Fünftes Gebot

Du sollst nicht morden

309. Durch dieses Gebot: ‚du sollst nicht morden‘, wird im natürlichen Sinn verstanden, keinen Menschen morden, ihm keinen Stoß, an dem er sterben könnte, versetzen, und auch seinen Körper nicht verstümmeln, und außerdem kein tödliches Übel seinem Namen und Ruf zufügen, weil der Ruf und das Leben bei vielen gleichen Schritt halten. Im weiteren natürlichen Sinn wird unter morden auch verstanden Feindschaft, Haß und Rache, die den Tod atmen; denn in diesen liegt der Mord verborgen, wie das Feuer im Holz unter der Asche; das höllische Feuer ist auch nichts anderes; weshalb man sagt, von Haß entbrennen und von Rache glühen. Dies sind Morde in der Absicht, obwohl nicht in der Tat, und wenn man ihnen die Furcht vor dem Gesetz, und vor der Wiedervergeltung und Rache wegnähme, so würden sie in die Tat ausbrechen, besonders, wenn der Absicht Tücke oder Roheit innewohnt. Daß der Haß Mord ist, erhellt aus folgenden Worten des Herrn: „Ihr habt gehört, daß von den Alten gesagt wurde: du sollst nicht morden, und wer da mordet, soll dem Gericht verfallen sein; Ich aber sage euch, daß jeder, der seinem Bruder ohne Grund zürnt, der Feuerhölle verfallen sein wird“: Matth.5/21,22. Der Grund ist, weil alles, was in der Absicht ist, auch im Willen liegt, und so an sich Tat ist.

310. Im geistigen Sinn werden unter den Morden verstanden alle Arten, die Seelen der Menschen zu morden und zu verderben, welche mannigfaltig und vielerlei sind, als z.B. sie abwenden von Gott, von der Religion und dem Gottesdienst durch Einstreuung von Ärgernissen wider jene und Einredung von Dingen, welche Abneigung, ja selbst Widerwillen bewirken. Von dieser Art sind alle Teufel und Satane in der Hölle, mit denen die Verletzer und Schänder der Heiligkeiten der Kirche in dieser Welt verbunden sind. Diejenigen, welche die Seelen durch Falsches zugrunde richten, werden verstanden unter dem König des Abgrundes, genannt Abaddon oder Apollyon, das ist Verderber, in der Offb.9/11; und im prophetischen Wort (die an der Seele Beschädigten) unter den Gemordeten, wie in folgenden Stellen: „Es sprach Jehovah Gott: Weide die Schlachtschafe, die von ihren Besitzern gemordet wurden“: Sach.11/4,5,7. „Gemordet wurden wir alltäglich, wurden einer Schlachtherde gleich geachtet“: Ps.44/23,24. „Die Kommenden wird Jakob wurzeln lassen; ist er gemordet worden, wie er seine Gemordeten gemordet hatte?“ Jes.27/6,7. „Der Fremde kommt nur, um zu stehlen und zu schlachten die Schafe; Ich bin gekommen, damit sie Leben und Überfluß haben“: Joh.10/10; außer anderen Stellen, als: Jes.14/21; 26/21; 27/9; Jer.4/31; 12/3; Offb.9/4; 11/7. Daher kommt, daß der Teufel ein Mörder von Anfang heißt: Joh.8/44.

311. Im himmlischen Sinn wird unter morden verstanden, dem Herrn vermessen zürnen, Ihn hassen und Seinen Namen vertilgen wollen. Solche sind die, von denen es heißt, daß sie Ihn kreuzigen; was sie auch tun würden, gerade wie die Juden, wenn Er, wie früher, in die Welt käme; dies wird verstanden unter dem Lamm, das stand wie gemordet: Offb.5/6; 13/8, und unter dem Gekreuzigten: Offb.11/8; Heb.6/6; Gal.3/1.

312. Wie das Innere des Menschen beschaffen ist, wofern es nicht vom Herrn umgebildet wird, stellte sich mir an den Teufeln und Satanen in der Hölle heraus; denn diese denken beständig darauf, den Herrn zu töten, und weil sie dies nicht können, so trachten sie fortwährend danach, diejenigen zu töten, die dem Herrn zugetan sind. Weil sie aber auch dies nicht können wie die Menschen in der Welt, so gehen sie mit aller Kraft darauf aus, die Seelen derselben zu verderben, das heißt, den Glauben und die Liebtätigkeit bei ihnen zu zerstören. Der Haß und die Rachgier erscheinen bei ihnen wie dunkelrotes Feuer und wie weißglühendes Feuer; der Haß wie dunkelrotes Feuer, und die Rachgier wie weißglühendes Feuer; doch sind es keine Feuer, sondern Scheinbarkeiten. Die Wutausbrüche ihres Herzens stellen sich zuweilen über ihnen in der Luft sichtbar dar wie Gefechte mit den Engeln, und wie deren Fall und Niederlage; es sind ihre Regungen des Zorns und Hasses gegen den Himmel, aus welchen dergleichen gräuliche Gaukelszenen emporsteigen. Überdies erscheinen ebendieselben von ferne wie wilde Tiere jeder Art, z.B. wie Tiger, Pardel, Wölfe, Füchse, Hunde, Krokodile und wie Schlangen jeder Art, und wenn sie in vorbildlichen Formen zahme Tiere erblicken, so fallen sie dieselben in ihrer Phantasie an, und suchen sie zu töten. Meinem Blick stellten sie sich dar wie Drachen, welche neben Frauen standen, bei denen Kinder waren, die sie wie zu verschlingen suchten, gemäß dem, was in der Offb. Kap. 12 erzählt wird; was auch nichts anderes ist, als Vorbildungen des Hasses gegen den Herrn und Seine neue Kirche. Daß Menschen in der Welt, welche die Kirche des Herrn zerstören wollen, diesen ähnlich sind, kommt vor ihren Genossen nicht zum Vorschein, und zwar darum nicht, weil die Körper, durch die sie äußere Sittlichkeit üben, es auffangen und verbergen; dennoch aber erscheinen sie vor den Engeln, welche nicht ihre Körper, sondern ihre Geister sehen, in ähnlichen Gestalten, wie jene Teufel, von denen oben die Rede war. Wer hätte dergleichen Dinge wissen können, wenn nicht der Herr jemanden das Gesicht geöffnet und ihm Gelegenheit gegeben hätte in die geistige Welt hineinzublicken? Würden nicht diese mit anderen höchst wichtigen Dingen vor den Menschen sonst ewig verborgen geblieben sein?