaubten, ist die
Wahrheit? Wie sollen wir jetzt das alles gut machen, da uns hier keine
Gelegenheit dazu geboten wird?
Als
der Engel ihre traurigen Mienen sah, unterbrach er sie in ihren Betrachtungen
über ihre verfehlten Anschauungen und Lebenswege und sagte dann zu ihnen: „Liebe
Brüder und Schwestern! Es ist wohl wahr, dass man auf der Welt das alles ins
Werk setzen soll. Aber wenn der Mensch eine Sünde begeht und er weiß nicht, dass
es eine Sünde ist, so kommt es hauptsächlich darauf an, ob er dieselbe bereut
und, wenn möglich, gut zu machen sich bereit erklärt, koste es was es wolle. Ich
frage euch daher, ob ihr mit meiner Aufklärung einverstanden seid und das
Versäumte nachholen, das Verfehlte gut machen wollt, wenn euch dazu Gelegenheit
geboten wird?“
Auf
diese freundlichen Worte des Engels sagten alle, dass sie einverstanden seien,
und baten ihn, er möge ihnen recht bald die Gelegenheit geben, dies ins Werk
setzen zu können. Der Engel versprach dieses zu tun und sagte ihnen, sie sollten
mitgehen, er wüsste eine Gegend, wo allerlei gute Werke geübt werden könnten.
Nun erhob sich die ganze große Gesellschaft und ging dem voranschreitenden Engel
nach.
9. Gefangennahme einer Räuberbande
(Überfallene Räuberbande, welche die Beraubten zwang, das Geraubte in ihr
Räubernest zu tragen. Gegenseitige Rechtserklärungen. Bitte der Beraubten um
ihre Errettung; dem entgegen pochen die Räuber auf die unbeschränkte Freiheit im
Geisterreiche. Treffende Antwort Luthers darauf, dass sie selbst die Gewalt vor
das Recht stellen. Frage Luthers nach ihrem Räubernest, um es zu zerstören, und
die ängstlichen und ausweichenden, lügenhaften Antworten der Räuber.)
Nach einer kurzen Reise kamen sie in eine sehr traurig aussehende Gegend, wo sie
der Engel Halt zu machen hieß. Nachdem sie eine Zeit lang warteten, sagte ihnen
der Engel: „Jetzt gehen wir tiefer ins Land hinein, denn hier sind wir noch an
der Grenze. Die Gelegenheit Gutes zu tun aber wird sich im Lande selbst bieten,
denn ein armes kahles Land hat auch arme Bewohner, welche jede Hilfe hocherfreut
und dankbar annehmen. Da wird sich also die Gelegenheit euch allen bieten,
hilfreich einzugreifen und zu helfen.“
Die
Worte des Engels erfreuten alle und sie schauten nun neugierig vor sich hin, wo
sich ihnen die Gelegenheit bieten werde, die Werke der Liebesbetätigung am
Nächsten zu üben. Nach einem Marsche von zwei Stunden kamen sie tiefer in diese
unwirtliche Landschaft und spähten neugierig nach allen Seiten, wo es etwas
geben werde, dass sie eingreifen könnten. Doch es zeigte sich lange nichts;
endlich hörten sie klagende und weinende Stimmen von weitem her kommen. Jetzt
waren sie alle gespannt auf die ankommenden Ereignisse. Der Engel hieß sie
niederlegen und still verharren, bis er sie aufstehen und helfen heißen werde.
Alle legten sich nieder und lauschten mäuschenstill auf die Ereignisse, die da
kommen sollten. Das Geheul und das Weinen wurde nun immer stärker und kam näher,
endlich sagte der Engel: „Es sind Räuber, welche die Bewohner einer jenseitigen
Landschaft angefallen, überwältigt und ihr Hab und Gut geraubt haben. Jetzt
treiben sie dieselben vor sich her, damit sie ihnen das Geraubte tragen in ihre
Gegend. Nun ist es eure Aufgabe, diese Räuber mit aller Gewalt anzufallen, sie
zu überwältigen und ihnen die Beute wegzunehmen und somit auch die Menschen zu
befreien, welche sie vor sich hertreiben. Noch eine kurze Zeit und ich werde
euch das Zeichen geben zum Angriff.“
Nach einigen Minuten sagte der Engel: „Auf Brüder, greifet an die Hinteren, denn
diese sind die Räuber, welche nichts tragen.“ In diesem Augenblick stand wie aus
dem Grabe hervorgezaubert eine mächtige Gesellschaft vor den Räubern, welche wie
starr vor Schrecken dastanden und nicht wussten, was sie gegen so viele anfangen
sollten. Unsere Gesellschaft, selbstverständlich die Männer, traten wie
Gewalthabende auf die Räuber zu und fragten sie barsch: „Was gibt’s da? Was
haben euch diese getan, dass ihr sie wie Gefangene vor euch hertreibt? Was
tragen die Gefangenen auf ihren Rücken?“
Die
Räuber sagten: „Das sind unsere Diener und müssen tun, was wir ihnen befehlen.“
- „So,“ sagte die Gesellschaft, „das sind eure Diener? Und diese weinen und
klagen über das Unrecht, welches ihnen widerfahren ist. Wir werden bald sehen,
wie sich die Sache verhält.“ Darauf lief einer zu den Tragenden und hieß sie
stehenbleiben. Weil diese auch arme Sünder waren, so hatten sie auch zu wenig
geistigen Lichtes gehabt, um beim Vorübergehen die lagernde Gesellschaft zu
sehen. Daher erschraken sie auch und fragten, was es da gebe, da sie hinter sich
streiten und schreien hörten. Der Bote aber befahl ihnen umzukehren und
zurückzugehen, damit die Wahrheit an den Tag komme. Die Tragenden kehrten um und
gingen zu ihren Treibern, wo sie die Gesellschaft empfing und sagte, sie sollten
die Wahrheit reden von dem, was da vorging, damit sie wüsste darnach zu handeln.
Die
Gefangenen erzählten nun die ganze Geschichte, die ihnen widerfahren und baten
um Hilfe gegen die Räuber ihrer Habe und Bedrücker ihrer körperlichen Freiheit.
„Ah, solche Diener sind das! Ihr seid also Räuber, ein loses und böses Gesindel!
Gut, es soll euch das Recht der Räuber geschehen. Wie ihr anderen tut, so werden
wir euch tun, ihr Raubvögel! Ihr kommt nicht mehr aus unseren Händen.“
Darauf antwortete der Anführer: „Wir waren auf der Erde Räuber und Diebe, dort
hat man uns verfolgt und verschiedenartig unschädlich gemacht. Hier in der
Geisterwelt haben wir uns wieder zusammengefunden und betrieben bis jetzt unser
Räuberhandwerk unangefochten weiter. Was wollt ihr von uns? Wer hat euch uns zu
Schergen aufgestellt? Wer ist euer Gesetzgeber und Herr? Wir kennen hier
niemanden, der ein Recht über uns hätte, denn hier lebt jeder, wie ihm beliebt
und so auch wir. Was wollt ihr also von uns? Wir sind freie Bürger des
Geisterreichs und lassen uns keine eigenmächtigen Gesetze von Menschen
aufdrängen. Wir sind und bleiben Diebe und Räuber und ihr bleibet, was ihr seid.
Lasset uns in Ruhe, wie wir auch euch in Ruhe lassen.“
Auf
diese kecke Antwort des Anführers sagte Martin Luther: „O ja, es ist leicht, so
zu sprechen, weil ihr sehet, dass wir in großer Überzahl sind. Warum habt ihr
nicht zu diesen Armen so gesprochen und sie in Ruhe gelassen?! Eure
Friedensliebe zeigt sich nur uns, nicht aber diesen Armen gegenüber, die ihr
überfallen, beraubt und zu Gefangenen gemacht habt. Wartet ein wenig, wir werden
euch gleich Recht schaffen nach eurer Gerechtigkeit. Einstweilen seid ihr unsere
Gefangenen und diese unsere Befreiten, die ihr zu Gefangenen gemacht habt. Doch
wartet, wir sind noch nicht fertig. Wo wohnt ihr, seid ihr noch mehrere, habt
ihr noch andere Gefangene zu Hause?“
Diese Frage kam den Räubern unverhofft. Daher schauten sie einer den anderen mit
ängstlichen Blicken an und schwiegen. Nun trat Martin Luther vor den Anführer
und sagte: „Ihr seid unsere Gefangenen und wir sind daran, euer Räubernest
aufzusuchen und zu zerstören; daher saget uns, wo ihr her seid?“
Auf
diese Worte Martin Luthers entgegnete der Anführer: „Wir sind viele und wehe
euch, wenn ihr uns nicht los und unbehelligt nach Hause ziehen lasset. Es werden
unsere Brüder kommen und sich rächen an euch, denn sie sind zahlreich und
mächtig. Daher kann ich euch unser Nest, wie du sagst, nicht nennen noch
zeigen.“ - „Schon gut, mein Lieber“, erwiderte Martin Luther, „ich sage dir,
dass wir uns vor deiner Drohung nicht fürchten, sondern dass wir nach unserem
Gutfinden handeln werden.“
10.
Die Retter als Glaubensgenossen erkannt
(Des Engels Aufklärung, wie es mit den Aussagen der Räuber beschaffen sei, und
wie die Nächstenliebe an den Gefangenen geübt werden soll. Reise in das
Räubernest und Gefangennahme aller Räuber samt ihren vielen Gefangenen. Die von
Räubern Gefangenen erkennen in ihren Rettern ihre Glaubensgenossen und sind
voller Freude darüber.)
Darauf trat Martin Luther zum Engel und fragte ihn, wie es mit der Wahrheit
dieser Aussage des Räubers beschaffen sei. Der Engel antwortete, dass das Land,
welches diese Räuber innehätten, mehrere Stunden entfernt sei, dass aber nur
wenige Räuber zu Hause seien, dagegen desto mehr Gefangene, welche für diese
arbeiten müssten.
Nun
fragte Luther, ob es nicht geraten wäre, diese armen Gefangenen zu erlösen und
sie nach Hause zu schicken, worauf der Engel erwiderte: „O ja, aber sie nach
Hause zu schicken, damit sind die Werke der Nächstenliebe nicht beendet, auch
nicht mit der bloßen Erlösung der Gefangenen. Hier ist Leibes- und
Geistesnahrung, Erlösung aus der Gefangenschaft, Bekleiden usw. nötig. Die Zahl
der Gefangenen ist groß, daher auch groß die Betätigung der Nächstenliebe,
welche von euch gefordert wird. Aber auch die Räuber benötigen ihre Erlösung.
Mit den körperlichen Strafen wie auf der Erde ist es hier nichts, wenigstens in
der Gesellschaft des Vaters nicht. Daher ist hier eine große, große Arbeit. Ich
bin euer Lehrer und Leiter, du der Ausführer dieser Lehre und Leitung, mache
dich daher auf und denke nach, wie du diese Räuber und Gefangenen zum Vater als
bekehrte und belehrte Kinder bringen wirst.“
Diese Worte des Engels brachten den Martin Luther zum Nachdenken und er
beschloss, alles zu tun, was nötig sein würde. Daher bat er den Engel, er möchte
ihm mit Rat und Tat behilflich sein, was ihm der Engel laut seinen Instruktionen
von Mir wird raten und tun dürfen, auf dass er seine Aufgabe gut verrichten
könnte.
Nach diesen Worten ging Martin Luther wieder zu den Räubern und teilte ihnen
seinen Entschluss mit, trotz ihrer Warnung ihr Nest aufzusuchen und zerstören zu
wollen.
Die
Räuber aber warnten ihn und sagten: „Du sollst dich in Acht nehmen, damit du
samt deiner Gesellschaft nicht auch unser Gefangener werden wirst.“
Martin Luther, da er den Sachverhalt kannte, sagte ihm kalt: „Und trotzdem will
ich mein Glück probieren, je größer die Beute, desto größer die Freude.“ Darauf
schwiegen die Räuber.
Nun
wandte er sich zu den Gefangenen und sagte ihnen: „Euch geschieht nichts. Das
einzige was ich verlange, ist, dass ihr uns in das Gebiet dieser Räuber folgt
mit eurer Habe, damit wir auch die Gefangenen, die schon dort sind, befreien und
geistig und leiblich stärken und belehren.“
Da
ihm der Engel den Weg gezeigt hatte, wo das Land dieser Räuber lag, befahl
Martin Luther seiner Gesellschaft, die Räuber in ihre Mitte zu nehmen und ihm
nachzufolgen.
Jetzt brach die riesengroße Karawane auf und ging dem Martin Luther und dem
Engel nach, welche vorausschritten. Nach einer Wanderung von sechs Stunden kamen
sie in die Gegend, welche die Räuber mit ihren Gefangenen bewohnten, und
umzingelten das ganze große Nest. Als die zu Hause gebliebenen Räuber sahen, was
geschehen war, blieben sie ruhig und warteten der Ereignisse, die da folgen
dürften.
Die
Gesellschaft machte kurzen Prozess, sie ergriff die Räuber und gesellte sie zu
den zuerst Gefangenen, indem sie sagte: „Seht, die Zahl ist nicht so groß wie
ihr uns vormachen wolltet“. Diese aber schwiegen, weil sie einsahen, dass vor
dieser Riesenzahl Menschen keine Rettung mehr zu suchen, noch zu finden sei. Den
Gefangenen wurde bedeutet, dass sie ruhig sein sollten, denn sie würden in
Freiheit gesetzt, und ihnen werde alles Recht geschehen, welches sie bedürften.
Diese Nachricht machte die Gefangenen frohlocken und sie riefen voller Freude:
„Gott sei Lob und Dank, dass wir endlich erlöst werden von unseren Bedrückern
und Peinigern. Liebe Leute! Lasset uns bald heimziehen, denn wir sind ruhige
Leute, die niemandem etwas zu Leid tun, und haben mit den Räubern nichts gemein,
als dass sie uns überfallen, beraubt und als Gefangene und Sklaven hierher
gebracht haben, von wo wir nicht entfliehen konnten. Nun aber hoffen wir wieder
glücklich in unser Land zurückkehren und dort wohnen zu dürfen. Daher haltet uns
nicht länger hier, denn wir haben große Lust, unsere eigene Erde wieder betreten
und dort wohnen zu dürfen.“
Als
die Gefangenen ihre Rede und Bitte beendet hatten, sagte Martin Luther: „Liebe
Brüder in Christo, gerne würde ich eurem Wunsche willfahren, aber sogleich geht
das nicht. Ich muss zuvor eine Prüfung mit euch vornehmen, wie es um euer
Seelenheil beschaffen ist. Daher gebet mir eine vollwahre Auskunft über alles,
was ich euch befragen werde.“
Ängstlich schauten die Gefangenen drein, als sie hörten, dass es sich um eine
Glaubensprüfung handle, vor der sie eben Furcht hatten, weil sie sich
vorstellten, wie es ihnen auf der Erde der Religion halber ergangen war.
Daher sagten sie: „Lieber, guter Mann, wir bitten dich, lasse uns glauben was
wir wollen. Schau! Der liebe Gott fragt uns um keinen Glauben, so lasse auch du
uns ungeschoren.“
Diese in der Angst ihres Herzens hervorgebrachte Bitte hatte aber darin ihren
Grund: Sie glaubten, dass sie es mit fanatischen römisch-katholischen
Christenverfolgern zu tun hätten. Als aber Martin Luther ihnen bekannt gab, dass
sie nichts zu fürchten hätten, da sie nur in der echten Christuslehre der Bibel
unterrichtet werden sollten, da fragten sie hastig: „Seid ihr vielleicht
Protestanten?“
Auf
die Bejahung dieser Frage hin erhoben sich alle und sagten: „Lieber Vater im
Himmel, wir danken Dir für diese Gnade, dass Du unsere Glaubensgenossen uns zur
Errettung gesandt hast. Nun sind wir doppelt schuldig, Dir zu danken, da Du uns
erstens die Freiheit geben willst und zweitens unsere Glaubensgenossen dazu
erwählt hast, die uns befreien und noch belehren wollen.“
Die
Dankrede der Geretteten machte alle hocherfreut, ihre eigenen Glaubensbrüder
gefunden zu haben, denen sie in geistiger und leiblicher Art helfen könnten.
11.
Ungerechtigkeiten im Dies- und Jenseits
(Frage an die Räuber, wie sie sich erlauben könnten, andere zu Sklaven zu
machen, für sich aber die Freiheit zu beanspruchen, da es nach ihrer eigenen
Auskunft im Geisterreich keine Amtsgerechtigkeit gebe. Die Räuber schweigen und
bedeuten damit, dass sie tatsächlich Verbrecher seien. Weitere Aufklärungen der
Räuber, besonders über das unrichtige Gerichtsverfahren auf der Erde; das
Schicksal der Räuber auf der Erde und die Lebensweise der Reichen.)
Nach dieser Szene wandten sich alle zu den Räubern und fragten sie, wie sie dazu
kämen, da es im Geisterreich keine Sklaverei gäbe, diese hier eingeführt zu
haben, und die Menschen zu zwingen, Frondienste zu leisten, zumal sie ja selber
beteuerten, dass hier im Geisterreich keine Amtsgerechtigkeit existiere, welcher
sie untertan wären.
„Wenn es aber im Geisterreich tatsächlich kein Gericht, keine Einschränkung der
persönlichen Freiheit gibt, nun fragen wir euch: Wie kommt ihr dazu, anderen die
Freiheit zu rauben und sie zu Leibeigenen zu machen, während ihr stolz für euch
die vollkommene Freiheit verlangt?“
Diese Frage machte einen scharfen Eindruck auf die Räuber und sie wurden durch
die Worte, die sie selber sprachen, ihres Verbrechens überwiesen. Daher
schwiegen sie, wohl wissend, dass hier jede Ausrede keine Ausrede, sondern nur
eine größere Verantwortung herausbilden würde.
Da
die Räuber keine Worte der Selbstverteidigung fanden, sagten die Umstehenden:
„Euer Schweigen ist euer Beteuern, dass ihr Verbrecher und Räuber an diesen
Armen, bisher euren Gefangenen, seid. Was ist also eure Antwort auf unsere
Rechtsfrage?“
Die
Räuber machten hier eine recht saure Miene und sagten: „Wir sind dieses
Räuberhandwerk schon von der Erde her gewohnt, und hier wussten wir auch nichts
anderes anzufangen. Und das schon besonders deshalb nicht, weil uns keine
Polizei verfolgte und kein Mensch unserem Tun Schranken setzte. Ihr seid die
ersten, welche uns nach dem Gerichtsrechte auf der Erde ergriffen und zur
Verantwortung gezogen habt. Was sollen wir euch antworten? Nach der irdischen
Gerechtigkeit sind wir Räuber und Missetäter, und ihr habt uns als solche
ergriffen und habt die Macht über uns. Wir müssen uns beugen, ob guter oder
schlechter Laune. Tut was ihr wollt, wir sind eure Gefangenen, und da wir nicht
mehr sterblich sind, so lasset eine Gerechtigkeit walten, nach welcher wir
bessere Menschen werden. Nicht aber wie auf der Erde, die bar aller Liebe nur
strafte aber nicht besserte, sondern uns noch böser und heimtückischer machte,
als wir früher waren.
Denn die Menschen auf der Erde sind herzlos gegen Arme und Bedürftige und daher
kommt das Böse, die Sünde, weil man essen muss, um zu leben, aber nicht immer
die Arbeit hat, um zu verdienen, während die Reichen in ihrem Überfluss
schwelgen und nicht wissen, wie sie diesen ihren Überfluss im Hochgenuss des
Lebens anbringen können. Es ist wohl ein trauriges Schicksal, wie ein wildes
Tier im Waldesdickicht, in Berglöchern und in unzugänglichen Schluchten und
Verstecklöchern zu wohnen, nichts zu essen noch zu trinken zu haben, allem
Unwetter ausgesetzt zu sein und ohne ein friedliches Dach über sich zu sehen.
Ja, da wird man ein Tier, und zwar ein wildes, racheschnaubendes Tier gegen die
Reichen und Besitzenden, die in schönen, palastartigen Häusern wohnen, gut essen
und trinken, Theater und Bälle besuchen und jedes Vergnügen des Lebens zu ihrem
eigenen machen, um nur mehr Geld zu vergeuden, das sie aus dem Blute der Armen
und Unterdrückten herausgepresst haben. Seht, das ist die Ursache unseres
verfallenen Lebenswandels und nichts anderes.
Zeiget uns Menschen, die ein liebevolles Herz haben und uns als Menschen und
Brüder behandeln wollen, und ihr werdet sehen, dass wir uns als Menschen und
Brüder gegen sie zeigen und ihr Los mit ihnen teilen werden. So lange aber die
Menschen mit nichts als mit ihrer kaltblütigen Gerechtigkeit gegen uns auftreten
und handeln, solange sind und bleiben wir Feinde der Menschen. Das ist unsere
Antwort auf eure Frage, und nun handelt nach eurem Gutdünken mit uns.“
12. Räuberbehandlung - Engelsgebet vor der Mahlzeit
(Martin Luther nimmt die Räuber als Brüder unter der Bedingung auf, dass sie
nach göttlichen Geboten leben sollen. Gebet des Engels vor der Mahlzeit. Aufgang
einer hellstrahlenden Glühkugel. Bewirtung der zu Brüdern aufgenommenen Räuber
und Gefangenen.)
Nach dieser zutreffenden Antwort der Räuber sagte Martin Luther zu ihnen: „Nicht
als Räuber und Verbrecher wollen wir euch ansehen und behandeln, sondern als
Menschen und Brüder. Aber es bedarf einer gewissen Vorsicht bei allem und so
auch bei diesem Eingehen auf euren Wunsch. Ihr müsset euch so betragen, dass wir
daraus entnehmen, dass ihr einer brüderlichen Behandlung wert seid. Und wenn wir
euch als Brüder in unserer Gesellschaft betrachten, so müsset ihr dasselbe tun
und glauben, was wir tun und glauben. Dann erst seid ihr in allem uns gleich,
aber nicht ohne weiteres, auf die bloße Zusage hin. Wir müssen Beweise eurer
Aufrichtigkeit haben, wir müssen euch vorher von allem unterrichten, was zu
eurem Leben unter uns nötig ist, dann erst werden wir Brüder und Freunde im
wahren Sinne des Wortes sein.
Nun
stelle ich euch einige Fragen, die ihr uns mit ganzer Aufrichtigkeit beantworten
sollt, damit wir wissen, wie wir mit euch daran sind, denn davon hängt eure
Zukunft, euer Glück und eure Glückseligkeit ab.“
Auf
diese ernste, vorsichtige und doch nur Gutes wollende Sprache des Martin Luther
waren die Räuber nicht gefasst, daher sagte der Anführer: „Freund! Du scheinst
besondere Ziele mit uns vorzuhaben, wir finden deine Sprache wohlwollend uns
gegenüber, aber etwas zu vorsichtig. Schau, was können wir tun gegen euch? Wie
sollen wir Böses meinen, da wir doch eure Gefangenen sind und als Menschen
behandelt werden. Siehe, du versprichst, uns als Brüder zu behandeln, also tue
das! Du siehst ja selber ein, dass wir euch nicht entfliehen können, wir sind
kaum zweitausend und ihr seid sicher über hunderttausend, also wozu diese
Vorsicht?
Nur frei heraus mit dem Worte, wir sind bereit, alles zu tun, was ihr uns als
Brüder freundlich zu tun sagen werdet. Siehst du, das ist unsere vollwahre
Antwort, denn was ich sage, das sagen alle, wir sind ein Herz und eine Seele und
alle werden das tun, was ich tun werde.“
Diese offene Antwort des Anführers der Räuber gefiel allen, daher sagte Martin
Luther: „Gut, ich will sehen, wie sich die Sache machen wird. Vor allem frage
ich euch, ob ihr hungrig und durstig seid, denn ich weiß, dass man auch im
Geisterreich der Speise und des Getränkes bedarf, obzwar nicht materiell nach
irdischer Art, aber desto mehr nach geistiger, seelischer Art. Daher Brüder im
Herrn, unserem Vater Jesus, saget uns, ob ihr hungrig und durstig seid!“
Der
Anführer der Räuber machte auf diese freundliche Anfrage eine lachende Miene und
meinte: „Ob wir hungrig und durstig sind, fragst du? Bringe nur was zu trinken
und zu essen, denn wir sind sogar sehr hungrig und warten, von wo uns etwas
geboten wird, um unseren Hunger und Durst zu stillen.“
Nun
wendete sich Martin Luther an seine Gesellschaft und sagte ihnen, sie möchten
von ihrem Vorrate den Armen etwas vorlegen, dass sie ihren Hunger und Durst
stillen könnten, denn hier wäre gleich der Ort, die Betätigung der Nächstenliebe
in der Tat zu zeigen.
Als
die Brüder das nun hörten, sagten sie: „Nicht nur diese, sondern auch die
Gefangenen und nun Befreiten wollen wir speisen. Wer Hunger und Durst hat, setze
sich nieder und wir wollen mit ihm unseren Imbiss teilen, denn auch wir sind
schon hungrig und brauchen eine Leibesstärkung.“
Zur
größten Freude der Gesellschaft setzten sich alle nieder, deren es bei 10.000
Köpfe gab, und schauten freundlich zu ihren Wohltätern, was ihnen diese bieten
würden.
Als
dies geschehen, trat Martin Luther vor die Gesellschaft und sagte: „Liebe
Brüder, der gute himmlische Vater gab uns die Gelegenheit, die Nächstenliebe an
diesen Armen zu üben. Daher ergreife ein jeder diese Gelegenheit und tue das
Möglichste, damit unser Vater Jesus, der nicht nur in uns, sondern auch in
diesen unseren Brüdern und Schwestern vollwahr lebt, mit Freude auf uns schauen
und uns segnen wird, denn Er sagte ja selber: ,Was ihr dem Geringsten Meiner
Kinder tut, gilt bei Mir soviel, als hättet ihr es Mir getan.’ Diese Worte
unseres lieben Vaters sagen euch alles: Ihr gebet Seinen Kindern und dadurch
gebet ihr Ihm selber, weil Er Selber als Geist des Menschen in jedem dieser
unserer neu erworbenen Brüder lebt. Daher tue ein jeder mit Liebe, Demut und
Freude seinem Nächsten das, was er wünschte, dass ihm der Nächste täte, wenn er
seiner bedürfte.“
Diese vielsagenden Worte Martin Luthers wurden mit Begeisterung aufgenommen und
nun suchte ein jeder nach seinem Vorrat, um ihn mit den neuen Brüdern und
Schwestern zu teilen. In kurzer Zeit ging es da zu wie auf einer Hochzeit, so
dass alle in die fröhlichste Stimmung gerieten. In diesem Moment trat der Engel
hervor und bedeutete mit der Hand, dass alle schweigen und zuhören sollten.
Dieses geschah im schnellsten Augenblick, denn im Geisterreich geht es bei einer
solchen Gelegenheit nicht durch Schreien, sondern durchs Gemüt, wie ein
elektrischer Strom.
Als
nun alle ruhig und aufmerksam auf die Rede des Engels lauschten, fing dieser an,
folgende Rede zu halten: „Liebe Brüder und Schwestern! Die Liebe unseres guten
Vaters Jesus gab uns zu essen und zu trinken. Daher ist es unsere Aufgabe, bevor
wir zu essen anfangen, den lieben Vater um Seinen Segen zu bitten, damit das,
was wir genießen, Ihm zum Lobe und zur Verherrlichung Seiner Ehre aufgeopfert
werde. Lasset mich daher ein kurzes Gebet zum Vater senden, damit Sein Segen uns
zuteil werde und wir alles mit Seinem Segen anfangen und zu Seiner Ehre
vollenden.“
Nach dieser Rede streckte der Engel seine Hände gegen und über die Versammelten
und sprach: „Lieber und guter Vater Jesus! Wir, Deine Dich liebenden Kinder,
bitten Dich demütig, schaue gnädig auf uns von Deiner Gnadenhöhe und segne uns
und unsere Speisen und Getränke, damit wir sie in Liebe zu Dir, und zu Deiner
alleinigen Ehre aufgeopfert, verzehren!“
Diese Rede und Bitte des Engels ließ Ich damit als gut aufgenommen beantworten,
dass Ich eine glühende Kugel wie eine Sonne am Firmament erscheinen ließ, welche
die Gegend hell beleuchtete und die ganze Gesellschaft mit strahlendem Licht
übergoss.
Im
ersten Augenblick war die ganze Gesellschaft, besonders aber die Räuber und die
befreiten Gefangenen, ganz überrascht, denn ein solches Licht waren sie in der
Geisterwelt nicht mehr gewohnt. Als sie sich aber von der ersten Überraschung
erholt hatten, fingen sie zu jubeln und sich zu freuen an, da sie so sichtbar
das Wohlwollen des himmlischen Vaters bemerkten, und fragten nach allen Seiten,
wer der junge Mann sei, in dessen Gebet eine solche Kraft lag, dass ihn der
himmlische Vater sogleich und so herrlich erhört hatte. Die Brüder aus der
großen Gesellschaft brachten ihnen schonend bei, dass das ein Engel und Leiter
der Gesellschaft sei. Diese Worte waren geeignet, die neuen Brüder in die größte
Freude zu versetzen, und aus aller Munde hörte man nun Worte der Freude, der
Hoffnung und der Liebe erschallen.
Als
die Aufregung etwas nachließ, sagte wieder der Engel: „Brüder und Schwestern,
der liebe Vater Jesus hat uns Sein Wohlgefallen durch das herrliche Licht
kundgegeben, darum sage ich euch: Setzet euch nieder, esset, trinket und denket
dabei, dass dieser gute Vater, der uns zum Essen und Trinken Seinen Segen durch
das herrliche Licht kund gab, einst vor 1500 Jahren dasselbe in Gesellschaft
Seiner Jünger vornahm und sagte: ,So oft ihr das tut, gedenket Mein!’ Also tuet
auch ihr heute und denket an den lieben Vater, der einst für uns Sein Blut und
Leben als Sühne für die Erbsünde am Kreuze hingab.“
Nach diesen Worten des Engels wurde alles stille und jeder verzehrte sein Essen
in stillen Gedanken an Den, der einst so schrecklich litt - und nun euer aller
Vater ist.
13. Dankgebet des Engels nach der Mahlzeit
(Der Engel dankt im Namen aller für die eingenommene Mahlzeit. Die für eine
kurze Zeit leuchtende Glühkugel erlischt langsam. Dank der Beschenkten ihren
Wohltätern. Frage Martin Luthers an die Räuber um ihre Glaubensanschauung und ob
sie mitgehen wollen auf die Reise zur Seligkeit. Der Anführer ist einverstanden,
die Übrigen zaudern wegen der schwer zu erfüllenden Anforderungen dazu.)
Als das Essen zu Ende war, stand wieder der Engel auf und sprach zur
Gesellschaft: „Liebe Brüder und Schwestern, unser Imbiss ist beendet und wir
sind wieder gestärkt für ein neues Leben. Dafür ist es unsere Pflicht, dem
lieben Vater für das Genossene kindlich zu danken.“
Nach diesen Worten faltete der Engel seine Hände zum Gebet und sagte: „Lieber
guter Vater, unsere Mahlzeit ist beendet und wir erheben unsere Herzen in
dankbarer Liebe zu Dir und sagen: Lieber, heiliger Vater unser aller, wir danken
Dir aus der Tiefe unseres Herzens für das Genossene und bitten Dich demütig:
Lieber Vater! Nimm unseren Dank, den wir Dir aus der Tiefe unseres liebenden
Herzens emporsenden, zu Deiner Ehre auf und schenke uns auch fernerhin Deine
Liebe und Gnade. Amen.“
Nach verrichtetem Dankgebet ließ Ich die leuchtende Kugel langsam in Rot
übergehen, welches eine, wie ihr sagt, bengalische Beleuchtung machte, und nach
und nach auslöschen, worauf der Engel bemerkte, dass diese Kugel nur ein
liebevolles Wohlwollen von Meiner Seite ausdrückte und somit nur eine kurze Zeit
am Firmament leuchten konnte, worauf alle befriedigt und beruhigt wurden.
Die
Mahlzeit war nun beendet, daher bedankte sich jeder noch separat bei seinem
Bruder, der seinen Imbiss mit ihm teilte, wodurch die Freundschaft ihre Fesseln
enger um die Gesellschaft zog, und alle sich als Brüder und Schwestern eines
Vaters glücklich untereinander fühlten.
Die
Gesellschaft erhob sich und Martin Luther trat wieder vor die Räuber und sagte:
„Liebe Brüder, die Gnade des himmlischen Vaters wurde uns allen gleichmäßig
zuteil. Daraus ersehet ihr, dass wir vor Gott alle gleich sind, und dass der
liebe Vater Jesus nur Seine Kinder sieht, während sich die Menschen in Klassen,
Besitzende und Dienende, Freunde und Feinde teilen. Dass dieses unrichtig ist,
davon habt ihr euch aus der direkten Äußerung des Vaters durch die leuchtende
Kugel überzeugt. Daher dürfet ihr überzeugt sein, dass auch wir nicht anders
gegen euch handeln werden, wie Brüder gegen Brüder und Schwestern gegen
Schwestern handeln. Da ihr dessen, wie ich denke, überzeugt seid, so komme ich
zu euch mit der zweiten Frage, welche euer geistiges Leben betrifft, nämlich:
Liebe Brüder, saget mir, wie steht es um eure Glaubensanschauungen? Ist es euch
leid, bisher Böses an Menschen begangen zu haben? Wollt ihr die wahre Religion
Jesu, unseres Vaters, befolgen? Wollt ihr mit uns, die wir in Begleitung des
Engels zum Vater wandeln, mitgehen? Oder was wollt ihr beginnen? Drücket euch
nur klar aus! Ihr habet gesehen das Wohlwollen unseres Vaters Jesus; ihr wisset,
dass Sein Engel unter uns und unser Lehrer und Leiter ist; ihr habet Beweise,
dass wir am rechten Wege sind, der uns ins Paradies und mit der Zeit zum Vater
bringen muss. Daher könnet auch ihr bei uns recht bald am Ziel eures Glücks
sein. Saget uns, was ist eure Meinung und Absicht, von nun an anzufangen?“
Der
Anführer musterte seine Genossen eine Zeit lang und erkundigte sich nach ihren
Anschauungen über diese neue Lage und sagte, nachdem er seine Erkundigungen
eingezogen, zum Martin Luther: „Freund und Bruder, was mich anbetrifft, bin ich
der deinige, nicht so meine Kameraden; sie fürchten sich, dass der Weg für sie
zu beschwerlich wird und das Ziel nicht erreicht werden könnte. Daher musst du
ihnen schon genauer erklären, was du von ihnen verlangst. Was die Religion
betrifft, das verstehst du schon von selbst, dass ein Räuber kein Betbruder ist.
Und daher wird es dir viel Mühe kosten, Leute, die kein Verlangen nach einer
Religion haben, für diese schwärmen zu machen. Doch will ich keinen Propheten
abgeben, denn ich weiß nur für mich, wie ich darüber denke, und das habe ich dir
bereits mitgeteilt.“
14.
Geistige Schätzung des Wertes von über 2000 Bekehrten
(Riesenirrtum Martin Luthers, dass der Mensch bloß durch den Glauben selig
wird und die unheilvollsten Folgen davon für die Protestanten. Dafür ein Licht
als Beispiel aus des Samariters Nächstenliebe. Erdrückende Gewissensbisse Martin
Luthers, weil er das Gefehlte nicht widerrufen konnte. Wiederaufrichtung Martin
Luthers durch den Engel.)
Diese Mitteilung des Räuberanführers machte unseren Martin stutzen. Und da er
nicht recht wusste, was er anfangen sollte, wandte er sich an den Engel und bat
ihn, er möge ihm mit Rat und Tat behilflich sein, was mit diesen zweitausend
Räubern zu tun sei, da sie zur Religion keine Lust und kein Verlangen hätten.
Der
Engel schaute ihn freundlich an und sagte: „Weißt du nicht, dass der Herr an
einem einzigen Sünder, der sich bekehrt, mehr Freude hat, als an 99 Gerechten,
die Seiner nicht benötigen. Und siehe: hier ist nicht ein einziger, sondern es
gibt deren über 2000. Denke dir, welches Verdienstes du dich entschlägst, wenn
du sie gehen lässt, ohne sie zu bekehren!
Denke dir, diese große Arbeit dient dir als Entschädigung für die großen
Irrtümer, die du in die protestantische Religion eingetragen hast, wovon bei
meiner Ankunft die Rede war. Gelingt es dir, diese zu bekehren und als reuige
Sünder zum Vater zu bringen, dann darfst du versichert sein, dass dir alles
verziehen wird. Denn denke an die Millionen Menschen, welche durch deine
Irrlehre keinen besonderen Wert auf die Werke der Nächstenliebe legen. Und doch
sind es diese einzig und allein, welche den Menschen im Geisterreich glücklich
machen. Also denke nach, welche unglückseligste Lehre du aufgebracht hast, und
dass alle Protestanten durch Jahrhunderte hindurch diese beibehalten und ohne
oder mit sehr wenigen Werken der echten christlichen Liebe im Geisterreich
ankommen werden, - also eine Menge Werke, mit denen sie den Himmel erkaufen
könnten, gering schätzen, weil die Lehre des Glaubens, der Rechtfertigung vor
Gott und Sündentilgung eine falsche oder Irrlehre ist.
Hat
nicht der Herr durch das Beispiel vom barmherzigen Samariter gezeigt, worin die
Liebe zum Nächsten besteht? Du hast aber eine Lehre aufgestellt, nach welcher
die Lehre der menschlichen Sündlosigkeit und der Achtlosigkeit in der
Nächstenliebebetätigung herauswachsen muss, so dass wegen deiner so viele
Menschen ihr Lebensziel auf Erden verfehlen werden. Du hast zwar keine unseligen
Dogmen wie die Päpste aufgebracht, durch welche die Gläubigen höchst unglücklich
im Geisterreich ankommen, aber du hast die Sorglosigkeit des Lebens aufgestellt,
weil das Blut Jesu Christi die Protestanten rein von Sünden macht. Daher werden
unzählige Protestanten, auf diese Irrlehre bauend, gedankenlos sündigen und
leben. Denke dir, welches Unglück du über viele Millionen Seelen gebracht hast,
und betrachte deine jetzige Arbeit, wie gering sie gegen deine große Sünde ist;
und du wirst Mut bekommen, einzugreifen und nicht nachzulassen, bis du dein Ziel
erreicht hast.“
Das
war eine Antwort und Aufklärung des Engels, die den Martin Luther nahezu
erdrückt hatte. Stumm und erschrocken stand er da und dachte nach, was er getan
hatte. Nichts kränkte ihn mehr, als dass diese Irrlehren wie ein fressender
Krebs am Leibe der protestantischen Glaubensbekenner bleiben und fort und fort
ihren Giftstoff ausbreiten und vermehren würden. O, das war ein schrecklicher
Gedanke für den armen, viel geplagten Glaubenslehrer im Leben. Was hätte er
nicht gern alles ausgestanden, wenn er nur wieder auf die Welt treten und seine
Irrlehren widerrufen könnte?! Aber die Grabeshülle deckte seinen irdischen Leib,
und keine Hoffnung war mehr vorhanden, diese großen, erdrückenden Seelenleiden
des Mannes zu heben. ,Die Toten reden nicht mehr unter den Lebenden’, ward hier
zu einer grausamen Wahrheit. Hinter der Grabestür ist kein Zurücktreten, kein
Umändern möglich: was du gesäet, das wirst du ernten. Wehe dir, wenn du Unkraut
gesät hast, es wird groß wachsen und seine Umgebung zu unterdrücken anfangen und
womöglich auch ganz unterdrücken.
So
stand nun unser Glaubensheld, zerknirscht von der Reue über seine Fehler, ohne
Hoffnung, ohne Licht, wie er das alles gut machen könnte, was er so ungeheuer
verfehlt aufgebaut hatte. Lange stand er da in traurigen Gedanken vertieft und
dachte hin und her, ob es da gar keinen Ausweg gäbe, der doch einigermaßen das
Verfehlte gutmachen könnte. Er fand nichts als hohle Räume der Unendlichkeit der
Gedanken und Pläne.
Als
er noch so stumm und in sich versunken dastand, klopfte der Engel auf seine
Schulter, weckte ihn auf aus seiner Vertiefung und sagte: „Freund und Bruder,
ich sehe deine Schmerzen und Leiden, die dich betrüben. Gehe, wache auf zu
frischer Tat, denn denke, der Herr hat noch genug Werkzeuge auf der Welt. Und
wenn Er es für gut finden wird, so wird Er schon deine Fehler ausbessern; ist
dies nicht der Fall, dann werden sie hier im Geisterreich ausgebessert werden,
wenn auch hundertfach schwieriger und langsamer als auf der Welt, die eine
Gnadenschule für die Fleischprüfung der Menschen ist.
Siehe, das Neue Testament wird in allen protestantischen Familien gelesen.
Glaubst du, dass die übrigen Lehren, welche von der Nächstenliebe predigen,
wirklich von allen Protestanten übersehen werden? Glaube das nicht, es wird auch
Millionen solcher geben, welche zwar deine Glaubenssätze fest halten werden,
aber sie werden auch die Lehren der Apostel beherzigen, welche von der
Keuschheit des Leibes und der Seele und vom Wohltun dem Nächsten predigen, -
beherzigen und minder oder mehr sich daran halten.
Daher raffe dich auf! Denke, der Herr ist barmherzig und Er wird schon tun, was
zu tun nötig ist, und mache dich an deine Arbeit der Bekehrung der Räuber.“
15.
Weissagung über das neue Reich der Liebe
(Martin Luther erwacht voll Freude über die Mitteilung des Engels wie aus einem
schweren Traum der Gewissensbisse. Herrliche Weissagung über die Errichtung des
göttlichen tausendjährigen Reiches der Liebe, Freiheit, Gleichheit und
Brüderlichkeit auf Erden.)
Diese entscheidende Ermahnung und Aufmunterung wirkte wie ein wohltuender Balsam
auf das wunde und blutende Herz des großen Glaubenslehrers. Wie aus einem
schweren Traum erwacht, sah er den Engel an, der ihm eine so fröhliche Hoffnung
machte. Tränen der Dankbarkeit rollten über seine Wangen und glitzerten wie
Perlen im Lichte der Sonne.
Er
raffte sich auf und fragte den Engel mit zitternder Stimme: „Freund, Bruder! Ist
es möglich, dass der liebe Vater meinen Irrtum ausbessern wird? Ist es möglich,
dass der Irrtum nicht zu großen Schaden anrichten wird, der mich nie eine
fröhliche Stunde hier in der Geisterwelt erleben lassen möchte? Ja, wenn nur das
möglich wäre, dann bin ich wieder aufgerichtet, dann will ich alles tun, was der
liebevolle Vater Jesus von mir verlangen sollte. Denn das Glück meiner
Glaubensgenossen ist auch mein Glück, mein Leben. O sage mir, lieber Bruder,
wird das wohl zustande kommen?“
Der
Engel betrachtete mit sichtbarer Freude den klagenden und doch in
hoffnungsvoller Freude sprechenden Bruder Martin Luther und sagte, als dieser
geendet hatte und fragende Augen auf ihn heftete: „Freund und Bruder, bei Gott
ist alles möglich und der Vater ist pure Liebe, das besagt dir alles. Glaube,
hoffe! Der Vater leitet Selber Seine Kinder, also wird Er sie sicher so leiten,
dass am Ende alle zu Ihm kommen werden.
Die
Heilige Schrift enthält alle Lehren, welche ein Christ benötigt, um glücklich
ins Geisterreich zu kommen. Du hast doch niemandem vorgeschrieben, dass die
anderen Lehren des Neuen Testaments überflüssig sind, sondern sie sind da für
jedermann, und wenn sie zur Apostelzeit maßgebend waren, so werden doch die
Menschen nicht denken, dass sie durch dich außer Kraft gesetzt worden sind. Die
Denk- und Werkfaulen werden wohl immer das ergreifen, was sie nicht zwingt,
irgend etwas sich zu entsagen und siehe, das ist und wird so sein in allen
Religionen.
Schau die Räuber an, ich sage dir, da sind Protestanten und Katholische. Und
siehe, kümmert sich einer außer dem Anführer um sein Seelenheil? Keiner, und so
wird es auch viele unter der Schar der Lebenden und noch künftig auf die Erde
Ankommenden geben, die kein Gewicht auf die Glaubenslehre legen werden. Was zu
Gott mit allem Ernste streben wird, das wird auch die übrigen Gebote der
Nächstenliebe befolgen. Was aber faul und selbstsüchtig ist, denen würden die
besten Glaubensgesetze nichts nützen. Daher überlasse das dem lieben Vater, ich
sage es dir, Er wird schon alles gut machen. Freilich wäre es gut, wenn die
Lehre rein wäre wie zur Apostelzeit. Aber die Zeiten haben sich geändert, es
wird das Unkraut fortwuchern und überall Böses erzeugen. Das aber nicht bloß in
protestantischer, sondern auch in römischer Religion und in allen Kirchen und
Sekten, die bereits bestehen und noch entstehen werden.
Aber es wird eine Zeit kommen nach einigen Jahrhunderten, wo große Glaubensnot
herrschen wird. Das falsche Prophetentum wird sich mächtig ausbreiten und auch
schnell wachsen. Aber auch der Herr wird da eingreifen und fördern Seine Sache.
Auf einer Seite völlige Glaubenslosigkeit, auf der anderen das Suchen nach Gott
wird die Welt in fieberhafte Zustände versetzen. Es werden allerlei falsche
Propheten aufstehen und eine große Zahl Schriften verbreiten, um arglose
Menschen in ihre Netze zu fangen und für ihre Ziele zu gebrauchen. Siehe, da
wird der Herr erwecken viele Menschen, die auch für seine Sache die Lanze
brechen werden; doch das werden nur grobe Vorarbeiter des Weges zum Weinberge
des Herrn sein.
Der
Herr wird aber Seine feinen Arbeiter in Seinem Weinberge Selber leiten und sie
belehren. Diese werden dann das eigentliche Zentrum, um welches sich zuletzt
alles drehen wird. Auf diesen Arbeitern wird der Herr zuletzt Sein ewiges Reich
des Geistes aufrichten und aufgrund dieser reinen Lehre wird sich dann die Herde
unter einem ewigen Hirten Jesus Christus sammeln. Und aus den vielen
christlichen Kirchen und Sekten wird eine neue Urkirche der Liebe ohne Priester
und Zeremonien erstehen, denn der Vater wird Selber ihr Hohepriester, ihre Liebe
sein, der für sie alle Sein Blut am Kreuze vergossen hat.
Die
Liebe wird die Religion des tausendjährigen Reiches des Heiligen Geistes Jesu,
unseres Gottes und Vaters. Magst du jetzt noch so gute Glaubenssätze aufstellen,
sie würden doch denselben Weg gehen, wie ich ihn dir beschrieben habe. Weil die
Priesterschaft auf einer Seite, die Regierung auf der anderen und somit alles
Gebildete oder eigentlich religiös Verkommene auf der Welt sich die Hände
reichen und die Religion und alles Wahre des Urchristentums vernichten werden.
Wann aber diese Zeit auf den Gipfel ihrer Blüte gelangen wird, dann lieber
Bruder, ist auch schon die Zeit da, dass der Herr gar gewaltig eingreifen und
alles Satanische auf der Welt vernichten wird. Es wird da ein Jammern und
Wehklagen der Menschen geben, aber es wird nichts mehr helfen; die Ereignisse
werden wie ein Ungewitter nacheinander folgen und die Wehen den gottlosen
Menschen verkünden. Man wird freilich zuletzt einsehen das Törichte des
bisherigen Weltlebens, aber wer wird sich um das Vergangene kümmern?
Neues Leben wird sich mit Sturmeseile verbreiten unter der Menschheit. Die
falschen Propheten werden ins Elend verfallen, während das arme Volk aufleben,
frohlocken und sich der neu erstandenen Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit
freuen wird. Der Herr wird alsdann mächtige, gewalthabende Männer unter Seine
Herde schicken, Sein heiliges Evangelium zu predigen. Es wird ein Drängen und
Fragen nach dem rettenden Anker, wie es noch nie auf der Welt gewesen. Die
Parole wird sein: Für oder gegen Christus. Lange wird der Kampf hin- und
herwogen, aber die Macht des Herrn wird gewaltig walten, - und wehe den
Widersachern, sie werden verweht wie der Staub vom Winde. Alles wird vernichtet,
was die Menschen erfunden und aufgebracht haben, um ihre Taschen zu füllen und
durch die Dummheit des blinden Volkes zu herrschen und es auszubeuten und zu
unterdrücken, bis endlich ein ewiger Sommer der göttlichen Liebe die Welt
beherrschen wird. Dann wird der Vater Selber unter Seinen Kindern mit Seinem
ganzen Neuen Jerusalem auf der Erde wohnen und ewig dableiben, und somit wird
diese satanische Erde zuletzt die Wohnung eines auserlesenen,
königlich-göttlichen Priestervolkes werden und daher sich in ein himmlisches
Paradies verwandeln.“
16.
Anbruch des tausendjährigen Reiches
(Der Engel offenbart, dass die Aufrichtung des tausendjährigen Reiches schon
in 400 Jahren beendet wird und dass dann die Menschen mit den Seligen des Neuen
Jerusalems auf den lichten Gefilden der Liebe wandeln werden, und Jesus wird der
Menschen Gott, König, Richter und liebevoller Vater sein. Große Freude Martin
Luthers ob dieser Aufklärung. Seine Bitte um Hilfe bei der Bekehrung der Räuber,
und die Erhörung derselben durch Kraft- und Mutverleihung.)
Martin Luther stand wie bezaubert da und schaute dem sprechenden Engel zu, wie
dieser ihm mit lebhaften Farben den Fortgang und das Ende aller Religionen
schilderte. Als der Engel geendet hatte, fragte ihn Martin Luther, ob das wohl
noch lange auf sich würde warten lassen. „Nein“, sagte der Engel, „bevor 400
Jahre vergehen, ist schon der ganze religiöse Kampf zu Ende und die Menschen
werden mit Seligen des neuen Jerusalems wie Brüder verkehren und wie Kinder
einer den anderen lieb haben. Es wird da heißen: Die Menschen wandeln in den
sonnigen Gefilden der Liebe, und es wird ein Herz und ein Sinn die Menschen
beherrschen. Sie werden wahre Brüder und Schwestern, ja sie werden Kinder Gottes
genannt und der Vater wird ihr Gott, ihr König, ihr Richter und ihre Liebe.
Niemand wird etwas mehr lieben als den Vater Jesus, und alle Liebe wird aus dem
Vater sich über alle verbreiten. Dann wird aufhören das Reich der Lüge oder des
Satans, denn die Wahrheit wird ihren Thron auf der Erde aufschlagen, und wo die
Wahrheit, d.h. die göttliche Liebe mit der göttlichen Weisheit vereint regieren
wird, dort wird aufhören alle Finsternis im Geistigen unter den Menschen.“
Diese Aufklärung belebte Martin Luther alle Fibern seines geistigen Leibes. Sein
Antlitz leuchtete förmlich vor Freude und Liebe zum Vater Jesus, der als der
Vollstrecker aller dieser himmlischen Zustände auf Erden genannt wurde.
Nun
sagte er zum Engel: „Lieber Freund und Bruder, du hast mich aus meiner Trauer
gerissen und mich mit Liebe und Freude belebt, dass ich voll Eifer und Feuer für
die gute Sache des Vaters geworden bin. Nun will ich nicht mehr auf die traurige
Erde schauen, sondern alles der Waltung des lieben Vaters überlassen und mich
ganz als Bewohner des geistigen Reiches des lieben Vaters Jesus betrachten. Und
somit bin ich fest daran, nicht nachzulassen, bis ich die Räuber belehrt und
bekehrt habe. Sie sind unsere Gefangenen, und daher bleiben sie bei uns, und da
wird es nicht an Gelegenheiten fehlen, sie zu bekehren.“
Hier unterbrach ihn der Engel und sagte: „Bruder, hier im Geisterreich gibt es
keine Gefangenen, wo wahre Christen wohnen. Also wirst du dich befreunden müssen
mit der Tatsache, dass sie freie Bürger des Geisterreiches sind. Behandle sie
als Brüder und sie werden dir gern zuhören, alles übrige ist deine Sache. Bitte
daher den Vater um Seinen heiligen Beistand und mache dich an die Arbeit.“
Martin Luther zögerte nicht länger mit dem Beginn des Unterrichtes und kehrte
sich mit dem Antlitz gegen Osten, kniete nieder und erhob seine Hände, sie
faltend, und begann still und in sich gekehrt folgendermaßen zu beten: „O lieber
Vater, mein vielgeliebter Jesus und Erlöser, siehe gnädig auf mich, Deinen
nichtswürdigen Knecht und hilf mir Du, dem nichts unmöglich, dass mir die große
Arbeit, vor der ich bebe, zu Deiner Freude gelinge zu vollenden! Du weißt,
lieber Vater, wie ich Dich liebe. Du weißt, wie mir alles daran gelegen ist,
Dich zufrieden zu stellen, ja noch viel mehr, Dir eine Freude zu machen. Du
weißt es, lieber Vater, wie mich meine Liebe zu Dir aufrecht erhielt, lange
Jahre mit dem Mut eines Helden für Dich zu streiten und die große Arbeit der
Bibelübersetzung und der Abfassung mehrerer Schriften aus Liebe zu Dir
unermüdlich zu verfolgen und zu vollenden. Meine irdische Lebenszeit ist beendet
und ich stehe vor Dir, Du mein heiliger Vater, als ein unwürdiger Sünder.
O
Vater! Verzeihe mir meine großen Sünden und Vergehen gegen Dich und Deine
Kinder! Du weißt es am besten, dass ich nicht aus Faulheit im Wirken des Guten
und nicht aus irgendwelchen anderen Gründen hauptsächlich auf die besprochenen
Lehrsätze gepocht habe. Es ist eine Tatsache, dass auf den Glauben, so z. B. bei
Abraham, viel gesetzt wurde, denn er ist durch den Glauben bei Dir, lieber
Vater, gerechtfertigt worden.
Daher lieber Vater, bitte ich Dich demütigst, vergib mir meine Fehler und nimm
mich in Deine väterliche Liebe auf! Siehe, lieber guter Vater Jesus, wie möchte
ich mich freuen, wenn ich könnte diese vielen und großen Sünder und Verbrecher
bekehren und zu Dir als reuige Kinder bringen! Aber, o Vater! Wie kann ich das
allein ins Werk setzen ohne Deine väterliche Hilfe? Ich sehe die Schwierigkeit
und beinahe Unmöglichkeit ein, dies ins Werk zu setzen. Und doch liegt mir alles
daran, Dich damit zu erfreuen. Denn für Dich lebte ich, für Dich starb ich und
zu Dir zu kommen, ist mein einziges Verlangen.
Ach
Vater, erbarme Dich meiner und sende mir einen Strahl Deiner Liebe und Deiner
Hilfe, damit mir das Werk gelingen möchte. Lieber Vater! Ich bitte, verlasse
mich nicht in der schweren Arbeit, denn sie ist eine Prüfungsschule für mich,
wie hoch meine Liebe zu Dir ist. Daher lieber Vater, verlasse mich nicht,
sondern hilf mir, dass meine Bemühung ein glückliches Ende erreiche. Amen.“
Nach diesem Gebet, das er mit tränenden Augen sprach, wurde er von Mir
gekräftigt, dass er voll Vertrauens auf das Gelingen seiner großen Aufgabe
hoffte und sich fest vornahm, mit Meiner Hilfe, die gewiss nicht unterwegs
bleiben würde, an seine Arbeit zu gehen. Nun stand er auf, geistig gekräftigt
und schritt voll Vertrauens zum Gelingen der guten Sache zum Engel, ihm seinen
festen Entschluss kundzugeben. Dann wandte er sich zu den Räubern und schritt
langsam zu ihnen, stets Mich anrufend, dass Ich ihm helfen sollte in dieser
großen Stunde.
17.
Die Glaubensrede an die Räuber
(Martin Luther hält eine schöne Glaubensrede an die Räuber, und diese erklären
sich bereit, den Glauben nach der echten Gotteslehre anzunehmen. Angebotene
Gelegenheit zur Erfüllung des Gebots der Nächstenliebe.)
Vor den Räubern angekommen, begrüßte er sie mit folgender Ansprache: „Liebe
Brüder und Freunde in unserer freien Gemeinschaft! Ich grüße euch mit dem Gruße
des Vaters Jesus: Friede sei mit euch! Als ein Knecht, obwohl ein unwürdiger des
himmlischen Vaters, komme ich zu euch, um euch die Liebe des Vaters zu Seinen
Kinder zu verkünden. Nicht als Gefangene, sondern als unsere freien Mitbrüder
will ich euch behandeln und euch von unserem Lichte, unserer Gnade, die wir vom
lieben Vater haben, mitteilen. Daher, liebe Brüder, habet ja keine Furcht vor
mir und keine Bedenken gegen meine Worte, denn sie sind Worte der Liebe und des
Wohlwollens zu euch allen. Wir verlangen nichts Ungewöhnliches und Unmögliches
von euch. Nein, mein Vorschlag stützt sich auf die Worte unseres lieben Vaters,
der zu uns spricht: ,Meine Bürde ist leicht und mein Joch sanft.’ Diese Worte
unseres Vaters besagen euch alles. Ja, sicher ist es, das Joch Jesu ist sanft
und die Bürde nicht schwer zu tragen. Da ihr diese Bürde und dieses Joch kennet,
so wird nun meine Aufgabe die sein, euch alles klarzulegen, damit ihr versteht,
um was es sich handelt und was eure künftige Aufgabe sein soll.“
Nach dieser Einleitung begann er folgende Ansprache an sie zu halten: „Liebe
Brüder und Freunde! Wir sind nicht mehr auf der Erde, wo uns alle möglichen
Schranken gegen das echte, geistige Leben nach Jesu Lehre im Wege stehen. Wir
sind hier nicht mehr Menschen nach Rang, Stand und Besitztum voneinander
geschieden, sondern wir sind hier als Kinder eines einzigen ewigen Vaters Jesus,
daher alle gleich und alle Brüder und Schwestern ohne Unterschied.
Dieses Bewusstsein kettet uns aneinander und dadurch gibt es nur eine kindliche
und brüderliche Gemeinschaft unter uns. Hier ist niemand der erste oder letzte,
wir sind alle gleich, weil wir alle Brüder sind, und somit sind auch eure Weiber
und überhaupt eure Angehörigen unsere Brüder und Schwestern. Das ist also der
erste Punkt, den ich zu besprechen hatte, um euch zu zeigen, dass ihr uns lieb
und teuer seid. Nachdem wir euch als ebenbürtig anerkennen und aufnehmen, wollen
wir euch helfen, dass ihr uns das werdet, für was wir euch hiermit erklären.
Euer Leben war bis jetzt ein trauriges, ein verbrecherisches am Nächsten, dies
könnt ihr nun aufgeben, denn in unserer Gesellschaft soll euch nichts fehlen.
Daher - wozu noch stehlen und rauben?
Saget mir, liebe Brüder, ist euch dieser Vorschlag angenehm? Und wollet ihr ihn
annehmen, um in unserer Gesellschaft als Brüder fernerhin betrachtet zu
bleiben?“
Diese Sprache kam den Räubern vor, wie aus den Wolken herab, und einstimmig
erklärten sie, den Vorschlag anzunehmen. Man kann sich die Freude des Martin
Luther bei dieser Äußerung der Räuber denken!
Voll Dankes im Herzen zu Mir, wandte er sich wieder an die Räuber und sagte:
„Brüder, Freunde! Ich wusste es, dass ihr meinen Vorschlag nicht abschlagen
werdet, denn es kam mir aus der Liebe und sprach zur Liebe, und somit ist der
erste Schritt beendet. Nun kommt die zweite Frage und diese betrifft das
geistig-seelische Leben in uns und unter uns.
Auf der Erde gibt es steinerne Kirchen, hochtrabende kirchliche Würdenträger in
reichen Ornaten, die man bezahlen muss. Das gibt es hier nicht. Die Kirche ist
unsere sich brüderlich liebende und gegenseitig unterstützende Gemeinde. Der
Priester bin ich. Aber nicht ein solcher, wie die auf der Erde sind, sondern ich
will euch dienen mit Rat und Tat ohne Bezahlung oder Entschädigung. Ich bin euer
Mitbruder, und nicht euer Herrscher und Bischof im Sinne wie sie auf der Erde
sind, sondern im Sinne Christi: Der Größte soll der Diener aller sein. Ich
glaube, gegen das werdet ihr nichts einzuwenden haben?“
„O
Gott bewahre, lieber Bruder, das entschieden nicht! Wir sind froh, einmal einen
Priester zu sehen, der nach den Worten Christi lebt und handelt“, antworteten
ihm die Räuber.
„Ich erfuhr aus dem Munde des Engels, dass ihr Protestanten und
Römisch-Katholische seid, also feindlich gesinnte Fanatiker und gegenseitige
Verfolger auf der Erde. Anders hier, wir haben hier keine heidnischen
Kirchenzeremonien, keine Kirchengesetze und menschlichen Satzungen. Wir sind
frei von jeder Kirchenherrschaft, wir erkennen hier nichts als bloß unseren
Vater Jesus als unseren Gott und daher unser Alles, weil Er zugleich Vater,
Erlöser von der Erbsünde und Heiland unserer Seele ist. Sonst gibt es nur Brüder
und Schwestern. Aber keine uns vorangestellte, sondern uns gleichgestellte, wie
ihr an unserem Engel sehet, der gewiss ein großer und mächtiger Bote Gottes ist
und doch so freundlich und zuvorkommend uns Sündern gegenüber, wie nur die
größte Bruderliebe dies zuwege bringen kann. Saget, liebe Brüder, ist euch diese
Einfachheit der Religion recht oder wollt ihr solche Kirchenherrschaft, wie sie
auf der Erde besteht?“
„Nein, nein und hundertmal nein, wir sind mit deiner Lehre ganz einverstanden.
Erzähle uns nur weiter, was da noch zu halten oder zu glauben ist!“
Dieses allseitige Einverständnis brachte Martin Luther in größte Freude, und so
dachte er nach, wie er die weiteren Punkte entwickeln solle, dass sie den
Zuständen des Geisterreiches und den Seelenzuständen der Räuber angepasst wären.
Nach einer kurzen Pause hob er wieder an: „Wir sind alle Brüder und Schwestern
und Kinder eines und desselben heiligen und überguten Vaters Jesus, der in
Seiner grenzenlosen Liebe zu uns einst vor l500 Jahren das Kleid des Menschen,
also einen Fleischleib sich erschuf, indem Er Mensch wurde, um uns eine Lehre
der Gottes- und der brüderlichen Liebe zu predigen, und zuletzt für uns am
Kreuze Sein teures Blut und Leben dahinzugeben, um uns von der Erbsünde zu
erlösen, die unser fleischlicher Urvater Adam einst begangen, indem er gegen das
Gebot der Keuschheit sündigte. Daher ist es unsere einzige Aufgabe, diesen
lieben und guten Vater Jesus über alles zu lieben, ebenso Seine Kinder, somit
alle Menschen, wie uns selbst, weil alle Menschen Gotteskinder sind, und daher
ihnen alles das zu tun, was wir wünschen, dass sie uns täten, wenn wir in Not
wären und ihrer bedürfen würden.
Das
Gebot der Nächstenliebe haben wir an euch geübt, trotzdem ihr Räuber und
Verbrecher in unseren Augen wart. Somit ist es euch klar, wie wohl eine solche
Liebeswohltat einem Menschen tut, wenn er sie bedarf. Ich frage euch daher,
wollt auch ihr so gegen andere Menschen handeln, wie wir gegen euch handelten,
statt zu richten und zu züchtigen?“
18.
Die große Lehre Christi von der Liebe und Vergebung
(Die Räuber stellen die Vergeltungsfrage. Gebet Luthers um Einflößung der Liebe
in die Herzen der misshandelten Gefangenen. Darauf hält er eine große,
entscheidende Lehre über den Grundcharakter der Jesusliebe, die man nachahmen
solle, und dem Feind ebenso alles verzeihen, wie Er als Vorbild es tat.)
Hier stutzten die Räuber und fragten: „Was wäre aber, wenn wir euch angefallen
hätten, und ihr hättet uns überwunden, wie hättet ihr dann gegen uns gehandelt?“
Martin wandte sich nun an den Engel und fragte ihn, was er ihnen antworten
sollte. Der Engel aber antwortete ihm, er sollte sich mit der Frage an die
befreiten und der Verhandlung zuhörenden Gefangenen wenden, diese würden ihm die
vollwahre Antwort geben.
Luther wurde besorgt ob des Ausganges, denn hier war ein gefährlicher Punkt.
Diese Gefangenen hatten von den Räubern viel gelitten und waren viel misshandelt
worden. Und wenn diese eine Rache, eine Rechtfertigung durch ein Urteil
verlangen würden, dann wäre alle Mühe umsonst und statt gewonnen alles kläglich
verloren. Hier war guter Rat teuer. Aber wohin sich wenden, wer sollte ihm das
Rechte zu sagen wissen, das war die entscheidende Frage.
In dieser großen Not entfernte er sich wieder von den Räubern und kniete
neuerdings nieder und fing an, mit aller Inbrunst das folgende Gebet Mir
emporzusenden: „O liebevollster Vater und Erlöser Jesus! Eine peinliche Frage
ist an mich herangekommen. Die Brüder, welche ich bereits für unsere Sache
gewonnen glaubte, haben mir eine Frage gestellt, die mich hoffnungslos macht,
sie für unsere gute Sache zu erhalten. Du allein, mein vielgeliebter Vater und
Heiland, kannst mir helfen aus dieser kritischen Lage. Daher komme ich wieder zu
Dir, mein guter Vater, mit der inständigsten Bitte: Lieber Vater, erweiche die
Herzen der Misshandelten und gib ihnen Liebe und Mitleid in ihre Herzen zu den
Räubern, dass sie ihnen aus Liebe zu Dir verzeihen. Und gib mir die betreffenden
Worte auf die Zunge, dass ich ihre Herzen erweichen und liebetätig gegen ihre
bisherigen Bedrücker und Peiniger machen kann.
Lieber Vater, ich bitte Dich demütigst, verlasse mich nicht in dieser großen
entscheidenden Stunde, wo es sich um so Großes handelt. Sondern, lieber Vater,
bleibe bei mir und leite meine Gedanken und Worte, dass ich das Rechte treffen
und die Herzen der Beleidigten und tief Gekränkten zur Versöhnung und Vergebung
umstimmen kann. Amen.“
Nach diesem Gebete stand er auf und ging gekräftigt durch Mich an seine große
Aufgabe. Er trat zu den befreiten Gefangenen und richtete folgende Worte an sie:
„Liebe Brüder und Schwestern! Als Begründer der protestantischen Religion namens
Dr. Martin Luther trete ich heute vor euch.“ In diesem Moment, als Martin Luther
seinen Namen sagte, erschallte von allen Seiten ein brausendes: „Heil dir, unser
Religionsreformator und Apostel der wahren Christuslehre! Hoch unserem Dr.
Martin Luther!“
Nach dieser Begrüßung, die dem Martin Luther Tränen der Freude in die Augen
brachte, hielt er nach einer kleinen Pause nachfolgende Rede: „Wie ich von dem
uns begleitenden und lehrenden Engel erfahren habe, seid ihr lauter Protestanten
und somit meine Glaubensbrüder und -schwestern im Herrn und Vater Jesus. Ihr
wisset, dass unsere Religion eine Religion der Liebe ist und dass wir lauter
Brüder und Schwestern, weil Kinder des Vaters Jesus, sind. Als Kinder dieses
Vaters, dessen Liebe grenzenlos ist, ist es unsere Aufgabe, uns dieselben
Eigenschaften und Tugenden anzueignen, welche unseren Vater so unendlich hoch
über gewöhnliche Menschen stellten. Gewiss ist es, dass wir Jesu Kinder sind,
denn das lehrt uns Seine eigene Lehre im Neuen Testament. Aber Er ist
hochheilig, wir aber grobe Sünder, weil wir nicht nach Seiner Lehre und Seinen
Tugenden lebten und noch leben. Daher können wir schmutzige Sünder uns nicht dem
Vater nahen und Er uns nicht. Seine Haupttugend als Jesus glänzt wie ein heller
Stern hervor. Sie heißt Liebe, durch diese erwachsen alle anderen Tugenden. Denn
in der Liebe sind alle guten Tugenden vereint, wenn auch ihr Charakter etwas
anderes zu sein scheint.
Daher betrachten wir den Grundcharakter der Liebe, wie er sich in Jesus als
Menschensohn, das heißt, als Er den menschlichen Leib über Seiner Göttlichkeit
trug, verschiedenartig den bösen Menschen gegenüber äußerte: Gott als Vater ist
die Liebe. Diese Liebe war es, welche die Menschwerdung Gottvaters zuwege
brachte und Ihn 33 Jahre zwang, den Fleischleib wie ein sündiger Mensch zu
tragen, und dies alles aus Liebe zu uns.
Volle drei Jahre dauerte die Lehramtszeit des Herrn. Und wie wurde Er immer von
Feinden verfolgt, die Ihm nach dem Leben trachteten, obwohl Er nie etwas Böses,
sondern nur Gutes tat. Das, was Er lehrte: ,Liebet eure Feinde, tuet Gutes
denen, die euch Böses getan oder noch tun und betet für eure Verfolger und
Verleumder’, hat Er nicht bloß gelehrt, sondern Selber tatsächlich ausgeübt.
Endlich opferte Er sich Selber für uns, um uns von der Adamssünde zu befreien
und mit der Gottheit wieder auszusöhnen, von der wir uns als verlorene Söhne
entfremdet haben. Alles dieses tat Er aus Liebe zu uns, ja noch mehr: Als die
Schergen die Nägel in Sein gequältes Fleisch unbarmherzig schlugen und Seinen
Leib quälten, rief Er in Seinen größten Schmerzen: ,Vater! Vergib ihnen! Denn
sie wissen nicht was sie tun.’
Sehet, liebe Brüder und Schwestern in Christo! Wie unser Vater Jesus die Liebe
lehrte und sie in der Tat auslebte, so müssen auch wir tun gegen unsere
Beleidiger, Peiniger und Schädiger an Leib und Seele, denn sonst handeln wir
weder nach Jesu Lehre noch nach Seinen Beispielen.
Täglich beten wir: Vater, vergib uns unsere Sünden, wie auch wir vergeben
unseren Schuldigern, das heißt denen, die uns beleidigt und wehe getan haben.
Daher müssen wir das auch tun, denn sonst lügen wir Gott an und bitten Ihn, Er
soll ebenso nicht vergeben, wie wir dem Nächsten, der uns beleidigt, geschädigt
oder sonst wehe getan hat, nicht vergeben. Tun wir aber das nicht, so handeln
wir gegen Gottes Gebot der Liebe, Versöhnung und Verzeihung. Und daher müssen
wir nicht hoffen, je zum Vater Jesus zu kommen, um Ihn zu sehen.
Seht, liebe Brüder und Schwestern, so lautet das Gebot der Liebe, und nach
diesem Gebote hat Jesus, unser Vater, uns selber vorgelebt, indem Er damit zu
verstehen gab, dass auch wir dasselbe tun müssen, wenn wir Seine Kinder sein und
in den Himmel kommen wollen.
Daher komme ich zu euch mit der freundlichen und brüderlichen Bitte: Wollet auch
ihr so handeln an diesen Räubern, die euch viel Unrecht und Wehe getan haben,
wie Jesus, unser Vater, an Seinen Feinden gehandelt hat, und ihnen von Herzen
ohne Hinterhalt alles verzeihen und sie als Brüder in euer Herz und eure Liebe
aufnehmen?“
Nach diesen bereits mit Angst ausgesprochenen letzten Worten blieb er still und
wartete auf das Resultat seiner Rede.
19.
Versöhnung, Verzeihung und Verbrüderung unserer Parteien
(Eine feurige Rede über die Versöhnung, worauf die Verzeihung und Verbrüderung
der Misshandelten mit den Räubern stattfindet. Der Räuberanführer hält
seinerseits die Vereinigungs- und Verbrüderungsrede zu einer Gemeinschaft
aller.)
Es entstand eine kleine Pause der Stille. Diese aber war sehr kurz, denn alsbald
trat ein Mann aus der Schar der Befragten und sagte:
„Brüder und Schwestern im Herrn! Unser Lehrer und Befreier aus den Krallen der
römischen Priesterherrschaft hat zu uns so schön gesprochen, dass wir ganz
erstaunt sind über die schöne Zusammenstellung der Liebeslehre aus dem Leben
unseres lieben Herrn Jesus Christus. Und nun fragt er, ob auch wir so handeln
wollen, wie unser Gott und Vater, wie er Ihn jetzt nennt, nämlich unser Heiland
Jesus auch gehandelt hat an Seinen Feinden und Peinigern. Es versteht sich ja
von selbst, dass wir nicht anders handeln dürfen und werden, wie unser Gott und
Erlöser am Kreuze gehandelt hat, denn sonst wären wir nicht Seine, sondern
Satans Kinder. Und daher mache ich den Anfang und sage offen und frei: Wer aus
vollem Herzen, aus Liebe zu Jesus verzeihen will, der erhebe seine Hand!“
Auf
diese Aufforderung erhoben alle die Hände und sprachen laut: „Wir verzeihen
alles und reichen euch die Hände der Bruderschaft.“ Nach diesen Worten gingen
sie hin zu den Räubern und reichten ihnen die Hände zur Versöhnung und
Liebesverbrüderung.
Durch diese Wendung der Dinge zum Guten wurde Martin Luther wieder gekräftigt in
seinem Vertrauen auf einen guten Ausgang der Bekehrung. Daher war er wieder
mutig, noch einen letzten Versuch zu machen. Er wandte sich nun zu den Räubern
und sagte: „Liebe Brüder im Herrn, eure prüfende Frage ist gelöst worden und
zwar in der besten Ordnung. Was sagt ihr nun dazu?“
Da
trat wieder ihr Anführer vor und sprach: „Lieber Bruder, du siehst, die
schwierigste Aufgabe ist recht gut und brüderlich gelöst worden! Hier sieht man
deutlich die Hilfe und Gnade des Herrn, zu dem du dich in deiner Not gewandt
hast. Wir sind dadurch nicht mehr Räuber und Gefangene, sondern freie Brüder und
Schwestern deiner Gemeinde geworden. Denn deine Rede von der Liebe, Versöhnung
und Verzeihung ging ja uns alle an. Wir sind dadurch, dass die schwierigste
Frage so brüderlich gelöst worden ist, nicht mehr zwei oder drei Abteilungen
einer Gesellschaft, sondern wir sind durch die allgemeine Verzeihung, Versöhnung
und Verbrüderung ein Körper, eine Gemeinde geworden. Es ist wohl wahr, dass wir
noch nicht alle die gleichen Begriffe einer echten Christuslehre haben, aber in
dieser göttlichen Fassung, wie du sie uns lehrst, wird das Mangelnde bald
eingeholt und von allen verstanden werden. Lehre nur weiter und vollende, was du
begonnen hast, denn wir sind Ohr und Herz bei der Lehrrede.“
Martin Luther wurde durch diese Erklärung seitens des Räuberanführers ganz
überglücklich und pries Mich im Stillen im Herzen dafür, dass Ich ihm einen so
glücklichen Ausgang der anfangs so verzweifelt aussehenden Aufgabe bereitet
hatte.
20. Vater Jesus kommt zu Seinen Kindern
(Rede Luthers über die Vorbereitung, um die Vergebung der Sünden vom Vater Jesus
zu erlangen. Dankgebet für den glücklichen Ausgang der Bekehrung. Zu allem, was
man im Geistigen tun will, muss man die Gnade und Hilfe vom Vater erbitten. Das
Gebet für die Sündenvergebung. Erscheinen von Engeln, Sündenvergebung, Hosianna-
und Halleluja-Lied für den großen Gott und Vater Jesus. Vater Jesus steigt
nieder, geht zum Martin Luther und gibt sich zu seiner übergroßen Freude zu
erkennen. Dann übernimmt Er unerkannt die Leitung der Gemeinde als neuer
Anführer.)
Darauf ergriff er wieder das Wort und sagte: „Liebe Brüder, wie ich sehe ist die
schwierigste Aufgabe nun vorüber. Es bleibt noch das letzte zu bewerkstelligen,
nämlich: Nachdem ihr mit allem einverstanden seid, wollen wir noch den lieben
Vater bitten, Er möge uns huldvoll die Sünden verzeihen, die wir wie ihr
begangen haben. Jeder sammle sich und denke nach, was er Böses und Sündhaftes im
Leben verbrochen hat, damit er wisse, wie groß seine Sünden sind. Jeder verzeihe
von Herzem jedem, der ihm je wehe getan hatte. Denn das ist eine unerlässliche
Aufgabe, da wir im Vaterunser beten: Vergib uns, wie wir vergeben. Jeder erwecke
eine tiefe zerknirschte Reue über seine begangenen Sünden und Verbrechen und das
vollernst, damit wir dann die allgemeine Vergebung der Sünden vom Vater Jesus
erlangen können, denn wir dürfen ja bestimmt die Vergebung unserer Sünden
erhoffen, wenn wir selbst die Vorbedingung erfüllt haben.
Ich
lasse euch darum eine Stunde Zeit in der Ruhe, damit ihr euch ganz gediegen
vorbereitet zu der großen Bitte um Vergebung der Sünden, welche wir dann vereint
und gegenseitig vornehmen wollen. Denn unsere Aufgabe von nun an ist, im Guten,
somit im Geistigen, vorwärts zu schreiten, dass wir dorthin kommen, wohin wir
durch die Verheißung unseres Vaters Jesus einst kommen müssen, da ja die Kinder
auch dort oder in der Nähe wohnen sollen, wo der liebevolle und gute Vater unser
aller wohnt.
So
- in einer Stunde will ich wiederkommen. Wenn euch aber dieser Vorschlag nicht
gefällt, so wollet ihr es mir bekannt geben, damit ich eine Änderung in der
Einteilung zwischen den Willigen und Zögernden treffe. Das ist nämlich mein
letzter Vorschlag, um uns allen ein glückliches Fortschreiten im Geistigen
anzubahnen. Denn wir sind gehemmt, solange wir in Sünden sind, da uns geistige
Gifte hindern, vorwärts zu schreiten. Daher müssen zuerst alle Hindernisse
hinweggeräumt werden, um ein glückliches Aufsteigen in die lichten Regionen des
Geistes zu ermöglichen. Wer daher mit diesem Vorschlag nicht einverstanden ist,
der trete heraus aus der Menge, damit ich sehe, wie wir daran sind.“
Nun
blieb er stille und wartete geduldig, ob sich jemand rühren würde. Aber es blieb
alles ruhig und still und damit wurde die Annahme des Vorschlages gutgeheißen.
Nach dieser Ansprache ging Martin Luther wieder hinaus aus der Gesellschaft,
kniete nieder und dankte Mir recht inbrünstig für die glückliche Beendung der
Bekehrung und Verbrüderung der ganzen Gemeinde, und bat Mich, Ich solle die
Herzen der Brüder erleuchten, damit sie ihre Sünden vollwahr erkennen und
reuevoll beweinen. Dann stand er auf und ging zum Engel, der sich derweil bei
der Gemeinde aufhielt.
Als
er zum Engel gelangte, empfing ihn dieser mit sehr freundlicher Miene und sagte:
„Siehst du, lieber Bruder, dass die Sache gut ablief, da du mir gefolgt bist.
Alles beim Herrn erbitten und nie sich auf eigene Kraft verlassen, das ist die
Grundbedingung des geistigen Lebens und des Gelingens der Unternehmung, wenn sie
geistigen Zwecken dienen soll. Siehe, ich bin ein großer und mächtiger Erzengel,
aber ich tue nichts aus mir, sondern alles durch die Liebe und Bitte zum Herrn.
Daher muss mir alles gelingen, denn der Herr allein ist mächtig. Wir alle sind
nur Werkzeuge Seiner Macht und Seines Willens, und wo Er als der Wirkende
angerufen und betrachtet wird, dort ist auch der Erfolg gesichert, wenn man
einen festen Glauben und Vertrauen zu Ihm hat. So, Bruder, jetzt raste derweil
und bereite dich vor, dass du in würdiger Weise mit deiner großen Bitte vor den
Herrn und Vater treten wirst.“
Darauf setzte sich der Engel nieder und überließ den Martin Luther seinen
geistigen Betrachtungen, der sich auch niedersetzte und schwieg.
Die
ganze Gesellschaft war still und jeder hatte mit sich selbst, mit seinem
Gewissen zu tun. Lange hörte man keinen Laut, kein Wort wurde gesprochen. Die
Stunde der Vorbereitung war verronnen und somit die Zeit herangerückt, sich von
Gott die Vergebung der Sünden für das ganze Leben zu erbitten.
Ruhig stand Martin Luther auf. Und ganz in sich gekehrt, schaute er eine Zeit
lang in die Höhe, als täte er die Hilfe von Oben erwarten, und betete still zu
Mir, Ich möge ihm die richtigen Worte ins Herz und auf die Zunge legen, damit er
den tiefen Eindruck bei der Gemeinde erzielen könne, der in solch wichtiger
Angelegenheit unbedingt erforderlich sei, um aufgrund vollernster Reue und des
Entschlusses, nicht mehr zu sündigen, den großen Erfolg zu erzielen, der Mich
bewegte, alle begangenen Sünden zu verzeihen und Meinen Segen der Liebe auf die
wunden Herzen der Sünder strömen zu lassen.
Als
er geendet hatte, wandte er sich zu der Gemeinde und sprach: „Liebe Brüder und
Schwestern in Jesus, unserem Gott und Vater. Es ist eine heilige Sache gegen
unseren Vater Jesus, dass wir uns von den Sünden rein machen, die wir zeitlebens
bis zum heutigen Tag begangen haben. Daher bitte ich euch: Kniet nieder mit mir
und betet im Geiste meine Gebetsworte nach, welche die innigste Bitte unserer
Herzen zu dem Throne unseres heiligen Vaters Jesus tragen sollen.“
Auf
dieses Geheiß knieten alle nieder, auch der Engel, was sie in Staunen versetzte.
Dieser aber verkündete mit lauter Stimme, er wollte selber mithelfen den Vater
um Verzeihung der großen Schuld zu bitten, die auf ihren Herzen läge. Als die
Gemeinde das hörte, war sie freudig erregt, denn das war ihr wie ein Pfand, dass
auf die Bitte auch die Vergebung folgen würde.
Nun
fing Martin Luther an, folgendes inhaltsschwere Gebet mit inständigster Bitte zu
Mir vorzubeten: „Liebevollster, heiligster und mitleidsvoller Vater der Liebe!
Wir armen und betrübten Sünder bitten Dich allerdemütigst: Lieber Vater, siehe
herab auf uns sündenbeladene Kinder Deiner Liebe gnädig und huldvoll und urteile
nicht nach unseren Sünden und Verbrechen, die wir gegen Dich und unsere Nächsten
begangen haben, sondern sei uns gnädig und erbarme Dich unser! Schwer lastet die
Schuld unserer Sünden auf uns, und wir fühlen vollwahr, dass wir unwürdig vor
Deinem überheiligen Antlitze stehen. Aber Vater, habe Erbarmen und Mitleid mit
uns, denn Du kennst die Tiefen unseres Elends und niemand von uns kann sich vor
Dir als Reiner zeigen. Nein im Gegenteil, wir sind lauter grobe und schmutzige
Sünder und niemand ist ausgenommen davon.
Darum, lieber Vater, haben wir wohl erwogen, wie schwer es ist, vor Dir, Du
allerheiligster Vater, uns mit unserer Unwürdigkeit zu nahen. Aber wir wissen,
dass Du die Liebe bist und jedem verzeihst, der durch Liebe zu Dir sich naht und
Dich demütig um Verzeihung bittet, wenn dies aus vollwahrem Vorsatz geschieht,
nicht mehr sündigen zu wollen, sondern nach Deinen Geboten zu leben. Auch wir
armen Sünder kommen mit diesem Vorsatz zu Dir, Dich um Verzeihung zu bitten und
dann nicht mehr zu sündigen.
Lieber Vater, wende zu uns Deine liebevollsten Augen und betrachte unseren Ernst
in der Sache und dass wir entschieden bereit sind, alles zu tun, was Du von uns
verlangen würdest. Daher erhoffen wir, dass Du unsere tieftraurigen Herzen
gnädig ansehen wirst und uns verzeihen die große Schuld, die auf unseren Herzen
lastet.
Lieber Vater, ich bitte Dich demütigst, lasse strömen die Gnade Deiner Liebe
herab auf uns und mache unsere Herzen weich und empfänglich für Deine heilige
Sache. Lasse uns erbrennen in Liebe zu Dir und zum Nächsten und führe und leite
uns auf dem Wege der göttlichen Liebe zu Dir, damit wir den Weg der Heiligung
unserer Herzen nicht verfehlen und stets bestrebt sind, nur in Deinem Sinne zu
leben und zu wirken, auf dass wir das Ziel der Kindschaft Gottes erreichen,
welches Du uns huldvollst verheißen hast.
Unser vielgeliebter Vater, ich rufe Dich im Namen der ganzen Gemeinde
allerdemütigst an und bitte Dich, dass Du unser gemeinsames Gebet liebreich
aufnehmen und uns unsere vielen Sünden und Vergehen verzeihen mögest, damit wir,
befreit von der Sündenlast, in Zukunft nur Dir dienen und Deine Liebesgebote
erfüllen.
Ach
lieber Vater, siehe herab auf unsere von der Reue zerknirschten Herzen, da wir
uns vollbewusst sind, wie oft wir uns unwürdig gegen Dich betragen und Dich tief
beleidigt haben, und nun in reuevoller Demut zu Dir kommen und uns voll Glaubens
und Vertrauens, dass Du uns erhören willst, in Liebe Dir nahen und
allerdemütigst und tiefbewegt in Reue ob unserer Unwürdigkeit zu Dir beten:
Vater! Ach, lieber, guter Vater! Vergib und verzeihe uns und nimm uns auf in
Deine Liebe und Gnade, Amen!“
Auf
diese große Bitte, die alle mit innigster Liebe und Demut und voll Vertrauens,
dass Ich sie erhören werde, beteten, ließ Ich eine große Lichtung im Osten
aufgehen, und zahlreiche Scharen der schönsten Gestalten bewegten sich langsam
gegen die noch auf den Knien darauf Wartenden, was da geschehen werde. Der Engel
hieß sie aufstehen und ruhig warten. Als er dieses ausgesprochen, fing er an in
die Höhe zu schweben und sich gegen die herannahenden Gestalten zu bewegen,
indem er ganz in den herrlichen Lichtglanz überging, wie er bei seiner Ankunft
glänzte.
Die
Gesellschaft stand wie in einer Zaubervorstellung vor dieser nie gesehenen
Erscheinung. Besonders wunderten sich die Räuber und Gefangenen über den Engel,
der früher so wie sie aussah, nur ungewöhnlich schöner und wohlgebildeter in der
Gestalt, dass er jetzt wie in ein strahlendes Licht und dessen Glanz überging.
Alle waren aber mäuschenstill und schauten unverwandten Blickes nach der
wunderschönen Erscheinung am Himmel, die immer näher und näher schwebte. Sie
erkannten ganz wohl, dass das eine Schar von seligen Geistern war, nur war ihnen
das unbekannt, was die da tun wollten.
Endlich erreichten diese die Gegend, in welcher die Gemeinde auf sie wartete.
Hier bildeten sie einen runden Chor, ruhig schwebend, und fingen himmlische
Loblieder zu singen an, welche die Zuhörer ganz starr vor Verwunderung und
Staunen machten, denn es drang so gewaltig durch ihre geistigen Glieder, dass
sie ganz nervös wurden. Ein Zeichen, dass sie noch nicht reif, noch nicht rein
für diese innerlichen Genüsse waren. Als diese ihre Loblieder beendet hatten,
hörte man wieder die Stimme, die schon einmal sagte: ,Ich habe euch erhört’,
diesmal dasselbe Wort wiederholend mit dem Zusatze: „Eure Sünden sind euch
verziehen!“
Auf
diese Zusage kniete alles nieder, um für diese große Gnade gebührend zu danken.
Diesmal aber kamen den Dankenden die Engel zuvor, indem sie ein himmlisches
Hosianna und Halleluja dem großen Gott und Vater Jesus anstimmten und so
herrlich sangen, dass die zuhörende Gemeinde ganz in himmlische Verzückung
geriet.
In
diesem Moment erschien Ich, in einfacher Kleidung und ging direkt auf Martin
Luther zu, welcher verwundert schaute, wer da auf ihn zuginge, ohne eine Ahnung
zu haben, dass Ich Selbst es sei.
Zu
ihm gekommen, sagte Ich: „Mein Sohn, deine Prüfung hast du gut bestanden.
Deshalb kommt dein Vater Jesus Selber zu dir und zu deiner Gemeinde, um sie
weiter zu führen und zu vervollkommnen, um reif für den Eintritt in den Himmel
zu werden und so zum Throne der Herrlichkeit Gottes zu gelangen. Martin, kennst
du Mich?“
Martin Luther schaute Mich aufmerksam an, aber dass Ich Gott Selber bin, dafür
war Ich ihm zu einfach, denn er hätte Gott in einer großartigen Herrlichkeit
kommend vermutet. Daher verneinte er es, dass er nicht erraten könnte, wer Ich
wäre.
Nun
sagte ich: „Mein Sohn, kennst du deinen Vater von Golgatha nicht? Kennst du
diese Wundmale nicht, die einst für dich und für alle Menschen am Kreuze
bluteten?!“
Jetzt erst bemerkte Martin Luther Meine Wundmale an Händen und Füßen und
erschrak nicht wenig, dass er Mich nicht früher erkannt hatte. Er fiel sogleich
auf die Knie vor Mir und bat Mich um Verzeihung für seine Blindheit.
Ich
aber erhob ihn und drückte ihn an Mein Herz und sagte zu ihm: „Martin! Von jetzt
an bist du erlöst von so großen Prüfungen. Aber wir werden von nun an zusammen
bleiben und Ich will deine Gemeinde Selber leiten, bis sie reif wird, in Meine
Kinderschar aufgenommen zu werden. Doch verrate Mich nicht vor der Zeit, wer Ich
bin, sondern sei ruhig neben Mir und tue, was Ich dir sagen werde.“
21.
Martin Luther als Jesu Liebling und auserwählter Apostel
(Die Engel steigen auf Vaters Geheiß nieder und belehren die Gemeinde. Vater
Jesus bezeichnet Martin Luther ,Meinen Liebling und auserwählten Apostel auf der
Erde’. Vater Jesus als Anführer segnet die himmlisch gute Mahlzeit und beruft
nach der verzehrten Mahlzeit die Engel, ein Dankgebetslied dafür darzubringen.)
Nach dieser ersten Begegnung, die dem Martin Luther viele Tränen der Freude und
Liebe hervorlockte, sagte Ich zu den Engeln: „Kommet herunter zu uns und bleibet
unter uns. Darauf zogen die Engel ihr großes blendendes Licht, welches aus ihnen
strömte, ein und schwebten langsam herunter zu uns.
Da
angekommen, verneigten sie sich tief vor Mir und blieben in ehrfurchtsvoller
Entfernung stehen, die weiteren Befehle von Mir erwartend. Ich aber sagte ihnen,
sie sollten unter die Gemeinde gehen und anfangen, sie in den wichtigsten
Gesetzen zu belehren, welche diesen neuen Ankömmlingen in höheren Regionen noch
nicht bekannt waren.
Sogleich begaben sich die Engel an ihre Arbeit, denn sie sahen ja aus dem
Inneren der Einzelnen heraus, was der eine oder der andere zu wissen benötigte,
um geistig fortschreiten zu können. Bald gab es einzelne Gruppen, welche der
eine oder der andere Engel fleißig unterrichtete, um auf die großen Aufgaben,
die erst folgen sollten, vorzubereiten. Und so gab es ein recht munteres, aber
doch anständiges Geplauder in den einzelnen abgesonderten Gruppen.
Ich aber und der Erzengel blieben bei Martin Luther und plauderten über die
überstandenen Plagen und Verfolgungen, welche Mein Liebling und auserwählter
Apostel auf der Erde ausgestanden hatte.
So
vergingen einige frohe Stunden, in welchen Meine Engel vollauf zu tun hatten, um
die vielen Glaubensansichten, die mit Meiner Religion der Liebe nicht
übereinstimmten, als falsch und bei Mir nicht vorkommend zu erklären und
auszumerzen. Doch war die große Arbeit mit Leichtigkeit beendet, weil die
Zuhörer wie Kinder alles gläubig annahmen und das Alte, was unbrauchbar,
verwarfen.
Als
die Engel ihre Belehrungen beendet hatten, rief Ich sie zu Mir und trug ihnen
auf, für eine gute Mahlzeit zu sorgen. Im nächsten Augenblick verschwanden sie
auf einige Minuten, um vollbeladen mit Brot und Wein bald darauf zu erscheinen.
Nun hieß Ich die ganze Gemeinde niedersitzen, welches sogleich erfolgte. Dann
hob Ich Meine Hände über Brot und Wein und sagte laut, dass es alle hörten:
„Esset und trinket zur Ehre dessen, der euch und den Engeln Seine himmlische
Speise und den Trank gibt!“
Darauf verteilten die Engel in schnellsten Gängen das Brot und den Wein und
setzten sich selbst unter die Essenden und halfen tapfer mit zu beißen und zu
trinken. Als die Gemeinde das himmlische Brot und Getränke verkostete, war sie
ganz außer sich vor Verwunderung über die außergewöhnliche Güte und den
Wohlgeschmack derselben und lobte Mich im Herzen, weil Ich ihnen eine so
ungewöhnliche Mahlzeit zukommen ließ.
Nach der Mahlzeit erhoben sich die Engel und schafften die Geschirre weg, was
selbstverständlich geisterhaft schnell vor sich ging. Dann kamen sie zu Mir, um
weitere Order zu bekommen. Ich hieß sie ein Dankgebetslied dem Vater der Liebe
für die Mahlzeit darzubringen, welches Ich so laut sprach, dass es alle hörten.
Im
nächsten Augenblick standen alle Engel wieder im Chor versammelt und sangen Mir
ein Lob- und Danklied für die eingenommene Mahlzeit, welches die Gemeinde
bereits gut vertragen konnte, weil sie durch die Dankbarkeit in die Liebe
überging, welche die himmlischen Gesänge vertragen macht, während die materielle
Sündhaftigkeit und materielle Sinnlichkeit dies nicht kann, weil die
übersinnlichen Töne den Leib ganz elektrisch-nervös machen und schädigen.
22. Die Reise: Auf zum Vater Jesus im Himmel!
(Frage des neuen Leiters, ob die Gemeinde mit Ihm zum Vater Jesus wandern wolle.
Schöne bejahende Rede eines jungen Mannes und die allgemeine Annahme derselben.
Die Reise auf einen Berg.)
Nun sagte Ich zu der Gemeinde: „Ich glaube, dass keiner von euch wieder in seine
frühere Gegend zu ziehen beabsichtigt, daher sage Ich euch: Bleibet zusammen!
Hier fehlt euch nichts, und Ich werde sorgen, dass ihr immer zufrieden sein
werdet dort, wo Ich unter euch sein werde. Wenn aber jemand unter euch doch
lieber in seine Heimat ziehen möchte, statt am himmlischen Tische zu speisen,
der kann ungeniert gehen. Ich halte niemanden auf, andererseits habe Ich euch zu
melden, dass unser Weg zum himmlischen Vater Jesus führt und dass Ich euch
geleite, dorthin zu kommen. Nur sollt ihr nicht denken, dass dies sogleich
geschehen kann. Nein, das geht nicht so schnell. Wir haben noch mehrere
Zwischenstationen, auf welchen euch noch manches als Prüfung eurer Gesinnung,
eurer Begierden und Gelüste begegnen wird.
Denket immer, dass euch der Vater Jesus zuschaut, wie ihr euch aufführet und
dass ihr erst dann zu Ihm gelangen werdet, wenn ihr euch im Guten bewährt habt.
Dieser Weg bleibt niemandem erspart. Jeder muss ihn wandern, entweder früher
oder später. Aber wehe dem, der dazu gezwungen wird durch die Umstände, welche
keinen Ausweg mehr erlauben. Wer bis dorthin trotzig in seiner Lage verharrt,
der hat, wie ihr sagt, nichts mehr zu lachen und sein Aufstieg aus dem
allergrößten Elend, aus Pein und Qual wird schrecklich sein. Daher rate Ich
euch: Jetzt seid ihr, wie ersichtlich, bereits auf dem Wege dorthin, wohin im
Laufe der Zeit alle ohne Ausnahme gelangen werden und mögen sie in der tiefsten
Hölle stecken, denn alles ist vergänglich, nur Gott nicht und wer in Gott sein
Heil gefunden. Daher frage Ich euch: Wollt ihr Mir folgen oder nicht?“
Auf
diese Frage trat ein junger Mann auf und sagte voll Feuer und die Augen auf Mich
gerichtet folgende Worte: „Lieber Freund, Du scheinst mir ein mächtiger Mann im
Geisterreich zu sein. Ich bemerkte, dass vor Dir selbst die Engel ehrfurchtsvoll
stehen und Deine Befehle erwarten. Also musst Du ein großer Mann im Geisterreich
sein, denn das bestätigt mir auch Deine Zusage, dass Du uns selber zu Gott
führen willst. Somit musst Du ein Hauptbote bei Ihm sein. Daher wollen wir Dir
folgen. Du willst es und ich hoffe, dass keiner unter uns zurückbleiben wird,
weil wir ja schon bereits im Himmel sind: wir genießen himmlische Nahrung und
hören Engelsgesang. Und unter solchen Umständen sollte noch jemand an die
traurige Gegend denken, welche er im Schweiße seines Angesichts bearbeiten
musste? Es ging uns ja nicht besser als auf der Erde. Und dieser waren wir satt
und somit auch der Gegend im Geisterreich, wo wir uns die irdischen Zustände
geschaffen hatten. Nun aber haben wir Licht, Nahrung und Gesang aus den Himmeln.
Wer könnte da noch ein Narr sein, den Himmel zu verlassen und zurück zu
irdischen Unannehmlichkeiten zu steigen. Nie und nimmer, wir sind und bleiben
bei Dir und Du magst uns führen, wohin Du willst. Wer aber mit meinem Vorschlag
nicht einverstanden ist, der tue dann, was er will. Ich habe ausgesprochen!“
Nach dieser Rede entstand eine lautlose Stille und niemand hatte Worte des
Gegenteils. Daher sagte Ich: „Eure Stille nehme Ich als bejahende Antwort, dass
ihr alle, wie der junge Mann sich geäußert, bei Mir bleiben wollt. Und das ist
recht, denn schneller als Ich kann euch niemand an das Ziel eurer Wanderung
bringen, und somit bleiben wir zusammen und wandern dorthin, wo euch alle
überglücklichen Brüder und Schwestern beim Vater Jesus schon mit Sehnsucht
erwarten.“
Die
Gesellschaft war mit dieser Rede zufrieden, und alle blieben dabei, mitzugehen,
um den ersehnten Lohn nach dieser Verheißung des Himmels zu erlangen. Da die
Einmütigkeit der Gemeinde hergestellt war, ließ Ich die Gesellschaft beordern,
sich genau an die Anweisungen zu halten, welche Ich durch die bei der
Gesellschaft verbleibenden Engel erteilen würde.
Nun
gab Ich die Order aufzubrechen und Mir zu folgen. Wir gingen beinahe drei
Stunden lang einen steilen Weg auf einen Berg, der vor uns lag und dessen Spitze
eine schöne Aussicht zu bieten versprach. Oben angelangt, hieß Ich die
Gesellschaft sich niedersetzen und ein wenig rasten.
Nach einer halben Stunde sagte Ich zur Gesellschaft: „Nun wird es ein kleines
Spektakel geben und zwar sehr böse aussehend, doch fürchte sich niemand davor,
denn Ich bin euer Beschützer, dass niemandem etwas geschehen kann.“ Dies
beruhigte die Gesellschaft und jeder schaute neugierig zu, was da kommen würde.
23.
Das Auftreten der Satana
(Durch Satana erzeugtes Ungewitter, woraus heftige Blitze und Donnerschläge
kommen. Herbeischaffung der Satana und ihr schreckenerregendes Gebärden. Frage
des Anführers wegen ihres verderbenbringenden Betragens gegen die Menschen und
ihr keckes Antworten und Reden, als wäre sie der Gott der Urschöpfung der
Menschen, wobei ihre große Lügenhaftigkeit die Hauptrolle spielt.)
Darauf berief Ich den Erzengel und sagte ihm: „Bringe mir die große Schlange,
damit die bekehrten Kinder ersehen, wem sie bisher gedient haben, als sie noch
in ihrem sündhaften Treiben waren, und dass sie in Zukunft nie mehr die Lust
anwandeln wird, zu ihrem alten Leben zurückzukehren.“ Der Erzengel verneigte
sich tief und dann verschwand er.
Nach einer Pause von etwa fünf Minuten begann das Firmament sich zu schwärzen
und zu verdunkeln, was die Gesellschaft neugierig und zum Teil ängstlich zu
machen anfing. Nicht lange dauerte es und es fing an zu blitzen und zu donnern,
und zwar immer stärker und immer näher. Als das schwarze Gewölke über uns zu
stehen kam, war es sehr unheimlich zu sehen, besonders aber deswegen, weil die
Wolken sich wie in einem Wirbelwind drehten und fort und fort ihre von
gewaltigem Donner begleiteten Blitze nach allen Seiten aussandten.
Im
nächsten Augenblick fing das rasende Wolkenspiel an, sich gegen die Gesellschaft
zu kehren. Eine heillose Panik ergriff die Anwesenden, am liebsten wären sie
auseinandergestoben, aber wohin, wo sie das böse Wesen nicht verfolgen könnte?
Das war allen unbekannt. Nun gab es Blitze und Gedonner gegen die nächste
Umgebung der Gesellschaft und Donnerkeulen schlugen da und dort ein mit solchem
Gekrache, dass alle wie auf Dornen standen. Im nächsten Augenblick schlug es in
der Nähe ein, wo Ich stand. Nun war es genug. „Herunter mit ihr“, sagte Ich, und
in diesem Moment sah man einen Riesendrachen, von Meinem Erzengel verfolgt,
gegen Mich sich zubewegen. Im nächsten Augenblick war er vor Mir stehend und
dräuend und kreischend schreiend, was Ich von ihm haben wollte.
Ich
wandte Mich zu der Gemeinde und sagte: „Schaut euch eure Gottheit an, welcher
ihr gedient habt, so lange ihr nach den Fleischesbegierden euer Leben
dahinfristen ließet. Das ist die Entsprechung eures inneren Lebens. Es ist aber
nicht bloß Entsprechung, sondern es ist zugleich die Tatsache vor euch stehend,
denn das ist der Geist des Luzifers, der großen Schlange des Verderbens des
Menschengeschlechts.“ Bei diesen Worten waren die Zuhörer ganz nervös vor
Zittern und furchtbarer Erregung.
Ich
aber kehrte Mich zum Drachen und sagte ihm: „Sage, du ewiger Widersacher, was
zwingt dich, immer gegen die Liebe Gottes zu arbeiten und die Menschen zu
verführen? Wer hat dir etwas zuleid getan, dass du deinen Hochmut und Rachezorn
nicht bändigen kannst?“
Bei
diesen Worten brüllte der Drache wild auf, dass die Zuhörer zusammenschauderten,
und sprach: „Was berechtigt Dich, mich zu quälen in meiner Ruhe und mich
heraufzuziehen? Was habe ich gemein mit Dir? Du bist, wer Du bist, und ich bin,
wer ich bin; es besteht eine ewige Kluft zwischen uns zweien. Daher frage ich
Dich, was habe ich Dir getan, dass Du mich herschaffen ließest?“ Diese wilde, in
Gebrüllform hervorgebrachte Frage machte einen ängstlichen Eindruck auf die
Zuhörer und alles war gespannt, was daraus kommen werde.
Ich
sagte dem Luzifer: „Höre, du böses Wesen, wer hat dir etwas Unrechtes getan,
dass du, nichts als Rache schnaubend, die Menschen zu allen erdenklichen Sünden
anreizest? Antworte also, dass die Gesellschaft deine Rechtfertigung erfährt,
nach welcher dir das Recht, dies zu tun, zusteht. Tust du es nicht, so werde Ich
dich dazu zwingen.“
Kaum hatte Ich dies ausgesprochen, so fing der Geist Luzifers wie rasend zu
brüllen und mit seinen Drachenfüßen zu stampfen an, dass die Erde wie von einem
Erdbeben bewegt zitterte. Ich aber gebot ihm zu schweigen und ruhig zu sein.
Denn das Beben der Erde brachte die Zuhörer in die größte Angst, weil sie
glaubten, dass der Satan Mir nicht gehorchen werde. Als sie aber sahen, dass er
doch schwieg und ruhig wurde, bekamen sie wieder Mut und Vertrauen, dass das
höllische Spektakel gut ablaufen werde. Wieder wandte Ich Mich deshalb an den
Luzifer und befahl ihm, sich zu äußern, widrigenfalls Ich zu Gewaltmitteln
greifen würde. Aber der Satan hatte eben keine Ausrede. Daher brüllte er wieder
von dem Unrechte, welches gegen seine Persönlichkeit geübt würde.
Da
Ich nun darauf bestand, dass er die Wahrheit reden müsse, sagte er endlich: „Ich
war ein Gott und selbständig und habe unzählige Millionen Geister aus mir
erschaffen, welche die geistige Welt bevölkerten. Als aber meine Macht zu
gewaltig zu werden drohte, wurde ich ohne Recht dazu von einem zweiten Gott
ergriffen, weil ich Ihm nicht dienen und Gehorsam erweisen wollte, und besiegt
und alle meine Geisterschöpfung in starre Materie verwandelt.
Schauet an, nicht nur die Erde, sondern der ganze gestirnte Himmel mit seinen
unzähligen Millionen von Welten, deren Größe euch noch ganz unbekannt ist, ist
ein Kerker derjenigen meiner Kinder, welche ich einst vor Ewigkeiten aus mir
erschaffen habe. Und sehet, auch ihr seid diese Kinder, wie auch alle Menschen
im Weltall, welche ich einst erschaffen habe. Und nun kam ein anderer Gott und
wollte Gehorsam und Ehrerbietung von mir Ihm gegenüber. Und da Er stärker war
als ich, wurde ich besiegt, in Fesseln getan und meine Seele in starre Materie
verwandelt. Ich selbst wurde soweit gefesselt, dass ich als purer Geist nur das
tun kann und darf, was Er mir erlaubt. Meine Kinder hat er mir geraubt und als
Seine eigenen erklärt, sie in starre Materie in Kerker getan und lässt einen
nach dem anderen Mensch werden, indem Er alles aus mir nimmt und als Sein
Eigentum erklärt.
Der
Geist ist ein Kind aus mir, das ich einst in Liebe erschaffen habe aus mir. Die
Seele aber und der Fleischleib der Menschen sind aus meiner Seele her, die teils
als Geist, teils als Materie in der sichtbaren Schöpfung inbegriffen ist. Und
nun soll ich kein Recht auf meine Kinder haben? Ich habe sie erschaffen, sie
sind aus meinem Geist und meiner Seele gemacht und daher mein. Und da ich keine
Hoffnung habe, in nächster Zeit schon meinen Gegner, der übermächtig ist, zu
besiegen, so verderbe ich Ihm meine geraubten Kinder, und das seid ihr.“
Bei
diesen Worten erschraken die Zuhörer ganz gewaltig, dass sie Kinder des Satans
wären.
Ich
aber hieß den Luzifer nun zu schweigen, und begann folgende Aufklärung zu geben:
„Du Luzifer, sage uns, wer hat dich erschaffen? Warst du von Ewigkeit her oder
bist du von diesem Gott, der dich besiegt, gefesselt und deine Seele in
sichtbare Materie verwandelt hat, erschaffen?“ Hier schwieg der Luzifer.
Ich
aber fuhr fort mit Meiner Aufklärung und sagte: „Dein Schweigen sagt alles; denn
wärest du ein ewiger Gott, so würdest du dagegen protestieren, dass du von dem
dich besiegenden Gott erschaffen worden wärest. Wärst du von Ewigkeit her, und
nicht ein erschaffenes Wesen, dann hättest du nie können besiegt werden, weil du
die ewige Grundmacht in deiner Gewalt gehabt hättest. Aber darin lag eben deine
Ohnmacht, weil die Allmacht in dem wahren urewigen Gott lag, während du nur das
tun konntest, was dir Gott, welcher dich erschaffen hat, erlaubt hatte.
Allerdings hast du die Geister erschaffen, aber nicht du bist der Vater, sondern
nur die Mutter derselben, denn du bist nur ein Weib und kein Mann. Damit die
Zuhörer dies glauben, will ich dich offenbaren, wie du in Wahrheit in der
Urschöpfung aus Gott aussiehst.“
Bei
diesen Worten begann der Drache wieder sehr gewaltig zu brüllen und sich
unbändig zu gebärden und protestierte gegen diese Vergewaltigung.
Ich
aber streckte die Hände aus und sagte: „Verschwinde dieses Phantasiegebilde und
die Wahrheit stehe vor uns!“ In diesem Augenblick verschwand die Drachengestalt
und ein wunderherrliches Frauenzimmer stand vor den Augen der Zuhörer.
Ein
erregtes Erstaunen überkam die Gesellschaft und alles sagte: „So etwas
Herrliches, Himmlisches hat die Welt noch nie gesehen. Man könnte sich verlieben
und sie anbeten wie eine Göttin, wenn man nicht das Böse, und zwar das
Satanisch-Böse, in dieser Herrlichkeit göttlicher Weisheit und Allmacht gesehen
und bereits sehr empfindlich durchgekostet hätte.“
Nachdem das Staunen sich ein wenig gelegt hatte, gab Ich das Zeichen zur Ruhe
und fuhr fort: „Nun, du herrliche Satana, sage uns, ob Weiber ohne Männer Kinder
haben, oder ob du davon ausgenommen bist?“ Auf diese Frage hielt Ich ein wenig
inne und wartete. Die Satana schaute zu Boden und schwieg.
Ich
aber sagte ihr: „Siehst du, wie es heutzutage ist, so war es auch mit dir der
Fall. Du hast die Aufgabe gehabt, die Welt mit Geistern zu bevölkern, welche die
ewige Liebe durch dich ins Leben rief. Freilich ging das nicht so zu, wie
heutzutage, materiell, sondern der Wille der göttlichen Liebe schuf die Geister
durch dich so zahlreich, wie die Tropfen des Morgentaues am Grase. Aber du warst
nur die Gebärende, nicht die Zeugende. Und dieses konnte nur durch die demütige
Liebe zu Gott, deinem Manne, der dich aus Sich gestellt hat, geschehen. Als du
aber widerspenstig, hochmütig und die demütige Liebe versagend geworden warst,
hörte das Zeugen und dadurch auch das Gebären auf. Sage nur aufrichtig, ob es
nicht so war?“
Wieder schwieg Satana und schaute zu Boden wie angenagelt. Daher fuhr Ich weiter
fort: „Nun sagst du, dass die Menschen deine Kinder sind und du das Recht dazu
hast, sie zu verderben. Wärest du nicht als ein Bestandteil Gottes einst als ein
Teil seiner Liebe erschaffen worden, das dann erzböse geworden ist, dann hättest
du wohl ein Recht, so zu sprechen. Aber du bist doch aus Gott genommen, von Gott
erschaffen und hattest deine Aufgabe zu vollziehen, zu der du bestimmt warst. Da
du aber als geschaffenes Wesen kein Urrecht besitzest, das, was Gott durch dich
erschuf, als dein Eigentum zu erklären, daher ist deine Aufgabe nur, Gott zu
dienen und Ihn zu lieben, nicht aber als ein erzböses Wesen Seine Kinder zu
verderben und dir ähnlich zu machen. Da sie aus deiner Seele, seelisch und
leiblich, gebildet sind, ist es eben die Liebe Gottes, welche dich nach und nach
durch die Seelenpartikel der Menschen zurückführen und erlösen will.“
Bei
dieser Äußerung stampfte die Satana, dass ein gewaltiges Erdbeben entstand,
welches die Zuhörer in Bangen versetzte. Ich aber streckte die Hände aus und
befahl ihr, ruhig zu sein, worauf sie sogleich gehorchte, eigentlich gehorchen
musste, da Ich ihre Macht lähmte.
„So
verhält sich die Geschichte und nicht anders. Nun spreche du, Satana, ob es so
ist, wie ich der Wahrheit gemäß geoffenbart habe!“
Da
erhob die Satana ihre zu Boden gesenkten Augen und begann voller Feuer sich
vorzubereiten, Mir zu entgegnen, was ich ruhig zuließ. Nun fing sie mit hohem
Pathos an, sich zu brüsten, dass sie doch Mutter sei und als solche das gleiche
Recht wie Gott auf die Kinder habe, um so mehr, da der menschliche Leib samt der
Seele der eigentliche Leib ihrer Seele sei, der ihr fort und fort geraubt und
gegen ihren Willen verwendet werde. Sie sagte, dass ihr daher dieselben, wenn
nicht noch höhere Rechte zu den Kindern zustehen würden, als Gott, da sie doch
Leib aus ihrem Leib genommen und gebildet hätte. Somit habe sie das Anrecht auf
alle Menschen in allen Welten und Schöpfungen aus ihr.
24.
Eine Auseinandersetzung des Vaters mit der Satana
(Des Anführers allmächtige Erwiderung. Satana und ihr inneres böses Wesen.
Paradiesische Aussicht vom Berge aus.)
Nun erhob Ich Mich zu einer gewaltigen Entgegnung auf diese Rechtsansprüche der
Satana und sagte ihr: „Weißt du was? Ich habe dir eben erklärt, dass du keine
Gottheit aus dir selbst, sondern ein durch Gott erschaffenes Wesen bist, und
hast das zu tun, was dir Derjenige sagte, der dich als Sein Werkzeug erschaffen
hat. Dann sprichst du von Mutterrechten an deinen Kindern. Höre, du
unverbesserliches Wesen: Ist es die Pflicht der Mütter, ihre Kinder zu verderben
und zu Teufeln und Satane umzugestalten? Weißt du nicht, dass man den Müttern,
welche ihre Kinder zu Dieben, Räubern, Mördern und Ausgeburten der Menschheit
erziehen, dieselben wegzunehmen und unter andere Pflege und Erziehung zu stellen
das Recht hat?! Was sagst du dazu?“ Hier schwieg sie und schaute zu Boden, ohne
eine Erwiderung zu geben sich getrauend.
Daher fuhr Ich fort: „Siehst du, eine solche Rabenmutter bist du, denn du willst
nur Böses aus deinen vermeintlichen Kindern hervorbilden, und wenn sie zuletzt
ins Geisterreich treten, als grausame Tyrannin an ihrem Elende dich ergötzen.
Gehe Mir augenblicklich aus Meinen Augen, du elende Schlange der höllischen
Bosheit!“
In
diesem Moment wurde aus der göttlichen Herrlichkeit wieder die Drachengestalt
und sie verschwand unter fürchterlichem Gebrüll und Gestampfe, dass der Erdboden
ganz gewaltig zu schwanken und zu beben begann, und die Gemeinde in Angst
versetzt wurde.
Ich
wandte Mich nun zur Gemeinde und sagte: „Sehet, liebe Kinder, wie sich die
Tatsachen verhalten! Man muss göttliche Geduld haben, um die Schlange nicht zu
züchtigen. Frech und verlogen wendet sie alles an, was ihr zur Erreichung ihrer
Zwecke dienen kann. Und es ist die Mehrzahl der Menschen, die den verführenden
Gelüsten ihres Wesens gern folgen, und daher das viele Böse auf der Welt,
welches die Herzen der Menschen mit Sünden und Verbrechen gegen Gott und die
Nächsten voll füllt. Ich habe euch den Grund der Verdorbenheit der Welt gezeigt
und ihr tut nun gut, euch das zu merken, um nie mehr Sünden zu begehen.“
Darauf sagte Ich: „Unsere erste Begegnung ist vorüber. Diesmal war Ich allein
der Handelnde. Nun werden andere Szenen folgen, welche gewisse Aufgaben zu
verrichten von euch fordern werden. Wir bleiben noch eine Stunde auf dem Berge
und derweil könnt ihr die schöne Aussicht genießen, die sich vor euren Augen
ausbreitet.“
Jetzt erst wurden die Zuhörer aufmerksam auf die paradiesischen Landschaften und
Örtlichkeiten, die sich vor ihren Augen ausbreiteten. Und sie gerieten ganz in
Entzücken über die Herrlichkeiten, die sich ihren Augen darboten und wunderten
sich laut über die nie gesehenen Landschaftsbilder, die wie in einem Zauberbilde
ihre Phantasien bewegten. Ich ließ sie ruhig diese Schönheiten betrachten und
bewundern und unterhielt Mich mit Martin Luther, der zwar die Landschaften sah,
aber dessen Augen, Ohr und Herz doch bei Mir waren, was auch Mich anregte, ihm
manch’ schönes Geschichtchen aus diesen Landschaften in Hauptzügen zu erzählen,
selbstverständlich nur, was die Führung Meiner Kinder daselbst betraf.
Nach Verlauf einer Stunde sagte Ich, dass die Zeit herangerückt wäre, dass wir
aufbrechen und wieder ins Tal gehen müssten, worauf sich alles vorbereitete, auf
das gegebene Wort niederzusteigen.
„Auf Kinder! Wir treten unsere Wanderung wieder an“, rief Ich endlich zur
Gesellschaft, und rasch ging es bergab in die Niederung, welche ihnen ganz
anders erschien als früher, als sie anfingen, den Berg zu besteigen. Denn ihre
Gedanken sind viel geistiger und zu Gott strebender geworden, dadurch haben sie
auch ihre geistige Sehe verfeinert, das Herz veredelt und die Liebe hob ihre
Brust hoch zu Gott, der vor ihnen ging, den sie aber hoch in Ätherregionen zu
sein wähnten. In die Niederung gekommen, gingen wir direkt auf die Landstraße,
die weiß wie Schnee war und sich durch das Tal hindurchzog.
25. Des Vaters Gefallen an der Mildtätigkeit der Kinder
(Ein Dorf der Armen und Bedürftigen, die wie die Zigeuner lästig betteln.
Liebevolle Bewirtung, Bekleidung und Aufnahme derselben in die Gesellschaft,
welche dann die Engel in der göttlichen Lehre unterrichten. Gefallen des
Anführers an der Mildtätigkeit.)
Nachdem wir gute zwei Stunden gegangen waren, kamen wir in eine Ortschaft,
welche sehr armselig aussah. Ich führte die Gesellschaft nämlich wieder weg und
in die Gegenden der Armut und des Elends, daher diese Verwandlung des Bildes. Im
Dorf angekommen, liefen eine Menge armer, halb angezogener und zerfetzter
Menschen uns entgegen und baten uns um Unterstützung und Brot. Ich machte halt
und sagte zur Gesellschaft, wir wollten hier ein wenig rasten, ohne sie
aufzufordern, sich mildtätig zu zeigen. Wir lagerten uns auf einer großen Wiese
neben dem Dorfe, und Ich ließ durch inneren Antrieb die Dorfbewohner recht
fleißig betteln und bitten bei der Gesellschaft, sagte aber gar nichts, als
hätte Ich nichts bemerkt.
Eine kurze Zeit schaute die Gesellschaft auf Mich, was Ich sagen und anordnen
würde wegen der armen Dorfbewohner, die wie die Zigeuner lästig waren und um
alles Denkbare baten. Da Ich gar keine Miene machte und Mich stellte, als würden
Mich diese verkommenen Dorfbewohner gar nichts angehen, noch Mein Herz zur
Mildtätigkeit rühren, stand ein alter ehrwürdiger Mann auf und sagte: „Liebe
Brüder und Schwestern, ich meine, dass unser Führer deshalb keine Augen, keine
Ohren und kein Herz für die armen Bewohner dieses Ortes hat, weil er uns prüfen
will ob wir Mitleid mit den Armen haben werden. Ich hätte schon längst nach
meinem Vorrat gegriffen, wenn mich die Rücksicht auf Ihn nicht zurückgehalten
hätte. Nachdem Er aber nichts dergleichen tut, als wollte er uns anspornen
selbst diesen Armen zu helfen, - daher tun wir dieses nun selbst.
Es
sind Arme, Durstige und Hungrige; wir aber haben von allem genug. Daher mache
ich den Vorschlag: Wir sollen auch so gegen diese Armen handeln, wie unser
Anführer gegen uns getan! Wir wollen ihnen zu essen und zu trinken geben, und
wer Kleidungsstücke hat, die er entbehren kann, der kann sie hergeben, damit wir
diese halbnackten und zerfetzten Brüder anziehen und uns ebenbürtig machen.
Brüder! Schwestern! Hier ist meiner Ansicht nach ein Feld für uns, wo wir uns in
mildtätiger Nächstenliebe üben können. Auf! Brüder, Schwestern, jeder tue nach
seinem besten Wissen und Gewissen und betätige sich in der Nächstenliebe.“
Kaum war dieses ausgesprochen, sah man eine Menge Menschen aus den nächsten, an
Hügeln gelegenen armen Hütten herunter und zu der Gesellschaft eilen. Als der
alte Mann dies sah, sagte er: „Ei, ei, schaut hin, wie viele arme Menschen diese
Gegend birgt! Desto besser, je mehr Arme, desto mehr Gutes können wir tun, denn
wir sind zahlreich genug und arm keinesfalls, denn würde uns das Nötige zu
verteilen fehlen, so wenden wir uns an unseren Führer mit der Bitte, Er wolle
uns behilflich sein. Denn Er ist ein gar mächtiger Herr unter uns, und Er
braucht nur unseren recht mildtätigen Willen zu sehen, so wird er uns gewiss
helfen in der Not. Daher mache ich euch den Vorschlag: Jeder tue nach seinem
besten Willen und Können Gutes soviel er kann. Ich bin überzeugt, dass dies der
beste Dank unserem lieben Vater Jesus wird, der uns schon so viel Gutes durch
Seinen hohen Diener, der als unser Anführer unter uns weilt, getan hat.“
Nach dieser Ansprache rief er laut: „Unser Vater Jesus lehrte: ,Was ihr dem
Geringsten aus Meinen Kindern getan, das gilt bei Mir so viel, als hättet ihr es
Mir getan!’ Also tun wir Gutes und Edles an diesen armen Kindern unseres Vaters
Jesus, soviel und so gut als uns irgend möglich ist.“
Kaum diese Worte ausgesprochen, suchte gleich ein jeder in seinem Vorrat, was er
tun kann, und verwunderte sich nicht wenig, dass da Brot und Wein im Überfluss
war. Daher entstand ein Leben und Bewegen, wie auf einem großen Marktplatz, denn
jeder sah ein, dass hier ein Wunder geschehen und somit genug Brot und Wein zum
Austeilen vorhanden war, um diese armen Leute zu beschenken, dass sie sich
sättigen und den Durst stillen konnten. Daher sagte man ihnen, dass sie sich in
Reih’ und Glied aufstellen sollten, damit niemand zu kurz komme. Dies geschah
bereitwillig, und so lagerten sich bald darauf die Armen in mehreren Reihen auf
dem Boden. Und nun ging es fleißig zu mit dem Austeilen des Brotes und Weines,
bis alle gesättigt und befriedigt wurden.
Als
dies fertig war, stand wieder der alte Mann auf und sagte: „Brüder und
Schwestern! Gewiss ist es, dass so mancher unter euch doppelt Kleider hat, wozu
braucht er sie im Himmel beim Vater? Dort bekommen wir Hochzeitsanzüge, denn
dort finden wir den Bräutigam unserer Seelen. Daher schlage ich euch vor: Jeder
gebe alles Überflüssige diesen Armen und wir haben dann genau nach den Worten
unseres geliebten Vaters Jesus in der Bergpredigt gehandelt. Wohlan, Brüder und
Schwestern, tun wir das; wir haben dann so gehandelt, wie Bruder zu Bruder,
Schwester zu Schwester, und das ist das einzig Wahre in unserer jetzigen Lage
gegenüber diesen Armen.“
Auch dieser Vorschlag wurde gut aufgenommen und jeder tat, was er konnte und so
stand bald eine zweite ebenbürtige, über 10.000 Köpfe zählende Menge Volkes
anständig angezogen und gut verpflegt da.
Jetzt erst stand Ich auf und ging zu der Gesellschaft und sprach: „Kinder! Eure
Mildtätigkeit bewegt Mein Herz und ihr seid Mir dadurch bedeutend teurer und
lieber geworden. Nur so vorwärts! Und euer Einzug in den Himmel wird herrlich
werden. Ich habe Mir die Mühe gemacht, recht tätig unter euch zu sein, wenn ihr
nach Meinen Worten handeln werdet, und ihr habet wahrlich das Rechte getan. Weil
aber diese nun bekleideten und gesättigten Menschen gar armselige Wohnungen
haben, so wollen wir sie mitnehmen auf unserer Wanderung in den Himmel, denn sie
verlieren nichts dabei, sondern sie werden bei unserer Kost ganz gut überstehen
und gern unter uns bleiben. Daher erteile Ich den Engeln die Order, dass sie
dieselben belehren, damit sie eine und dieselbe Religion haben und uns
gleichwerden.“
Nach diesen Worten traten die Engel in entsprechender Ehrfurcht vor Mich und
erwarteten still die Order. Und als sie dieselbe erhielten, begaben sie sich
sogleich zu den neuangenommenen Brüdern und Schwestern und belehrten sie
gründlich über Zweck und Ziel des Menschen. Und so haben wir einen guten
Fischzug hier gemacht.
26.
Einnahme der Bergschluchtfestung
(Wanderung durch eine Bergschlucht. Begegnung mit Soldaten. Entscheidende
Antwort dem Festungswacheanführer. Entwaffnung der Soldaten und Einnahme der
Raubmörderfestung.)
Da die Gegend sehr armselig war, verließen die Bewohner sie gern. Besonders auch
des Umstandes wegen, weil sie zu einer Kost gelangten, die ihnen überaus
vortrefflich schmeckte. Nachdem alles beendet war, brachen wir auf und zogen
weiter, mehrere Stunden lang. Endlich gelangten wir in eine Bergschlucht, welche
sich in einer Länge von fünf Stunden hinzog. Hier überraschte uns plötzlich eine
Abteilung von Soldaten, welche uns als Feinde betrachtete und verlangte, wir
sollten und müssten mitgehen, um uns zu legitimieren. Sie wollten, dass wir uns
in eine Festung, die sie in dieser Schlucht erbaut hatten, um den Durchgang zu
überwachen, begeben sollten, um gehörig ausgefragt zu werden, was wir in so
großer Anzahl vorzunehmen gedächten.
Da
trat Ich vor und sagte: „Brüder und Freunde, wir haben nichts feindliches vor,
denn ihr sehet doch, dass wir unbewaffnet sind und daher nichts Arges im Schilde
führen. Lasset uns ruhig weiterziehen, denn wenn es auf die Probe der Macht
ankäme, so sind wir auch ohne Waffen stärker als ihr mit Waffen, denn ihr sehet
doch, dass die ganze Schlucht voll von uns ist. Was wollt ihr da gegen uns
vornehmen, da wir euch im Handumdrehen überwältigen können? Darum ist es am
besten für euch, dass ihr uns in Ruhe lasset, wie wir euch.“
Diese Antwort wollte dem Anführer nicht recht munden und er sagte: „Ich kann
ohne unseren Festungskommandanten keine Konzessionen machen, daher komme Du und
wer unter euch der Erste ist, mit uns, und wir wollen sehen, was unser
Kommandant sagt.“
Darauf erwiderte Ich ihm: „Höre Freund, Ich bin kein Untertan, sondern selbst
ein gewaltiger Kommandant, vor dem sich alles beugen muss. Daher kann Ich deinen
Vorschlag nicht annehmen, sondern wenn du etwas von Mir haben willst, so rufe du
deinen Kommandanten zu Mir und Ich werde ihm schon sagen, wer Ich bin.“
Diese Antwort war dem Anführer genug und er stellte sich sogleich angriffsfertig
mit seiner Abteilung vor uns hin und bedrohte uns. Ich aber gab den mitgehenden
Engeln einen Wink, und im nächsten Augenblick waren die Soldaten entwaffnet und
dadurch kampfunfähig.
Nun
fragte Ich den Anführer, ob er keine Lust habe uns anzugreifen, da er ein paar
Minuten vorher so selbstbewusst gegen uns aufgetreten sei. Dieser machte nun
eine bittersaure Miene und meinte: „Das ist unsere Order so zu handeln, daher
konnte ich auch gegen euch nicht anders vorgehen. Wie ich nun sehe, seid ihr gar
gewaltige Geister und daher ist mit euch am besten nichts anzufangen.“
„Ja
Freund, warum hast du früher das nicht eingesehen, dass wir gewaltig sind? Oder
meinst du noch, dass du uns mit deiner handvoll Soldaten meistern wirst? O, das
wird nicht gehen! Im Gegenteil, wir werden euch überwältigen, und somit ziehen
wir ohne weiteres in eure Festung ein, um sie zu zerstören. Denn ihr seid nichts
anderes als Räuber und Mörder und wir die Zerstörer der Raubnester. Also ziehen
wir in eure Raubmörderfestung ein und ihr geht voraus, um uns anzumelden.“
Die
im Soldatenanzug stehenden Räuber und Mörder, selbstverständlich von der Erde
her noch so genannt, weil im Geisterreich doch niemand ermordet werden kann,
waren ganz erschrocken über dieses Vorhaben und eilten in die Feste, dem
Kommandanten zu melden, was ihnen passiert war, und dass wir auf dem Wege seien,
ihre Festung zu zerstören, weil wir angegriffen und dadurch beleidigt worden
seien.
Der
Kommandant ließ schnell die Festungstore zusperren und alle Zugänge besetzen,
damit wir nicht hineingelangen könnten. Ich aber wusste den geheimen
unterirdischen Zugang, daher sagte Ich: „Die Gesellschaft soll langsam vor die
Festungstore rücken und den Eingang verlangen. Während dieser Zeit werde Ich mit
den Engeln in die Festung durch den geheimen Eingang dringen, um kein Aufsehen
zu erregen, wer Ich sei, da vor Mir alles weichen und gehorchen muss, und werde
im schnellsten Gang alle Tore öffnen und die Gesellschaft einlassen.“ Gesagt,
getan, und die Festung wurde bald voll von der eingedrungenen Gesellschaft.
27.
Jesu Aufklärung über die Zustände im Geisterreich
(Fragen des Anführers an den Festungskommandanten: wer sie seien, und welche
Beschäftigung sie da hätten; und dessen lügenhafte Aussage. Vollwahre
Gegenaufklärung des Anführers und die Aufklärung über die Zustände im
Geisterreich. Welche Bücher in Zukunft gelesen werden.)
Nun ließ Ich die überwältigten Raubmörder im Soldatenanzug vorführen, deren es
über 3.000 gab und sagte: „Saget Mir die Wahrheit! Was ist eure Beschäftigung
hier?“
Auf
diese Frage antwortete Mir der Festungskommandant: „Wir sind Soldaten und
beschützen diese Schlucht, dass kein Feind durchkommen kann, um im Lande zu
plündern und zu rauben.“
„Gut,“ sagte Ich ihm, „dann sage Mir, wer hat dich hier aufgestellt, um diese
Schlucht zu bewachen?“
Darauf erwiderte er Mir: „Der Landesherr, der diese große Landschaft regiert,
die sich da gegen Osten erstreckt.“
„Auch recht, jetzt sage Mir: Wie heißt er und wo wohnt er?“
Auf
diese Frage konnte er Mir keine Antwort geben und meinte: „Hier im Geisterreich
ist es nicht so, wie auf der Erde. Man wird angeworben, kommandiert und man tut
seine Pflicht, mehr kann ich Dir nicht sagen, denn ich weiß selber nicht mehr.“
„Ah
so! Du weißt nichts mehr? Wenn Ich aber dir kundgebe, dass alles, was du Mir
berichtet hast, ganz nach Art der Diebe und Räuber erlogen ist, was hast du Mir
darauf zu antworten?“
„Das gibt’s nicht. Ich sagte, was ich wusste und mehr weiß ich nicht.“
„Auch gut, dann muss Ich dich aufklären, was Ich weiß von dieser Festung, und
somit höre die wahre Geschichte: Du bist ein Räuber und Mörder. Als solcher hier
von der Erde angekommen, hast du ein gleiches Raubgesindel, wie du bist, um dich
gesammelt. Und ihr habt mit vereinten Kräften diese Festung erbaut, in der du
dein eigener Landes- und Festungsherr bist und beraubst die durchziehenden
Reisenden, wie und wo du sie mit deinen Helfern findest, und hier Schätze auf
Schätze vom Raub und Überfall häufst. Nun hat sich dein Anführer an dem Falschen
vergriffen und dadurch bist du Mein Gefangener samt deiner ganzen Besatzung
geworden. Hast du gehört? Das ist die vollwahre Geschichte deiner Festung und
deiner Festungskommandantschaft. Das Weitere wird bald folgen.“
Darauf ließ Ich die bekehrten und mitziehenden Räuber auftreten, was in einigen
Minuten geschah, und sagte zu ihnen: „Diese Gefangenen sind Räuber, wie ihr
wart, daher werdet ihr am besten wissen, was mit ihnen zu geschehen hat. Diese
überlasse Ich daher euch.“
Die
bekehrten Räuber sagten nun: „Lieber Freund, unsere Absicht wäre, mit diesen
dasselbe zu tun, was ihr mit uns getan, und daher befreien wir sie vor allem von
ihren Fesseln, dass sie nicht als Gefangene sich unter uns fühlen werden.“
Ich
erwiderte ihm: „Gut, es steht euch frei, nach eurem Ermessen mit ihnen
vorzugehen. Ich werde euch nichts in den Weg legen. Handelt nach eurem besten
Wissen und Gewissen und es wird schon recht werden. Denn wenn ihr aus
Nächstenliebe handelt, dann kann nie gefehlt sein.“ Nach diesen Worten verließ
Ich die Räuber und wandte Mich zu Martin Luther und sagte: „Siehe, Ich lasse die
Leute selbst handeln, damit sie selbständig werden. Denn auf Kommando tut jeder,
was ihm befohlen wurde. Wenn er aber aus sich selbst handeln muss, dann ist er
bemüßigt zu denken, wie er es anstellen soll, dass er das Rechte ergreife und
gut durchführe. Denn durch die Praxis wird man selbständig im Handeln und ein
Meister im Ausführen. Lassen wir daher die Räuber ihre gewonnenen Erkenntnisse
nutzbringend verwerten. Wir aber gehen uns ein wenig die große Festung
anschauen, denn da wird es manches geben, was unser Interesse erwecken wird.“
Darauf verließen wir die Räuber und begaben uns zur Einsichtnahme der inneren
Einrichtung, welche vielversprechend war. Ich führte sie zuerst in die Wohnung
des Festungskommandanten, die sehr geräumig war und aus vielen Zimmern bestand.
Selbstverständlich konnten diese Einsichtnahme nur die Wenigen, welche um Mich
waren, genießen. Die große Masse des zahlreichen Volkes füllte alle freien
Plätze der Festung aus und wartete auf die Resultate unserer Besichtigung und
was mit den Räubern vorgenommen werden würde.
Die
Wohnung des Kommandanten war prächtig, denn alles Schöne, was da zusammengeraubt
wurde, hatte der Kommandant wie in einem Museum aufgestellt, um es stets zur
Besichtigung bereit zu haben und seine Augen daran zu weiden.
Ich
muss hier eine kleine Aufklärung über die Einrichtungen im Geisterreich geben,
damit die Leser die vollwahre Erzählung aus der Entwicklung und Geschichte
Martin Luthers und seiner Glaubensgenossen nicht nur als eine Erdichtung von
Meinem Schreiber betrachten, sondern erfahren, dass im Geisterreich dasselbe
besteht, wie auf der Erde; was den Spiritisten aus den Geisteroffenbarungen gut
bekannt ist, nicht so den übrigen Menschen, welche sich um nichts kümmern, als
bloß um das, was sie durch die Priester erfahren haben. Alles übrige, was die
Priester nicht predigen oder als ketzerisch erklären, ist ihnen verwerflich und
ketzerisch, ohne selbst nachzudenken, ob auch alles wahr ist.
Habe Ich nicht gelehrt: ,Prüfet alles und das Gute behaltet!’ Also tuet und
merket euch, dass nicht alles Gold ist, was glänzt! Eure Glaubenslehrer sind
viel zu fanatisch und unduldsam. Wären sie Meine echten Diener, so würde Ich sie
erleuchten, damit sie euch Meine reine Lehre so vortrügen, wie Ich sie möchte
vorgetragen haben. Sie reiten viel zu viel auf den Buchstaben herum oder nagen
an der äußeren Rinde, während das Innere, der Kern, der den Geist vorstellt,
unverstanden bleibt, und daher das Falsche in der Lehre.
Ich
bin Geist und als solcher gebe Ich euch nur geistige Speise, und diese ist es,
welche das ewige Leben in sich birgt. Was soll Ich von den römischen
Menschensatzungen sagen? Sie sind eine böse Krankheit für das geistige Leben der
Gläubigen und aller wahren Grundlage bar. Und daher sind hauptsächlich die
römischen und orthodoxen Gläubigen die unglücklichsten Menschen, wenn sie ins
Geisterreich treten. Daher ließ Ich die glaubenslose Sozialdemokratie wuchern
und sich entwickeln, um die verblendeten und fanatischen Menschen von der Kirche
wegzuziehen. Denn der Gottesleugner und Zweifler, wenn er früher ein Gläubiger
war, ist leichter zu bekehren als die fanatischen Kirchenläufer, welche kein
Wort reden lassen und alles für Ketzerei erklären, was nicht nach den Worten der
Priester ist.
Noch eine kurze Zeit und das morsche Gebäude des falschen Priestertums, ob im
Ornate oder ohne dasselbe, wird aufhören. Und nur Meine reine Lehre wird durch
Meine eigenen Diener euch gelehrt werden, während das bisherige Falsche
vernichtet wird, aber nicht durch Menschen, sondern durch Mich, damit ihr klar
sehen werdet, was gut und was schlecht ist. Denn nur diese Bücher, welche übrig
bleiben, werden als gut erkannt werden. Alles Übrige, sei es Buch oder Zeitung
oder sonst etwas, welches euch hindert, an Mich zu denken, wird in Luft
verwandelt und nirgends mehr zu sehen sein, weil sonst nie eine Herde einig mit
ihrem Hirten Jesus entstehen könnte.
Dass die Bücher, welche Ich durch Mein Medium, der euch dieses offenbart,
reichen werde, gut und einzig und allein einen Bestandteil der zukünftigen
Bücherei bilden werden, sei euch als Vorwarnung gesagt. Nicht dass dieses Medium
allein die Bücher schreiben wird, sondern Ich will damit sagen, dass diese
Bücher, die er in separatem Anzeiger euch vorlegt, gut und die echte Lehre
enthaltend sind, und damit wisset ihr, wie ihr daran seid.
Zurückkommend auf die Einrichtungen im Geisterreich habe Ich noch zu sagen, dass
der Mensch selbst der Schöpfer seiner Wohnung in der Geisterwelt ist. Je
niederer sein Charakter und seine Eigenschaften, desto armseliger die Landschaft
und die Behausung, welche er aus sich selbst erschaffen kann.
Daher: Je mehr Liebe, Demut und geistiger Gemeinsinn, desto lichter und weiser –
und desto schöner und herrlicher sein geistiger Aufenthalt. Es ist ebenso, wenn
man, weltlich gesprochen, einen Vergleich machen will: wie der sich entwickelnde
Unterschied zwischen der stockfinsteren Nacht und der sich entwickelnden Helle
bis zur Mittagssonne. Und so ist auch das ganze Wesen des Menschen: Vom
finsteren Scheusal angefangen bis zum wie Sonne leuchtenden Engel aufsteigend;
und so auch diesem entsprechend, was er sich schafft und erschafft.
Der
Mensch ist daher durch seine Tugenden oder Untugenden ein Gotteskind oder ein
Satanskind, ein Teufel der Geisterwelt. Weil der Mensch geistig sich nicht
hinter einem Fleischkörper verbergen kann, sondern, wie er ist, so sieht er
äußerlich aus und so lebt und so handelt er, weil Heuchelei und Verstellung
durch den Abfall der Fleischdecke nicht mehr möglich ist. Und so ist dann der
Mensch in allem, also auch im Schaffen seiner Gegend, seiner Wohnung und in
allem, was er benötigt, nach seinem inneren Werte dastehend, weil er sich alles
aus sich selbst, aus seinem Inneren erschaffen muss, während er im Fleischkörper
mit Händen schafft. Aber einmal erschaffen, ist es auch tatsächlich real für ihn
dastehend, während das Materielle der Welt für den Geist nicht mehr besteht.
Daraus kann man sich den Unterschied vorstellen von dem sonnenlichten Engel bis
herab zu dem stockfinsteren Gottesleugner und in Sünden verharrenden Verbrecher,
weil das Licht, das Schaffen aus sich selbst vom Geiste Gottes im Menschen
ausgeht, und wenn der Mensch stockfinster ist, so hat er eben keine Liebe, keine
Tugenden, keine Werke der Nächstenliebe, und somit hat er kein Licht, weil er
von Gott so bedient wird, wie er nach seinen Tugenden oder Untugenden und
Eigenschaften innerlich beschaffen ist.
Daher auch die Antworten vieler Geister bei spiritistischen Sitzungen, dass sie
kein Licht haben, was für euch soviel bedeutet, dass ihr mit niederen,
teuflische Gestalten habenden Geistern zu tun habt. Von solchen erfahret ihr
nichts als Lüge, weil sie euch zum Narren halten. Daher sollet ihr selber solche
belehren, auf ihre Aussagen aber kein Gewicht legen.
Diese kleine Aufklärung war nötig, damit ihr die Zustände in der Geisterwelt,
wie Ich sie euch hier schildere, nicht für eine Phantasie betrachtet. Glaubet
ihr aber Mir nicht, so leset spiritistische Bücher, besuchet selbst einen
Zirkel, wo Manifestationen der Geister vorkommen, dann wird euch das hier
Gesagte als wahr und echt erscheinen. Jeder erfahrene Spiritist wird euch dies
bestätigen. Somit muss es auch so sein und damit genug von dem.
28. Voranstalten zur Bekehrung der Räuber
(Beschau des zusammengeraubten Festungsmuseums und der Festungsräume. Zerstörung
der Festung und Verwandlung des Bodens samt der Schlucht in ein ebenes Feld.
Einnahme der Mahlzeit.)
Wir beschauten das schöne, sehr bedeutende Museum des Festungskommandanten, das
er sich durch Beraubung der durchreisenden Geister eingerichtet hatte. Dann
wanderten wir weiter durch verschiedene große Räume, welche Wohnungen der
übrigen Räuber waren, was alles sehr schön aussah; denn mit geraubtem Gut ist
leicht prunken.
Ich
will euch nicht verschweigen, dass die Räuber auch ihre Weiber hatten und diese
mit den Gefangenen das Los teilen mussten. Nachdem wir die ganze Feste
durchwandert hatten, kehrten wir zurück auf den Platz, wo die bekehrten Räuber
mit den Gefangenen verhandelten.
Als
wir wieder am Platze erschienen, gab es eine große Schimpferei der Gefangenen
über uns, dass wir wie Räuber eingedrungen seien und dass wir nun in ihren
Magazinen plünderten, ohne ein Recht dazu zu haben. Daher wollten sie nichts von
den Zureden der bekehrten Räuber hören und verlangten, in ihre Rechte als Herren
der Festung eingesetzt zu werden.
Ich näherte Mich deshalb den Schreienden und sagte: „Welche Rechte habt ihr denn
auf diese Feste? Ihr habt doch gesagt, dass ihr nur angeworbene Söldlinge des
Landesherrn seid. Wenn aber dies, dann seid ihr keine Herren, sondern von uns
besiegte Gefangene und als solche habt ihr nichts zu reden, sondern zu
gehorchen, was wir mit euch beschließen. Übrigens, wir sind bereit, euch
sogleich frei zu lassen, wenn ihr euch ausweisen könnet, dass ihr wirklich das
seid, für was ihr euch ausgebet.“
Diese entschiedene Sprache brachte die Schreier zur Besinnung, dass sie mit
jemandem zu tun hatten, der ihnen entgegentreten konnte. Daher schwiegen sie
zuerst, dann aber fingen sie von neuem an, dass sie in der Festung belassen
werden müssten, weil sie dieselbe bewachen müssten und daher solle man sie in
Ruhe und weiterziehen lassen, denn sie hätten uns nichts getan, als ein wenig
gedroht und wir hätten das gleich als Kriegserklärung aufgenommen, sie
überfallen, besiegt und die Festung eingenommen.
Ich
machte ihnen nun begreiflich, dass sie nach dem Kriegsrecht im Geisterreich
nichts zu reden hätten, da sie dieses Recht in ihrer Feste eingeführt und
fleißig gehandhabt hätten, was das große Museum von geraubten Gegenständen
beweise. Daher sollten sie sich nicht wundern über uns, wenn wir nun ihre
Festung sogleich zerstören würden.
Nun
gab Ich den Engeln einen Wink und diese gingen eiligen Schrittes an die
Befestigungen, als wollten sie diese zu zerstören anfangen, und gingen im
Laufschritt herum, während man ein großes Krachen und Donnern von
niederstürzenden Mauern hörte.
Die
Räuber hörten mit Entsetzen das Krachen und Donnern an und wussten nicht, ob das
möglich sei, da die Engel keine Werkzeuge hatten.
Nun
sagte Ich zum Festungskommandanten und seinen Abteilungsführern: „Kommet her, um
mit Mir eure Festung zu besichtigen, wie sie nun ausschaut!“
Sogleich erhoben sich alle, auch die gewöhnlichen Soldaten und gingen mit Mir
und Meinen Begleitern, zu schauen was da geschehen war. Wie erstaunten sie aber,
als nichts mehr von den Befestigungen zu sehen und auch die Schlucht vollgefüllt
mit Erdreich war. Sie trauten ihren Augen nicht und schauten uns verwundert an,
wer wir seien, dass wir dieses Bild der Schlucht und der Festung so schnell zu
einem ebenen Felde umgestalten konnten.
Ich wandte Mich zum Festungskommandanten und sagte: „Nun, du wirst doch nicht
verlangen, dass wir dir dein Raubnest wieder aufbauen sollen? Hast du aber einen
Landesherrn, vor dem du die Klage gegen uns erheben kannst, so wollen wir mit
euch hingehen und unsere Strafe entgegennehmen. Also erhebe dich mit deiner
Räuberbande und führe uns zu deinem Landesherrn! Denn siehe, Ich ließ dir alles
zerstören, jetzt sind auch die inneren Wohnräume samt deinem Wohnhause und dem
sehr kostbaren Museum von geraubten Gegenständen bis auf den Grund verschwunden.
Also hast du gar nichts mehr zu suchen und zu bleiben.“
Der
Kommandant schaute ängstlich nach dem Ort, wo seine Wohnung stand und da er
nichts mehr von allem früheren bemerkte, blieb er wie starr vor uns stehen und
musterte uns mit ängstlichen Blicken.
Ich
aber sagte ihm: „Fürchte dich nicht, wir tun dir kein Leid an, sondern Ich ließ
nur dein Trugbild hier zerstören, damit du erlöst wirst von deinen
Wahnvorstellungen, die du dir mit deinen Helfern aufgebaut hast. Jetzt bist du
und deine Schar frei von allem, was euch lieb und teuer war, aber kein Gutes aus
euch erzielen ließ.
Nun
sage Mir, was willst du mit deiner Schar beginnen? Willst du dich bekehren samt
deinen Spießgesellen, dann will Ich euch mitnehmen und mit allem versorgen.
Willst du etwas anderes anfangen, so sage es Mir frei. Denn wir sind keine
Räuber oder Kriegsknechte und machen daher auch keine Gefangenen, sondern wir
suchen nur, was aus dem Schafstalle Gottes verloren ging. Willst du zu Gott,
dann bist du Mir willkommen.
Willst du nicht, dann bist du frei von uns. Denn zu verklagen hast du uns
nirgends, da du keinen anderen Herrn kennst, als dich selbst. Ich aber bin ein
gewaltiger Herr und vor Mir muss sich alles beugen. Würdest du z. B. wieder eine
neue Festung irgendwo anlegen, so kannst du sicher sein, dass Ich dich finden
werde. Und dann kannst du dasselbe erleben, was dir hier geschehen ist. Also
bedenke wohl, was du wählen wirst. Von Mir aus bist du frei.“
Nach diesen Worten wandte Ich Mich zu den bereits bei uns eingetroffenen Engeln
und sagte: „Kinder! Ihr habt eure Aufgabe gut vollendet. Daher wollen wir hier
wieder rasten und einen Imbiss einnehmen. Schaffet daher auch das nötige Brot
und Wein her, aber soviel mehr, dass auch diese traurigen Freunde mit ihren
ängstlichen Weibern zu essen bekommen, bevor wir scheiden, falls sie sich
derweil nicht besinnen, bei uns zu bleiben.“
Die
Engel entfernten sich eiligen Schrittes und verschwanden im nahen Wald, der sich
neben der gewesenen Festung befand, erschienen aber wieder nach einigen Minuten
voll beladen mit Brot und Wein und legten das Ganze vor Mich hin. Nun streckte
Ich die Hände über die Nahrung, segnete sie und ließ sie unter alle verteilen,
was schnellst besorgt wurde.
Darauf sagte Ich: „Esset und trinket zur Ehre Gottes, eures Vaters Jesus, der
auch beim letzten Abendmahl das Brot segnete, brach und sagte: Nehmet und esset,
und so oft ihr das tut, gedenket Mein! Also auch segnete Er damals den Wein wie
Ich heute und sagte: Trinket alle davon, denn das ist das Blut des neuen Bundes,
das für euch viele zur Vergebung der Sünden vergossen wird. Also trinket auch
heute zur Ehre und Erinnerung an dieses historische, hochwichtige Ereignis, als
unter dem Brote die Lehre Gottes und unter dem Blute die Liebe Gottes als
geistige Entsprechung zum Ausdruck kam. Nun aber setzet euch und nehmet die
Mahlzeit ein.“
29.
Wie sich aus Teufeln Engel bilden
(Gespräch der Engel mit den Räubern, und wie aus Teufeln Engel gebildet werden.
Der Kommandant meint, dass er als ein Oberteufel ein Oberengel werden könnte.
Die Räuber erklären sich bereit, sich zu bekehren. Rede des Anführers, dass der
Mensch in guten Lebensverhältnissen schon nach göttlichen Geboten leben soll.
Die Engel belehren die neubekehrten Räuber.)
Diesmal aber setzten sich die Engel zu den Räubern und aßen und tranken munter
mit. Diese aber konnten nicht genug die Güte des Brotes und Weines loben und
fragten die Engel, wo sie so schnell das und soviel hergenommen hätten. Die
Engel sagten nun, dass sie hohe Geister seien und daher stehe ihnen alles zur
Verfügung, was sie sich nur wünschten, und es müsse alles geschehen, was sie
wollten. Aber sie seien nicht selber die Herren dieser Macht, sondern sie täten
nur das, was ihnen befohlen würde, und alles nur durch die Macht Gottes, dem sie
dienten.
Die
Räuber horchten aufmerksam zu, was die Engel sprachen und fragten sie, ob sie
auch das werden könnten, was diese seien. „Gewiss!“, sagten die Engel, „Wir
waren Menschen und sündhaft wie die Menschen sind, aber wir haben uns redlich
bemüht, den Willen Gottes zu erfüllen, als wir im Geisterreich angelangt,
darüber belehrt wurden, was wir zu tun haben.“
Nun
meinte der Kommandant: „Aber ihr seid junge Leute gewesen und willig zu tun, da
ihr noch nicht das Lasterleben der Welt durchgekostet habt, denn das ersieht man
an eurer Jugendfrische und Schönheit. Wir aber waren lauter Männer und zum Teil
schon alt, daher schauen wir aus gegen euch wie Teufel gegen Engel.“
Die
Engel schmunzelten ein wenig und sagten: „Ja, ja, es ist so etwas ähnliches.
Aber wir sind auch allerlei Menschen und Sünder gewesen, darunter solche, die
aus der Tiefe der Hölle sich emporarbeiten mussten und fürchterlich anzuschauen
waren. Sieh, das ist alles verschwunden und je geistiger und höher in der Liebe
und Demut wir stiegen, desto jünger und schöner sind wir geworden. Somit könnet
auch ihr dasselbe werden, wenn ihr das Gesetz der Liebe befolgen wollt.“
Nach dieser Aufklärung sagte der Kommandant zu seinen Leuten: „Freunde! Die
Aufklärung über die Emporbildung der Teufel zu Engeln gefällt mir sehr. Ich bin
gewiss der Oberteufel, weil ihr ja um nichts besser wie Teufel seid und auch
nicht schöner. Denn wenn man euch anschaut und diese herrlichen Gestalten, dann
hat man einen lebendig-wahren Begriff von Teufeln und Hölle. Ich habe daher Lust
bekommen, aus dem Oberteufel ein Engel, und wenn möglich, auch Oberengel zu
werden.
Daher glaube ich, dass euch das nicht schaden würde; doch tue jeder, was er
will. Ich bin wie der Römer, der sagte: ubi bene, ibi patria (d. h.: wo es mir
gut geht, dort ist mein Vaterland). Und in solcher Gesellschaft und bei
himmlischer Kost wird mir nie leid, diesen Schritt getan zu haben. Ich bleibe
bei meinem Entschluss. Was wollt ihr anfangen ohne mich, ohne Festung, ohne
etwas zu essen zu haben? Ich würde euch raten, bleiben wir zusammen und lassen
wir uns von diesen zu Engeln gewordenen Teufeln in allem belehren und einweihen
in das hochgeistige Leben, und es wird uns gewiss nicht leid werden, diesen
entscheidenden Schritt getan zu haben.“
Auf
diese drollige Rede des Kommandanten sagten die übrigen Räuber: „Wir haben zwar
nichts einzuwenden, doch wollen wir jetzt die Räuber hören, welche uns vordem
belehren und bekehren wollten, als wir noch nichts davon hören wollten, da wir
zuviel an unser Hab und Gut und unsere Festung gebunden waren. Jetzt, da alles
vernichtet ist und wir obdachlose Bettler geworden sind, jetzt sind wir aber
willig, alles anzunehmen, was uns Brot und Obdach verschafft. Nur möchten wir,
dass uns diese besagten gewesenen Räuber sagen, wie sie zufrieden sind und ob
der Weg nicht zu beschwerlich ist. Dann wollen wir uns entscheiden.“
Sogleich rief ein Engel die bekehrten Räuber herbei und sagte ihnen, sie sollten
ihre Erlebnisse bis zu ihrer Herkunft erzählen, damit die Brüder hörten, wie es
bei uns zugehe.
Die
Räuber erzählten nun alle Ereignisse, die sie bisher erlebt hatten, welche die
neuen Räuber mit größtem Interesse anhörten. Und als diese ihre Geschichte
beendet hatten, erklärten die neuen Räuber, dass auch sie bei uns bleiben und
mitziehen wollten.
Jetzt trat Ich zu ihnen und sagte: „Euch geht es wie den Reichen: So lange sie
von allem genug haben, wollen sie nichts von Gott und Buße hören. Kommt ein
Unglück und sie werden zu Bettlern, dann hört man sie freilich sagen: ,Mein
Gott, hilf!’ Aber es ist entschieden besser, sich nach göttlichen Geboten zu
richten, wenn man noch volle Taschen hat. Denn da kann man Gutes tun, und solche
Geber sind bei Gott sehr willkommen, weil der Reiche selten ein mitleidiges Herz
hat und im Stillen Gutes tut. Solche Spender, die sich durch öffentliche
Zeitungen ausposaunen lassen, die haben aber nichts gegeben, weil ihr Lohn die
öffentliche Lobhudelei ist, welche öffentlichen, politischen Zwecken dient.
Auch hier im Geisterreich ist dasselbe: Wer mehr durch die Liebe des Herzens
Gutes tut, der hat mehr getan als der, welcher seine Lippen dabei wetzt. Anders
ist es der Fall, wenn die öffentliche Ansprache den Ansporn der Mildherzigkeit
zum Gegenstand hat, dann hat der Redner viel Gutes gestiftet und demnach wird
auch sein Lohn sein.
Doch soll euch das nicht zum Vorwurf dienen, denn eure geistige Ausbildung steht
noch auf der tiefsten Stufe, und somit bleibt es unbeschadet eurem Wesen. Nun
aber will Ich Meine Diener beordern, dass sie euch in allem unterrichten, und so
geschehe es!“
Sogleich traten die Engel ein in die Scharen und belehrten die Räuber in allem,
was ihnen zu wissen nötig ist, um in unserer Gesellschaft mitgehen zu können.
Selbstverständlich wurde dabei nicht vergessen zu erklären, dass man Gott um
Verzeihung der begangenen Sünden bitten muss und wie man dies tut, um die
Vergebung zu erlangen.
30.
Ein Ort der Bruderliebe
(Ankunft in einem Ort, wo alle Menschen in brüderlicher Gemeinschaft leben.
Segnung der Mahlzeit. Loblied der Engel und Einnehmen der himmlischguten
Mahlzeit in fröhlichster Stimmung.)
Als die Engel ihre Lehren beendet hatten, brachen wir wieder auf und gingen nun
in die Landschaft, von der bereits die Rede war, dass dort der Landesherr der
Festung residiere. Wir blieben da in einem großen Orte stehen und fragten nach
dem Herrn des Ortes.
Die
Bewohner aber sagten: „Wir haben keinen Herrn, sondern wir sind lauter Brüder
und Schwestern und leben friedlich und glücklich zusammen, denn wir sind eine
Gemeindefamilie und jeder tut seine Pflicht, und so leben wir Einer für Alle und
Alle für Einen.“
Nun
fragte Ich allein: „Ist das euer ganzes Prinzip oder übt ihr auch Nächstenliebe
aus? Sehet, wir sind sehr viele, euer Ort ist aber auch sehr groß und so könnt
ihr uns eine Obstmahlzeit vorlegen, weil eure Bäume recht voll des reifen Obstes
sind.“
„O
ja“, antworteten sie, „wir tun das gern, denn heuer haben wir besonders viel
Obst. Brauchet ihr auch sonst etwas? Wir geben euch gern was wir haben, und ihr
seid uns willkommen.“
Darauf sagte Ich: „Ihr seid gute Leute und solche sollen nicht unbelohnt von Mir
bleiben. Wir gehen hinaus auf die große Wiese und ihr sollet alle hinauskommen.
Niemand soll zu Hause bleiben, und bringet genügend Obst mit, dass wir alle
genug haben, dann will Ich euch eine besondere Überraschung bereiten.“
Die
freundlichen Bewohner eilten auf die Bäume und sammelten eine große Menge des
besten reifen Obstes, luden dasselbe auf viele Wagen und kamen damit zu uns auf
die Wiese.
Ich
ließ nun die Engel antreten und sagte ihnen, dass sie Brot und Wein holen
sollten. Diesmal verschwanden die Engel und brachten nach einigen Minuten soviel
Brot und Wein, dass auch die große Zahl der Ortsbewohner damit bedient werden
konnte. Selbstverständlich, dass, je mehr sich die Gesellschaft mehrte, desto
mehr Engel erschienen jedesmal mit den Brot und Wein Besorgenden, so auch jetzt.
Man kann sich die Überraschung der Ortsbewohner vorstellen, als sie das
Verschwinden und Wiedererscheinen der Engel sahen, die voll beladen das
Gebrachte vor Mich hinstellten. Als dies geschehen war, ließ Ich alle
niedersetzen, segnete das Obst, das Brot und den Wein und ließ alles gleichmäßig
verteilen. Als die Verteilung vorüber war, kamen die Engel wieder zu Mir und
stellten sich ehrfurchtsvoll in gewisse Entfernung, auf meine Order wartend. Ich
ließ nun die Engel im Chor antreten und Gott zur Ehre für die Mahlzeit ein
Loblied anstimmen.
Nachdem der Chor gebildet war, sagte Ich zu den Ortsbewohnern: „Ihr seid
Protestanten und sehr gute Leute. Daher soll euch heute viel Freude bereitet
werden.“
Nun
ließ Ich die Engel das Loblied singen, was alle, die die Engel noch nicht singen
gehört hatten, in höchstes Erstaunen versetzte, weil so etwas Himmlisches noch
nicht gehört wurde.
Nach dem Absingen des Lobliedes ließ Ich die Mahlzeit einnehmen, wobei wieder
das Staunen alle überkam, weil sie noch nie ein so gutes Obst gegessen hatten,
da Ich durch Meinen Willen den Geschmack des Obstes himmlischgut machte.
Besonders waren die Ortsbewohner voller Lob, da sie auch das erste Mal die
himmlische Kost in den Mund bekommen hatten.
Alle freuten sich und plauderten untereinander und erzählten sich gegenseitig,
was sie alles erlebt hatten. Absichtlich ließ Ich aber nicht zu, dass die Rede
auf Martin Luther kam. Erst als die Mahlzeit zu Ende war, sagte Ich den
Ortsbewohnern, dass ein Anführer der Protestanten auftreten werde, daher sollten
sie sich bereit halten, ihn anzuhören.
31.
Erscheinlichkeiten in der Landschaft, die das Innere ihrer Bewohner anzeigen
(Auftreten und Rede Martin Luthers und die brausende Begrüßung seitens der
Ortsgenossen. Letztere werden in die Gesellschaft aufgenommen. Reise in eine
sehr steinige Gegend, als Abbild des Inneren ihrer Bewohner. Prüfung der
Tugenden der werdenden Himmelskinder an fanatischen Katholiken. Die Liebe ist
der Wanderstab zum Vater.)
Nach diesen Worten trat Martin Luther auf und begrüßte sie mit folgendem Gruß:
„Liebe Brüder und Schwestern! Als Begründer der protestantischen Religion, Dr.
Martin Luther...“. Bei dieser Nennung erschallte ein brausendes: „Hoch unser
Lehrer und Apostel der Reformation!“
Als
der Jubel sich legte, fuhr er weiter fort: „Als Lehrer der wahren Christuslehre
teilte ich Freud und Leid mit euch, wie das wechselvolle Leben es mitbrachte.
Nach vieljähriger erfolgreicher Tätigkeit hat es der liebe himmlische Vater
beschlossen, und mich aus der Welt des Wirrwarrs und der Verfolgung geistigen
Lebens zu Sich gerufen. Hier stehe ich nun vor euch und kann euch mit Freude
erzählen, dass mein Leben gesegnet und mein Lohn groß ist, denn ich bin auf dem
Wege zum Vater, was auch aus der Begleitung der Jünglinge, die uns ein so
schönes Loblied zu Gott für die geschenkte und gesegnete Mahlzeit sangen, zu
ersehen ist. Auch die himmlisch gute Mahlzeit beweist euch, dass wir von Engeln
umgeben und in Gottes Liebe vorwärts gehen.
Eure Bereitwilligkeit, uns mit Obst zu bewirten, hat die beste Wirkung auf
unseren vielgeliebten Führer zum Vater ins Neue Jerusalem gehabt. Daher hat Er
beschlossen, durch mich euch zu verkünden, dass eure gegenseitige und Gottes-
und Nächstenliebe Ihn bewogen hat, auch euch mitzunehmen. Daher bleibet gleich
bei uns und lasset alles stehen. Es werden schon andere in diese Gegend kommen
und euren Ort einnehmen, während ihr mit uns zum Vater Jesus kommen könnt, wo
ihr viel Schöneres und Besseres antreffen werdet, als das, was ihr hier
verlasset. Darum überlegt nicht viel, sondern ergreifet die seltene Gelegenheit
und kommet mit!“
Die
Ortsbewohner ließen sich das nicht zweimal sagen, sondern als Martin Luther
geendet hatte, riefen alle: „Hosianna unserem Gott und Heiland Jesus! Halleluja
unserem vielgeliebten Jesus, unserem Erlöser! Wir gehen mit, wir wollen alle
gehen und niemand bleibe zurück! Denn was wir hier gesehen und erlebt haben, ist
uns ein genügender Beweis, dass du die Wahrheit gesprochen. Daher hoch unserem
Glaubenslehrer Dr. Martin Luther!“
Damit war die Rede und auch unser Aufenthalt hier beendet, und so brachen wir
auf, nachdem unsere Menschenmenge bereits bei 200.000 Köpfe groß war, in eine
andere sehr unwirtliche Gegend gehend. Nach mehrstündigem Marsch kamen wir
endlich in eine sehr steinige Gegend, wo kein rechtes Wachsen, sondern nur
Wuchern der Gewächse anzutreffen war.
Ich
sagte zu der Gesellschaft: „Sehet an die Gegend! Wie die Menschen innerlich
sind, so sieht auch ihre äußerliche Umgebung aus, denn sie wurde aus ihrem
inneren geistigen Leben in die Erscheinlichkeit gestellt, und so sehet hier die
unwirtliche Gegend des geistigen Lebens ihrer Bewohner. Hier werden wir ein
Sträußchen der Überwindung unserer Natur auszufechten haben, um nicht strafbar
vorzugehen.
Bisher haben wir Protestanten gesammelt auf unserem großen Fischzuge. Nun kommt
eure Geduld zur Probe gegen unduldsame römisch-fanatische Priester und ihre
Gläubigen. Nehmet euch zusammen, dass ihr Böses mit Gutem, mit Liebe erwidert.
Denn die Bewohner des Himmels müssen vollkommen sein in Liebe, Demut und Geduld
wie ihr Vater Jesus, sonst sind sie unreif für den Himmel, wo nur die Liebe
regiert. Deshalb habe Ich euch hierher geführt, um eure Tugenden zu prüfen.
Die
Kinder des Vaters müssen nur gute Tugenden haben und keinen Unterschied unter
den Menschen kennen. Also kein Religionshass, kein Nationalhass, kein sonstiges
Übel an Nebenmenschen darf sie beirren, sondern sie müssen alle gleich, ob
Freund oder Feind betrachten. Denn wie Gott keinen Unterschied unter Seinen
Kindern kennt, so dürfet auch ihr keinen kennen wollen. Sie sind eure Brüder und
Schwestern, weil ebenso Kinder desselben Vaters wie ihr. Darum müsset ihr die
äußerste Geduld mit ihnen haben und nicht Böses mit Bösem vergelten, sondern mit
Gutem. Denn so lange sie böse sind und Unterschiede zwischen Menschen machen, so
lange sind sie geistesfinster, und wer kein Licht in der Finsternis hat, den
soll man nicht hassen und verdammen, sondern liebreich bei der Hand nehmen und
durch liebevolle Belehrung aus seinem geistigen Labyrinth führen.
Seht, das ist eure Aufgabe auf unserer Wanderung, und je früher ihr euch bewährt
habt als Kinder des Vaters, desto früher werden wir am Ziel unserer
Prüfungswanderung sein und zum Vater gelangen. Ihr müsset voller Liebe sein, und
wenn dies erreicht wird, dann seid ihr am Schluss der Prüfung. Also merket euch
diese für euch entscheidende Belehrung, denn sie ist der Wanderstab zum Vater
der Liebe. Nun aber wollen wir unser Glück probieren und so gehen wir mutig los,
nur das Ziel der Erlösung dieser armen Seelen vor uns habend und betreibend.“
32.
Die alleinseligmachende Kirche
(Der Himmel ist die Verbrüderung aller Menschen. Geistige Entsprechung der
überwundenen Untugenden im Menschen. Ein großer, aber sehr armer Ort der
Römisch-Katholischen. Die römische als alleinseligmachende Kirche? Papst ein
Stellvertreter Christi? Petrus war nie in Rom. Die Geschichte wird durch
zeitgenössische Belege und nicht durch Schimpfen und Zanken bewiesen.)
Still und in sich gekehrt, wanderte die große Gesellschaft vorwärts und dachte
nach über die große Aufgabe, welcher man gewachsen sein muss, um den Himmel zu
erwerben und zum Vater zu kommen. Jetzt erst war es ihnen klar, warum die
Verheißungen Christi so lange nicht in Erfüllung gehen konnten. Sie sahen nun
ein, dass in den Himmel kommen soviel heißt als: Die Verbrüderung aller Völker,
Sprachen, Nationen und Religionen ohne jeden und allen Unterschied.
Jetzt ward ihnen das Geheimnis der Verbrüderung des Wolfes mit dem Lamm, des
Löwen mit dem Rind usw. klar, dass dies die inneren Leidenschaften zwischen
Menschen und ihren abstoßenden Unterschieden bedeutet, welche überwunden und
gezähmt werden müssen. Darum nahm sich jeder vor, das Äußerste ertragen zu
wollen ohne Murren, ohne böse und vergeltungssüchtig zu werden.
In
diesen stillen Betrachtungen und Vorsätzen kamen wir endlich in den sehr
bedeutenden Ort, der aber lauter arme und in Fetzen gehüllte Menschen barg. Wir
traten nun langsam ein und fragten, wer da wohne, obwohl schon alle aus meiner
Aufklärung wussten, wer darin sich befand. Sogleich traten einige Priester auf
und sagten: „Hier ist eine römische Gemeinde, wer aber seid ihr? Auch römischer
Religion?“
Nun
meldete Ich Mich und sagte: „Was ist das für eine Religion, die römische?“
„Nun ja, hast du noch nie gehört von römisch-katholischer oder
römisch-christlicher Religion? Was bist du für ein Mensch, der diese Religion
noch nicht kennt, sie ist doch auf der ganzen Erde verbreitet, und du hast noch
nie etwas davon gehört?“
Ich
aber antwortete ihm: „Jawohl, Ich habe schon gehört davon, aber Ich kenne keine
römische und römisch-katholische, sondern nur eine christliche als
alleinseligmachende Religion.“
„Nun ja, das ist ja die römisch-katholische.“
„Ja
gut, saget Mir aber das, warum nennet ihr sie nicht die christliche Religion, da
doch Christus ihr Stifter war und der war nie in Rom?“
Darauf antworteten die Priester: „Das ist wohl wahr, dass Christus leiblich nie
in Rom war. Aber geistlich, denn Er ist Gottessohn und als solcher ist Er
überall, somit auch in Rom und Er ist es, dessen Stellvertreter unser Papst, der
heilige Vater in Rom ist. Der Papst als Nachfolger Petri und Stellvertreter
Christi nennt nun die christliche Religion, deren Haupt auf Erden der Papst ist,
die römisch-katholische, weil ihr Haupt in Rom residiert, wo der erste Papst,
der Apostel Petrus, zuerst seinen Bischofstuhl aufgerichtet hatte.“
Auf
diese Antwort gab Ich ihnen die Frage auf, sie sollten Mir aus der Heiligen
Schrift nachweisen, dass Petrus in Rom und der erste Bischof von Rom war, da Ich
das nirgends begründet fände.
Diese Frage brachte die Priester in Wut und sie fingen uns zu beschimpfen und zu
verdächtigen an, dass wir Ketzer seien und wahrscheinlich Protestanten, die sich
jetzt breit machten, um die wahre Mutterkirche des Christentums zu schädigen.
Ich
unterbrach sie aber und sagte: „Höret, ihr Unverträglichen! Die Geschichte wird
nicht mit Schimpfen, Zanken und Verdächtigen bewiesen, sondern durch
zeitgenössische schriftliche Beweise. Wo habt ihr nun diese, die uns allein
maßgebend sind?“
Wieder hoben die Priester an zu schimpfen, dass wir Ketzer seien, wenn wir das
nicht glaubten, was die unfehlbare Kirche zu allen Zeiten gelehrt habe, und
somit müsse es auch wahr sein, was sie behaupten.
„Gut“, sagte Ich, „Ich will euch gern glauben, da es Mir nicht darum zu tun ist
mit euch zu streiten und eure Religion in den Kot zu ziehen, sondern bloß, um
die Wahrheit zu erfahren, ob sich das wirklich so verhält, wie ihr behauptet,
denn Mir geht die Wahrheit über alles und von der trete Ich nicht um ein Haar
ab, also auch euch gegenüber nicht, und daher müsset ihr euch schon besser
zusammennehmen, uns Rede zu stehen.“
33.
Wie die römischen Traditionen entstanden sind
(Wie man die Traditionen bildete. Die Geschichte Petri (vom Jahre 33 bis 59).
Petri Brief (im Jahre 57) von Neu-Babylon, später Bagdad genannt, an seine
Diözesangemeinden, welche vom Schwarzen Meer herab über Kleinasien und Asien
ausgebreitet waren, und Petri Kreuzigung bei Bagdad (im Jahre 59).
Diese entscheidende Antwort brachte die Heißsporne ein wenig zur Besinnung und
sie sagten uns daher: „Wir haben alle Jahrhunderte diese Lehre verzeichnet
gefunden und daher glauben wir sie. Freilich ist sie nicht im Neuen Testament
verzeichnet, aber durch die Traditionen erhalten, welche die Kirchenväter
gesammelt und uns verzeichnet hinterlassen haben. Und diese sind unanfechtbar,
weil bereits im ersten Jahrhundert angefangen wurde, diese geschichtliche
Wahrheit zu verzeichnen, und dieses durch mehrere Jahrhunderte fortgesetzt und
vervollkommnet wurde.“
„Ah, so! Durch mehrere spätere Jahrhunderte fortgesetzt, vervollkommnet und
abgerundet, das lässt sich gut anhören, aber nicht so leicht glauben. Wisset ihr
nicht, unter welchen Beweggründen diese Notizen entstanden sind? Ihr schweigt,
weil ihr es nicht wisset! Ich aber weiß sie, daher höret ihr Meine Aufklärung,
für die Ich euch sogar lebendige Beweise liefern könnte. Doch dies später,
vorläufig will Ich euch nur die Tatsachen erzählen, und so höret:
Allerdings ist die erste Nachricht aus dem Ende des ersten Jahrhunderts, aber
diese erzählt weder die Todesart noch den Ort, wo Petrus gestorben ist. Wenn
aber diese nichts weiß, welche soll es dann besser wissen? Wisset ihr nicht,
dass die Traditionen höchst unzuverlässig sind, und je später eine Sache
aufgezeichnet wurde, desto fraglicher steht es mit der Wahrheit derselben, und
so ist es auch hier der Fall.
Man
hörte zwar von dem Tode und dem Orte, wo Petrus sein Leben für die neue Lehre
ausgehaucht hatte. Man hatte es in Rom auch ganz richtig aufgezeichnet gehabt,
aber der Umstand, dass darin Babylon und nicht Rom verzeichnet war, hat den
römischen Bischöfen nicht gepasst. Man hat diese Aufzeichnungen daher verborgen
gehalten und nur die Tatsache bekannt gemacht, welcher Todesart er gestorben
war, und statt Babylon, welchen Namen früher Bagdad als Neu-Babylon führte, da
das alte schon in Trümmern lag, die Stadt Rom als den Ort seiner Kreuzigung
genannt.
Später aber ist die Originalnachricht vernichtet worden und somit blieb es bei
den gefälschten Nachrichten. Freilich wird bei den sogenannten Kirchenvätern
annähernd die Todesart usw. erwähnt, aber dieses alles ist nur soviel, was sie
da und dort erfuhren. Das Wahre kam nie in die Öffentlichkeit, weil dies das
Ansehen des römischen Bischofsstuhles geschädigt hätte. Und somit habt ihr nun
die ganze und wahre Geschichte in Hauptzügen erzählt bekommen. Was habt ihr nun
darauf zu erwidern?“
Diese Meine Aufklärung brachte die Priester außer sich vor Wut, und sie hätten
uns gewiss angreifen lassen, wenn sie unsere Übermacht nicht befürchtet hätten.
Dafür aber schrieen sie, und mit ihnen ihre Ortsangehörigen desto mehr, und
nannten uns Lügner, Ketzer, Lumpen usw. Wir aber schwiegen und ließen sie
austoben.
Als
sie wieder ruhiger geworden, sagte Ich zu den Priestern: „Sind das alle eure
Beweise für die Richtigkeit des Stuhles Petri in Rom oder habt ihr noch andere,
welche auch für uns beweisbar wären? Saget mir doch, wodurch könnet ihr uns
überzeugen, dass Petrus von 42 bis 67 ununterbrochen der Bischof von Rom war und
dort residiert hätte? Welche geschichtliche Belege habt ihr dafür?“
Die
Priester erwiderten darauf: „Die Traditionen, die Aufzeichnungen der
Kirchenväter, und diese sind uns maßgebend, nicht aber das, was Du uns
auftischst, daher lasse uns bei unserem Glauben, der fest begründet ist und uns
allein maßgebend, nicht aber das, was Du erzählst. Denn Du hast keine anderen
Beweise als Dich, und das genügt uns nicht. Auch wir verlangen stichhaltige
Beweise von Dir, welche so begründet sind, wie Du sie von uns begründet haben
willst, nämlich durch zeitgenössische Quellen.“
Darauf erwiderte ich ihnen: „Wenn sonst nichts anderes verlangt wird, so kann
Ich schon einige Belege beibringen, und wenn nicht anders geglaubt wird, auch
den Petrus, weil wir im Geisterreich sind und da ist vieles möglich.“
Auf
diese Rede fingen die Priester zu lachen an und das ganze Volk lachte mit und
schrie: „Hört! Hört! Diese Narren sagen uns, wir sind im Geisterreich, wir wären
schon gestorben, wovon wir nichts wissen. Höret, mit solchen Reden kommen wir
nicht weit, bleiben wir bei der Tatsache und lassen wir solche Narreteien
beiseite. Gebt ihr uns die Beweise, dass Petrus nicht volle 25 Jahre Bischof war
und in Rom residiert habe?“
Ich
erwiderte ihnen: „Wisset ihr nicht, in welchem Jahre Jakob, der Bruder des
Johannes, des Evangelisten, von Herodes ermordet wurde?“
Sie
sagten: „Das war etwa im Jahre 44.“
„Gut“, sagte Ich, „dann wisset ihr auch, dass Petrus nach dem Tode Jakobi in
Jerusalem von Herodes in den Kerker geworfen wurde. Saget mir nun, wie steht es
dann mit den ununterbrochenen 25 Jahren Petri in Rom ? Das hält schon die
historische Kritik nicht aus, also ist es eine Lüge und zwar die erste. Dann
frage Ich euch, was hat Petrus als Bischof von Rom damals in Jerusalem zu suchen
und zu tun gehabt?“ Die Priester blieben still und erwarteten Meine weiteren
Einwendungen.
Daher sagte Ich: „Saget Mir, wie steht es mit dieser Frage: Paulus erzählt im
Galaterbrief und in der Apostelgeschichte, dass er drei Jahre nach seiner
Bekehrung, welche im Jahre 34 nach der Steinigung des Stephanus geschah, nach
Jerusalem kam. Das war im Jahre 37. Und dann, nach 14 Jahren, das war also im
Jahre 51, kam er zu einer religiösen Versammlung wegen der Bekehrung der Heiden
und ihrer Beschneidung nach jüdischer Art. Und da traf Paulus die drei Säulen
der Gemeinde an: Jakobus, den Bruder Judae, Söhne des Jakobus Alphäus oder
Kleophas und der Maria, der älteren Schwester der Leibesmutter Jesu, den
Evangelisten Johannes und den Petrus.
Saget Mir, wie verhält sich hier die historisch erwiesene Wahrheit aus dem Neuen
Testament mit den römischen Traditionen? Ich sehe die zweite Lüge, dass Petrus
nicht ununterbrochen in Rom war. Ich sehe, dass Petrus in Jerusalem eine Säule
der Gemeinde war und nicht in Rom. Ich sehe, dass Paulus unvorangemeldet nach
Jerusalem kam, und Petrus da als eine der drei Säulen der Gemeinde antraf und
nicht etwa von Rom hergerufen wurde. Ich frage euch: Welche Antwort wisset ihr
Mir darauf zu geben, die Mir stichhaltig wäre!“
Die
Priester standen wie auf Dornen, denn ihre Gemeinde fing an zu sagen: „So steht
es mit der historischen Wahrheit? Wir sind also belogen von euch, das ist nicht
übel! Und wir glaubten so fest an eure erlogene Geschichte. Höre, lieber Mann!
Wenn Du noch etwas weißt, was stichhaltig ist, so erzähle nur. Wir sehen, dass
Du die Wahrheit sprichst.“
Ich
sagte: „Gut, wenn ihr die Wahrheit hören wollt, so will Ich euch noch weitere
Beweise von der Stichlosigkeit der priesterlichen Angaben in Glaubenssachen
geben, und somit höret ihr Mich an: Der dritte sehr ausschlaggebende Beweis,
dass Petrus nicht der Bischof von Rom war, ist der erste Brief Petri an die
christlichen Bekenner in Pontus, Galatien, Kappadocien, Asien und Bithynien.
Dieser Brief wurde allgemein als zwischen 51 und 61 verfasst anerkannt und in
der Babylon oder später Bagdad genannten Stadt verfasst. Die genannten Länder
liegen alle in Asien, vom schwarzen Meere angefangen, entlang in Kleinasien
herab bis zur Grenze von Cilicien, und wenn ihr dann noch Syrien dazu nehmet, wo
Babylon lag und wo Petrus schon frühzeitig seine Glaubensstationen hatte und sie
besuchte, wie die Apostelgeschichte erzählt, wo ihr Petrus in Lydda, Galiläa,
Samaria, Joppe, Caesarea, zu Tyrus und Sidon usw. antreffet, also in Judäa,
Galiläa, Phönitien, Syrien, Pontus, Galatien, Kappadocien, Bithynien und unter
dem allgemeinen Namen Asien, worin viele Gegenden und Orte bei und um die
genannten Länder in Asien zu verstehen sind. So wird es euch doch einleuchten,
dass Petrus eine große Diözese, wenn man dies nach heutigem Namen bezeichnen
würde, zu besorgen hatte, und dass dies nicht in Italien, sondern in Asien war.
Daher schaut aus dieser Aufklärung die dritte große Lüge der römischen Kirche
heraus, wonach trotzdem Petrus in Rom und Bischof von Rom gewesen sei. Ich frage
euch, ihr Beweise verlangenden Priester, ist das wahr, was ich sagte oder
nicht?“
34.
Warum Rom das Lesen der Heiligen Schrift verbot
(Die Ursache, warum man in Rom das Lesen der Heiligen Schrift verbietet. Die
Katholischen beschauen die Gesellschaft, und ihr gutes Urteil. Beichte eines
Priesters über ihr geistes- finsteres Seelenleben. Seine Amtskollegen behaupten
dagegen: Wer an die allein-seligmachende römische Kirche nicht glaubt, ist ein
Ketzer! Die rohe Gewalt übende Kirche. Paulus Lehre und seine Anwesenheit in Rom
soll die alleinseligmachende römische Kirche gebildet haben!)
Aber die Priester schwiegen; dafür aber schrie das Volk desto rebellischer und
nannte sie Lügner und Betrüger. Ich aber beschwichtigte das Volk und sagte:
„Sehet, liebe Brüder und Freunde, so verhält es sich mit den historischen
Beweisen, die aus dem Neuen Testament, also aus den ersten Urquellen der
Glaubensaufzeichnungen herstammen. Daher verbieten euch die römischen Priester
das Lesen der Heiligen Schrift, damit ihr nicht die Wahrheit erfahret, wie sie
euch mit Lug und Trug in Glaubenssachen füttern.
So
wie mit Petri Stuhl in Rom, verhält es sich auch mit vielen anderen Lehren,
welche sie als vom Heiligen Geiste ihnen diktierte Glaubenssätze euch unter
Androhung von Kirchenstrafen befehlen zu glauben. Da Ich euch aber befreien will
von römischem Lug- und Trugglauben und Zeremoniell, das euch so unschön euer
geistiges Seelenkleid gemacht, euch in Finsternis gestürzt hat, so will Ich euch
noch weitere Wahrheiten sagen, welche, wenn ihr sie glauben und annehmen werdet,
euch ein anderes Kleid, ein größeres Licht und schönere Gestalt verleihen
werden. Damit ihr Mir aber das glaubet, so lasse Ich euch ein wenig in Ruhe,
damit ihr euch umschauet in Meiner Gesellschaft, worin ihr verschiedene Stufen
der Vorgeschrittenheit im Geistigen bemerkt. Also beschauet Meine Gesellschaft
und besprechet euch mit ihr.“
Nach diesen Worten trat Ich zurück und begab Mich wieder zu Martin Luther, wo
Ich Mich darüber besprach, welchen großen Eindruck diese Aufklärung auf die
Priester und ihre Gemeinde gemacht hatte.
Die
armen Bewohner begaben sich nun unter die Gesellschaft, welche sie sehr
freundlich empfing und auf alle Fragen die nötige Auskunft gab. Über alle
Erwartung aber überraschte sie die Schönheit der Engel. Daher fragten sie, woher
sie stammen, da sie gar so herrlich bekleidet und von so schöner körperlicher
Gestalt seien. Diese antworteten ihnen mit Engelsfreundlichkeit, dass sie Diener
dieses Herrn seien, der zu ihnen sprach, und also durch Ihn so schön gekleidet
würden. Diese Antwort genügte, um sie vollends auf Meine Seite zu bringen, darum
eilten sie wieder auf ihre alten Stehplätze und warteten auf Mich.
Die
Priester standen noch immer da und besprachen sich betrübt über die traurige
Zukunft, die ihnen durch Meine Aufklärungen einzutreten drohe. Als alle zusammen
waren, trat Ich wieder vor und fragte sie, wie sie von der Umschau befriedigt
seien. Diese konnten nicht genug erzählen, was sie alles bemerkt hätten,
darunter, dass einige zwar noch nicht weit im Geistigen vorgeschritten sein
werden, weil ihre Gesichter nicht besonders einladend seien, aber doch schon
schön, wenn sie auch nicht weiße Anzüge hätten: „Und so fanden wir verschiedene
Abstufungen. Aber so schön, wie Deine Diener sind, so schön sahen wir keine,
obwohl viele schon sehr hoch fortgeschritten zu sein scheinen, aber die Diener
von Dir sind so schön, dass man sie für Engel halten könnte, und diese gefielen
uns am meisten.“
Darauf erwiderte Ich ihnen: „Die Menschen als Kinder Gottes sind alle so schön
und werden noch schöner, wenn sie sich genau nach Gottes Willen und Seinen
ewigen Geboten richten. Und so seid auch ihr nicht ausgenommen davon, wenn ihr
nach der Wahrheit leben und handeln wollt, die Ich euch nun kundgeben werde.“
Nun
entstand eine kleine Pause. Als die Priester die Ruhe bemerkten, fing einer
unter ihnen an, zu Mir zu reden: „Wie wir sehen, bist Du ein großer und
mächtiger Herr, und wir fangen an zu glauben, dass wir wirklich Geister sind.
Denn der friedliche Charakter der Riesenmenge Deines mit Dir ziehenden Volkes,
ihre Kleider, besonders der Jünglinge, die wahrlich für Engel gehalten werden
könnten, beweist uns, dass wir in anderen Zuständen uns befinden, als wir bisher
dachten. Wahrscheinlich ist unsere Glaubensfinsternis schuld, dass wir so
geistesfinster sind, dass wir bisher gar nicht bemerkt haben, dass wir nicht
unter Fleischmenschen leben.
Wir
sind da wie Wahnsinnige in einem Geisteskerker, und wir spüren gar nicht unseren
veränderten Zustand. Nur das seltene Dämmerlicht, welches nicht wich, schien uns
etwas Fremdartiges zu sein. Aber ich sage Dir, wir lebten wie Trottel und
wussten nicht, dass wir im Geisterreich sind. Und ich glaube, dass wir selber
daran schuld sind, in dieses Elend geraten zu sein. Daher wünschen wir wieder in
solche Zustände versetzt zu werden, dass wir das Licht von der Finsternis
unterscheiden könnten. Ich für meine Person wäre so gesinnt; was saget ihr,
meine lieben Amtskollegen?“
Diese aber, ganz überrascht von der Wendung der Dinge, sagten einstimmig: „Nein,
das gibt es nicht, wir sind und bleiben Priester, denn wir wissen unsere Pflicht
und lassen uns, ob wir im Fleisch oder im Geisterreich leben, nicht so schnell
betören wie du, sondern wir wollen zuerst alles genau prüfen. Dann wird sich
schon herausstellen, wie wir daran sind.
Dass Petrus nicht in Rom war, dadurch ist unsere römisch-christliche Religion
noch nicht ketzerisch. Aber eure scheint es uns zu sein, denn wer an unsere
alleinseligmachende Kirche nicht glaubt, der ist nach unseren Kirchengesetzen
ein Ketzer, und daher auch ihr, die ihr zu uns eingedrungen seid, ohne unsere
Erlaubnis dazu zu holen. Wir wollen dir schon antworten, du feiner
Geschichtskenner, also rede nur! Wir hören zu.“
Diese Antwort der Amtskollegen überraschte nicht wenig den alten Priester, daher
sagte er zu ihnen: „Ihr könnet tun nach eurem Willen, ich werde tun nach meinem,
und so will ich zuhören. Wer das Rechte behaupten wird, das heißt, wer mir die
Wahrheit durch die Heilige Schrift beweisen wird, dem werde ich glauben, bei dem
bleibe ich in Zukunft. Also ist mein Bekenntnis, und bei dem bleibe ich.“ Nach
diesen Worten schwieg er.
Ich
aber sprach zu den übrigen Priestern: „Ihr wollt euch mit Mir in einen
Glaubensstreit einlassen? Wohlan, nur zu! Ich bin bereit, euch die gehörige
Antwort zu geben, damit euer Gebäude des Lugs und Trugs zusammenfalle. Das bin
Ich um so mehr bereit zu tun, um diese eure Gemeinde, so wie auch meine
Gesellschaft aufzuklären, welche entsetzliche Glaubenslügen als pure Wahrheit
den armen Zuhörern aufgetischt werden und wie die Kirche den Geist der Wahrheit
durch Kirchen- und politische Strafen im Menschen zum Schweigen, und sie zu
glauben zwingt. Freilich kann der Geist der Wahrheit nicht unterdrückt werden,
wohl aber das Instrument, welches er leitet. Und das ist die Seele, unterdrückt
durch die Körperstrafen. Ich habe ausgeredet, nun könnt ihr eure Protestrede
gegen Mich als Ketzer und Eindringling in eure Gemeinde erheben.“
Diese entschiedene Sprache erschreckte die Priester und keiner getraute sich, in
einen Religionsstreit sich mit Mir einzulassen. So vergingen einige Minuten,
während alles gespannt auf die zu folgenden Auseinandersetzungen wartete.
Da
niemand anfangen wollte, sagte Ich: „Ihr habet von einer alleinseligmachenden
Kirche gesprochen, und diese sei die römische. Gut, saget Mir, wann hat Christus
eine ,alleinseligmachende Kirche Roms’ aufgestellt?“
Diese Frage war ihnen unerwartet gekommen, doch sammelte sich einer unter ihnen
und sagte: „Und doch ist es eine Tatsache, dass der Apostel Paulus in Rom war,
verschiedene Briefe schrieb und die Gemeinde Roms belehrte. Somit haben die
römischen Christen aus Paulus Munde die echte und somit die alleinseligmachende
Lehre Christi empfangen, und daher ist die römische die alleinseligmachende
Kirche, weil sich die anderen von ihr losgelöst und sie andere Glaubenslehren
predigten als ihre Mutterkirche.“
35.
Die täglich wiederholte Gottesfabrikation in der Messe
(Die Lehre Christi. Das Leben der Apostel und das unchristliche Leben der
Priester. Verschiedene Religionsfragen an die Priester. Beweise, dass bloß der
Menschenleib der lebendige Tempel Gottes ist. Die Wahrheit über Tabernakel und
Hostie. Jesus hat durch Sein Leiden und Seinen Tod die Erbsünde ein für allemal
gesühnt. Die Lüge über die tägliche Gottfabrikation und Kreuzigung Christi in
der Messe.)
„Ah, so kommst du Mir mit deiner ‘Alleinseligmachenden’! Da wirst du Mir auch
schon aufklären müssen, wie sich eure Gegenlehren zu der echten Christuslehre
verhalten. Ich stelle dir nun die Frage: Wann hat Paulus gelehrt, dass die
Priester eine Extramenschenklasse unter Menschen sind und sie von Menschen für
ihre Lügen und Heidenzeremonien bezahlt und ohne Arbeit erhalten werden müssen?
Haben nicht die Apostel, wie es im ersten Briefe der Korinther heißt, mit der
Arbeit ihrer Hände sich ihr Brot mühselig verdienen müssen? Haben sie nicht die
ganze Woche gearbeitet als Handwerker und am Samstag unentgeltlich die Gemeinde
gelehrt? Und wenn es auch heißt: ‘Jeder Arbeiter ist seines Lohnes wert’, so
muss doch zuerst der Arbeiter vom Arbeitgeber aufgenommen werden. Ihr aber
drängt euch auf mit der Gewalt von Kirchen- und politischen Strafen, und
knechtet diejenigen, die euch in Arbeit nehmen sollten. Ihr werfet sie in
Kerker, foltert sie und verbrennt sie auf dem Scheiterhaufen, wenn diese armen,
mit Gewalt unterjochten Arbeitgeber einen Laut des Unglaubens oder Unwillens
gegen eure räubermäßige Glaubenshandhabung erheben. Hat so Christus und hat so
Paulus die Grundsätze der Gotteslehre den Gläubigen in den Kopf eingeschlagen?
Und hat sich hoch und teuer mästen lassen? Redet, ihr ‘Alleinseligmachenden’.
Diese mit aller Wucht ausgesprochenen Worte waren niederschmetternd für sie,
denn es war damals die Zeit der großen kirchlichen Verderbnis der Lehren und
Sitten, und das arme Volk stöhnte unter der Last der römischen Kirche.
Die
Priester steckten die Köpfe zusammen und beratschlagten, was sie Mir antworten
sollten. Dabei kam aber nichts heraus, denn die Tatsachen sprachen zu laut gegen
sie, und daher sagte der Redner: „Weißt Du was? Rede nur, dass wir Deine ganze
Anklage hören, wir werden Dir zuletzt antworten.“
Ich
sagte: „Auch gut, so kann Ich sogleich fortfahren und so könnt ihr gut zuhören,
damit Ich auf alles eine gute Antwort bekomme, und so frage Ich weiter: Wann hat
Christus gelehrt, dass man steinerne Kirchen bauen soll? Warum haben die Apostel
und die späteren Christen mehrere Hunderte von Jahren keine Kirchen gebaut?
Warum verschweiget ihr den Gläubigen die Wahrheit, welche Christus durch Paulus
lehrte im ersten und zweiten Briefe an die Korinther und im Römerbriefe, dass
der Menschenleib der lebendige Tempel oder die lebendige Kirche Gottes ist, dass
diesen Tempel die Menschen durch edle Sitten und Gottes- und Nächstenliebe,
durch die Werke der Liebe und des Mitleids gegen den Nächsten heiligen und
dadurch das Herz des Menschen zu einem würdigen und lebendigen Tempel Gottes
erheben sollen, worin der Geist Gottes wohnt, der Jesus Christus heißt. Warum
entzieht ihr die Wahrheit des Glaubens euren Zuhörern und füttert sie mit dem
finsteren Heidentum, dass die von Menschenhänden gebauten Kirchen Gottestempel
sind und dass Gott im Tabernakel, in der von euch Hostie genannten Oblate
eingesperrt wohnt.
Gott ist überall, das lehret ihr wohl, aber ihr behauptet, dass Gott speziell im
Tabernakel wohnt. Diesen Tabernakel sperrt ihr ab und zieht den Schlüssel ab und
sperrt ihn wieder auf, wenn ihr diesen vorgemalten, von euch erschaffenen Gott
den Gläubigen darreichen wollt. Somit ist dieser von euch vorgelogene Gott ein
Arrestant aus gebackenem Mehlteig und sonst beileibe nichts.
Und
da wir schon bei eurem Gott sind, so wollen wir sogleich zur Fabrikation des
römischpäpstlichen Gottes schreiten. Saget Mir, steht es nicht im Hebräerbrief,
dass Christus nur einmal gelitten, und mit dem einmaligen Aufopfern Seines
Leibes die Menschen ein für allemal von der Erbsünde, die Adam begangen,
reingemacht habe? Warum lehret ihr dem entgegen, dass Christus sich täglich
durch die Hände der römischen Priester viele tausendmal Seinem himmlischen Vater
für die Sünden der Menschen aufopfert, und dass die Messe die unblutige tägliche
Kreuzigung und Aufopferung Christi sei?
Saget Mir, ihr seid doch Geister. Daher fühlet ihr geistig, und doch tut es euch
ebenso wehe wie einst im Fleische. Saget, warum sollte der geistige Leib Christi
keine Schmerzen fühlen, da doch nach eurer eigenen Lehre in der Messe die
Wiederholung desselben Leidens wie auf Golgatha sich vollzieht? Und saget Mir,
was für ein heidnischer Komödiantengott ist das, der sich von Menschen
fabrizieren, anbeten und zuletzt aufessen lässt?“
36.
Gezahlte Gebete erhört Gott nicht
(Was bedeutet Jesu Leib und Blut? Die römischen Priester als tägliche
Fabrikanten ihres Gottes! Daher mehr als Gott? Wie es mit der Beichte und
Sündenvergebung beschaffen ist. Priesterlich-polizeiliche Ausforschung durch die
Beichte. Wallfahrtsorte und Ablässe sind Schwindel. Gezahlte Gebete erhört Gott
nicht. Priester als Schwindler und Betrüger des Volkes.)
„Hat nicht Jesus beim letzten Mahle bloß ein Brot gesegnet, gebrochen und,
nachdem Er es an Seine Jünger verteilt hatte, gesagt: ,Das ist Mein Leib’, womit
Er die Lehre Gottes bezeichnen wollte, die Er lehrte, und sie aufgefordert:
,Nehmet und esset, und so oft ihr das tut, tuet es zu Meinem Gedächtnisse’. Wäre
das Brot wirklich Jesu Leib, dann hätten Ihn die Apostel aufgegessen, und so
wäre kein Jesus mehr. Wäre es denkbar, dass das Brot Jesu Leib sei, wenn ein
Mensch das Segnungswort ausspräche: ,Das ist Mein Leib’ usw., so würde der
Mensch ein täglicher Fabrikant seines Gottes, und somit bedeutend höherstehend
als Gott.
Der Gott, den der Mensch fabriziert, anbetet und zuletzt aufisst, ist eben kein
Gott, sondern eine finstere heidnische Götzenfabrikation, die an Unsinn alle
heidnischen Lehren des Altertums übertrumpft.
Wenn Ich nun euch noch vom Kelch, also vom Blute die entsprechende Aufklärung
gebe, dass es die Liebe Gottes zu den Menschen bedeute und die Worte Christi:
,Trinket alle davon’ die Aneiferung der Liebebetätigung zum Nächsten ist, gleich
wie Jesus durch Seine Liebe für die Menschen Sein Blut und Leben dahingab, so
glaube Ich, dass ihr Mich alle verstanden habt.“ Worauf eine allgemeine Bejahung
erfolgte.
„Da
wir mit der Messe und Kommunion fertig sind, so muss Ich euch auch die
Aufklärung geben, wie es mit der Beichte beschaffen ist. Christi Lehre von der
Vergebung der Sünden ist eine logische: Hast du Gott beleidigt, so kann dir nur
Gott vergeben. Es ist hier der gleiche Fall, wie wenn man den Kaiser, den König
oder Landesfürsten beleidigt; dafür werden die Gesetze in Anwendung gebracht und
niemand kann den Verbrecher begnadigen als der Landesfürst, und so kann auch
niemand die Sünden vergeben, die ein Mensch gegen Gott begangen hat, als Gott
allein. Wer aber sich diese Gewalt anmaßt, ist dadurch selber ein Verbrecher
gegen Gott geworden, ohne die Sünden vergeben zu haben, und so werden aus einem
- zwei Sünder.
Dasselbe gilt von der Vergebung der Sünden, die jemand gegen seinen Nächsten
begangen hat. Muss nicht jeder seine Schulden bezahlen? Kann ein ganz fremder
Mensch sagen: ,Du bist deinem Nachbar nichts mehr schuldig?’ Und würde der
Gläubiger, der jemandem eine Summe Geldes geliehen, damit einverstanden sein und
sagen: ,Weil dir jener, mir ganz fremde Mensch sagte, du bist mir nichts mehr
schuldig: Ja, ganz recht, ich bin damit beglichen.’ Oder wird er nicht eher
sagen: ,Dieser fremde Mensch ist ein Narr und du der zweite, der du ihm solchen
Unsinn glauben konntest. Zahle, oder du hast mit mir zu tun!’
Also ist es auch mit Beleidigungen und Wehetun gegen den Nächsten. Niemand sonst
kann dir vergeben als der beleidigte und geschädigte Nächste. Gehe daher zu ihm
und bitte ihn um Vergebung und nicht den, den es nichts angeht. Eine Ausnahme
davon bildet der Umstand, wenn man den Aufenthalt des Beleidigten nicht weiß.
Und wenn der Beleidigte trotz mehrmaliger eigener oder durch seine Freunde
vorgebrachter Bitte nicht verzeihen will, dann ist Gott die letzte Instanz,
welcher auf Bitte des Sünders vergibt und den Beleidigten mit der Sünde der
Unversöhnlichkeit belegt. Eure Priester aber haben damit, besonders seit Anfang
des dreizehnten Jahrhunderts, eine polizeiliche Inquisition eingeführt, um alle
Geheimnisse des Volkes zu erfahren, und es dann, wenn etwas Verdächtiges zum
Vorschein käme, durch Kniffe oder gedungene Taugenichtse zu verleumden und zu
verklagen, sie dann zu verhören, zu foltern und im besten Falle am
Scheiterhaufen unschädlich zu machen oder sonst wie immer umzubringen.“
Nach dieser Aufklärung entstand ein großes Gemurmel und Drohen gegen die
Priester, die wutschnaubend das Ende Meiner Aufklärungen erwarteten.
„Und eure Wallfahrtsorte und Ablässe sind nach diesen Aufklärungen über die
Messe, Kommunion und Beichte, nichts anderes als Schwindel, um die Taschen der
verdummten und verblendeten Menschen zu leeren, auszuplündern und die Gläubigen
um ihr Seelenheil zu bringen. Denn bezahlte Gebete, Messen und dergleichen
werden bei Gott nicht erhört, weil die Gebete nicht aus uneigennütziger
Nächstenliebe, sondern gezahlt wie von Tagelöhnern verrichtet werden.
Es
ist ein Gleiches, als wenn jemand eine Erfindung macht, und er steht im Dienste
eines Fabrikherrn. Doch hat er diese Erfindung nicht während der Arbeit, sondern
während seiner freien Zeit gemacht, und nun käme der Fabrikherr und würde sagen:
,Die Erfindung ist mein Eigentum, weil du in meinem Dienste stehst’. Ich frage
euch: Welches Recht hätte der Fabrikherr an dieser Erfindung? Ich sage euch, gar
keines, und zwar: Der Arbeiter stellt den Zahler dar, dieser ist zwar sein
Untertan, aber der Priester ist der ungerechte Fabrikherr, der die Erfindung
(das ist der Nutzen) für sich nimmt, ohne ein Recht zu haben, noch den Arbeiter
zu entschädigen. Somit wäre der Fabrikherr ein Dieb und ein Räuber, und so ist
auch der für Bezahlung betende Priester ein Dieb und Räuber, weil er durch
Vorspiegelung seiner Vorrechte bei Gott dem Armen sein Geld aus der Tasche
nimmt, und weil gezahlte Gebete bei Gott nichts gelten, also wertlos sind, ihn
um sein Geld und um sein Seelenheil betrogen und beraubt hat.“
37.
Niemand ist heilig als Gott allein
(Beweis, dass niemand heilig ist, als Gott allein. Daher darf niemand mit
‘Heilige’ oder ‘Heiliger’ bezeichnet werden. Die Ursache, warum man
Heiligsprechungen vornimmt. Heiliggesprochene erscheinen den sie anrufenden
Geistern nicht. Der Glaube an einen alleinigen Gott: ,Kommt alle zu Mir, Ich
will euch erquicken’. Gegenrede eines Priesters, der Jesus als falschen
Propheten bezeichnet. Dieser erbietet sich, Beweise zu liefern.)
„Obwohl noch eine Menge Sachen zu bemängeln wären, so will Ich doch bloß die
Heiligen noch hervorheben. Und so höret: Wer die Heilige Schrift kennt, der weiß
auch, dass es in der Offenbarung Johannes (15,4 ) heißt: ,Niemand ist heilig als
Gott allein’, und doch haben die Päpste Maria, die Apostel und eine Unzahl
Menschen heilig gesprochen und sich dadurch die Obergewalt über den
Alleinheiligen angemaßt. Alles dies geschah aus Habsucht, weil die Menschen Geld
und alles mögliche diesen steinernen, hölzernen oder gemalten Götzen zum Opfer
brachten und noch bringen.
Ich
sage euch aber, es ist alles Schwindel und Betrug, und wenn jemand etwas
erreicht hatte, so hat er es nur seinem festen Glauben zu verdanken, welchen
Gott belohnt. Dass ihr euch aber überzeuget, dass es wirklich so ist, will Ich
euch bloß auf eure täglichen Gebete zu den vorgemalten Heiligen aufmerksam
machen: Habt ihr schon einen solchen Heiligen zu euch kommen gesehen, da ihr als
Geister ihn so leicht wie uns sehen könntet?“
Auf
diese Frage verneinten Mir alle, dass dergleichen noch nie geschehen sei. Worauf
Ich bemerkte: „Das soll euch der Beweis sein, dass ihr in Zukunft diesen Unsinn
aus eurem Glauben fahren lasset. Denn es heißt: ,Du sollst an einen einzigen
Gott glauben und diesen allein verehren und anbeten’. Und Christus, als dieser
Gott, lehrte Seine Zuhörer: ,Kommet alle zu Mir, die ihr mit Mühe und Last
beladen seid. Ich will euch erquicken’. Nicht aber sagte Er: Gehet zur Maria,
Meiner Mutter oder zu den Heiligen. Daraus möget ihr ersehen, was der echte und
was der unechte Glaube lehrt. Ich habe vollendet. Nun kommt an euch die Reihe zu
reden, ihr Priester dieses armen, um sein Seelenheil betrogenen und geistig in
Finsternis wandelnden Volkes.“
Auf
diese Aufmunterung hin fing einer der jungen Priester folgender Art an zu
sprechen: „Höre, junger Mann! Du bist ein ausgezeichneter Aufklärer und
Bildermacher für geringe Menschen, die jedes Wort für Wahrheit nehmen. Anders
ist dies bei uns der Fall. Wir sehen Deine Aufklärungen für ketzerische
Verdrehungen der Wahrheit an, denn unsere Lehre ist eine andere und diese allein
ist uns maßgebend. Wer bist Du? Was willst Du hier? Ich glaube, sonst nichts,
als den Samen der Zwietracht und des religiösen Unkrautes zu streuen. Ich bin
von Deinen Aufklärungen nicht überzeugt, dass Du die Wahrheit sprichst, denn so
gut Du Deine Aufklärungen gabst, können wir Gegenaufklärungen geben. Aber wer
wird mit Dir streiten? Du bist ein gar feiner Maler Deiner Irrbilder, und Du
wirst das Deinige und wir das unsrige als echt behaupten. Kannst Du uns
stichhaltige Beweise liefern, so gib sie uns. Sonst erklären wir alles als
Verdrehung der Wahrheit und euch für falsche Propheten, mit denen wir nichts zu
tun haben wollen.“
Nach dieser Antwort erhob Ich Mich und sagte: „Freund! Das ist keine Antwort auf
Meine schönen und schwerwiegenden Beweise, sondern Ausreden, Verdächtigungen und
Verleumdungen. Aber Ich fühle Mich nicht so bald beleidigt, darum stelle Ich dir
die Auswahl frei: Wähle du Beweise, welche du maßgebend für dich und deine
Amtskollegen erachtest! Siehe, wir sind hier im Geisterreich und Ich bin ein gar
mächtiger Geist, und so hoffe Ich, dass Ich jede deiner Forderungen erfüllen
kann, wenn sie nicht über die Grenze des Erlaubten gehen.“
38.
Das Niedersteigen des Apostels Petrus
(Die Priester verlangen als Beweis den Apostel Petrus, und dieser kommt herunter
zu ihrer größten Verlegenheit. Verwandlung Petri von Jüngling in Greis, worauf
sie ihn einen Schwindler und Zauberer nennen. Petrus verschwindet wieder.
Übertritt eines alten Priesters zur Gesellschaft aus Liebe zum Anführer (Vater),
und diesem schließt sich die ganze Gemeinde außer den jungen Priestern an.
Abreise, Lagern der Gesellschaft und Mahlzeitessen. Die Engel singen das Loblied
dafür. Daran erkennen sie die streitenden Priester als Engel und bereuen ihr
früheres Betragen gegen den Anführer.)
Diese Antwort brachte den jungen Priester ein wenig in Harnisch, und er wusste
nicht, was er anfangen sollte. Daher wandte er sich an seine Amtskollegen und
fragte sie um ihren Rat, was er tun solle.
Diese aber meinten: „Glück auf! Hier lässt sich entweder viel erleben und
erfahren, oder der junge Mann fällt durch. Weißt du was, sage Ihm, Er soll den
heiligen Petrus herunterrufen, denn ich glaube nicht, dass dies möglich ist.
Denn der heilige Petrus muss himmlisch-herrlich und sehr mächtig sein. Daher
stelle Ihn nur auf diese Probe und du wirst sehen, wie er kläglich durchfallen
wird. Er sieht zwar außerordentlich schön aus, aber sonst ist er doch nur ein
Mensch wie die anderen. Daher ist er nicht viel mächtiger als diese.“
Der
junge Priester wandte sich zu Mir und sagte: „Freund! Da Du vorgibst, ein gar
mächtiger, somit hoher Geist zu sein, so haben wir beschlossen Dich zu bitten,
Du möchtest uns den heiligen Petrus herunterrufen, damit wir hören, was dieser
zu Deinen Aufklärungen sagt.“
Ich
aber erwiderte ihm: „Du hast dir den besten Mann erwählt, also geschehe nach
eurem Wunsche.“
In diesem Moment erglänzte das Firmament, als wäre eine glühende Sonne
aufgetaucht, und da bewegte sich eine Menschengestalt langsam herunter und je
näher sie kam, desto lichter war die Gegend erleuchtet.
Endlich kam Petrus herunter, verbeugte sich tief vor Mir, zog sein blendendes
Licht, das aus seinem Körper ausströmte, ein und fragte Mich ehrfurchtsvoll:
„Herr, was ist Dein heiliger Wille?“
Ich aber zeigte auf die Priester und sagte: „Petrus, gehe hin und stehe diesen
Ungläubigen Rede, was sie von dir haben wollen.“
Sogleich wandte sich Petrus an die Priester und fragte sie: „Liebe Brüder! Was
ist denn euer so besonderer Wunsch, dass ihr mich rufen ließet?“
Diese aber waren im ersten Moment in einer solchen Verlegenheit und so stark
erschrocken, dass keiner einen Laut von sich geben konnte.
Als
aber Petrus recht freundlich zu ihnen trat und sie seine junge Gestalt und
Physiognomie betrachteten, fingen sie sogleich an zu zweifeln und sagten:
„Petrus war ein sehr alter Mann, du bist aber ein junger Mann. Wie könnten wir
dir glauben, dass du der alte Greis Petrus bist? Und daher sind uns deine
Aussagen nicht glaubwürdig.“
Petrus sagte darauf: „Wohl bin ich jung und schön, aber das ist kein Zeichen der
Täuschung, sondern meines fortgeschrittenen Seelenzustandes. Gut, ihr wollt den
alten Petrus haben. Da steht er, wie er lebte und leibte.“
In
diesem Moment stand ein Greis von über 70 Jahren in altjüdischem Anzuge vor
ihnen. Verdutzt sahen die Priester diese Verwandlung an und meinten: „Das ist
eine Zauberei, du bist ein Gaukler und nicht Petrus. Denn Petrus war Bischof, du
schaust aber wie ein gemeiner Jude aus, und mit Juden wollen wir nichts zu tun
haben. Fahr ab von uns, du Schwindler!“ Und Petrus verschwand in diesem
Augenblick aus ihren Augen.
Nun
wandte Ich Mich an sie und sagte: „O ihr ungläubigen und verstockten Sünder! Wer
kann mit euch fertig werden?“
Als
Ich dieses aussprach, erhob sich der erste Priester, der mit Mir sprach und
sagte: „Freund! Nimm mich an! Ich möchte bei Dir sein, denn mein Herz zieht mich
zu Dir, dass ich es nicht länger hier aushalten kann. Ich sah und hörte alles
und sage nichts anderes: Wo so viele liebreiche Aufnahme gefunden haben, wird
auch für mich noch ein Plätzchen sein. Daher, lieber Freund, nimm mich an! Denn
mein Herz sieht nur Dich.“
Ich
erwiderte ihm: „Lieber Freund, dein Wunsch ist erfüllt. Frage aber auch deine
Gemeindeangehörigen, ob sie nicht Willens sind, mit uns fort in eine schöne
Zukunft zu ziehen.“
Sofort wandte sich der alte Priester und sagte: „Der so liebreiche, mächtige und
weise Anführer dieser Riesenmenge des Volkes fragt euch, ob ihr auch gesonnen
seid, mit Ihm weiter aus dieser wüsten Gegend zu ziehen, wo euch eine schöne
Zukunft entgegenstrahlt.
Ich für meine Person bin der Seinige, denn ich ersah aus seinen Reden und
Aufklärungen und aus Seiner Vornehmheit, dass sich selbst der Petrus so tief und
ehrfurchtsvoll vor Ihm verbeugte und Ihn seinen Herrn nannte, dass hier etwas
Besonderes sein muss. Auch ist mein Herz, ich sage es euch offen, so stark für
Ihn eingenommen, dass ich nicht mehr von Ihm fortgehe.
Wer mit mir die gleiche Gesinnung hat, der komme mit; denn ich sehe, dass die
ganze Gesellschaft anfängt, sich vorwärts zu bewegen.“
Auf
diese Ansprache erhoben sich alle und gingen ihrem alten Priester nach. Die
jungen Priester aber standen da wie angenagelt und wussten nicht, was sie tun
sollten, da die ganze Gemeinde sie verlassen hatte und Mir nachzog, - dem
nachzog, den zu beleidigen sie bisher getrachtet hatten. Was sollten sie jetzt
allein in der wüsten Gemeinde machen? Nun war guter Rat teuer und lieb, aber
nicht zu bekommen. Daher beschlossen sie, nachzugehen und zu spähen, was es da
geben würde, und was wir machen und wohin wir gehen würden.
Wir
gingen eine kleine Stunde außerhalb des Ortes und da ließ Ich lagern. Darauf
trat Ich zu der neuen Truppe, an deren Spitze der alte Priester stand und sagte:
„Lieber Freund Markus, deine Liebe zu Mir ist ein entscheidendes Unterpfand,
dass du ein echter Hirte dieser deiner Gemeinde wirst. Deshalb bleibst du bei
ihr im Sinne der wahren Jesuslehre. Meine Diener werden euch belehren, was zu
glauben, wie zu leben und zu handeln ist. Jetzt aber wollen wir unsere Mahlzeit
halten, daher setzet euch alle nieder, denn es wird sogleich verteilt werden.“
Nach diesen Worten drehte Ich Mich um und auf einen Wink traten die schönen
Engel ehrfurchtsvoll vor Mich, verbeugten sich tief und warteten still Meines
Befehles, worauf Ich ihnen auftrug, Brot und Wein für alle zu bringen.
In
diesem Moment verschwanden die Engel, worüber sich Markus und seine Gemeinde
stark verwunderten und Mich still betrachteten, ohne etwas zu sagen. Nach
einigen Minuten fing die Gesellschaft an, einen Weg für die schwer beladenen
Engel zu Mir zu bahnen, welche Brot und Wein vor Mich in großen Haufen
niederlegten.
Nun
hob Ich Meine Hände auf, streckte sie über die Mahlzeit, segnete sie und ließ
sie verteilen, was in einigen Minuten beendet war. Darauf ließ Ich die Engel das
Loblied singen, was die neue Gemeinde in höchste Überraschung versetzte, da
diese Stimmen für ihre Nerven zu durchdringend waren. Darauf ließ Ich die
Mahlzeit einnehmen.
Die
betrogenen, verstockten Priester krochen wie die Diebe hinter die Gemeinde,
bedauerten ihren Widerstand, als sie die Engel singen hörten und sagten: „Ach
wir Esel und Ochsen mit unserer römischen Weisheit, da habt ihr es. Das sind ja
Engel, denn ihre Stimmen sind übermenschlich schön, und so ist auch ihre
Gestalt. Und wir gehen mit dem Herrn und Anführer streiten und behandeln Ihn
gemein! Wer weiß, wer er ist? Trachten wir doch, etwas von der Mahlzeit zu
bekommen, um zu wissen, was diese Leute essen.“
Und
so gingen sie recht verstohlen in die hintersten Reihen und fragten, ob Brot und
Wein gut sei. „Himmlisch gut“, erwiderten die Befragten und sagten: „Na, jetzt
steht ihr wie die Ochsen am Berge und wisset euch nicht zu helfen. So lange aber
Zeit war, habt ihr euch mit Füßen und Händen gegen die Wahrheit gesträubt und
euch Gemeinheiten gegen den Führer erlaubt.
Gehet hin und bearbeitet statt uns die Erde, es steht euch frei, denn wir kehren
nicht zurück. Uns scheint, wir sind schon halbwegs im Himmel, denn der
wunderherrliche Gesang und diese himmlischgute Mahlzeit übersteigt alles
Denkbare und bisher Erlebte.“
39. Je näher Rom, desto näher der Räuber- und Mörderhöhle
(Bitte der Priester um Vergebung des Vorgehens gegen den Anführer. Dieser
vergibt ihnen die Sünden und bewirtet sie. Liebe als die alleinseligmachende
Kirche. Die Priester bitten um Aufnahme in die Gesellschaft und sie werden
angenommen. Je näher Rom, desto näher der Räuber- und Mörderhöhle. Belehrung in
der echten Christuslehre.)
Plötzlich trat ein Jüngling auf und fragte sie barsch: „Was ist? Was wollt ihr
da, ihr naseweisen Papisten?!“
Erschrocken fuhren die Priester zusammen und sagten: „Lieber junger Mann, sei
nicht böse! Wir gingen euch nach, um zu erfahren, wer ihr eigentlich seid. Es
scheint uns nun, dass wir uns schrecklich getäuscht und gröblich versündigt
haben gegen euren Anführer. Gehe, lieber junger Mann, und sage Ihm, dass wir
unseren großen Irrtum bedauern und Ihn bitten, Er möge uns unsere Versündigung
gegen Ihn gnädig verzeihen, denn es ist uns jetzt sehr leid, dass unser junger
Überwitz sich solche Gemeinheiten erlaubte. Sage Ihm, dass es uns von Herzen
wirklich leid tut, Ihn beleidigt zu haben.“
Der
Engel kehrte um und brachte Mir diese Botschaft. Ich sagte nun dem Engel:
„Bringe Brot und Wein auch für diese her.“ Im nächsten Augenblick war das
Verlangte da. Nun ließ Ich es hintragen und ging mit. Dort segnete Ich die
Mahlzeit, verteilte sie selbst unter sie und sagte: „Eure Sünden sind euch
verziehen! Esset und trinket und denket in Liebe an Den, Der für euch vor 1500
Jahren gelitten und gestorben, und der nun liebreich von seiner Gnadenhöhe auf
eure reuevollen Herzen schaut.“
Mit
Tränen in den Augen dankten Mir die Priester für die Vergebung und für die
Mahlzeit und baten Mich, ob es ihnen erlaubt sei, auch mitzuziehen.
Ich
erwiderte ihnen: „O ja, aber die Gesellschaft besteht zumeist aus Protestanten
und zwar aus sehr liebevollen, friedfertigen Menschen, deren Wahlspruch ist,
strikt nach Jesu Lehre zu leben. Wer aber nach dieser Lehre leben will, da sie
die Lehre der göttlichen Liebe ist, der ist Mir willkommen, mag er Protestant,
Römisch-Katholischer, Orthodoxer, Mohammedaner, Jude, Chinese oder Japaner sein,
denn in dieser Lehre gibt es eine ,alleinseligmachende Kirche’, welche heißt
Liebe!
In
dieser sind alle göttlichen Tugenden enthalten, und daher, wenn euch dies
behagt, so könnt ihr bleiben, sonst nicht. Denn Hass und Streit darf nicht
vorkommen in unserer Gesellschaft, sondern die Liebe ist die alleinige Leiterin
unser aller, also, wenn euch das behagt, dann habe Ich nichts dagegen
einzuwenden.“
Der
junge Priester schaute seine Kollegen an, ob sie damit einverstanden wären.
Diese aber nickten, einverstanden zu sein. Daher wandte sich der Sprecher wieder
zu Mir und sagte: „Herr und Anführer der Gesellschaft! Wir sind alle damit
einverstanden und bitten Dich demütigst, uns behalten zu wollen.“
Ich
sagte: „Die Bedingungen kennt ihr, also bleibet, wenn euch diese behagen. Denn
bisher gibt es nur Protestanten, Römische und wenig an Gott Denkende, vordem sie
bekehrt wurden, nämlich Räuber, aber diese sind nun keine Räuber, sondern sie
waren Räuber und Mörder auf römisch-katholischem Boden. Auf dem Boden der Lehre
Jesu Christi schafft man aus Wölfen Lämmer, während der verballhornte und
schlaff gehaltene christliche Glaube alle möglichen Sünder schafft, so besonders
Diebe, Räuber und Mörder, wie der italienische Boden zeigt, wo es recht viele
Geistliche gibt. Denn es ist ein bekannter Spruch: Je näher Rom, wo der Papst
regiert, desto näher der Räuber- und Mörderhöhle, sowohl leiblich wie geistlich
genommen.“
Diese Meine Bemerkung geschah deshalb, um den jungen Hochmutsgeistern ihren
ganzen Streitkamm abzuhauen, was sie auch sehr beschämt machte.
Unter solchen Bemerkungen verlief nun die Zeit der Mahlzeit und wir waren wieder
reisefertig. Allein, da Ich keine Eile hatte fortzugehen, sagte Ich den Engeln,
sie sollten die neu angenommene Gemeinde samt den Priestern gründlich in der
christlichen Lehre und in dem Gebrauch, wie er unter uns gang und gäbe sei,
unterweisen.
Die
Engel begaben sich sogleich an die Arbeit und man hörte bald recht laut über die
früheren Grundsätze und die jetzige Neuordnung diskutieren. Besonders machten
die Gemeindemitglieder auf Meine früheren Ausführungen und Aufklärungen
aufmerksam, die ihnen Augen und Verstand geöffnet haben, welche armseligen
Geistes- und Leibessklaven sie unter der römischen Glaubenslehre mit ihren
Menschensatzungen waren, und sagten: „Wir sind froh, doch endlich aus dieser
unseligen Pfaffensklaverei erlöst zu sein. Wozu brauchen wir Priester? Die Lehre
ist so einfach, dass, wenn man sie einmal gehört hat, dann ist es genug, man
muss nur danach leben und handeln, dann ist alles gut. Daher wollen wir von
keiner Priesterschaft mehr etwas hören, und sollte uns noch etwas unklar sein,
so haben wir euch, die wir fragen können.“
40.
Jesus, dem Leibe nach ein Jude
(Die Priester begeben sich aller priesterlichen Würde und wollen Brüder und
Freunde sein. Der zu gewissen Zeiten vorkommende Fischzug auf die Edelfische für
den obersten Liebeshimmel. Verheißung des Himmels an die Priester. Jesus dem
Leibe nach ein Jude, daher Liebe und Duldsamkeit gegen die Juden. Die Priester
beugen sich in Demut in alles.)
Nun
meldeten sich auch die Priester und sagten: „Wir sehen auch ein, dass wir in
dieser einfachen Religion, wo nur Liebe und Demut herrscht, überflüssig sind.
Daher begeben wir uns aller priesterlichen Würde und wollen nur Brüder unter
Brüdern sein und euch dienen und wo wir können, euch nützlich sein. Wir waren
leider im bischöflichen Seminar mit Menschensatzungen der römischen Kirche
vollgepfropft, woraus nur Hochmut, Habsucht, Ehrsucht und Herrschsucht und
allerlei andere geistesfinstere Süchte in uns wie Pilze zu wachsen anfingen und
wir zur Befriedigung dieser Süchte kein Mittel scheuten, das zu erlangen, was
uns Vorteil brachte. Daher auch unsere Finsternis in der Geisterwelt.
Nun aber sehen wir, dass es lichter um uns wird, weil wir demütig geworden sind,
und so wollen wir uns fleißig üben, das bisher Verfehlte wieder und bald gut zu
machen, und so bleiben wir bei euch nicht als eure Priester und Vorgesetzte,
sondern als Brüder und Freunde, willig, euch in allem behilflich und
dienstfertig zu sein.“
Diese offene Beichte der Priester machte einen tiefen Eindruck auf alle, und Ich
trat in diesem Moment unter sie und sagte: „So, Kinder! Das freut Mich, dass ihr
verständig und demütig geworden seid. So, und nur so kann Ich euch brauchen. Und
nur dann, wenn diese eure Vorsätze zur vollwahren Tat werden, könnet ihr mit Mir
in den Himmel zum Vater Jesus einziehen. Denn Ich bin auf einem großen
Fischzuge, der nur zu gewissen Zeiten vorkommt, und da sammle Ich die Edelfische
für den obersten Liebeshimmel, wo das neue Jerusalem ist und der Thron Jesu,
eures Gottes und Vaters. Bleibet eurem Vorsatze treu und ihr könnet mit
einziehen zum Throne Jesu, eures Vaters.“
Diese Verheißung machte einen gewaltigen Eindruck, und alle versprachen, alles
zu befolgen, was von ihnen verlangt werde.
Und
so setzte Ich noch dazu: „Es ist in unserer Gesellschaft Dr. Martin Luther und
ihm zur Freude und um ihn in den Himmel zum Vater Jesus zu begleiten, für den er
so fleißig und unermüdlich auf der Welt gearbeitet, bin Ich auf diesen großen
Fischzug ausgegangen und da nehme Ich alles auf, was tauglich und willig ist,
Mir zu folgen. Daher werde Ich auch Juden aufnehmen, damit ihr euch Liebe, Demut
und Duldsamkeit angewöhnet, da ihr vorhin den edelsten Juden aus Jesu Jüngern
fortgejagt habt.“
Diese Meine vorwurfsvolle Erwähnung, dass sie den edelsten Jünger Jesu
fortgejagt hätten, war eine bittere Pille auf die Unduldsamkeit, die sie als
Priester Andersgläubigen entgegenbrachten.
Daher sagte Ich noch weiter, indem Ich sie fest ins Auge fasste: „Wie könnet ihr
Jesus lieben, wenn ihr Juden hasset? War nicht Jesus dem Leibe nach ein Jude?
Glaubet ihr, dass er anders angezogen herumging als wie ihr den Petrus gesehen
habt? Und sehet, Er war Gottvater Selber und trug statt einer dreifach gekrönten
Tiara und eines heidnischen Priesteranzuges, wie euer Papst usw., eine Kleidung,
die euch so verhasst ist, dass ihr mit einem Juden gar nicht verkehren wolltet,
wenn er auch der Petrus, der Fels des Glaubens in der christlichen Kirche ist.
Sehet! Dieser Hochmut, dieser Größenwahn, diese Unduldsamkeit muss heraus aus
euch! Ihr müsset Kinder der göttlichen Liebe werden! Bisher wart ihr Bewohner
der Hölle, nun geht es aufwärts mit euch, und so müsset ihr so liebreich, so
demütig und so duldsam mit den Schwächen eurer Nächsten sein, wie euer Vater
Jesus mit euch war und ist, wenn ihr euer Ziel erreichen wollt. Sonst könnte Ich
euch nicht mitnehmen, sondern mit euren Tugenden in der Sphäre lassen, die euch
zusagt.“
Diese Rede fegte die letzte Spur ihrer Untugenden fort. Beschämt und im Herzen
tief erniedrigt, versprachen sie Mir, alles zu tun, um dieser von Mir
aufgestellten Aufgabe gerecht zu werden und fragten Mich, wie sie dem Petrus
wegen der angetanen Beleidigung Abbitte tun könnten, worauf Ich ihnen erwiderte:
„Tuet, was ihr versprochen habt, dann werdet ihr auch zu Petrus kommen, denn er
wohnt beim Vater Jesus.“
41.
Die dreifache Hölle und wo sie eigentlich ist !
(Lob- und Danklied für die glücklich gelungene Bekehrung. Abmarsch und Ankunft
in einem Bergkessel, in einem Judenort. Die Juden wollen Geschäfte machen mit
der Gesellschaft. Aufklärung über die Tugenden, Untugenden und Eigenschaften
beim Übertritt von der Erde in die Geisterwelt und das Fortleben wie auf der
Erde. Des Paulus Spruch: Wie der Baum fällt, so bleibt er liegen. Die dreifache
Hölle und wo sie eigentlich ist.)
Nun
berief Ich wieder die Jünglinge und sagte ihnen, sie sollten ein Lob- und
Danklied dem Vater Jesus singen, da die Sache so glücklich gelungen war. Dies
ließ Ich aber hauptsächlich darum zu, um die Gesellschaft aufmerksam zu machen,
dass man für alles danken und Gott loben und preisen soll. Nach beendetem Liede
ließ Ich wieder aufbrechen und wir gingen weiter.
Nach einem beschwerlichen Marsche von mehreren Stunden gelangten wir in einen
großen Bergkessel, worin wieder armselige Hütten standen, wie bei den armen
Bewohnern, die wir anfangs mitnahmen. Der Unterschied bestand nur darin, dass
dort arme Bewohner, hier aber reiche Juden hausten, welche aber innerlich,
geistig so armselig waren, dass sie keine besseren Hütten aus sich herstellen
konnten. Sie saßen vor ihren Läden und warteten, um etwas kaufen und verkaufen
zu können.
Als
sie unser ansichtig wurden, machten sie sich schnell bereit, um ihren Handel
betreiben zu können. Ich muss hier wieder die Bemerkung einschalten, dass der
Mensch, wenn er stirbt, mit denselben Tugenden oder Untugenden und mit denselben
Leidenschaften, Begierden und Gelüsten in die andere Welt kommt, die er auf der
Erde hatte. Daher der Spruch des Apostels Paulus: ,Wie der Baum fällt, so bleibt
er liegen’.
Im
Geisterreich angelangt, sucht der Mensch dieselbe Beschäftigung, die ihm auf der
Erde beliebt und bekannt war, und stellt aus sich die Bilder her, die seine
Gedanken und Ideen verfolgen und somit auch Handelswaren. Ja, in niederen,
sogenannten Höllensphären geht es so menschlich zu wie auf der Erde. Das
Lebensbild ändert sich aber, wenn der Mensch geistig höher steigt, um letztlich
ganz zu verschwinden und den höheren Lebenszwecken Platz zu machen.
Dieses soll euch nicht wundern, denn die Seelen der Verstorbenen wohnen in der
Erde, was die unterste Hölle vorstellt. Die zweite Hölle ist auf der Erde, so
dass die Geister der Mittelhölle unter Menschen wandeln. Daher sind die heutigen
Menschen so höllisch, weil sie von Geistern beeinflusst werden, welche die
Untugenden, Leidenschaften, Begierden und Gelüste durch ihre mittätige
Beeinflussung steigern und damit vergrößern.
Hütet euch daher vor diesen, dass die Geister keine Nahrung und Unterhaltung bei
euch finden. Denn wie ein Weltling nicht in die Kirche geht, und ein Mensch, der
seines Lebenszieles sich bewusst ist, die in die Hölle führenden Theater, Tänze
und Sitten verschlechternden Buden und Gesellschaften nicht besucht, so verweilt
auch der Geist nicht bei einem Menschen, dessen Strömung eine dem Geiste
zuwidere ist. Die erste oder die oberste Hölle ist über der Erde, in der
Wolkenregion. Dahin gelangen alle Menschen, wenn sie gestorben sind, da
entscheiden sie sich durch ihren Lebenswandel, ob sie hinauf oder herab gehören.
Doch will Ich euch bemerken, dass jeder Mensch eine andere Lebensführung in der
Geisterwelt durchmacht und zwar immer nach seinen inneren Geistesströmungen, und
dass es daher millionenfach verschiedene geistige Führungen gibt und es
niemandem an Abwechslung ermangelt.
42.
Die Messias-Weissagung als die allergrößte in der Heiligen Schrift
(Einladung der Rabbiner und des ganzen Volkes zur Besprechung über den Messias.
Wiesenlager in einem Bergtal. Die Rabbiner sagen, dass niemand mehr an die
Messias- Prophezeiung glaube, der Glaube an Jehova genüge. Der Anführer
verteidigt die Wahrheit der Prophezeiungen von Jehova, da sie in Erfüllung
gegangen seien. Die Rabbiner bejahen alle erfüllten Prophezeiungen, allein die
vom Messias wäre nur eine fromme Sage der Propheten gewesen. Verteidigung, dass
die Messiasprophezeiung eine der allergrößten, durch alle Propheten gehende
Weissagung sei, daher die Frage an die Rabbiner: Wie könnet ihr eure Propheten
zu frommen Lügnern stempeln?)
Als
wir in den Talkessel und den Ort gelangten, da gab es sogleich links und rechts
Rufe, etwas zu kaufen. Ich aber ließ die Engel vorangehen und verkünden, dass
wir gar nichts kaufen würden, sondern wir wollten eine große Auseinandersetzung
mit den Rabbinern wegen des Messias halten. Daher sollten sie ihre Läden
schließen und uns alle auf die Wiesen und Rasenplätze nachfolgen, denn da würde
es des Interessanten genug zu hören geben.
Obwohl ihnen der Handel lieber war als der Messias, der gar nicht mehr kommen
wollte, folgten sie doch unserer Aufforderung und brachten ihre Rabbiner oder
Priester mit.
Wir
lagerten uns entlang der Straße, die mit bedeutenden Wiesen und Rasenplätzen
eingesäumt war, denn es war außerhalb des Bergkessels eine zweite Abteilung, die
ein tiefes Bergtal bildete und zum Bergkessel gehörte. Hier blieben wir lagernd
und warteten auf die jüdische Gemeinde, die uns nachfolgte.
Als
wir alle unsere Lagerplätze besetzt hatten und den Juden einen guten Mittelraum
überließen, sagte Ich, dass die Priester oder Rabbiner vortreten möchten, damit
wir eine wichtige Besprechung anknüpfen könnten, welche sich speziell mit der
Person des Messias befassen würde.
Sobald traten mehrere jüdische Tempelpriester vor und sagten: „Es wundert uns
sehr, dass ihr wie aus dem Stegreif eine Messiasbesprechung verlanget. Wer
glaubt bei uns noch an einen Messias, wer glaubt, dass die Propheten die
Wahrheit sagten, da die Prophezeiung nicht eintraf? Wir halten uns an Jehova und
das genügt uns. Nun saget ihr uns eure Ansicht, was ihr davon haltet.“
Auf
diese Rede trat Ich vor und sagte: „Wenn ihr an Jehova glaubet, so müsset ihr an
seine Verheißungen glauben, denn Gott lügt nicht und was Er verspricht, das
erfüllt Er auch. Wie könnet ihr behaupten, dass die Propheten nicht die Wahrheit
gesprochen haben? Ging nicht eine jede Prophezeiung in Erfüllung, welche diese
von Gott berufenen Männer weissagten? Was ist mit den Prophezeiungen über Edom,
Moab, Babylon, Ninive, das Reich Juda, über die Zerstörung Jerusalems,
Vernichtung des Reiches Israel? Saget Mir! Ist die Prophezeiung darüber Wahrheit
gewesen, ist sie in Erfüllung gegangen oder nicht?“
„Ja
leider“, erwiderten die Priester, „das ist zu unserem größten Unglück
eingetroffen; nicht so die Messiassage oder -prophezeiung, denn wir wissen
nicht, wie wir eigentlich darüber urteilen sollen. Wäre sie eine von Jehova
ausgegangene Verheißung, so hätte sie wie die anderen Prophezeiungen in
Erfüllung gehen müssen, und wir wären ein großes mächtiges Volk geworden,
welches die Welt beherrschen würde. Denn da wäre der Messias vom Himmel mit
großer Herrlichkeit herabgekommen und hätte mit Seiner göttlichen Macht alles
untertan gemacht und uns zu beherrschen übergeben. Wir, als das auserwählte Volk
Gottes, wären dadurch zu einem königlichen Herrschervolke der Welt geworden und
hätten alle Menschen zu unserem Glauben bekehrt.
Leider! Leider! Alles das ist ausgeblieben und das Volk Israel ist ein Sklave
statt Herrscher geworden und daher glauben wir, dass es bloß eine fromme Sage
der Propheten war, denn sie ist nicht in Erfüllung gegangen, somit war sie keine
Prophezeiung. Nun, was sagst du dazu?“
Ich
erwiderte darauf: „Keine Prophezeiung der Juden ist so großartig und so
zahlreich vertreten, wie die über die Ankunft des Messias. Seit Adam her ging
sie durch alle Propheten und Seher bis zum Maleachi, der 440 Jahre vor dem
Anfang der christlichen Zeitrechnung als der letzte Prophet, der darüber
weissagte, auftrat. Wie könnet ihr von einer frommen Sage sprechen, da sie an
der Spitze der großartigsten Prophezeiungen steht? Wie könnet ihr daher eure
Propheten, deren Prophezeiungen erwiesen in Erfüllung gingen, in der
Messiasweissagung zu frommen Lügnern stempeln?“
43.
Die Göttlichkeit bekundenden Namen des jungfräulich geborenen Kindes Jesus
(Die Rabbiner können die mit aller Kraft verteidigte Messiasweissagung nicht
verneinen. Fragen aus Jesaja und Micha über den Messias. Die Priester verneinen
die Erfüllung derselben. Sie werden überwiesen, dass sie anders reden als
denken. Beweise, dass Maria und Joseph aus dem Stamme Davids waren und dass
Jesaja nicht gelogen hat.)
Diese Einwendung kam wie ein Donnerstrahl in die Priester. Einer schaute den
anderen an, was er sagen würde. Aber keiner fand Worte, diese Meine
Inkraftsetzung der Messias-prophezeiung zu entkräften. Daher sagte Ich weiter:
„Wenn aber die Tatsache so ist, wie soll die Messiasprophezeiung, die in der
Mitte der Prophezeiung Daniels steht, welche in Erfüllung ging, ausnahmsweise
eine Lüge sein und nicht Wahrheit?“
Wieder schwiegen die Priester, denn sie hatten keinen Boden, auf dem sie ihre
Entgegnung aufbauen könnten, und so fuhr Ich Selber fort und sagte:
„Brüder und Freunde! Unsere Sache ist ernst, denn Ich kam zu euch, um euch aus
einem Irrwahn zu erlösen, der euch zu Gefangenen eurer falschen Voraussetzungen
macht. Es ist Mir entschieden darum zu tun, euch den wahren Weg zu eurem Jehova
zu zeigen und zu beweisen, dass der Messias keine fromme Sage, sondern eine
schon längst erfüllte vollwahre Prophezeiung Jehovas ist. Daher höret Mir zu,
damit wir ins Reine kommen und euch dadurch ein großer geistiger Nutzen
erwachse!
Als
Adam sich gegen Gott versündigte, versprach Jehova einen Retter zu senden.
Dieser Retter werde aber Jehova Selber sein, wie Er durch Jesaja sprach: ,Siehe,
eine Jungfrau wird gebären und was sie gebären wird, wird groß sein und der Herr
wird Selber mit Seiner Kraft dabei sein. Und das Kind wird aus dem Stamme Davids
stammen, und der Herr wird die Herrschaft Seines Reiches auf Seine Schulter
legen, und Er wird auf ewig auf dem Stuhle Davids regieren.’
Ferner sagt die Prophezeiung, dass Er wird Honig und Butter essen, bis Er
versteht das Gute vom Schlechten zu scheiden. Dieses besagt, dass Er wird mit
Liebe und Weisheit erfüllt sein. Sein Name wird heißen: Wundervoller der
Schöpfung, der Weisheit Rat, die Kraft Gottes, die Gewalt des Allmächtigen, der
Vater von Ewigkeit, der Fürst des Friedensreiches. Die Kraft Jehovas wird in Ihm
sein und Jehova Selbst wird das bewerkstelligen und in Ihm sein und Ihn leiten.
Seine Geburt wird nach Micha in Davids Vaterstadt Bethlehem erfolgen, dort wird
Jehova, der Herrscher von Ewigkeit, ins Fleisch treten und von da aus Sein Reich
des Geistes antreten. Nun frage Ich euch: Ist diese Prophezeiung in Erfüllung
gegangen oder nicht?“
Da
trat der erste Priester vor und sagte: „Die Prophezeiung ist allerdings richtig,
aber was willst du damit beweisen? Wann wurde Jehova als Messias in Bethlehem
geboren? Von dem wissen wir nichts! Weißt du etwas, so erzähle es uns.“
Diese Antwort war fein berechnet und schlau angelegt, um die Prophezeiung als
nicht erfüllt hinzustellen. Ich aber erwiderte darauf, dass sie sich nicht so
unwissend stellen sollten, sondern so reden, wie sie im Herzen dächten, nämlich
von Jesus von Nazareth, der zu Bethlehem geboren wurde. Diese Bemerkung, dass
sie anders reden und anders denken, machte sie stutzen. Und sie meinten, wie Ich
das behaupten könne, da Ich doch nicht in ihre Herzen sehe. Und somit auch nicht
wissen könne, dass sie zweideutig sprechen. Deshalb sei es besser, dass Ich
nicht zu weit aushole, weil sie so sprächen, wie sie denken und nicht anders.
Sogleich gab Ich ihnen zur Antwort: „Es ist aber doch so, wie Ich bemerkt habe,
ihr denket an Jesus und verlanget Beweise zur Behauptung der erfüllten
Prophezeiung und diese sollen euch werden: Ihr wisset, dass Maria, die Mutter
Jesu aus dem Stamme Davids war. Somit war Jesus, da auch Joseph, der Gemahl
Marias, aus dem Stamme Davids war, Mariens Sohn, ein Nachkomme Davids. Aber von
Maria als Mutter des Kindes spricht Jesaja: ,Siehe! Eine Jungfrau ist schwanger,
und sie hat uns einen Knaben geboren.’ Was meint ihr: War Maria eine Jungfrau,
als sie schwanger war und gebar, oder hat Jesaja gelogen?“
44. Gott ließ sich nicht von einem sündigen Menschen Seinen Leib erzeugen
(Die Priester können die Jungfrauenschaft Mariens nicht fassen. Jesus als
Gottvater Selber; und wie Jesu Leib entstand. Geschichte Mariens, ihre keusche
Erhabenheit. Christus kam wie ein Geist aus dem Mutterleib.)
Die
Priester schauten Mich an und schwiegen, denn eine Jungfrau sein, schwanger
werden und als Jungfrau gebären und doch einen Mann haben, das konnten sie nicht
fassen, daher fragte Mich einer der Priester, wie man das erfassen sollte.
Ich
antwortete ihm: „Siehst du, sehr leicht ist das zu fassen, wenn man die erste
Prophezeiung richtig begriffen hat. Das Kind Mariens war, wie Seine Namen
dartun, der Schöpfer der Welt, somit Gottvater, der allmächtige Weltenherrscher,
dessen Liebe und Weisheit alles erschaffen hat, alles regiert und leitet.
Glaubst du nun, dass Gott sich von einem sündigen Menschen Seinen Fleischleib
wird erzeugen lassen, um Mensch zu werden? O, wenn du das denkst, dann denkst du
von deinem Jehova sehr gemein. Dein Glaube ist dann nicht besser als der eines
Heiden, ja noch schlechter.
Die
Heiden ließen Götter mit Göttinnen Kinder zeugen, du würdest aber Jehova unter
einen Götzen erniedrigen. Ich sage dir, der Leib Jesu ist im Leibe Mariens durch
Gottes Willen entstanden, den man den Heiligen Geist in geistiger Sprache nennt.
Daher nennt sie Jesaja eine schwangere und gebärende Jungfrau.
Sie
war bis zu ihrem vierzehnten Jahr im Tempel unter größter Sorgfalt erzogen und
wie ein Kleinod beobachtet. Denn erstens war sie eine der wenigen Töchter aus
dem Stamme Davids, dann wusste man, dass sie nicht fleischlich erzeugt worden
ist, sondern geistig empfangen. Daher schaute der Tempel mit ganz besonderer
Sorgfalt auf sie, weil die Zeit der Prophezeiung des Messias in Erfüllung gehen
musste.
Mit
der Empfängnis der Maria durch ihre Mutter Anna verhält es sich nämlich wie
folgt: Joachim und Anna waren schon hochbejahrte Menschen, und um Gott besser
und reiner zu dienen, trennten sie sich. Er baute sich eine Feldhütte und wohnte
darin. Anna aber ging in den Tempel und diente als Magd darin und betete und
lobte Gott in ihrem Herzen fort und fort. Nach Verlauf von drei Jahren erweckte
Gott in den Herzen der Anna und des Joachims eine besondere Sehnsucht, sich noch
einmal im Leben zu sehen, und diese Sehnsucht steigerte sich in den Herzen
beider derart, dass sie nichts Sehnsüchtigeres wünschten, als noch ein letztes
Mal sich zu sehen.
Endlich siegte die Sehnsucht bei Joachim und er sagte: ,Ich weiß ja, wo sie ist.
Dort im Tempel unter der Dienerschaft werde ich sie gewiss antreffen. Ich halte
es nicht mehr aus vor Liebe und Sehnsucht, sie zu sehen.’
Gesagt, getan. Er ging in den Tempel und suchte sie unter der Dienerschaft.
Plötzlich bemerkte er sie und eilte hin. In dem Moment sah ihn auch Anna und
eilte ihm entgegen mit offenen Armen, und so umarmten sich beide in Gegenwart
der ganzen Tempeldienerschaft und drückten sich an die Brust.
In
diesem Moment ließ Gott Anna geistig Maria empfangen, und sie sagte: ,Höre,
Joachim! Ich habe empfangen, denn ein Wohlgefühl durchströmte meinen ganzen
Leib, und das kann nichts anderes sein.’
,Aber wie ist das möglich?’ sagte Joachim, ,Ohne jede fleischliche Berührung und
Zeugung. Und denke dir, deine 74 Jahre, wo doch schon lange die Zeit dazu
verstrichen ist, ohne ein besonderes Wunder.’
,Und doch ist es so, sage ich dir,’ beteuerte Anna, ,denn bei Gott ist alles
möglich.’ Und so freuten sich beide einen ganzen Tag über diese Begegnung und
dieses seltene Ereignis.
Abends aber ging Joachim wieder in seine Feldhütte, die er sich außerhalb
Jerusalems in der Umgebung aufgebaut hatte. Das war das letzte Mal, dass Joachim
und Anna zusammen-kamen, denn er starb bald darauf, während Anna ihr 84. Jahr im
Tempel erreichte.
Nach ihrem Tode wurde Maria von der Dienerschaft gepflegt und in allen
weiblichen Arbeiten unterrichtet. Ich sage euch: Maria war keusch wie die Sonne
und schöner als letztere, - geistig. Und nur ein solch hochheiliges Gefäß war
tauglich, den allerheiligsten Leib Jehovas zu empfangen und zu tragen, und keine
weltliche Mutter.
Ich
sage euch: Im Tempel spielten Engel mit ihr und brachten ihr köstliche
himmlische Speisen zu essen. Eine so reine Mutter hat die Welt noch nicht
gesehen, wie Maria war. Also hoffe Ich, dass ihr Mich wohl verstanden habt, dass
Maria selbst geistig empfangen wurde, dass sie in vollkommener Unschuld wieder
geistig empfangen und auch geistig rein als Jungfrau geboren hat, denn Christus
war wohl Mensch, aber mehr Geist als Mensch, weil sündenfrei, daher auch kam Er
wie ein Geist aus ihrem Leibe. Nun, was sagst du dazu?“
45.
Die jungfräuliche Empfängnis von Maria und Jesus
(Der redende Rabbiner widerspricht der zweifachen geistig-jungfräulichen
Empfängnis von Maria und Jesus und verlangt als Beweis Maria selber zu sehen und
zu sprechen. Maria erscheint und verschwindet, weil er ihr auf zweimaliges
Befragen keine Antwort gibt. Die anderen Amtskollegen erkennen die Wahrheit.)
Der
Priester schmunzelte und sagte: „Höre! Du bist ein phantasiereicher
Geschichtsmacher, so etwas hat die Welt noch nicht erlebt. Sage mir, wie kannst
du mir das beweisen? Deine erste Beweisaufstellung war wohl gut, mit dieser
Erfindung von zweifacher geistiger Empfängnis, und als Jungfrau schwanger zu
sein und auch nach der Geburt Jungfrau zu bleiben, siehe, das übersteigt die
gewöhnliche menschliche Fassungskraft. Und daher schaue ich Deine Erzählung für
Leichtgläubige an und sonst nichts. Du musst mir schon mit anderen Beweisen
kommen und nicht mit Phantasien.“
Ich
sagte darauf: „Beweise zu liefern ist Mir leicht, aber Mir ist es lieber, dass
ihr ohne Beweise glaubet. Schau dorthin, dort stehen einige Priester, welche
wollten, dass Ich den Apostel Petrus rufen soll, und das geschah, und doch
glaubten sie nicht, bis sie durch andere Beweise zum Glauben gebracht wurden.
Ich kann dir alle Beweise geben, die du verlangst, denn erstens bin Ich ein
mächtiger Geist und zweitens sind wir im Geisterreich, wo alles möglich ist.“
Darauf fragte Mich der Rabbiner: „Ja, sage mir, wenn Du es weißt, was ist jetzt
mit Maria und wo ist sie? Kann man sie nicht sehen und mit ihr sprechen, ob das
wahr ist, was Du uns in einer so phantasiereichen Gestalt aufgetischt hast?“
„O
ja, man kann sie sehen und sprechen, aber wirst du dadurch gläubig? Du bist
jetzt sehr stark im Zweifel, und dieser Zweifel wird dich auch bei den Beweisen
nicht verlassen. Möchtest du nicht auf solche außergewöhnlichen Beweise
verzichten?“
„Nein, es geht nicht,“ entgegnete der Rabbiner, „denn ich kann nichts
Übermenschliches glauben. Daher muss ich starke Beweise haben, um überhaupt
glauben zu können, dass die Geschichte von Jesus eine Tatsache ist. Nun kommst
du mir mit solchen Sachen, dass ich ganz ungläubig geworden bin. Also Beweise,
nur Beweise, und sehr starke möchte ich haben, um etwas glauben zu können.“
„Sage Mir daher, welche Beweise du haben willst,“ erwiderte Ich ihm.
„Nun ja, Maria könnte mir doch die beste Antwort geben,“ lachte der Rabbiner.
„Rufe nur diese, und es wird gut.“ Dabei aber dachte er sich: Na, der kommt
immer tiefer hinein. Ich weiß ja, dass das Ihm unmöglich ist. Den wird man schön
auslachen mit Seinen Phantastereien und Prahlereien.
Ich
aber sagte: „Freund, mache dich bereit, dass du sie ordentlich wirst fragen
können und es dir dann nicht leid wird, unvorbereitet etwas Ungewöhnliches
begehrt zu haben“.
Da
dieser noch immer leichtfertig auf seinem Begehren bestand und dazu lachte,
sagte Ich: „Dein Wille sei erfüllt!“
Kaum war dies ausgesprochen, gab es einen starken Blitz und hellstrahlend schoss
blitzschnell Maria aus der Höhe vor den erschrockenen Rabbiner und schaute ihn
an, fragend, was er von ihr wünsche.
Dieser aber stand wie angedonnert und stumm und getraute sich kein Wort zu
reden, denn ihre übermenschliche Schönheit und die blendende Strahlung, die aus
ihr hervorging, ließ ihn alle Fragen vergessen. Und so stand er stumm und
schaute und verwunderte sich über die Erscheinung. Maria befragte ihn noch
einmal, was er von ihr wünsche. Dieser aber getraute sich noch immer nicht zu
sprechen, und da er sie nur stillschweigend bewunderte, verschwand sie plötzlich
aus seinen Augen.
Jetzt erst erwachte er aus seinem Zauber und ärgerte sich, nichts erreicht zu
haben. Die übrigen Rabbiner und Zuschauer aber sagten: „Bist du jetzt überzeugt
und kuriert? So geht es den Spöttern oft. Wir, seine Amtskollegen, betrachteten
das Ganze aufmerksam und haben doch diese Überzeugung gewonnen, dass Maria ein
sehr schöner und hoher Geist ist und es würde uns sehr freuen, wenn wir sie noch
einmal sehen könnten.“
Da
diese Äußerung aus innerer Überzeugung kam, sagte Ich darauf: „Jeder, der Meinen
Worten glaubt und danach lebt und handelt, kann dorthin gelangen, wo Jesus
Jehova und Maria, die Apostel und alle hochfortgeschrittenen Geister sind. Ich
hoffe aber, dass euch die Erscheinung Mariens überzeugt hat, dass Ich die
Wahrheit sprach. Denn Ich habe sie doch deshalb heruntergerufen, um der Wahrheit
Zeugnis zu geben. Und da Ich das tat und dies Mir möglich war, so sei euch dies
der Beweis, dass Ich die Wahrheit sprach.“
46.
Beweise aus den Propheten über den Messias
(Beweise aus Jeremia über das Weinen der Rachel beim Kindermord zu Bethlehem;
aus Maleachi über Elias als Wegbereiter Christi; aus Jesaja und David über Leben
und Sterben des Messias und aus Daniel, dass Israel wegen des Messias in alle
Welt zerstreut würde.)
Aber keiner der anwesenden Juden getraute sich, Mir zu widersprechen, und so
sprach Ich weiter: „Sehet, bei Jesu Geburt weinte die Rachel über ihre Kinder,
welche Herodes ermorden ließ, somit ist diese Prophezeiung Jeremias auch
erfüllt.
Der
Prophet Maleachi prophezeite, dass Elias als Vorbereiter des Weges vor dem
Messias auftreten würde, und Ich sage euch, nicht bloß Elias als Johannes der
Täufer, sondern auch Moses als sein Vater ist damals dort gewesen.
Jesaja erzählte, wie der Messias leben und sterben werde, und sehet, alles ist
genau eingetroffen, so auch, was David in seinen Psalmen über den Tod und die
Auferstehung am dritten Tage berichtet. Jedes und alles, was in den vielen
Notizen der Propheten über den Messias berichtet wurde, ist im Leben Jesu in
Erfüllung gegangen.
Was
hält euch denn noch zurück, an Jesus zu glauben? Daniel enthält den Schluss des
Dramas, dass Israel besiegt und in alle Welt zerstreut werde wegen seines
Unglaubens und seiner Hartherzigkeit. Und seht, auch das ist im Jahre 70 nach
Christus in Erfüllung gegangen. Ich frage euch: Ist das alles wahr, was Ich
erzählt habe oder nicht?“
Die
Rabbiner fragten Mich, was Ich damit bezwecken wolle, wenn sie ja oder nein
sagen würden? Denn sie hätten davon weder Nutzen noch Schaden und es sei ihnen
daher gleich, ob es wahr oder unwahr sei.
Darauf erwiderte Ich ihnen: „Es ist entschieden nicht so, wie ihr meint, sondern
jeder Mensch ist Gottes Kind und muss trachten, dass er zu Gott, seinem Vater
kommt und dass es ihm gut gehen wird.“
47.
Ein Jude, der auch im Himmel Geschäfte und Handel betreiben will
(Der Anführer gibt eine ruhige Aufklärung dem geschäftseifrigen Juden.
Himmlische Mahlzeit. Die Engel singen einen Psalm dazu. Die Juden denken nach,
wie sie auch einen so guten Wein, Brot und Obst zum Handel treiben herschaffen
könnten. Der Judenort wird durch ein großes Erdbeben verschüttet und das Heulen
der Juden darüber. Der Anführer tröstet sie und verspricht für sie zu sorgen,
wenn sie nach Jesu Lehre leben wollen. Das Angebot gefällt ihnen.)
Darauf fragte Mich ein Jude: „Höre Freund! Ist im Himmel auch ein Geschäft zu
machen? Denn siehe, ich bin alt geworden im Kaufen und Verkaufen, und wo kein
Handel, da kein Verdienst. Dort ist auch kein gutes Leben. Ich bin nur für den
Handel und dieser hat mich immer ehrlich ernährt, und so habe ich auch im
Geisterreich mich auf das Handeln verlegt und lebe davon. Religion, Messias, das
alles ist Sache der Rabbiner und nicht unsere.“
Ich
hörte ruhig zu und sagte darauf: „Nun sage Mir, weswegen betreibst du den
Handel, wenn nicht, um gut zu leben und glücklich zu sein? Du hast Maria
gesehen, welch herrlicher Geist sie ist und siehe, auch du kannst das werden.
Was das Essen und Trinken betrifft, will Ich euch allen die Beweise geben, wie
man im Himmel speist, und so bleibet ihr Meine Gäste. Gefällt euch Meine Kost
nicht, dann könnt ihr tun, was ihr wollt. Gefällt sie euch und wollt ihr bei Mir
bleiben, dann müsst ihr die Lehre des Messias Jesus Jehova Zebaoth befolgen.
Zwingen aber will Ich niemanden, sondern es steht euch frei, zu tun nach eurer
freien Verfügung.“
Nach dieser Erklärung berief Ich die Engel und trug ihnen auf, Wein, Brot und
Obst für alle zu holen. Wie gewöhnlich, war alles in einigen Minuten haufenweise
vor Mich hingestellt. Nun streckte Ich Meine Hände darüber, segnete es und ließ
es verteilen. Sogleich versammelten sich wieder die Engel bei Mir und warteten
auf die weitere Order. Diesmal ließ Ich einen Psalm singen, der die Juden so
nervös machte, dass sie baten, aufzuhören, denn sie könnten die Schönheit der
Stimmen nicht ertragen.
Worauf Ich sagte: „Das macht eure materielle Gesinnung mit eurem fortwährenden
Kaufen, Verkaufen und Handeln. Sehet, hier sind einige darunter, die auch sehr
tief in Materie begraben waren, aber sie haben alles weggelassen aus ihren
Gedanken und haben Meine Lehren angenommen und sie fühlen sich sehr glücklich
dabei. Jetzt aber setzet euch und verzehret die Mahlzeit.“
Die
Juden konnten sich nicht genug verwundern über die außergewöhnliche Güte der
Mahlzeit und dachten nach, wie sie auch so etwas Gutes erzeugen könnten, um
damit Handel zu treiben.
Kaum abgespeist, entstand ein furchtbares Erdbeben, und unter donnerndem Krachen
löste sich ein Teil des Berges über dem Bergkessel ab, wo die Judenortschaft
lag, und verschüttete hoch den ganzen Ort. Ein fürchterliches Geheul war die
Folge dieses Ereignisses unter den Juden, welche dadurch zu Bettlern gemacht
wurden und jammerten und klagten über das große Unglück, das ihnen widerfahren
war.
Ich
aber wandte Mich zu ihnen und sagte: „Was liegt an euren Fetzen und Tand? Ich
sagte euch, dass ihr bei Mir um nichts zu sorgen habt als bloß die Lehre Jesu zu
erfüllen, alles Übrige ist dann Meine Sorge.“
Dieses Angebot gefiel ihnen, denn die Juden sind gescheit und verstehen aus
allem ihren Vorteil zu schlagen.
48.
Jesus, Mariens erster und einziger Sohn
(Ein Bedenken aus dem Evangelisten Matthäus. Des Anführers gründliche Aufklärung
darüber. Alle Judenpriester erklären, die echte Christuslehre anzunehmen, weil
ohne Zeremonien. Die Liebe als das alleinige Glaubensgebot. Die Juden möchten
auch im Himmel Handel treiben.)
Nun
traten die Juden zusammen und besprachen sich darüber, was sie tun sollten. Da
sagte der zweifelnde Rabbiner zu ihnen: „Wartet ein wenig, ich habe noch einen
Zweifel, und dieser lässt mir keine Ruhe. Daher will ich mir noch die letzte
Aufklärung holen.“
Nach diesen Worten trat er vor und sagte: „Höre, lieber Freund! Ich habe noch
einige Zweifel, deshalb komme ich zu Dir um Aufklärung, und diese sind: Maria
war die Frau des Joseph. Dann heißt es, dass Jesus der erste Sohn Mariens war.
Und drittens werden vier Brüder und Schwestern Jesu genannt. Lieber Freund, wie
erklärst Du uns das?“
Ich
antwortete ihnen: „Der Wahrheit gemäß verhält sich das wie folgt: Als Maria
empfangen hatte, war sie 14 Jahre alt. Um die Schande zu vertuschen, als man
ihre Schwangerschaft entdeckte, und weil sie durch Gottesfügung das ,verfluchte
Wasser’ beide ohne Schaden getrunken, welches ihnen der Tempel als Prüfung der
Wahrheit zu trinken gab, dass sie keine fleischliche Berührung begangen, hat sie
der Priester im Geheimen ehelich verbunden. Aber Joseph war damals nahezu 70
Jahre alt, Witwer und Vater von fünf Söhnen aus erster Ehe. Joel, der älteste,
dann Joses, Simon, Juda und Jakob.
Die
bei Markus genannten Schwestern waren keine Kinder Josephs und Marias, sondern
Verwandte, die im Hause Josephs wie eigene Kinder gehalten wurden und daher
nannte man sie Schwestern. Joseph war zu alt und zu gottesfürchtig, dass er sich
getraut hätte, Maria anzurühren, als er wusste, dass sie die auserwählte
Gebärerin des Messias war. Die mangelhafte Erwähnung des Evangelisten (Matth.
1,25 ), dass Jesus Mariens erster Sohn war, ist so zu verstehen und nicht
anders. Siehst du, das ist das ganze Geheimnis.“
Als
der Rabbiner dieses zu seiner Befriedigung erfuhr, dankte er Mir, ging zurück
und sagte: „Nun bin ich über alles im Klaren. Daher bin ich einverstanden, zur
Gesellschaft zu stoßen und Jesu Religion anzunehmen, da ich ersehen habe, dass
Jesus wahrhaft der Messias und somit Jehova Selber war.“
Die
anderen Priester sagten: „Auch wir sind dieser Überzeugung und haben schon
längst eingesehen, wer der Messias war. Aber es war uns, wie dir, noch nicht
alles klar. Daher hielten wir inne; dann waren wir jüdische Priester und mit dem
römischen Zeremoniell nicht einverstanden. Hier scheint es uns, dass das
Priestertum keine Macht hat, denn der Anführer ist sicher der oberste Herr und
Priester hier, das verrät Seine gründliche Kenntnis der Heiligen Schrift und
Seine richtige Aufklärung derselben, und siehe, Er hat nichts Priesterliches an
Sich, und daher bin ich der Meinung, dass wir davon enthoben sind,
Priesterzeremonien zu lernen und auszuüben.“
Als
dieser Redner im Namen aller seine Rede beendet hatte, trat Ich hinzu und sagte:
„Du hast das Wahre erraten. Hier gibt es kein Priestertum und keine Zeremonien
im irdischen Sinne, sondern hier ist die Liebe das größte und alleinige Gebot,
aus dieser entwickelt sich alles. Daher sage Ich: Trachtet nun auch, eure
Gemeinde mit euch eines Sinnes zu stimmen, und dann werden Meine Diener euch in
allem gründlich unterrichten, was ihr zu glauben und wie ihr vorzugehen habt, um
dem Gebote der Liebe zu entsprechen.“
Sogleich machten sich nun die Priester daran, wegen des Übertrittes mit ihren
Gläubigen zu besprechen, und sprachen ihnen recht eindringlich und überzeugend
zu. Diese aber meinten: „Es ist alles recht und gut und wir glauben euch, denn
ihr kennet doch genau die Heilige Schrift. Aber saget uns, warum fraget ihr
nicht nach, was wir in Zukunft zu tun haben werden? Ohne Geschäfte, ohne Handeln
und Verkaufen ist doch kein Leben, wir sind das von Jugend auf gewohnt und so
ist es uns recht schwer, etwas anderes zu tun als Handel zu treiben.“
49. Im Jahre 1854 wird Maria als reine Jungfrau bei den Katholiken anerkannt
(Die Priester geben eine treffende Antwort den geschäftslustigen Juden und diese
nehmen dann die Christuslehre an. Die Lehre über Marias Jungfrauschaft bei den
Protestanten. Seit 1854 Maria bei den Katholiken als reine Jungfrau anerkannt.
Wunsch Jesu, dass auch die jetzigen Protestanten sie als solche anerkennen
sollen, wie sie im Jahre 1546 der Martin Luther mit seiner Gemeinde anerkannt
hat.)
Die
Priester, gereizt über die Dummheit ihrer Gläubigen, machten ernste Gesichter
und sagten: „O ja, es wird auch im Himmel gehandelt, kommet nur mit, ihr könnt
auch dort eure Buden aufstellen, eure Dummheit feilbieten und barmherzige
Menschen werden sie euch abnehmen und im Feuer der Wahrheit verbrennen.“
Diese ernste Zurückweisung war von gutem Erfolg begleitet. Die Juden schwiegen
auf diese zutreffende Antwort, es drehten sich ihre Gedanken um ihre
Hilflosigkeit, da sie alles verloren hatten, und meinten: „Gehen wir mit, denn
hier müssen wir verhungern. Bei der Gesellschaft aber wird so gut gegessen und
getrunken, wie wir noch nie etwas ähnliches gekostet haben.“
Dieses Gespräch untereinander brachte es endlich dahin, dass sie beschlossen,
mitzugehen, worauf sie sogleich von Engeln unterrichtet wurden.
Nach beendeter Belehrung sagte Ich zu allen: „Die Aufklärung über Maria, ihre
Jungfrauschaft und die ganze Geschichte ihres Daseins, die Ich euch gab, wird
auf der Erde als Ketzerei betrachtet und unter Fluch verdammt, wer anders meint.
Auch bei euch Protestanten ist die grobe Anschauung über Maria verbreitet, - nun
aber wisset ihr es, wie die Wahrheit beschaffen ist, und so werdet ihr alle
einer Kenntnis und eines Sinnes über die jungfräuliche Mutterschaft Mariens, was
auch eine Bedingung ist, um keine unheiligen Gedanken über Maria und Gott in
Zukunft zu pflegen.“
Bekanntlich war bis zum Jahre 1854 Maria auch in der römischen Kirche nicht
besser daran wie in der protestantischen und man stritt ihr die Sündenlosigkeit
und die unbefleckte Empfängnis ab. Nun aber sind euch die Tatsachen bekannt, und
so möget ihr eure falsche Lehre ändern, wie eure verstorbenen Vorfahren sie im
Jahre 1546 sogleich als falsch erkannt und Meine Aufklärung als richtig, und der
Heiligkeit Gottes würdig, angenommen haben.
So
vergrößerte sich die Gesellschaft, als die Juden beitraten, um mehrere tausend
Köpfe und wurde bunter, was auch wesentlich zur gegenseitigen Duldung beitrug.
50.
Krieg der Geister in der Wolkenwelt
(Die Reise auf einen Berg. Zusammentreiben der Wolkengeister unter Blitz und
Donner. Ihre Beichte, warum sie als Römische die protestantischen Gegenden mit
Einschlägen, Überschwemmungen oder Hagel bestrafen. Die Friedensgeister
bestrafen die bösen Geister dafür.)
Die Belehrung war zu Ende, und so brachen wir wieder auf. Diesmal schlugen wir
unseren Weg aufwärts auf einen Berg ein. Hinaufgekommen, sagte Ich: „Setzet euch
nieder und ruhet aus.“
Nach Verlauf einer schwachen Stunde sagte Ich zur Gesellschaft: „Passet jetzt
auf! Es wird bald etwas Neues geben.“ Alles spitzte nun die Ohren und schärfte
die Augen, was es da geben werde. Ich berief den großen Erzengel zu Mir und
sagte ihm: „Gehe hin über die Berge und bringe Mir die Wolkengeister her!“
Sogleich verschwand der Erzengel und es dauerte nicht lange, dass von allen
Seiten Gewitterwolken aufzusteigen begannen, die, je näher sie kamen, desto
dunkler und grauer wurden. Endlich begann es zu blitzen und zu donnern, welches
immer heftiger zu werden drohte. Es entluden sich gewaltige Kracher, und da und
dort schlug es heftig ein, so dass die Gesellschaft sich beunruhigt fühlte.
Nun
sagte Ich: „Herunter, ihr argen Geister, zu Mir!“ Blitzschnell fuhren eine
ungeheure Anzahl Geister zu Mir herab und umkreisten die Gegend um uns.
Als
dies geschehen, sagte Ich: „Saget uns die Wahrheit, was treibt euch an, eure
Bosheit in den Wolken zu treiben und die armen Erdenbewohner zu schrecken und zu
schädigen?“
Auf
diese Frage trat ein wie ein Priester angezogener, aber sehr schmutziger,
zerrissener und garstig geformter Geist vor und sagte: „Ich und meine Kollegen
waren römische Priester und sehr böse auf die Protestanten, da sie uns mit ihrer
Irrlehre unsere Ruhe und Gemächlichkeit störten. Als wir gestorben waren, trat
unsere Bosheit, da wir aller Rücksicht frei wurden, in große Rachsucht über. Und
so beschlossen wir, die lebenden und zum Protestantismus übergetretenen
römischen Christen tüchtig zu züchtigen. Daher sammelten wir unsere Gläubigen,
deren es eine große Zahl gab, zusammen und zogen in die protestantischen
Gegenden. Dort trafen wir unsere Gegner friedlich in Wolken über ihre Gegenden
schweben und sie wie Beschützer bewachen. Als wir ankamen, kamen sie uns
entgegen und fragten uns, was wir in ihren Gegenden suchten. Wir aber
antworteten: ,Wir suchen die Gegenden der Ketzer auf und wollen ihnen ihre
Treulosigkeit gegen unsere römische Mutterkirche ordentlich bezahlen.’
Die
Obersten dieser Geister sagten: ,Höret! Wer geht von uns in eure
römisch-christlichen Gegenden, eure Angehörigen auf der Erde zu schädigen, weil
sie nicht zu unserer Religion übertreten und unsere armen Zurückgebliebenen
bedrängen und verfolgen?’
Wir
antworteten: ,Wir sind in unserem Rechte, da wir der alleinseligmachenden Kirche
in Rom angehören, von der diese Ketzer als Abtrünnige abgefallen sind.’ Wir
machten nicht viel Wesen mit ihnen, sondern ergriffen sie, prügelten sie
ordentlich durch und jagten sie in die Flucht. Dass es dabei sehr heftig zuging
und es viel Blitze und Donner gab, ist selbstverständlich. Als wir gesiegt
hatten, ließen wir die Gegend ordentlich überhageln. Aber nicht lange dauerte es
und wir wurden von mächtigen Geistern angegriffen und teils auf die Erde im
Regen gefestigt geworfen, teils in die Flucht gejagt, und unter letzteren waren
auch wir. Seit dieser Zeit wiederholen sich unsere Wolkenstreifzüge und -kriege,
wobei wir zuweilen Sieger, zuweilen Besiegte bleiben.
Wir
sind zwar immer die Mächtigeren, aber wenn die Hetze recht lustig und heftig
zugeht, da kommen hohe, lichte Geister von oben, und diese besiegen uns jedes
Mal und machen Frieden. Daher nennen wir sie spottweise ,Friedensgeister’. Aber
eines erreichen wir doch, dass wir diese Ketzer auf Erden oft exemplarisch
bestrafen mit Einschlägen, Über-schwemmung oder Hagel, und das ist eine Erholung
für die gute Sache unserer Kirche. Freilich verlieren wir viele Tausende von
unseren Mitstreitern bei jeder Niederlage, da sie die Friedensgeister
unbarmherzig auf die Erde schleudern, wo sie im Wasser in die Erde versickern
und daselbst gebannt werden, bis auch für sie durch Lösung ihrer Kerker und
Fesseln die Freiheit erblüht. Aber wir kühlen doch unsere Rache und so führen
wir einen beständigen gegenseitigen Krieg. Wir haben Dir unsere Beschäftigung
erzählt. Sage, was willst Du von uns, dass Du uns mit dem gewaltigen Geist zu
Dir treiben ließest?“
51.
Die Lehre über die Höllenqualen und die ewige Verdammnis
(Frage des Anführers an die Priester, ob Christus Böses mit Bösem zu vergelten
gelehrt hat. Die Priester antworten als päpstliche Sklaven, die sich weder um
Christus noch um Bibel scheren. Die Hölle öffnet sich für die römischen Priester
als Ketzer und Antichristen. Päpstliche Dogmen, nicht Christi Lehre als
Hauptlehre. Wahrheitsgetreue Beichte der Priester.)
„Was Ich von euch will, das wird euch bald klar werden. Ich frage euch als
Priester: Steht das im Neuen Testament vorgezeichnet als der Liebe entsprechend?
Hat Christus so die Feinde lieben gelehrt? Und Böses zu tun befohlen? Saget, ihr
bösen Teufel, wo steht das in der Bibel gutgeheißen, was ihr tut gegen
Andersgläubige?“
Auf
diese Frage waren sie nicht vorbereitet, doch ermannte sich einer und sagte:
„Wir tun das, was uns die römische Kirche vorschreibt, um anderes haben wir uns
nicht zu kümmern. Wir tun unsere Pflicht und damit genug.“
„Kurz angebunden ist eure Antwort, und wie Sklaven antwortet ihr Mir,“ sagte Ich
zu ihnen, „Aber damit ist Mir nicht gedient. Ich will, dass ihr Mir wie Priester
antwortet und euch auf Grundlage der Christuslehre rechtfertigt, da ihr immer
vorgebt, Gottesdiener zu sein!“
„Ah, was Christus, was Bibel, wir leben als freie Geister und scheren uns weder
um das, noch um jenes. Wir kennen Dich nicht und wundern uns, obwohl Du ein
mächtiger Geist zu sein scheinst, wie Du Dich unterstehst, uns zu beunruhigen
und zur Verantwortung zu ziehen, da wir Dir nie etwas zu Leide getan haben?
Also, was willst Du eigentlich von uns?“
„Ich will,“ antwortete Ich, „dass ihr euer arges Treiben aufgebt und als
Christen nach der Christuslehre lebt, sonst muss Ich ernster mit euch reden.
Denn ihr handelt wie Bösewichte und euer Maß ist voll. Entweder umkehren und
folgen, oder Ich muss ein Strafurteil über euch verhängen.“
„Ach, was Du nicht alles sagst. Im freien Geisterreich und mit der Strafe
donnern. Das ist nicht übel. Gott straft nicht, Du aber willst strafen? Gehe Du
Deine Wege und wir gehen unsere und so werden wir ganz gut bestehen. Nur mit dem
Drohen verschone uns, denn wir sind nicht dafür empfänglich.“
„Gut,“ sagte Ich, „Ich werde euch empfänglich dafür machen. Ihr habt auf der
Welt viel von der Hölle und von der ewigen Verdammnis und ewigen Höllenqualen
gepredigt, welche Bösewichte und Missetäter erwarten, die sich nicht bekehren
wollen. Seht, ihr seid solche groben Sünder und Verbrecher am Nächsten, die sich
nicht bekehren und noch darüber spotten. Daher sage Ich: Hephata!“
In
diesem Moment erbebte der ganze Berg und spaltete sich oben an der Spitze,
woraus Flammen und Rauch emporstieg. „Her mit euch!“ Auf diese Worte schossen
blitzschnell die Engel hinter die bösen Geister und trieben sie zusammen zu Mir.
Diese aber erhoben ein ungeheures Geschrei vor Furcht und Angst und baten Mich,
sie nicht in die Hölle zu treiben.
Ich sagte ihnen: „Warum denn nicht? Ihr habt so oft die Ketzer und Gegenrömer
verflucht und mit Dathan und Abiram in der Hölle zu brennen verdammt, warum
sollet ihr nicht hineingehören, da ihr doch die größten Ketzer und Antichristen
seid? Denn alles, was gegen die Lehre Christi verstößt, ist ketzerisch und
antichristlich. Und daher sehe Ich in euch die größten Ketzer und Antichristen.“
Die
Geister baten Mich, Ich solle sie doch nicht in die Hölle stoßen, sie wollten
alles tun, was Ich verlange, nur mit der Hölle und den ewigen Höllenflammen
solle Ich sie verschonen.
Nun
erwiderte Ich ihnen: „Reif für die Hölle seid ihr wohl, aber Ich will nicht nach
römischer, sondern nach Christi Lehre handeln, wenn ihr Mir versprecht, euch zu
bessern und nicht mehr Böses zu tun.“
Die
Geister fielen auf die Knie vor Mich und dankten Mir für diese Gnade und baten
Mich, Ich solle ihnen angeben, wie und was sie in Zukunft tun sollen, dass sie
recht handeln werden.
Ich
fragte die Priester: „Sagt Mir, ihr angeblichen Gottesdiener, was habt ihr denn
die Gläubigen gelehrt, dass ihr nicht wisst, wie ein Christ leben und handeln
soll, um das ewige Leben zu gewinnen?“
Diese antworteten Mir: „Du weißt gewiss, wie unsere römische Lehre beschaffen
ist, wo der Papst die Hauptperson bildet, und dass die päpstlichen
Menschensatzungen die erste und Hauptlehre bilden, denn diese trägt Geld ein,
die Christuslehre aber nichts. Daher weißt Du, dass unsere Hauptaufgabe die war,
das zu lehren, wodurch wir Geld verdienen. Wir schoren die Schafe nach bestem
Wissen und Können und fütterten die Gläubigen mit unchristlichen Satzungen, die
man uns von Rom aus vorgeschrieben hat zu lehren. Und das ist ein Mischmasch,
welches zu nichts taugt, und wobei wir selber Ungläubige geworden sind, da wir
aus dem Lauf der Geschichte ersehen haben, dass Gott die Übertreter und Frevler
am Gebote nicht straft. Siehe, so lautet unsere Glaubensbeichte.“
52.
Die Reformation als Gottesstrafe gegen die päpstlichen Dogmen
(Worin die göttlichen Strafen bestehen. Die protestantische Gegenbewegung.
Beleuchtung der Gottesstrafen an der römischen Kirche. Der Höllenkrater schließt
sich wieder. Die Freiheit der Handlungen. Aufklärung über die Hölle in der
Wolkenregion. Das Gebot der Nächstenliebe. Die Geister bekennen ihr Unrecht und
bitten um Unterweisung in der echten Christuslehre.)
Darauf erwiderte Ich: „Eure Glaubensbeichte ist sonst ganz richtig, nur in dem
Falle nicht, dass Gott nicht straft. Wie könnet ihr als Priester das behaupten
und sagen, Er straft nicht, da ihr die Bibel kennt und wisst, dass Gott einzelne
Menschen wie ganze Völker gestraft hatte?“
Sie
erwiderten Mir: „Das haben wir wohl gelesen, aber die Geschichte der römischen
Kirche raubte uns allen Glauben, da wir das Grundübel dieser Kirche immer
ungestraft höher steigen sahen, und doch zeigte sich nirgends eine Hilfe, diesem
Ungeheuer ein Ende zu machen.“
„Ihr meint also, dass es dann keinen Gott gibt,“ wandte Ich ein, „weil ihr keine
Strafen bemerkt habt? Das ist allerdings fatal, dass ihr den Wald vor lauter
Bäumen nicht seht, es hat doch eine Menge Strafen gegeben. Nur das ist der Fall,
dass Strafen Gottes mit Bosheiten und bösen Taten der Menschen abwechselten und
ihr die Motive nicht wusstet, warum dies und jenes geschah. Es hat böse Päpste,
Herrscher und Völker gegeben, und die Strafen folgten nach geistiger Berechnung.
Dies zu sehen, war euch nicht gegeben, weil ihr immer äußerlich und mit
Voreingenommenheit geurteilt habt. Saget Mir: Für was schauet ihr die
protestantische Gegenbewegung an?“
Als
die Priester diese Frage gestellt hörten, fingen sie an nachzudenken und sagten:
„Ja, wie, soll das eine Gottesstrafe sein? Und wir beteiligten uns selbst
fleißig daran und halfen, die Protestanten zu verfolgen und ihnen wehe zu tun im
Leben, wie jetzt im Geisterreich.“
Darauf erwiderte Ich: „Gerade das ist eine große Strafe für den römischen
Schwindel, Lug und Betrug, der durch die Dogmen der Päpste die Welt verpestet
und das Volk in die heidnische Finsternis hineinzieht. Die Priester wissen vor
lauter Hochmut, Habsucht und Herrschgelüsten nicht, wie sie die ganze Menschheit
noch mehr verdummen und dann knechten und ausbeuten können, und siehe, hier
steht der Mann, der als Strafe Gottes über die Römer kam und ihnen die Speise
gehörig versalzte. Und Ich sage euch, das wird gute Früchte tragen und das
Römertum immer mehr schädigen und ihm Abbruch tun. Dann wird auch die
Wissenschaft immer stärker das böse Gebäude des römischen Heidentums zu
untergraben anfangen, und so wird sich alles mögliche herausbilden und wie ein
Krebs an der römischen Kirche fressen und ihr garstiges Innere aufdecken,
wodurch die Gläubigen immer stärker abfallen und zuletzt ganz ausbleiben werden.
Sehet, das ist die Zukunft von der feilen Buhle, die ums Geld alles tut und
keinen anderen Gott kennt als sich selbst. Nun, was saget ihr dazu?“
„Ja, sehen die Strafen so aus? Dann merkt sie ein befangener Mensch nicht,“
erwiderten die Priester. „Wir dachten an sichtbare Vernichtungen und
Gewaltmaßregelungen, und diese sahen wir bisher nicht, nun aber verstehen wir
die Sache schon. Aber lieber Herr! Wir sehen mit Schrecken noch immer die
Flammen und den Rauch aus dem Berge steigen, den Du spalten und für uns die
Hölle öffnen ließest. Wir tun gern alles, was Du willst, nur mache den
Höllenkrater wieder zu, dass wir etwas mehr Leben und Freiheit bekommen.“
„Es
geschehe nach eurer Bitte,“ antwortete Ich. „Aber ihr seid wert, ein wenig von
dem zu kosten, womit ihr euren Zuhörern die Freiheit geistig und leiblich
unterdrücktet, um sie widerstandslos zu machen, selbst zu denken und zu handeln.
Bei euch bewährt sich der Spruch: ,Wo der Geist des Herrn ist, dort ist
Freiheit.’ Da bei euch vollkommene Glaubenssklaverei herrschte und auf der Welt
noch herrscht, so ist es doch offensichtlich, dass in euch und in allen
Freiheitsunterdrückern nicht der Geist des Herrn, sondern des Satans ist,
welcher den Gegenpol Gottes vorstellt.“
Da
der Höllenkrater sich wieder schloss, bekamen auch die Geister mehr Mut und
sagten: „Es ist eine bekannte Sache, dass man unter dem Druck der Gewalt und
Strafdrohung furchtsam wird und alles zu tun verspricht. Daher bitten wir Dich:
Gib uns vollkommene Freiheit zu bleiben oder zu gehen, dann können wir uns
entscheiden, was wir tun wollen.“
Ich
erwiderte ihnen: „Glaubet ihr, dass Ich euch wirklich strafen werde? O nein, Ich
wollte euch nur die Hölle genug heiß machen, mit der ihr eure Gläubigen immer
geschreckt habt. Bei Mir gibt es solche Strafen nicht, sondern ihr hättet euch
durch die Menge eurer Sünden immer mehr in die Finsternis, in Zorn und in die
Unzufriedenheit hineingearbeitet. Und so wäret ihr selbst immer tiefer nach
unten gefallen.
Die
Schwere eurer Sünden hätte euch immer tiefer zum Grunde der Hölle gedrückt, bis
ihr endlich, ganz höllisch geworden, eure Sünden erkannt hättet. Derweil hättet
ihr aber viel gelitten und ausgestanden. Glaubet ihr, dass euer Kriegsleben in
den Wolken keine Hölle ist? Auf der Erde ist ein Krieg, Morden und Rauben,
welches gegen das fünfte, siebente und zehnte Gebot Gottes verstößt, also eine
Satanssünde. Soll euer Wolkenkrieg etwas anderes sein? O mitnichten! Ihr mordet
den Menschen ihre Liebe, also das Edelste, die Gottheit im Menschen. Ihr raubet
den Gegengeistern die Ruhe, den Frieden, die Zufriedenheit und denen auf der
Erde das materielle Glück. Somit seid ihr böse und Diener des Satans und werdet
den Strafen nicht entgehen, welche von sich selbst eintreten, wenn man die
Gebote Gottes nicht respektiert, sondern sie übertritt.
Saget Mir: Seid ihr bei eurem Wolkenkrieg glücklich? Was habt ihr für einen
Nutzen davon? Wer hat euch beleidigt und aufgefordert, Krieg zu führen und Böses
zu tun? Die Protestanten gewiss nicht, sondern aus eigenem Antriebe ihr selber.
Sehet ihr das nicht ein, dass, wer Böses tut, ein Teufel und ein Diener des
Satans ist?
Heißt das ,Liebe Gott über alles und deinen Nächsten wie dich selbst’ dadurch zu
erfüllen, wenn man gegen Gottes Gebote handelt und den Nächsten als Bruder und
Gottes Kind verfolgt und ihm wehe tut? Saget Mir, ihr argen Teufel, ist das
nicht das direkte Gegenhandeln gegen die Gottes- und Christuslehre?“
Diese Donnerrede machte die Priester und ihre Truppe kleinlaut und verzagt und
sie wussten nicht, was sie Mir antworten sollten. Sie besprachen sich
untereinander und fragten auch ihre Anhänger, was ihre Meinung darüber sei und
was sie Mir antworten sollten. Diese aber meinten: „Der Herr hat in allem Recht
und wir können Ihm nichts als Recht geben. Und weil wir einsehen, dass wir
unrecht handeln, daher ist es unsere Aufgabe, umzukehren und anzufangen,
christlich zu leben.
Aber wer gibt uns die rechte Lehre, denn eure bisherige Lehre ist Seinen
Ausführungen nach eine Teufelslehre, weil wir teuflisch handelten und dachten,
wir tun recht. Wisst ihr was? Bekennet unser Unrecht und bittet Ihn, ob Er nicht
wüsste, uns die echte Christuslehre anzugeben, nach welcher wir recht und gut
leben und handeln möchten.“
Die
Priester meinten: „Die echte Christuslehre ist doch in der Heiligen Schrift
enthalten, aber wir sind so finster, dass wir aus dem großen Chaos der
Kirchenväter und päpstlichen Dogmen selbst nicht mehr das Reine und Richtige
erkennen. Aber wir wollen doch den Willen unseres mitziehenden Volkes tun.“ Und
so kehrten sie zu Mir zurück und sagten: „Lieber Freund! Deine Aufklärungen sind
wohl ganz richtig und wir sehen ein, dass wir böse Geister sind. Aber was wollen
wir machen, da wir aus dem großen Chaos unserer Lehren und Erläuterungen der
heiligen Schrift nicht mehr herauskennen, was gut oder schlecht ist. Und da uns
unsere Anhänger aufgetragen haben, Dich zu bitten, uns die wahre Lehre zu
erläutern, so tun wir das um so lieber, da wir selbst des wahren Lichtes in der
Sache ermangeln. Sei so gut, wenn Dir das genehm ist, gib Du uns das wahre Licht
des Glaubens nach Jesu Lehre! Alles übrige wird sich dann schon machen.“
53.
Geistige Unwissenheit im Jenseits
(Die Bitte wird ihnen gewährt. Verwundern der Wolkengeister über die
himmlischgute Mahlzeit und den Engelgesang. Reise ins Tal. Einladung der
Bewohner einer Ortschaft von Kranken zur religiösen Besprechung. Was ist die
Ursache der Krankheiten? Unwissenheit der Kranken, dass sie gestorben und
Geister seien. Unwissenheit vom Verstorbensein durch die diesbezügliche
göttliche Verfügung. Die Krankenanstalten und Gesundheitskolonien im
Geisterreich. Verweis an einen Geist, am Friedhof sein Grab aufzusuchen.)
„Ich tue das sehr gern,“ antwortete Ich, „aber es handelt sich darum, dass ihr
dann auch sogleich eure jetzige Lebensart ändert, damit ihr einen Nutzen davon
habt. Denn das Wissen hilft euch nichts, sondern nur das Leben und Handeln
danach.
Sehet hier Meine Gesellschaft, es gibt auch in ihr solche und noch bösere Wesen
als ihr, aber diese haben, nachdem sie ihr Unrecht eingesehen haben, das frühere
Leben aufgegeben. Meine Lehre haben sie angenommen und sind bei Mir geblieben.
Es sind Protestanten samt Dr. Martin Luther, römisch- katholische Priester und
Volk und Juden mit ihren Rabbinern. Und alle diese können ruhig und friedlich in
Liebe, Demut und Geduld untereinander leben und verkehren, warum könnet ihr das
nicht? Ich will euch belehren lassen und wenn es euch gefällt, könnet ihr gleich
bei Mir bleiben. Für eure Verpflegung sorge Ich dann, aber unter der Bedingung,
dass ihr so lebt und handelt, wie euch die Lehre vorschreibt.“
Nun
berief Ich die Engel und ließ sie gründlich unterrichten. Als der Unterricht
beendet war, traten die Priester zu Mir und bedankten sich. Dann sagten sie,
dass ihre Anhänger sich geäußert hätten, dazubleiben, weil ihnen die Einfachheit
der Lehre und das daraus sich entwickelnde liebevolle Beisammenleben gefiele, so
wollten auch sie bleiben und durch Liebe, Demut und Toleranz sich den Himmel
verdienen. Dadurch war unsere Gesellschaft auf ca. ein drittel Million Köpfe
gewachsen.
Ich
ließ nach diesem großen Fischzug Mahlzeitspeise und Getränke zusammentragen,
segnete es und ließ es verteilen. Dann sangen die Engel das Loblied und darauf
wurde die Mahlzeit eingenommen. Die neuen Anhänger fragten nun, wo sie
eigentlich seien, denn es käme ihnen alles so himmlischgut und schön vor, dass
sie dächten, es müsse da schon eine Art Himmel sein.
Worauf Ich sagte: „Himmel ist überall, wo Liebe, Demut, und Eintracht herrscht,
doch der eigentliche Liebeshimmel ist beim Vater und dieser Liebeszustand der
Seele muss erst emporgebildet werden. Je feiner und geistig edler die Seele
wird, desto höher genießt sie die Seligkeit. Das Brot und der Wein sind aus dem
Himmel, aber euer Genuss daran wird sich immer steigern, je höher ihr geistig
stehen werdet. Und so ist es auch mit dem Gesang, jetzt geht er euch durch die
Nerven und macht euch nervös. Je liebevoller und demütiger ihr werdet, desto
angenehmer und lieblicher wird er euch dann sein.
Trachtet daher, recht fleißig den Lehren Gottes nachzukommen, und je schneller
und besser ihr dem nachkommen werdet, desto früher werden wir in den Himmel zum
Vater Jesus gelangen, wo eure Glückseligkeit besiegelt wird. Jetzt aber wollen
wir sogleich aufbrechen und ins Tal ziehen und so kommet mit uns hinab in die
Niederung.“
Ins
Tal gekommen, machten wir eine längere Reise auf der Straße, die durch das Tal
führte, bis wir nach mehreren Stunden in eine Gegend kamen, welche recht
armselig war. Hier befahl Ich zu rasten und auszuruhen.
Nach einer Stunde Rast sagte Ich zu den Engeln: „Gehet in die Ortschaft, welche
hinter diesem Hügel vor uns liegt und saget den Ortsinsassen, sie sollen alle zu
uns herauskommen, wo wir eine religiöse Besprechung halten wollen.“
Die
Engel begaben sich sogleich in die große Ortschaft und verkündeten Meinen
Auftrag. Hier aber war eine Krankenanstalt, wo viele tausende Kranker ihrer
Heilung halber sich aufhielten. Daher fragten die Bewohner, was mit denjenigen
Kranken zu geschehen habe, welche nicht gehen könnten.
Die
Engel antworteten: „Traget sie hinaus, denn es ist für ihre Heilung von
unberechenbarem Vorteil, wenn sie auch dabei sind.“
Die
barmherzigen Pfleger der Kranken ergriffen die verschiedenen Lagerstätten und
Sänften und trugen ihre Kranken zu uns und stellten sie auf wie in einem großen
Krankenzimmer, während diejenigen Kranken, welche noch gehen konnten, sich auf
die entgegengesetzte Seite aufstellten und warteten, was geschehen würde.
Nun
trat Ich vor und sagte: „Jeder von euch ist ein Sünder, denn wegen eurer vielen
und verschiedenen Sünden sind eure Krankheiten entstanden. Daher, liebe Freunde,
ist es eine Hauptaufgabe, dass ihr erkennet, dass ihr Sünder seid und dass eure
Krankheiten davon abstammen, dann wird es möglich, euch alle zu heilen.
Aber die Heilung hängt auch davon ab, dass ihr Meine Lehren annehmet, sie in der
Tat verwirklicht und fest glaubt, dass Ich euch heilen kann. Denn wer nicht
glaubt, der stößt die Heilung von sich und bleibt krank. Nun stellt euch
aufmerksam auf und tuet, was Ich euch sagen werde. Die nicht stehen können,
werden auch so zuhören können.“
Darauf ließ Ich die noch gehen Könnenden in Gruppen nach Krankheiten aufstellen
und sagte einem aus der Gruppe: „Höre, Primus! Du bist der armseligste unter
dieser Gruppe, gehe und erzähle ungeniert deinen Lebenslauf auf Erden. Denn
wisse, ihr seid grobe Sünder und als solche seid ihr mit Krankheiten geplagt
worden. An diesen seid ihr gestorben und in diese eure bisherige Krankenanstalt
im Geisterreich gebracht worden von barmherzigen Menschen, die sich damit ihren
Himmel verdienen wollen.“
Diese Aufklärung überraschte alle Kranken und Zuhörer und sie meinten: „Wir
wissen gar nicht, dass wir gestorben wären, wie kann das möglich sein? Alles
übrige stimmt, aber dass wir tot und Geister wären, das ist uns unbegreiflich.
Wie kannst Du uns das beweisen, weil wir doch gerade solchen Körper haben wie
immer und gerade dort unsere Wunden und Schmerzen, wo wir sie immer bemerkt
haben?“
Meine Antwort darauf war folgende: „Es ist göttliche Fügung, dass die Menschen,
wie auf der Erde so auch im Geisterreich, oft eine Behandlung erfahren, welche
sie nicht aufklärt, sondern sie müssen selbst zu denken anfangen. Und so kommen
sie ins Geisterreich ohne zu wissen, dass sie gestorben sind. Solche Seelen
werden dann unter solche eingereiht, welche gleichfalls nichts von ihrem
Abscheiden von der Erde wissen. Diese Armen werden in ihrer Unwissenheit so
lange belassen, bis sie anfangen über ihre Sünden nachzudenken und den guten
Willen haben, gute Menschen zu werden. Ist dies geschehen, dann fangen ihre
Krankheiten langsam an zu heilen und sie kommen fort aus der Anstalt in
Erholungskolonien, wo sie sich weiter ausbilden und auch ihre kranken Seelen von
Sünden heilen, welche die Ursache ihrer Krankheiten waren.
Dass solch eine Seele nicht bemerkt, dass sie ein Geist ist, kommt davon her,
weil sie nicht bemerkt, dass sie je gestorben ist und weil ihr Seelenleib
eigentlich der leidende Teil des Menschenleibes ist, nicht aber das Fleisch.
Dieses muss euch daraus einleuchtend sein, dass der Mensch im Fleische die Sünde
begeht, aber das Fleisch hat nach dem Tode nichts zu leiden, sondern es ist tot
und verwandelt sich in andere Lebewesen, ohne den geringsten Schmerz zu
empfinden, ohne seine Verwandlung zu gewahren. Während die Seele für körperliche
Sünden und Übertretungen leiden und oft stark büßen muss. Also ist dann gewiss
die Seele die genießende der Weltfreuden und nicht das Fleisch, denn sonst
müsste das Fleisch leiden nach dem Tode und nicht die Seele.
Der
Körper ist nur ein Instrument der Seele, welches durch ihren Nervengeist belebt
und bewegt wird, und unverantwortlich für seine Handlungen nach dem Tode, wie
die Zange des Schmiedes für die verpfuschte Arbeit. Nun wisset ihr die
Geschichte eurer Herkunft, welche dir noch besser dadurch bewiesen wird, dass du
dich auf den Friedhof deines Krankenortes hindenkst, und dann suche dein Grab,
also tue das!“
54.
Das Beichten am Totenbett nach römischer Art ist wertlos
(Der Geist liest seine Grabesinschrift und verwundert sich, dass er tot sei.
Lebensgeschichte des Verstorbenen. Aussage des zweiten Geistes, woran er
gestorben sei. Beichte und Kommunion am Totenbett nach römischer Art ist
wertlos, weil man trotzdem in die Hölle kommt. Belehrung, wann die Sünden
verziehen werden. Verwundern des Geistes, dass er in der Hölle sei und Frage
nach Höllenfeuer, Satan und Teufeln.)
Der
Primus und die ganze Gesellschaft blieben einige Minuten still und warteten auf
das Resultat. Plötzlich las er: „,Hier liegt begraben Primus Weber, welcher hier
in Altendorf im Jahre 1490 am 28. Februar geboren wurde und im Jahre 1530, am 5.
Oktober, an einer unheilbaren Krankheit gestorben ist. Ruhe seiner Asche!’
Merkwürdig, sonderbar! Ich und tot? Das ist mir ein Wunder, ein Rätsel“, sprach
er vertieft in seine Gedanken. „Und ich wusste nichts davon!“
„Ja, schon 16 Jahre liegt dein verfaulter und vermoderter Fleischleib im Grabe,
- und da du dessen überzeugt bist, so erzähle uns deine Lebensgeschichte, nach
welcher du krank geworden bist.“
Der
Kranke fing nun seine Lebensgeschichte zu erzählen an, indem er sagte: „Ich war
der einzige Sohn braver Eltern, die mich wie ihr Kleinod betrachteten und
fleißig pflegten, aber leider viel zu viel liebten und mir alles erlaubten. Ich
wuchs heran zu einem stattlichen Jüngling und wurde teils geliebt, teils
gehasst, weil ich zu kühn, zu keck und zu verwegen war. Ich suchte mir
gleichgesinnte junge Leute aus und mit diesen beging ich manche böse und
sündhafte Tat.
Meine Eltern sahen freilich jetzt ein, was die elterliche Affenliebe aus Kindern
zeitigt. Aber es war zu spät. Ich ließ mich nicht mehr bändigen. Die Eltern
hatten gewünscht, ich solle heiraten; aber die Mädchen flohen vor dem Wüstling
und keine wollte von mir etwas wissen. Denn es gab schon Kinder ohne Ehe, - und
so führte ich mein Leben ohne Frau nach öffentlichem Skandalstile weiter.
Meine Eltern trauerten und grämten sich über mein verfehltes Leben so lange, bis
sie der Gram aufgezehrt und ins Grab gebracht hatte. Ich war damals 30 Jahre alt
und reif an allen Untugenden. Mit diesen trat ich meine Erbschaft an und hielt
mir fremde Dienstboten ohne eine spezielle Aufsicht. Da kann man sich denken,
wie es in meinem Hause zuging! Die Dienstboten waren faul und diebisch; die
Mädchen, die ich gern sah, ebenfalls. Jahr auf Jahr ging meine Wirtschaft herab
und verfiel immer mehr in Schulden.
Mein wüstes Leben ohne Regel und Ordnung brachte Krankheiten zum Vorschein, vor
denen man sich fürchtete. Daher musste ich ins Spital, alles den Dirnen
überlassend, mit denen ich lebte. Die Schuldner meldeten sich, die Wirtschaft
wurde verkauft und das Geld an die Gläubiger verteilt. Ich erfuhr zwar alles,
aber ich war gebannt ans Bett, krank und verlassen von allen bis auf die
Spitalwärter.
Jahrelang blieb ich im Spital, denn man konnte mich nicht mehr kurieren. Ich
fluchte und betete, aber es half nichts. Nun erfahre ich, dass ich im Jahre 1530
gestorben bin. Wann war das, wie lange ist das schon her?
„16
Jahre, sage Ich dir,“ antwortete Ich ihm. „Denn wir zählen jetzt nach irdischer
Berechnung 1546. Ich glaube, dass du jetzt überzeugt bist, dass deine Krankheit
und dein Tod eine Folge deines sündenbeladenen Lebens und deiner Wüstung im
Fleische war!“
„Ganz richtig“, sagte Primus.
Ich
wandte Mich zu den Übrigen und sprach: „Jetzt saget ihr Mir alle aus dieser
Gruppe, ob ihr andere Ursachen habet zu euren Krankheiten!“
„Nein, minder oder mehr sind wir die gleichen Sünder gewesen wie dieser
Mitkranke.“
Nun
ging ich zur zweiten Gruppe und fragte den ersten: „Johann, sage du uns deine
Lebensgeschichte, denn deine Krankheit ist eine andere gewesen.“
„Ja
leider, aber gleich tödlich. Denn jetzt glaube ich schon, dass ich im
Geisterreich bin, weil mein Freund Primus dieses zugab, worauf ich gleich
dasselbe anstellte und mich gleichfalls überzeugte, dass ich von der Welt
abgeschieden bin.
Meine Geschichte ist kurz diese: Ich lebte gut, aß, trank, was mir schmeckte,
besuchte Wirtshäuser, tanzte fleißig, verkühlte mich dabei, bekam Lungensucht
und starb. Dass ich nebenbei verschiedene Sünden beging, ist selbstverständlich.
Ich beichtete und kommunizierte zuletzt, aber wie ich nun sehe, war das wertlos,
denn ich bin in kein Paradies, sondern etwa in eine Hölle der Kranken gekommen?
Ja,
sicher so, denn das Beichten und Kommunizieren nach römischer Art wurde von
Christus nie gelehrt noch eingeführt, sondern von neugierigen und Polizei
ausübenden Pfaffen.“
Ich
sagte darauf: „Gott hätte dir übrigens, weil du verdummt warst, doch verziehen.
Aber es war kein Ernst da, sich zu bessern, kein Vorsatz, die Sünden nicht mehr
zu begehen, sondern du hast deine Sünden dem Priester erzählt, wie man eine
Schuld abzahlt, er gab dir Absolution und du bliebst derselbe wie nach jedem
Beichten. Somit hast du den Priester, speziell aber dich belogen. Weißt du, die
Sünden werden nicht verziehen, wenn man nicht vollernst sich vornimmt, sie nicht
mehr zu begehen und Buße tut. Da du weder das eine noch das andere getan, daher
wurden sie nicht verziehen und du kamst als grober Sünder in die Hölle, in diese
Krankenanstalt.“
„Was, das soll die Hölle sein? Wo ist das Höllenfeuer? Wo ist der Satan, wo
seine Teufel? Ich sehe von alledem nichts. Darum erkläre uns das, denn das ist
uns ganz fremd und stimmt mit der römisch-christlichen Lehre unserer Priester
nicht überein!“
55.
Aufklärung über Hölle, Satan, Materie, Seele und Gott
(Aufklärung, was die Hölle ist. Aus was Satan, Materie, Seele und Gott bestehen.
Lebensgeschichte des dritten Geistes. Woher die Krebskrankheit stammt. Die
Lebensgeschichte des vierten Geistes. Aufklärung über den Krieg und die Strafe
Gottes dafür. Der mächtige Seelen- und Leibesarzt, der alle Kranken heilt. Große
Lobeserhebungen über die gute Mahlzeit.)
Ich
sagte jetzt allen: „Die Hölle ist der leidige, kranke Zustand deiner Seele,
deines geistigen Leibes. Das Höllenfeuer ist dein oftmaliges Ärgern und Zürnen,
deine wilde Unzufriedenheit. Der Satan sind deine unreinen Gedanken, die dir
alles Weltliche, Ungeistige vorgaukeln. Es ist das eine böse, infizierende, die
Gedanken auf falsche Wege leitende Luft, die aber ein Geist ist, wie Gott auch
eine Luft und ein Geist ist und die Teufel seid ihr selbst, so lange ihr böse
und voller Sünden seid.“
Diese vollwahre Aufklärung machte eine große Sensation in der ganzen
Gesellschaft und Martin Luther trat zu Mir und sagte: „Lieber Herr! Sage mir,
wie kommt es dann, wenn Satan oder Luzifer nur eine böse, die Seele
krankmachende Luft ist, dass sich diese Luft als ein Drache und als ein
himmlisch-schönes Frauenzimmer vorstellen konnte?“
Darauf antwortete Ich der ganzen Gesellschaft: „Der Geist Gottes hat die
Allmacht in Sich, alles nur Denkbare herstellen zu können. Eure Seelenleiber
sind auch eine Art Luft und sie sind kunstvoll formierte Leiber. So ist auch der
Stoff, die Materie, aus welcher die Menschenleiber auf Erden bestehen, dieselbe
Luft, wie die der Seele, aber komprimierte, verdichtete, den Fleischesaugen
sichtbar gemachte Materie aus dieser Luft.
Da
aber der Geist der Satana oder des Luzifers ein Teil der Gottheit ist, daher
kann er sich in jede beliebige Form verwandeln, die von Gott erlaubt ist. Nur in
Liebesformen und -gestalten und Liebeshandlungen kann er sich nicht verwandeln,
weil er aus Hass, Zorn und Hochmut besteht, welche die Gegenpole von Liebe und
Demut sind, die die Gottheit repräsentieren. Die Luft, aus welcher eure Seele
besteht, ist das Feingeistige, während die, aus welcher der Körper gebildet
wurde, das Grobgeistige der in die Materie verwandelten Seele der Satana ist.“
Nach dieser Aufklärung trat Ich zu der dritten Gruppe und fragte den
nächststehenden Kranken, woran er krank geworden sei.
Dieser antwortete nun: „Meine Eltern ließen mich studieren und ich wurde ein
Doktor. Doch leider ein solcher Doktor, der die Menschen schindet, und ihnen
langsam das Geld aus der Tasche raubt für die Prozesse, wobei zuletzt er der
Gewinnende, der Gewinnsuchende aber der Verlierende wird. Herzlose Ausbeutung
und Ausraubung der Klienten war mein einziger Gedanke. Das dauerte viele Jahre.
Endlich ereignete sich der Fall, dass ich mich in die Brust zwickte, woraus ein
Krebsgeschwür entstand und der Krebs fraß immer tiefer ein, bis er mich
umbrachte.
Ich glaube, das war eine Strafe! Ich fraß das Vermögen meiner Klienten, der
Krebs aber meine herzlose Brust. Ich fragte einige von den bei mir stehenden
Kranken, woher sie zur Krebskrankheit kamen, und siehe, alle hatten ein solches
Vorleben, dass man ihren Krebs als Strafe betrachten konnte. Ich gebe zu, dass
nicht alle Krebskrankheiten meine Ursache zugrunde haben, aber es ist oft der
Fall, dass es so ist, so ist hier einer mit einem Nasenkrebs, der von Ansteckung
herstammt, von alles Genießen wollen usw.“
Ich
ging zu der vierten Gruppe und fragte einen der Kranken, woher seine Krankheit
stamme. Dieser erzählte uns seine Lebensereignisse, welche er auf den
Schlachtfeldern erlebt hatte und meinte: „Es wird schier auch hier eine Strafe
Gottes sein, denn ich habe gedankenlos gemordet und geraubt, obwohl dies in
Gottes Geboten verboten ist. Aber man verlangte von mir, den Eid der Treue dem
Monarchen zu schwören, und dieser schickte mich mit anderen in den Krieg gegen
seinen Feind, und hier musste ich töten, morden, und, weil im Feindeslande,
raubte ich, was mir Passendes unterkam. Denn der Krieg ist doch sonst nichts als
ein Raubzug der Raubmörder unter dem veredelten Namen Soldaten, deren Häuptlinge
und Anführer fein aufgeputzte Offiziere sind, die aber keine andere Miene
machen, weil ihr Herz keine Liebe und kein Mitleid kennt, als herzlos
niedermetzeln und den Feind vernichten, der ihnen nie etwas zu Leid getan, den
sie nie früher gesehen haben. Bei einem solchen Scharmützel bekam ich eine
klaffende Wunde als Rückzahlung für meine Herzlosigkeit, und da ich nun im
Geisterlande bin, so bin ich jedenfalls daran gestorben. Ich kenne hier einige,
die ähnliche Fälle durchgemacht haben, also betrachte ich das als Strafzahlung
für die Übertretung der Gebote Gottes und für meine Herzlosigkeit.“
Nun
sagte Ich: „Deine und der anderen Beichte ist vollwahr und da ihr eure Schuld
daran erkennet, so seid ihr reif, gesund gemacht zu werden. Und so will Ich mit
dem Ausfragen aufhören. Ich bin ein mächtiger Seelen- und Leibesarzt und kuriere
alle, die Mir aufs Wort glauben. Könnt ihr glauben, dass dies wahr ist?“
Da
meldete sich ein Kranker und sagte: „Da Du Anführer einer so großen Truppe von
Menschen bist, so kann es gar nicht anders sein, als dass Du die Wahrheit
sprichst. Und darum glaube ich fest, dass Dir möglich ist, uns zu heilen.“
„Sehr gut geurteilt, daher stehe auf aus deinem Bette!“ Der Kranke schaute Mich
voller Freude an und hüpfte in die Höhe und freute sich von ganzem Herzen seiner
Heilung und dankte Mir inbrünstig dafür. Nach diesem erhoben die Kranken auf
allen Seiten die Bitte, Ich solle sie auch heilen.
Ich
aber sagte: „Das will Ich tun, aber unter einer Bedingung, und diese ist, dass
ihr eure materialistische Weltlebensweise aufgebet und nach göttlichen Geboten
in Zukunft lebet. Wie ihr aber zu leben habet, werden euch diese Meine Diener
erzählen. Seid ihr damit einverstanden?“
Alle erhoben ihre Stimmen und bejahten Meine Bedingung. Darauf sagte Ich: „Eure
Krankheiten sind verschwunden und ihr seid vollkommen gesund! Nur heraus aus den
Betten, damit ihr von Mir weiter gekräftigt werdet.“
Auf
diese Sprache erhoben sich alle Kranken und eilten zu Mir, sich zu bedanken für
die augenblickliche Heilung. Es gab da viele Freudentränen und Freudentöne, wie
es sich von selbst versteht. Als der erste Jubel vorüber war, sagte Ich: „Räumet
weg eure Betten, Krücken und Verbandzeug, und kommet dann alle zu uns, zu einem
Imbiss, der euch stärken und vollends herstellen wird.“
Die
Geheilten schafften nun alles weg und kamen bald zurück. Ich aber beorderte die
Engel, Brot und Wein zu holen, und sagte den barmherzigen Krankenpflegern, dass
sie auch an der Mahlzeit teilnehmen sollten, was sie sich nicht zweimal sagen
ließen. Inzwischen war Brot und Wein beschafft, welches Ich segnete und unter
alle verteilen ließ. Und da gab es wieder des Lobens ob der Güte der Mahlzeit
kein Ende, bis nichts mehr davon zu loben vorhanden war.
56.
Die Lehre der Liebe, Demut und Glaubensduldsamkeit
(Die Geheilten bemerken das Ungewöhnliche der Gesellschaft. Ihre Belehrung durch
die Engel. Aufnahme aller in die Gesellschaft. Marsch und Ankunft vor einem
großen Friedhof. Die Geister werden aufgeklärt über die Gesellschaft, dass sie
lebt nach Jesu Lehre, ohne Unterschied der Religion und Nation. Das Warten der
römisch-katholischen Geister auf das jüngste Gericht. Einladung an die Geister
zu einer religiösen Auseinandersetzung.)
Nach der Mahlzeit sangen die Engel das Loblied zu Gott, was die neue
Gesellschaft aufmerksam machte, dass hier etwas Besonderes sein müsse, denn die
Mahlzeit war übernatürlich gut und der Gesang überirdisch schön. Und so
betrachteten sie denn mit der größten Aufmerksamkeit die Geschirr-wegräumenden
Engel, die ihnen wegen ihrer Jugend und Schönheit auffielen. Letztere kamen
sogleich wieder und belehrten die geheilten Kranken, was sie zu glauben und was
sie zu lassen hätten.
Bei
dieser Gelegenheit fragten die Geheilten die lehrenden Engel, was wir seien und
wohin wir gingen. Diese aber antworteten: „Wir sammeln willige Menschen, die so
leben und handeln wollen, wie wir lehren, und sind auf der Wanderung zum Himmel,
zum Vater Jesus, und wenn ihr willig seid, so könnt ihr mitziehen.“
Darauf meldete Ich Mich und sagte: „Nur das strikte Befolgen dieser Lehren, die
euch durch die Engel beigebracht werden, befähigt euch, mit Mir zu ziehen. Somit
müsset ihr euch gut überlegen, ob ihr genug guten Willens seid, dies zu tun.“
Aber alle meldeten sich und sagten: „Schon aus Dankbarkeit täten wir das, noch
lieber aber tun wir es, da wir dadurch bald zu unserem geistigen Ziel zu
gelangen hoffen.“
“Gut, also ziehet alle mit, auch die Krankenwärter, denn diese haben gar viel
Liebe, Mitleid und Geduld mit euch gehabt. Daher verdienen sie auch einmal dafür
belohnt zu werden mit dem Himmel.“
Diese Verheißung entlockte ihnen Tränen der Dankbarkeit und sie freuten sich wie
Kinder auf Obst und Naschwerk, das ihnen versprochen wurde. Nach diesen Szenen
brachen wir auf und gingen weiter des Weges, die verlassene Ortschaft im Stiche
lassend. Denn die Geheilten waren froh, davongekommen zu sein, die Wärter aber,
die langjährige plagende Arbeit zurückzulassen, für die sie nun den Lohn holen
gingen.
Nach einem Marsch von zehn Stunden kamen wir zum Friedhof einer großen Stadt auf
Erden und lagerten uns vor demselben.
Sogleich kamen einige Geister zu uns und fragten, wohin wir wanderten und
welchen Zweck wir verfolgten. Ich aber antwortete ihnen:
„Wie ihr sehet, sind wir Geister wie ihr und Ich bin ihr Anführer. Die
Gesellschaft besteht aus Juden, Protestanten und Römisch-Katholischen. Bei uns
ist jeder Glaubensunterschied beseitigt worden. Wir leben nach der Jesuslehre,
und diese ist die Lehre der Liebe, der Demut, der Duldsamkeit und daher des
Friedens. Durch diese Tugenden, die wir fleißig pflegen, sind wir zu einer
gemeinsamen Familie geworden. Wir betrachten uns alle als Kinder eines Vaters
Jesus, und daher als Brüder und Schwestern untereinander.“
Da
erwiderte einer der Geister: „Sehr schön gesprochen und anzuhören, aber saget
uns: Ist bei euch schon das jüngste Gericht gewesen, dass ihr in der Welt
herumziehet und euch des Lebens freut? Wir sind hier lauter Römisch-Katholische,
aber wir haben uns vorgenommen, solange zu warten bis uns die Posaune zur
Auferstehung des Fleisches und zum jüngsten Gericht erwecken wird. Wir glauben
fest daran und daher warten wir geduldig auf die Erfüllung dieser Verheißung.“
Nun
antwortete Ich ihm: „Da werdet ihr so lange warten, bis euch die Geduld ausgehen
wird. Übrigens kommt alle heraus zu uns, damit wir uns näher besprechen und ihr
alle unsere Auseinandersetzungen anhöret, statt im Grabe und Moder zu hocken.“
57.
Über den jüngsten Tag, das Gericht und die Auferstehung des Fleisches
(Aufklärung über den jüngsten Tag und das Gericht. Blut und Fleisch werden das
Himmelreich nicht erben. Langeweile und Kälte beim Warten im Grabe. Der Engel
des letzten Posaunenschalls. Auferstehung des Fleisches. Christuslehre ist das
geistige Licht, römische Dogmen sind die geistige Finsternis.)
Sogleich rief der Sprecher: „Brüder und Schwestern, kommet heraus aus den
Gräbern zu einer religiösen Besprechung!“ Und sogleich entstiegen der Erde Kopf
an Kopf eine Riesenmenge Geister samt ihren Bischöfen und Priestern und zogen zu
uns heraus aus den Friedhofsmauern und lagerten sich uns gegenüber.
Als
dies geschehen, trat Ich vor und sagte: „Die Priesterschaft soll vortreten!“
Dies geschah sogleich.
Darauf fragte Ich: „Ja, saget Mir, was wartet und hocket ihr in euren modernden
Gräbern?“
Nun
erwiderte Mir ein Bischof: „Unsere Lehre berichtet uns, dass am jüngsten Tag auf
den Schall der Posaune des Engels alle Menschen in ihren Fleischleibern
auferstehen und zum Gerichte gehen werden, die einen zum Leben im Himmel, die
anderen zum Tode in die Hölle. Also wird der Herr Jesus die Lämmer und Böcke
sondern und jedem seinen verdienten Lohn geben, daher warten und ruhen wir im
Grabe bis dies erfolgen wird.“
„Freund!“, erwiderte Ich, „Da verstehst du den Paulus nicht. Es heißt doch
ausdrücklich, dass Blut und Fleisch das Himmelreich nicht ererben werden. Sodann
wartet ihr umsonst schon hunderte von Jahren. Es sind euch schon manche
durchgegangen und haben ihr Ziel erreicht, aber die Mehrzahl hockt und wartet
ruhig. Ich bin nun da, um euch ein Licht anzuzünden, wenn ihr Mich ruhig anhören
wollt.“
Der
Bischof erwiderte Mir: „Weißt du, Freund, wenn Du etwas Gescheites zu sagen
weißt, so sage es uns nur. Denn es ist uns sehr langweilig, auch fühlen wir eine
gewisse materielle Kälte und es wäre uns ganz recht, ein gutes Licht darüber zu
bekommen, wie wir eigentlich daran sind. Also sage nur, was Du weißt, denn es
steht uns frei, anzunehmen oder zu lassen, daher nur heraus mit der Aufklärung!“
„Da
ihr gutmütigen Charakters seid, so will Ich euch sogleich erklären, wie die
Worte Pauli an die Korinther zu fassen sind, nämlich: Der jüngste Tag ist jeder
Tag, den du lebst, denn der vergangene ist der alte. Der jüngste Tag für deine
Seele war aber derjenige, an dem du gestorben bist. Denn an diesem Tag vollzog
sich eine Änderung in dir: Das Tageslicht hat sich in starke Abenddämmerung
verwandelt, und das war schon ein Gericht, denn dadurch hast du deinen Lohn für
deinen Glauben und deine Werke auf der Welt angetreten.
Siehe, dein Anzug ist grau und schmutzig, dein Wesen noch sehr materiell und
daher spürst du materielle Kälte. Du bist sehr traurig und missvergnügt, auch
mit der Speise steht es schlecht, du hungerst. Sage Mir, ob das nicht wahr ist
und ob das dir kein Gericht ist?“
„Ja
wahrlich,“ sagte der Bischof, „ich bin hier schlechter daran als der größte
Arrestant auf der Welt, denn dieser bekommt sein Essen und eine Zelle, dass er
sich nicht gar so gewaltig zu beklagen hat. Aber ich kann nur klagen und jammern
über meine unerwartete Lage und es hilft alles nichts. Ich habe gebetet zu Gott,
zu Maria, zu verschiedenen Heiligen, aber es half alles nichts. Daher habe ich
aufgehört zu beten und trage ruhig mein Schicksal. Nun erzähle weiter!“
„Es ist gut, dass du erkennst, dass es nicht nach deiner Erwartung ausgefallen
ist. Darum wird es dir leicht verständlich, woher das alles stammt, und so höre:
Über den jüngsten Tag und das jüngste Gericht hast du genug Beweise, dass du
schon die Folgen dieser beiden trägst. Der Engel mit dem Posaunenschall war eben
dein letzter Aushauch, wo du vom irdischen zum geistigen Leben erwachtest, wobei
wohl auch ein Todesengel dabei war, der die geistige Verbindung deiner Seele mit
dem Fleischleibe trennte. Die Auferstehung des Fleisches sind deine guten und
schlechten Werke, die du im Fleischleben getan. Diese folgten dir hierhin mit
und sind nun dein Seelenkleid, das, wie du siehst, sehr traurig aussieht. Was
sagst du nun zu dieser Aufklärung?“
„Ja, was soll ich sagen? Ob ich sie glaube, dass sie der Wahrheit entspricht
oder nicht, so habe ich doch die traurigen Beweise davon an meinem Leibe zu
tragen und so glaube ich, dass Du die Wahrheit gesprochen. Ich muss sie glauben:
Ich sehe mich und meine ganze Gemeinde, samt Mitbischöfen und Priestern, dass es
ihnen ebenso geht wie mir, ja, dass es manchem besser geht als mir, denn sein
Kleid sieht doch viel schöner aus. Und wo man nichts verbergen kann, da spreche
man lieber frei von der Leber weg. Vielleicht kann durch meine Aufrichtigkeit
mir geholfen werden.“
Ich
erwiderte darauf: „Wenn du und deine Amtskollegen nicht renitent werdet, wenn
Ich euch die volle Wahrheit sagen werde, so kann euch noch geholfen werden, dass
ihr in eine bedeutend bessere Lage gelangen werdet. Denn Ich bin ein hoher Geist
und es ist Mir möglich, alles für euch zu tun, wenn ihr Mir glauben und nicht
opponieren werdet.
Siehe, hier habe Ich eine bedeutende Gesellschaft. Ich hatte viel Mühe, sie
ihres Irrtums zu überzeugen, nun aber sind sie wie Lämmer beisammen. Die echte
Religion Jesu hat Römisch-Katholische, Protestanten und Juden zu einer Herde
vereinigt. Und frage da die römischen Priester, ob sie das Wahre nicht hier
gefunden und ob sie nicht glücklich sind.“
Sogleich traten die römisch-katholischen Priester vor und sagten: „Solange wir
an den römischen Dogmen und Zeremonien festhielten, waren wir in einem solchen
traurigen Zustand wie ihr. Schauet uns jetzt an! Unsere Kleider sind schon
bedeutend lichter und schöner als eure und unsere Zustände sind höchst
zufriedenstellend, und wir nehmen sichtbar an unserem geistigen Fortschritt zu.
Tut auch ihr so wie wir und es wird euch allen gut gehen.“
Der Bischof fragte nun den Sprecher: „Ja, saget Mir, wie könnt ihr mit
ketzerischen Protestanten und Juden zusammen harmonieren? Das ist doch gegen
unsere römisch-katholische Religion.“
Allein dieser blieb ihm die Aufklärung nicht schuldig und sagte: „Siehe, ganz
gut! Wir wissen, dass Christus, Petrus und alle Apostel Juden nach dem Fleische
und Anzuge waren, daher werden wir durch die anwesenden Juden immer daran
erinnert und so können wir die Juden ganz gut unter uns leiden. Was die
Protestanten betrifft, so haben sie die Lehre der Apostel als ihre
Glaubenslehre. Ist diese nicht richtig, dann lehrten auch Christus und die
Apostel nicht richtig, und somit sind wir dann lauter Schwindler und Betrüger.
Letzteres sind wir aber entschieden, solange wir nach den päpstlichen
Menschensatzungen lehren und leben, weil wir in Christi Lehre das Licht, in
Dogmen die Finsternis predigen. Und dass das wahr ist, beweist euch euer
Seelenzustand, wovon du selber gebeichtet hast.
Durch die Lehre Christi des Neuen Testaments, auf welcher die protestantische
Religion basiert und die eben die Lehre der Liebe, Demut und Duldsamkeit ist,
können wir alle wie Brüder und Schwestern untereinander in bester Eintracht
leben. Siehe die Diener unseres Anführers an! Sie sind schön wie Engel und
gescheit und mächtig und hurtig, dass sich alles über sie wundert. Was erst,
wenn du sie singen hören würdest? Ich sage dir, sie singen himmlisch schön. Wenn
du erst wüsstest, wie mächtig unser Anführer ist, du würdest verstummen vor Ihm,
doch wir wollen nicht vorgreifen und treten wieder ab.“
58.
Die schöne Glaubensrede Dr. Martin Luthers
(Martin Luther hält eine schöne Glaubensrede den Römisch-Katholischen. Die
Priester werden kleinlaut. Das Volk wünscht in echter Christuslehre unterrichtet
zu werden und mitzugehen. Auch die Priester beugen sich vor der Wahrheit der
Lehre und schließen sich der Gesellschaft an. Abmarsch von dem ausgeleerten
Friedhof.)
Der
Bischof mit der Geistlichkeit schaute erstaunt drein und wusste nicht, was er
sagen sollte. Nun sagte Ich: „Dr. Martin Luther! Tritt vor und sage auch du
einige Worte.“
Sogleich trat er vor und sprach folgende Worte an die Priester und ihre
Gemeinde: „Die Liebe unseres Gottes und Vaters hat mich zum Apostel der
Reformation, wie einst Saulus vor Damaskus zum Verbreiter der Christusreligion
erweckt. Zwar ist die Art der Erweckung eine unterschiedliche, aber wir beide
dienten demselben Zwecke: Saulus gegen das Pharisäertum, ich gegen das Römertum.
Dasselbe, was Christus den Pharisäern vorwarf, dasselbe gilt, aber nur noch in
verstärktem Maße, dem Römertum. Ich kämpfte gegen die päpstliche Kirche mit der
Christuslehre, und so gelang es Mir dasselbe zu erreichen, was dem Saulus,
später Paulus genannt, gegen den Tempel gelang. Christus siegte und trotz
Verfolgungen breitet sich die protestantische Religion aus, weil sie reine
Christuslehre ist, wie wir sie von den Aposteln übernommen haben. Und sehet,
aufgrund dieser Christusreligion bildete sich unsere Gesellschaft empor und
fühlt sich höchst befriedigt und glücklich zusammen. Wir haben keine Dogmen noch
Zeremonien. Die Liebe allein ist unsere Leiterin, diese allein macht uns
glücklich. Die Erfüllung des größten Gebotes im Gesetz, das da ist die Liebe zu
Gott und zum Nächsten, macht uns zu einer Familie der Kinder Gottes.
Ich
frage euch, liebe Brüder im Herrn: Kann es eine bessere Religion geben als
diese? Nein, eine bessere besteht nicht. Das zeigt euch unsere Gesellschaft
brüderlich zusammen stehend aus Menschen, die im irdischen Leben wie Hund, Katze
und Wolf gegenseitig feindlich standen. Es ist aus Unversöhnlichen eine Herde
geworden, deren oberster Hirte unser Vater Jesus im Himmel ist. Wenn aber dies
der Fall, wie die Beweise vor euch dartun, wie soll nicht diese Religion der
Liebe und Eintracht die einzig wahre, die alleinseligmachende sein? Wie können
wir eine Religion, die sich zur Aufgabe gestellt hat, zu verleumden, zu
verfolgen, zu foltern und am Feuer die wahren Christusbekenner zu braten, als
Christusreligion bezeichnen, in welcher es heißt: Die Feinde zu lieben; die
Böses tun, durch Gutes tun zu Freunden umzugestalten und für Verleumder und
Verfolger zu beten? Seht, so lautet die Religion Christi, und ich, der
vielverfolgte und grob verleumdete, angebliche Feind der römischen Kirche, lade
euch zu Freunden ein und sage euch: Lasset euch belehren aufgrund der
Christuslehre und poltert nicht mehr mit der alleinseligmachenden
römisch-katholischen Religion! Denn eine Religion, deren Priester Gott Christus
korrigieren und sich anmaßen, gescheiter zu sein, als Christus war, da sie Ihn
durch ihre Menschensatzungen für nicht allwissend erklären, und Ihn durch
korrigierende Bemängelungen für unwissend erklären, ist eben keine christliche,
sondern antichristliche Religion, voller Hochmut und frevelhafter Anmaßung gegen
göttliche Heiligkeit und Allwissenheit, und das ist die römisch-katholische.
Darum sage ich noch einmal, verlasst das römische Gebäude des Lugs und Trugs und
ergreifet die Bruderhand der Liebe, die ich euch anbiete und werdet Bekenner und
Diener Christi und nicht Roms und des Papstes. Denn wir können euch durch
unseren Anführer von eurem Elend erlösen und, da wir auf dem Wege zum
himmlischen Vater Jesus sind, mitnehmen. Die Päpste können das nicht, weil sie
selber in solcher Finsternis und in solchem Elend stecken wie ihr. Dass diese
meine Rede der Wahrheit entspricht, erseht ihr an unserer Gesellschaft, die aus
allen möglichen Sündern besteht und doch in der kurzen Zeit, wo wir zusammen
sind, sich ihre Kleider im Blute, das heißt in der Liebe Jesu, minder oder mehr
schon weiß gewaschen haben. Dasselbe steht euch bevor, wenn ihr gutwillig und
allein das für alleinseligmachend annehmet, was Christus gelehrt und die Apostel
aufgeschrieben haben.“
Diese Brandrede machte die Priester so kleinlaut, dass keiner sich getraute,
eine Gegenrede zu halten. Dagegen erhoben sich ganze Säulen des Volkes und
sprachen laut: „Wir wünschen die echte Christuslehre ohne Rücksicht zu hören, ob
das unseren Priestern recht ist oder nicht, und sind gewillt mit euch zu gehen.
Denn immer im Grabe zu hocken und allerlei Elend leiden, ist uns schon genug.
Daher wollen wir abbrechen mit allem und mit euch ziehen. Wir bitten euch,
belehret uns, dass wir wissen, was wir in Zukunft zu tun haben.“
Ich
wendete Mich an die Priester und sagte: „In Meiner Macht liegt die Zukunft eurer
Gemeinde. Ich will sie belehren und mitziehen lassen. Doch möchte Ich euch nicht
allein hier lassen, sondern auch glücklich machen, denn unsere Reise führt zum
Vater Jesus im Himmel. Daher lasset euch belehren und bekehren, damit Ich euch
mitnehme und glücklich mache.“
Die
Priester schauten sich einander an, und da keiner eine Gegenmiene machte, ja
selbst die übrigen Bischöfe gutwillig zunickten, sagte wieder der sprechende
Bischof: „Freund! Eure Reden sind überzeugend, wenn auch bitter für uns. Aber
die Überzeugung, dass sich wirklich alles so verhält, zwingt uns, sich der
Wahrheit nicht zu widersetzen. Daher lasse auch uns belehren in allem, was wir
unrecht lehrten, und wir wollen alles gut machen und uns beugen vor der
Wahrheit. Und wenn Du uns mitnehmen willst, so bitten wir darum, denn wir werden
trachten, eure Zufriedenheit zu gewinnen mit unserem Lebenswandel.“
Ich
ließ nun die Engel die neue Gemeinde unterrichten, nachher Brot und Wein
herschaffen, welche Ich segnete und verteilen ließ, und das Lob- und Danklied
singen, was eine große Freude und Zufriedenheit bei den Neubekehrten hervorrief.
Durch richtig angebrachte Reden gelang es uns, ohne große Mühe die neue
Gesellschaft an unsere zu schließen, wodurch sie bedeutend anwuchs und über eine
halbe Million Köpfe bildete. Als das vollzogen war, ging es wieder weiter, und
so gelangten wir nach einer längeren Wanderung zu einer anderen großen
Ortschaft, wo wir uns wieder lagerten.
59.
Die Erfüllung der Hauptlehren Christi
(Ankunft vor einer großen Ortschaft, wo Protestanten und Römisch-Katholische in
brüderlicher Eintracht leben. Aufnahme derselben in die Gesellschaft. Ein
Vorgeschmack, wie man im Himmel speist. Die Engel singen einen Psalm, der von
unsichtbarer himmlischer Musik begleitet wird. Vollzahl der Gesellschaft.)
Sobald wir uns niedergesetzt hatten, kamen ganze Kolonnen Geister zu uns heraus
und luden uns ein, uns zu ihnen in den Ort zu begeben. Wir sagten aber: „Wir
sind zu viele, kommet alle zu uns heraus, und dann wollen wir recht vergnügt
eine Zeit zusammen verbringen.“
Die
Geister eilten in den sehr bedeutenden Ort und erzählten allen, dass sie alle
eingeladen seien, hinauszukommen zu einer großen Gesellschaft, um da eine
zeitlang sich zu vergnügen. Alsbald erhob sich alles und eilte hinaus zu uns und
fragte uns, was es da besonderes gebe, dass so viele zusammen reisen.
Ich
sagte darauf: „Wir sind Pilger zum Vater Jesus und nehmen alle auf, die mitgehen
wollen, und so auch euch, denn Ich weiß, dass ihr recht brave Kinder seid und
durch eure Gastfreundlichkeit viel Freude dem himmlischen Vater macht.“
„Ach was Du uns erzählst! Sag mal, woher hast Du das erfahren, dass wir
gastfreundlich sind? Wir tun doch nichts besonderes. Da uns der Vater im Himmel
von allem genug gibt, so teilen wir den Überfluss an unsere Brüder, die hier
durchziehen. Und so tun wir nur unsere heilige Pflicht und nichts anderes. Und
darüber soll der liebe Vater mit uns viel Freude haben? Also sage uns, woher
weißt Du das?“
„O,
liebe gute Kinder, Ich weiß gar vieles von euch und bin im Auftrag des Vaters
da, euch mitzunehmen und zu Ihm zu führen. Denn sehet, es geschah ein großes
Ereignis auf der Erde. Der neue Apostel der Christuslehre, Dr. Martin Luther,
ist von der Erde abgereist und Ich habe ihn abgeholt und ein Teil seiner
Gemeinde, die sehnsuchtsvoll auf sein Scheiden von der Erde wartete. Und bei
dieser Gelegenheit habe Ich diejenigen Geister aufgesucht, die Ich für die
Bekehrung reif fand und nahm sie mit. Und so bin Ich auch zu euch gekommen, um
euch mitzunehmen, wenn ihr damit einverstanden seid.“
„Mit größtem Vergnügen, denn wir sind lauter gute Leute zusammen, Protestanten
wie Römische. Wir haben uns durch gegenseitige Liebe erkannt und durch Jesu
Lehre erquickt. Denn es gibt unter uns recht duldsame Leute und diese lehrten
uns die Vorteile der gegenseitigen Liebe und Duldsamkeit. Und so haben wir uns
nur auf wenige Hauptlehren Christi beschränkt und die erfüllt, und es gab immer
Zufriedenheit und Eintracht unter uns und wir sind dadurch zu lauter Brüdern und
Schwestern geworden.
Und
so betrachten wir auch jeden Fremden, der hier durchreist, als Freund und
Bruder, bewirten ihn und begleiten ihn eine Zeit lang des Weges. Das wollten wir
auch euch tun und siehe, nun sind wir eure Gäste, was uns sehr freut. Besonders
aber, da Du uns die Mitteilung machst, dass uns der Vater zu sich nehmen will.
Na, da wird es eine Freude geben, wenn unser einziger Wunsch erfüllt wird, zum
Vater zu gelangen, wozu wir uns schon solange vorbereiten.“
Auf diese recht kindlich-freundlich vorgetragene Rede sagte Ich: „Ja, auch der
Vater freut sich, euch unter Seine Kinder einreihen zu können. Millionen Engel
und Geister warten mit Freude Meiner Rückkunft und begleiteten mit ihren Augen
jeden Schritt und Tritt, den Ich euch zuliebe machte und frohlocken über Meine
Reiseereignisse. Daher wollen wir hier einen Imbiss einnehmen, um euch einen
Vorgeschmack zu geben, wie man im Himmel speist.“
Darauf berief Ich die Engel, ließ Obst, Brot und Wein holen, und als es gesegnet
und verteilt war, ließ Ich einen Psalm Davids singen und mit unsichtbarer
himmlischer Musik begleiten, welche die Gesellschaft so überwältigte, dass sie
wie bezaubert dastand und kaum mehr wusste, dass sie noch nicht im Himmel war.
Da gab es freudige Gesichter und fröhliche Gespräche über das baldige Kommen zum
Vater Jesus im Himmel.
Als
die Mahlzeit zu Ende war und das Geschirr abgeräumt, sagte Ich zur Gesellschaft:
„Liebe Kinder, unsere Sammlung ist zu Ende, wir sind eine stattliche Zahl von
einer Million Pilger geworden. Jetzt bereitet euch auf andere Ereignisse vor,
die bald folgen werden, und so wollen wir sogleich aufbrechen.“
60.
Die Wanderung durch himmlische Schönheiten
(Der schöne Weg in den Himmel. Himmlische Kleidung der Reisenden. Eine
himmlische Landschaft, in der sich eine himmlische Berggrotte mit himmlischer
Wiedergabe des einstigen Tempels von Jerusalem befindet. Das Tageslicht des
Liebehimmels.)
Die ganze Gesellschaft machte sich nun reisefertig und wartete des Befehls
weiterzureisen. Und so fingen wir an, einen ganz neuen Weg zu gehen, der bisher
von niemandem bemerkt wurde, da Ich ihn im Moment der Abreise in Erscheinung
treten ließ.
Dieser Weg war weiß wie Schnee und mit himmlischen Blumen und Bäumen von
wunderbarem Geruch und nie gesehener Pracht eingezäunt. Alles jubelte und
strahlte vor Freude, die Kleider der Gesellschaft verwandelten sich in ein
blendendes Weiß mit herrlichsten Rosen besetzt. Denn durch die letzte Speisung
und Gesang mit Musik war alles in Liebe übergegangen und so war der Zeitpunkt
gekommen, auch die Minderen himmlisch schön zu kleiden.
So
gingen wir lange auf dem sehr breiten Weg und da hatte jeder genug Muße, sich,
andere und die schöne Straße in der Luftregion zu bewundern, die alle fesselte.
Endlich begann an der Straße eine schöne Landschaft sich auszubreiten, welche
mit herrlichsten Gewächsen und Erdformationen vollbesetzt war.
Nun
sagte Ich: „Kinder, wir wollen uns ein wenig in diese Landschaft begeben und
genauer beschauen, was da alles zu sehen ist.“
Alle folgten mit sichtbarer Freude Meinem Vorschlag, und so gingen wir in die
wie Samt weichen Wiesen und Grasfelder, welche voll von herrlichsten Blumen, die
sie noch nie gesehen, besäet waren. Wir wanderten die Täler und Hügelchen auf
und ab, überall neue Formen, neue Schönheiten antreffend und bewundernd.
Als
wir da schon ziemlich lange auf und ab gewandert waren, kamen wir zu einem
herrlichsten See mit mehreren Inselchen. Das Wasser war wie Kristall rein und
eine Menge Fische in verschiedensten Farben und Gestalten belebten es und
hüpften lustig darin. Einige den Schwänen ähnliche Vögel schwammen auf dem
Wasser und sangen einen lieblichen Gesang, wie ihn kein Erdvogel in dieser Art
singt. Die Ufer des Sees strotzten in üppigster Vegetation und verbreiteten
ihren Blumenwohlgeruch weit und breit.
Die
Inselchen, wie Sterne am spiegelglatten See schwimmend, zogen uns an, ihnen
einen Besuch abzustatten, und so gingen wir über das Wasser, welches uns wie
eine Straße hielt, und beschauten uns diese Seehügelchen, welche in schönster
Blumenpracht wie himmlische Gärten aufgeputzt waren und allerlei Wohlgerüche der
Blumen und Gewächse verbreiteten. Nachdem wir alles besehen, gingen wir wieder
weiter.
Die
Landschaft wurde immer schöner und herrlicher. Allerlei seltene, noch nie
gesehene Bäume spendeten Schatten den fröhlichen Gängern, und lustige Vögel auf
ihren Ästen sangen und zwitscherten ihre lieblichen Weisen. Alles hauchte Leben,
alles freute sich des Daseins in dieser himmlischen Pracht. Endlich kamen wir zu
einem Berg, an dessen Fuß sich der Eingang in eine große Grotte befand.
Ich
blieb vor dem geräumigen Eingang stehen und sagte: „Kinder! Wir wollen uns die
Grotte anschauen und so kommet Mir nach!“ Wir gingen alle hinein, worin sich die
herrlichsten Kristallformationen in allen Farben abwechselnd befanden. Da gab es
Tiere, Pflanzen, Blumen und seltenste Gestalten, Bäume und Ungeheuer, wie sie
die lebendigste Phantasie sich nicht vorstellt. Denn der Erdmensch kann nur das
denken, was irgendwo vorhanden ist. Gott aber ist unerschöpflich in Gedanken,
Ideen und Schöpfungen der seltensten Sachen.
Wir
gingen weiter in die Grotte und nun bot sich uns eine gewaltige Erscheinung: Ein
großer Tempel mit herrlichen durchsichtigen Säulen trug die Gestalt des
einstigen Tempels auf dem Berge Moria in Jerusalem, aber nur viel herrlicher und
imposanter. Wir traten durch die herrlichen Säulenalleen in den eigentlichen
Tempel, dessen Wände von Edelsteinen glitzerten und in den schönsten
Sternlichtlein abwechselten. Es war eine nie gesehene Pracht, die freilich nicht
in Jerusalem, wohl aber da im Himmel vorkam. Die Höhe des Tempels schien wie in
die Wolkenregion zu ragen, was den ganzen Eindruck erhöhte. Die Decke des
Plafonds war im feinsten und zartesten Blau, wie aus feinster Seide hergestellt,
welche mit Sternen besetzt war, die ihr Licht wie aus großen Brillanten
glitzernd in verschiedenen Farben brachen. Der Fußboden war schneeweiß und
blendend schön.
In
der Mitte des Tempels stand eine Art Altar aus reinstem glänzenden Golde in so
herrlicher Form, wie sie noch nie ein sterblicher Mensch erdacht hat. Über dem
Altar schwebten zwei Cherubime von blendend weißer Farbe in betender Form, auf
welche von oben ein Strahlenlicht fiel, wodurch der Effekt aufs Höchste
gesteigert wurde. Vor dem Altar stand der siebenarmige Leuchter aus
durchsichtigem, rosafarbigem Kristall, aus dessen goldglänzenden Kerzen, deren
Form eine Herrlichkeit der Vollendung darstellte, die das denkbar Großartigste
der Welt weit übertraf, Lichter in sieben Farben brannten in Regenbogenform,
aber in einer solchen Schön- und Klarheit, wie es nur Gott möglich ist
herzustellen. Und dieses Farbenlicht verbreitete die allerfeinsten Wohlgerüche
im Tempel. Die Säulen, welche das Tempelgebäude trugen und zierten, waren
bekleidet durch Blätterwerk, welches aus den durchsichtigen Säulen
herausgewachsen zu sein schien, das in zartester lichtgrüner Färbung und
Verschönerung ins Lichtdunkle überging. Aus diesem Blätterwerk nun schauten die
schönsten Blümchen kunstgerecht angebracht heraus.
Also war das Innere des Tempels aussehend, welches einen bezaubernden Eindruck
auf die Menge machte. Dass der Tempel groß war, könnt ihr aus der Menge des
Volkes schließen. Und dass das Gesamte, weil alle Farben und Zusammenstellungen
nicht nach menschlicher, sondern göttlicher Weisheit hergestellt waren, etwas
für die menschliche Phantasie Unerreichbares darstellte, dürfet ihr Mir wohl
glauben! Und dass so etwas nur hochfortgeschrittene Geister sehen und klar
erfassen können, wird euch doch auch einleuchtend sein!
Um
aber Mich zu verstehen, welcher Unterschied zwischen dem fleischlichen Blick
eines sündhaften Menschen und dem geistigen Blick eines hohen Bewohners aus dem
Liebeshimmel der Gotteskinder, wohin Ich die Gesellschaft führte, besteht, soll
es euch bekannt werden, dass diese Luft, in der ihr lebet, und die einen Teil
der Gottheit darstellt, für den in dem Kinderhimmel beim Vater Jesus wohnenden
Geist ein Licht ist wie das stärkste elektrische Licht, während sie für eure
materielle Augen ohne die Sonne lichtlos ist. In solchem hohen Lichte wohnen die
Seligen des dritten oder Liebeshimmels so leicht, wie ihr beim Sonnenlichte,
aber mit dem Unterschiede, dass sie dabei ein unaussprechliches Wonnegefühl
haben, welches durch die Anschauung Gottes auf das Stärkste erhöht wird. Dagegen
ihr von der Sonne nur das Licht und die wohltuende Wärme spüret, so lange sie
nicht zu empfindlich heiß wird, während ihr in elektrischlichter Luft sogleich
erblinden würdet.
Dass auch das Äußere des Tempels der inneren Pracht entsprach, könnt ihr euch
denken. Die Wände, blendend weiß, wechselten mit den schönsten Einlagen und
Verzierungen in lebhaftester Phantasie bis zu den Dachgesimsen. Von da an erhob
sich das imposante, in Gold strahlende Dach mit den herrlichsten Kuppeln mit
glitzernden Brillanten eingefasst in meisterhaftester Ausführung nach Art der
göttlichen Bauweisheit. So war das Innere und Äußere des Tempels beschaffen,
worüber sich die Gesellschaft in stummer Betrachtung dieser nie geahnten Pracht,
Herrlichkeit und Großartigkeit wie in einer Zauberumhüllung befand, bis Ich sie
aus diesem Zauber weckte und auf andere Vorkommnisse lenkte.
61.
Schönheiten und Wonnegefühle im Himmel
(Martin Luther erwacht aus dem Zauberschleier der himmlischen Schönheiten und
Wonnegefühle, erweckt die Gesellschaft und macht sie darauf aufmerksam, dass sie
im Himmel ist. Austritt aus der Grotte auf eine himmlische Wiese mit himmlischem
Obstgarten, wo ein himmlisches Mahl eingenommen wird, das mit Engelsgesang und
Musik begleitet wird.)
Vom Tempel aus gingen wir durch eine kristallweiße, wunderherrlich in allen
denkbaren Seitenverzierungen geformte Säulenallee in Windungen tief nach unten.
Da angekommen, führte Ich die Gesellschaft an einem großen Bache entlang, in
welchem allerlei bunte Fische sich tummelten, bis zu einer riesenhohen Wand,
welche am Fuße ein prachtvolles Säulentor zum Durchgehen hatte. Wir traten durch
das kolossal breite Tor und befanden uns in einer Einbuchtung, in deren
Hintergrund der bisherige Bach aus riesenhafter Höhe herabfiel und einen
Wasserschaumstaubregen erzeugte, der hoch zurück in die Höhe wie ein feiner
Regen sich erhob und durch eine Lichtstrahlung einen herrlichsten Regenbogen
bildete. Diese Schönheit, eingefasst mit den herrlichsten Wandformationen, die
nur in unterirdischen Höhlen, z. B. wie in der Adelsberger Grotte, eine schwache
Vorstellung gegen das hier Besprochene bildet, aber mit dem Unterschied, dass
hier alles kristallrein in allen Farben vorkam, während es dort dunkel und
schmutzig ist, erfasste die ganze Gesellschaft neuerdings mit einer
Zauberumhüllung, dass sie stumm und regungslos dastand und die Augen im
Wonnegefühle der Herrlichkeiten badete.
Plötzlich sagte Martin Luther: „Brüder, Schwestern! Wir sind doch schon im
Himmel, denn diese Herrlichkeiten übersteigen alle menschlichen Vorstellungen.
Hier sehen wir erfüllt die Verheißung: Eure Augen haben nie gesehen, eure Ohren
nie gehört und euer Herz nie empfunden, was Gott denen bereitet hat, die Ihn
lieben. Denket zurück an unsere letzte Mahlzeit, an den Gesang und die Musik und
an diese himmlischen Schönheiten und fortgesetzten Überraschungen, so wird es
euch klar, seit wann wir das Tor ins Himmelreich bereits durchschritten haben.
Denn seit dieser Zeit ist alles über jede, ja auch über die kühnste Phantasie
erhaben, denn wir schwelgen fortwährend in Wonnegefühlen, deren wir früher nie
mächtig waren. Und schauet unsere Gestalten an! Wie jung und schön wir derweil
geworden und wie unsere Kleidungsstücke, in Goldverzierungen eingefasst, in die
herrlichste Harmonie des Rosenblumenbesatzes eingewirkt sind und einen Goldglanz
von sich verbreiten, der sich wie der Abglanz der Sonne darstellt. Soll das
nicht der wahre Himmel sein, dann weiß ich nicht, was eigentlich der Himmel
sei?“
Diese Rede weckte die Gesellschaft aus der Betrachtung des bezaubernden
feenhaften Naturschauspieles und nun erst fingen sie an nachzudenken über die
großen Veränderungen, die an ihnen sich derweil vollzogen. Und so erhob sich ein
Gemurmel des gegenseitigen Bewunderns und Betrachtens in der ganzen Gesellschaft
und dies dauerte so lange, bis Ich sie wieder erinnerte, dass wir weiter gehen
wollten.
Sogleich erhoben sich alle und wir gelangten auf der entgegengesetzten Seite
durch ein gleiches Säulentor, wie das Eingangstor war, ins Freie und aus der
Grotte. Vor uns lag nun eine himmlische Wiese in herrlichster Blumenpracht, die
wie aus Samt, Seide und Kristall schimmerte und glitzerte, aber alles viel
herrlicher und großartiger, als die Erdmenschen es fassen können. Ich ließ die
Gesellschaft die Herrlichkeit der Wiese bewundern und ihren Blumenwohlgeruch
nach Belieben genießen.
Als
alle genügend ihre Augen und Nasen ergötzt hatten, gingen wir wieder weiter und
kamen zu einem Riesenobstgarten mit den schönsten und wohlduftendsten
Obstgattungen aller Art. Hier ließ Ich lagern und beorderte die Engel, Obst zu
pflücken und für alle genug zu Mir zu bringen. Dieses geschah mit geisterhafter
Schnelligkeit, da es dabei nicht auf der Hände Arbeit, sondern auf den Willen
ankommt und dieser wirkt mit Gedankenschnelligkeit.
In
nächsten Augenblicken lagen schon Riesenhaufen von Obst vor Mir und Ich streckte
die Hände aus, segnete es und ließ es verteilen. Dass dieses Obst, das im
Geisterreich gegessen wird, sowie auch Brot und Wein nicht wie das materielle
irdische ist, könnt ihr euch denken, - es ist geistig und wirkt geistig zur
Belebung der Seele und Erhebung in höhere geistige Liebessphären. Als das Obst
verteilt war, ließ Ich wieder einen Psalm singen mit unsichtbarer
Musikbegleitung, welches um so lieblicher klang, als die Gesellschaft geistig
höher und in der Liebe fortgeschritten war. Dasselbe galt vom Obst, das nicht
genug wegen seiner vorzüglichen Güte und seines Wohlgeschmacks gelobt werden
konnte; denn wie gesagt: Durch die geistige Verfeinerung ihres Wesens bekam auch
die Mahlzeit eine höhere Verfeinerung beim Genießen.
62.
Die Ankunft vor Neu–Jerusalem
(Die himmlischen Landhäuser, die Demutskleider ihrer Bewohner und die
Hochzeitskleider der Himmelsreisenden. Die Ansicht der Riesenstadt
Neu-Jerusalem. Hosianna- und Halleluja- Jubel der Neuangekommenen. Anmeldung der
Ankunft der Himmelsreisenden durch Posaunenstöße. Eine unabsehbare Menge Volkes
drängt aus der Stadt entgegen, die Ankommenden zu empfangen, und jubelt ihnen
entgegen: Hosianna unserem Gott und Vater Jesus! - und fällt in Demut aufs
Gesicht.)
Nach vollendetem Essen erhoben wir uns wieder und wanderten aufwärts auf eine
kleine Anhöhe, auf welcher eine Menge der niedlichsten und herrlichsten Häuschen
in einer unabsehbaren Reihe sich dahinzogen. Wir wanderten auf der breiten
Straße, welche mitten durch diese Hochfläche sich hinzog und wurden auf das
ehrerbietigste von den Bewohnern begrüßt und auf das freundlichste willkommen
geheißen. Es waren sozusagen himmlische Villen, welche mit herrlichsten Gärten
umgeben und mit üppigster Vegetation in schönster Einfassung verziert waren.
Nur
das schien unserer Gesellschaft sonderbar, dass diese Bewohner, obwohl sie
körperlich in herrlichsten Gestalten waren, ganz einfache Kleider hatten,
während sie selbst in himmlischer Pracht und Glanz strahlten. Daher belehrte Ich
die Gesellschaft, dass sie im Hochzeitsanzuge sei, weil sie zum Hochzeitsmahle
des Bräutigams gehe, während jene das Kleid der Demut zeigen, obwohl sie noch
schönere Hochzeits- oder Liebesanzüge haben als die Gesellschaft, weil sie
weiter und höher im Geistigen fortgeschritten sind. Damit war die Neugierde
befriedigt.
So ging es die lange herrliche Straße entlang. Endlich gelangten wir auf einen
Bergvorsprung dieser Hochfläche, von wo aus eine unendliche Riesenstadt sich
unseren Augen darbot.
Ich
sagte der Gesellschaft: „Hier vor uns liegt das ersehnte Ziel: die Stadt
Neu-Jerusalem.“
Bei
der Nennung der Stadt Neu-Jerusalem erschallte ein großartiges Brausen unter der
Gesellschaft und aus aller Munde erschallte das: Hosianna Gott, dem Vater Jesus!
Halleluja unserem Heiland und Erlöser!
In
diesem Moment erschallten der Reihe nach durch die Riesenstadt gewaltige
Posaunenstöße und eine unabsehbare Menge der herrlichsten Menschen in wie Sonne
strahlendem Hochzeitsanzuge drängte aus den Riesentoren heraus. Also gingen auch
wir herab und ihnen entgegen bis zu einer gewissen Entfernung. Nun blieben wir
stehen und erwarteten das uns entgegenwallende Volk. Je näher sie aber kamen,
desto mehr ordneten sie sich und zogen in Halbmondkreisbewegung uns entgegen, an
ihrer Spitze mächtige Engel. Als sie in eine gewisse Entfernung vor uns
gelangten, blieben auf ein Zeichen des anführenden Engels alle stehen, und als
sie „Hosianna unserem Gott und Vater Jesus!“ ausgesprochen, fielen alle nieder
aufs Gesicht und warteten still der weiteren Weisung.
63.
Der Empfang Dr. Martin Luthers vor dem Neuen Jerusalem
(Martin Luther verkündet der Gesellschaft, dass die göttliche Verehrung dem
Vater Jesus gilt, der ihr bisheriger Führer war, worauf auch sie brausende
Hosianna- und Halleluja-Grüße spricht und dann in Demut aufs Antlitz fällt. Der
Vater Jesus lässt sie aufstehen und beheißt, den Martin Luther als
Wiederbegründer der christlichen Religion würdig zu empfangen. Die Vorstellung
der Großen des Neuen Jerusalems, die dem Martin Luther die Bruderhand reichen.)
In diesem Moment trat Martin Luther vor die Gesellschaft, die betroffen schaute,
wem das auf dem Antlitzliegen gelten solle, und sagte:
„Liebe Brüder und Schwestern! Ich weiß, ihr seid erstaunt über die unerwartete
Erscheinung, dass ganz Neu-Jerusalem vor uns niederfiel und damit eine göttliche
Verehrung erwies. Ihr sehet an der Herrlichkeit ihrer Gestalten wie ihrer
Kleidung, die unsere weit übertrifft, dass dies nicht uns gelten kann, sondern
unserem Anführer, welcher Gott und Vater Jesus Selber ist. Daher erhebet mit mir
eure liebenden Herzen zum Vater Jesus und saget mit mir: Hosianna unserem Gott
und liebevollem Vater Jesus! Halleluja Ihm, der als unser Seelenheiland und
Erlöser uns so geduldig unterrichtet und Selbst durch Seine gnadenreiche Führung
ins Neue Jerusalem zum Throne Seiner Liebe, Herrlichkeit und Heiligkeit gebracht
hat!“
Ein brausendes Gutheißen und Loben und Preisen Meiner Person war die Folge
dieser kurzen Aufklärung, worauf auch die ganze Gesellschaft aufs Antlitz fiel
und stillschweigend die weiteren Befehle erwartete.
Nun
hieß Ich alle aufstehen und den Martin Luther, dessentwegen der große Fischzug
unternommen wurde, würdig zu empfangen. Denn durch ihn (wie Ich Mich ausdrückte)
hat Meine Religionslehre wieder das Antlitz der ursprünglichen gewonnen, soweit
dies die veränderten Zustände und Weltanschauungen zuließen.
Als
Ich diesen Meinen Willen kundgab, erhob sich ein alter Mann der Würde nach und
sagte: „Lieber Vater! Sollen wir ihn mit Sang und Klang in Neu- Jerusalem
einführen?“
“Jawohl! Und stellet euch vor, wer ihr seid, damit er weiß, wen er vor sich
hat.“
Sogleich bildete sich ein großer Engelschor samt Musikanten auf verschiedensten
Instrumenten, wovon manche auf Erden noch ganz unbekannt sind. Nun traten die
Honoratioren oder Würdenträger vor, worunter Moses, Elias, David, Salomon, Adam,
Noah, Joseph der Nährvater, Abraham, Isaak, Jakob, Joseph der Ägypter, Josua,
Samuel, die Patriarchen, Propheten und Apostel und eine Menge anderer, die im
Geisterreich groß und mächtig sind, und stellten sich vor ihn, um ihm die
Bruder- und Freundschaftshand zu reichen.
Nach diesen folgten die großen Frauen des Himmels als: Maria die Leibesmutter,
Eva, Noahs Mutter Ghemela, Sara, Rebekka, Rachel, Anna, die Leibesmutter der
Maria u.a.m., alle ihm freundlichst die Hand reichend und Liebesworte sagend.
Als
dies alles beendet war, ordnete sich der riesengroße Zug nach der üblichen
Ordnung, wobei die Erzengel sangen und die besten Musikanten sie begleiteten.
Mir zur Seite ging Martin Luther und neben und hinter uns die Großen des
Himmels.
64.
Dr. Martin Luther als ein Großer und Fürst im Neuen Jerusalem
(Einführung Martin Luthers in das Neue Jerusalem in Prozession mit Engelsgesang
und Musik. Die Stadtbevölkerung in feierlicher Empfangskleidung. Die himmlische
Burg Zion feierlich dekoriert. Jesus setzt sich in der Säulenhalle auf den Thron
und lässt die Großen vortreten. Dann ruft er Martin Luther vor, hält eine
feierliche Rede und bezeichnet Martin Luther als einen großen Apostel,
ebenbürtig dem Petrus und Paulus an Verdiensten für die christliche Religion,
und als einen Großen und Fürsten des Neuen Jerusalems. Schlussszenen des großen
Triumphzuges.)
Als wir in die Stadt eintraten, war die ganze Bevölkerung in feierlicher
Stimmung und Kleidung auf beiden Seiten der Riesenstraße, die sich durch
Neu-Jerusalem zieht, aufgestellt und beugte sich bis zum Boden bei unserem
Vorbeigehen. Als wir an der Burg Zion ankamen, prangte sie in herrlichster
Dekoration von oben bis unten. Jetzt blieb der Zug stehen, und Ich ging über die
goldglänzenden herrlichen Stiegen in die Säulenhalle auf den Thron und ließ die
Großen des Neu-Jerusalems vortreten. Nachdem sie sich tief verbeugt hatten,
warteten sie still Meiner weiteren Anordnungen.
Nun
rief Ich Martin Luther zu Mir, welcher sogleich folgte und dieselbe Ehrerbietung
bezeugte wie die Großen. Darauf hielt Ich folgende Ansprache: „Liebe Kinder! Ein
fröhliches Ereignis spielt sich vor unseren Augen ab. Ein Mann, wie es keinen
seit Apostelzeiten gab, verließ die dunkle Erde und kam schwer beladen von
Verdiensten für das Reich Gottes bei uns an. Schwer war sein Kampf auf Erden
gegen das Antichristentum seiner Gegner. Viel musste er ausstehen an
Verleumdungen, Anfeindungen und Verfolgungen seiner Feinde.
Allein er wusste, dass er für höhere, göttliche Zwecke und Ziele kämpfte. Daher
kämpfte er unermüdlich wie Petrus oder Paulus zu seiner Zeit. Ich sage euch, er
verdiente sich alle Lorbeeren wie die ersten Apostel. Zwar hat er nicht sein
Leben für Mich hingegeben, aber er hätte es sicher wie Jan Hus, wenn ihn seine
Todfeinde in die Hände bekommen hätten, auf dem Scheiterhaufen ausgehaucht.
Dafür musste er leiden und arbeiten im Leben, und dieses ist unvergleichbar
größer an Verdiensten, als wenn er bald nach seinem Auftreten den Heldentod des
Märtyrertums gestorben wäre.
Durch 29 Erdenjahre stand er unermüdlich für Mich im Kampfe gegen die Verächter
Meiner wahren Religion. Und groß sind die Erfolge und werden noch größer werden,
die durch seine Arbeiten ins Leben gerufen wurden und noch werden, und seine
Arbeit wird wachsen, gedeihen und blühen und sich ausbreiten durch die Welt bis
in die Zeit der fernen Generationen, wo Ich wieder den Boden der Erde betreten
und Meine Herde zum tausendjährigen Reiche sammeln werde.
Ich
sage euch, seine Verdienste sind groß für Mich und Mein Reich des Geistes.
Hunderte von Millionen Seelen werden frohlocken, durch seine Arbeit ganz nahe an
das Ziel angelangt und der Finsternis des Römertums entkommen zu sein. Daher
sage Ich euch, dass mit seiner Ankunft ein Fürst und Großer mehr in Mein Neues
Jerusalem eingezogen ist, den ihr als ebenbürtigen Bruder an Verdiensten für
Mich aufnehmen sollet!“
Auf
diese Meine Rede fielen wieder alle Großen auf ihr Antlitz, blieben einige
Minuten in tiefster Ehrfurcht liegen, dann erhoben sie sich und gingen, ihm
wieder die Bruderhand reichend. In diesem Moment erschallte ein unzähliges
Hosianna und Halleluja durch die Lüfte und die Engel sangen große Loblieder, wie
sie nur bei außergewöhnlichen Festlichkeiten gesungen werden. Darauf folgten
große Festlichkeiten und himmlische Umzüge mit Gesang und Musik, wobei alle
Seligen sich beteiligten. Allein, das zu beschreiben ist unmöglich, weil man es
sehen und mitgenießen muss, um das zu verstehen, was durch die Schrift unmöglich
zu erfassen und zu begreifen ist.
Also war die Führung und Vollendung Meines Apostels und Lieblings in der
Geisterwelt, wobei ca. eine Million Geister, die noch lange nicht ihr Ziel
erreicht hätten, mit ihm den Triumphzug mitgemacht und seligst den obersten
Himmel erreicht haben. Amen.