Siebentes
Gebot
Du
sollst nicht stehlen
317.
Im natürlichen Sinn wird
unter diesem Gebot nach dem Buchstaben verstanden nicht stehlen,
nicht Straßen-, und nicht zur Friedenszeit Seeräuberei treiben; und überhaupt
niemandem seine Güter
heimlich oder unter irgendeinem Vorwand nehmen. Es erstreckt sich auch auf alle
Betrügereien und
gesetzwidrigen Erwerbsarten, Wucherkünste und Erpressungen. Dann auch auf die
Unterschleife bei
Entrichtung der Steuern und Abgaben, und bei Bezahlung der Schulden. Handwerker
sündigen gegen dieses
Gebot, wenn sie ihre Arbeiten unredlich und betrüglich verrichten; Kaufleute,
die in den Waren, in Gewicht,
Maß und in den Rechnungen betrügen; Offiziere, welche die Soldaten im Sold
verkürzen; Richter, die
nach Freundschaft, Geschenken, Anverwandtschaft oder anderen Rücksichten Recht
sprechen, indem
sie die Gesetze oder die Fragen verdrehen, und so andere ihrer Güter, die sie
rechtmäßig besitzen, berauben.
318.
Im geistigen Sinn wird
unter stehlen verstanden, andere der Wahrheiten ihres Glaubens berauben,
was durch Falsches und Ketzerisches geschieht. Priester, die bloß des Gewinnes
wegen oder um zu Ehren
zu gelangen dienen, und Dinge lehren, von denen sie sehen oder aus dem Wort
sehen können, daß sie nicht
wahr sind, sind geistige Diebe, weil sie die Mittel des Heils, welche die
Glaubenswahrheiten sind, dem
Volk entziehen, auch diese heißen Diebe im Wort in folgenden Stellen: „Wer
nicht durch die Türe eingeht
in den Schafstall, sondern anderswoher einsteigt, der ist ein Dieb und ein Räuber;
der Dieb kommt nur,
um zu stehlen, zu schlachten und zu verderben“: Joh.10/1,10. „Legt euch
nicht Schätze zurück auf Erden,
sondern im Himmel, wo nicht Diebe kommen und stehlen“: Matth.6/19,20. „Wenn
Diebe über dich kommen,
wenn Zerstörer bei Nacht, wie wirst du ausgezogen werden; werden sie nicht
stehlen, bis sie genug haben“:
Obadja Vers 5. „Sie werden in der Stadt umherrennen, auf der Mauer laufen, in
die Häuser steigen, durch
die Fenster eingehen wie ein Dieb“: Joel 2/9. „Sie trieben Lüge, und es kam
der Dieb, und es ergoß der
Haufe sich nach außen“: Hos.7/1.
319.
Im himmlischen Sinn werden
unter den Dieben die verstanden, welche dem Herrn die göttliche
Gewalt entziehen; dann auch die, welche Sein Verdienst und Seine Gerechtigkeit
sich zueignen; diese,
obgleich sie Gott anbeten, vertrauen doch nicht Ihm, sondern sich, und glauben
auch nicht an Gott, sondern
an sich.
320.
Die, welche Falsches und Ketzerisches lehren und die Menge überreden,
daß es wahr und
rechtgläubig sei, und gleichwohl das Wort lesen, und aus diesem wissen können,
was falsch und was wahr
ist, sodann die, welche das Falsche der Religion durch Trugwahrheiten begründen
und verführen, können
mit Betrügern und Betrügereien aller Art verglichen werden; und da diese an
sich Diebstähle im geistigen
Sinn sind, so lassen sie sich vergleichen mit den Betrügern, welche falsche Münzen
prägen, sie vergolden,
oder ihnen die Farbe des Goldes geben, und sie als echte ausgeben. Dann auch mit
denen, welche sich
darauf verstehen, Kristalle gehörig zu schneiden, ihnen Glanz und Härte zu
geben, und sie dann als
Diamanten verkaufen; sowie auch mit solchen, welche Paviane oder andere Affen
als Menschen gekleidet
und mit verhülltem Gesicht auf Pferden oder Maultieren in den Städten herumführen,
und sie als Edle
aus altem Haus ausrufen. Sie gleichen auch solchen, die geschminkte Masken an
lebendige und natürliche
Gesichter legen, und deren Schönheiten verbergen. Sie gleichen ferner denen,
welche Seleniten und
Marienglas, die wie Gold und Silber glänzen, vorzeigen und für kostbare Stufen
ausgeben. Auch können
sie denen verglichen werden, die durch theatralische Vorstellungen vom wahren
Gottesdienst und von
den Tempeln in die Schauspielhäuser weglocken. Diejenigen, welche Falsches
jeder Art bestätigen, indem
sie die Wahrheiten für nichts achten, und das geistliche Amt bloß des Gewinnes
und der Ehre wegen
verwalten, und somit geistige Diebe sind, können denjenigen Dieben verglichen
werden, welche Schlüssel
bei sich führen, durch die sie die Türen aller Häuser öffnen können; dann
auch den Pardeln und Adlern,
die mit scharfen Augen umherspähen, wo fette Beute ist.