Einleitung
Die folgende Darstellung bezweckt nicht Ausführlichkeit und Allseitigkeit, sondern will Andeutungen geben, das Hohelied auf eine Art zu lesen. Es gibt andere völlig berechtigte Arten. Es muss nur betont werden, dass das, was in dieser Darstellung den Einzelnen betrifft, auch der Gemeinde gilt.
Das Hohelied Salomos ist in Bildersprache geschrieben, und in Bildern muss man davon reden, wenn man seiner Verkündigung nahe kommen soll. Bilder sind dazu da, um das anzudeuten und so anschaulich wie möglich zu machen, was für die gewöhnliche Sprache zu hoch ist. Wenn sie diesen Auftrag erfüllt haben, haben sie genug getan. Würde man sie weiter pressen, würden sie irreführend werden.
Das Hohelied, wie es hier dargestellt wird, schildert den Weg des Einzelnen mit Christus, oder richtiger: Christi Weg mit dem Einzelnen ganz bis zum Ziel, der völligen Vereinigung zwischen Ihm und der Seele. Damit ist jedoch nicht gesagt, dass der Weg jedes Einzelner, in Einzelheiten mit dem Weg der Braut im Hohelied übereinstimmt. Das Wesentliche ist für alle gemeinsam; in den Einzelheiten bleibt aber jeder Einzelne ein individuelles Glied, und dieses gilt auch in Bezug auf die Reihenfolge auf dem Weg der Entblößung. Einer mag von einer gewissen Sache in einem früheren oder späteren Stadium als ein anderer entblößt werden, ohne dass dies einen Unterschied in dem Ganzen ausmacht.
Weiterhin können einige einen kurzen und andere einen langen Weg bis zum Ziel haben, ohne dass deswegen gesagt werden kann, dass der Weg des einen besser sei als der des andern. Von Bedeutung ist, wie tief in die Demütigung hinein Gott einen Menschen führen kann.